Protokoll der Sitzung vom 13.06.2012

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Eine der Grundvoraussetzungen für die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien ist der Um- und Ausbau der Netze. Bei dem bisher durchgeführten Dialogforum hat es keine echte Beteiligung der betroffenen Bevölkerung gegeben. Es waren reine Informationsveranstaltungen, und dies wollen wir auch ändern. Wir werden den Menschen zuhören und mit ihnen reden. Bei der Planung werden wir die Bevölkerung und die Verbände auf Augenhöhe beteiligen - und das schon im Vorwege. Wir werden Transparenz schaffen und wesentliche Alternativen zulassen und diese auch veröffentlichen. Ergebnisse aus den Bürgerbeteiligungen werden so weit wie möglich umgesetzt. Auch wenn diese Form der Beteiligung vorerst noch zeitintensiv ist, wird es uns später aber dienlich sein. So wollen wir Konflikte schon im Vorwege ausräumen, um Projekte dann eben doch in der Gesamtschau möglichst schnell und konfliktarm umsetzen zu können. Denn nur wenn wir die Energiewende schnell schaffen, können wir unsere Ziele erreichen und dabei auch noch Arbeitsplätze schaffen.

Arbeitsplätze schafft man im Übrigen auch mit dem Naturschutz. Dies ist immer noch eine nicht genug gewürdigte Tatsache. Deshalb ist es richtig, dass

wir uns für mehr Naturschutz aussprechen und eben auch mehr tun, als die alte Landesregierung bisher getan hat. Wir wollen 15 % der Landesfläche als Vorranggebiete für den Naturschutz sichern. Neben dem Arbeitsplatzargument ist das auch ganz wichtig für die landwirtschaftliche Vielfalt und bedeutet dann auch einen sehr konservativen Ansatz. Es ist aber trotzdem richtig, dass wir ein Stück Landschaftskultur erhalten können. Auch das ist Ziel des Naturschutzes, und es ist ein sehr, sehr lobenswertes Ziel.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt SPD)

Deshalb ist die Idee mit den Vorranggebieten richtig. Es ist richtig, dass wir den Vertragsnaturschutz ausweiten. Es ist auch richtig, dass wir die Naturwaldflächen ausweiten, weil auch der Wald immer noch die größte Naturschutzmaßnahme des Landes Schleswig-Holstein ist und wahrscheinlich auch eine der größten Klimaschutzmaßnahmen SchleswigHolsteins. Dass wir da investieren und dies dann auch rechtlich absichern, ist gut.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die rot-grün-blaue Koalition wird den ignoranten Sparkurs von CDU und FDP im sozialen Bereich nicht weiter fortsetzen. Wir können uns vieles nicht mehr leisten. Das mag richtig sein. Wir können es uns aber erst recht nicht leisten, die vielen sozialen Hilfsangebote nicht zu haben. Erstens ist es ein Angebot der Solidarität und Mitmenschlichkeit, zweitens aber auch in hohem Maße eine Frage der ökonomischen Vernunft, eine gute soziale Infrastruktur zu haben. Es muss Schluss mit dem Verschiebebahnhof sein, bei dem eine staatliche Ebene Geld spart und damit viel höhere Folgekosten bei einer anderen Kasse auslöst. Das gilt vor allem für jene Bereiche, hinter denen gleich das Abstellgleis unserer Gesellschaft beginnt. Wir wollen den Schwächeren solidarisch helfen, und wir wollen allen Menschen den Weg in die Mitte unserer Gesellschaft eröffnen.

Deshalb werden wir in den nächsten Jahren auch vor große Herausforderungen gestellt: die Bewältigung des demografischen Wandels, die Inklusion von Menschen mit Behinderung und die Bekämpfung von Armut, um nur drei zu nennen. Es muss uns gelingen, den Schwächeren auch künftig die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Dafür werden wir den Dialog mit den Beteiligten suchen und mit ihnen ausloten, wie man die Herausforderung gemeinsam angehen kann, und welche Rolle

(Lars Harms)

dem Land dabei zukünftig zukommen wird. Ebenso wollen wir Menschen mit Behinderung und psychisch Kranken wieder die Teilhabe am Arbeitsmarkt ermöglichen. Wir werden mit einem Landesprogramm „Neue Arbeit“ die aktive Arbeitsmarktpolitik stärken und jenen Menschen Chancen eröffnen, die nicht auf Anhieb eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt finden können.

Dass gerade jetzt solche Arbeitsplätze auf dem zweiten Arbeitsmarkt in sozialen Projekten wegzubrechen drohen, sehen wir politisch gesehen als eine Aufkündigung des gesellschaftlichen Konsenses an.

(Beifall Abgeordnete Dr. Gitta Trauernicht [SPD])

Wir wollen deshalb diesen Konsens wiederherstellen und auch den Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt helfen. Diese Menschen müssen eine vernünftige Beschäftigung bekommen. Wenn wir das als Land fördern müssen, dann ist das unsere Verpflichtung dies auch zu tun. Es kann nicht angehen, dass da Jobs für Menschen wegbrechen, die sonst keine andere Chance haben, einer sinnvollen Beschäftigung nachzugehen. Es ist unsere politische Pflicht, dafür zu sorgen, dass diese Menschen in dem Rahmen, der sich ihnen bietet, auch eine Zukunft haben.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen auch dafür sorgen, dass diejenigen, die Arbeit haben, auch wirklich davon leben können. Wir brauchen gute Arbeit, und das erreichen wir unter anderem durch die Tariftreue und einen Mindestlohn. Wir werden uns im Rahmen einer Bundesratsinitiative für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € einsetzen. Schleswig-Holstein wird ein modernes, wahrscheinlich sogar das modernste Tariftreuegesetz bekommen, indem neben transparenten Vergabegrenzen auch soziale und ökologische Belange sowie die Gleichstellung von Leiharbeiterinnen und Leiharbeitern mit der Stammbelegschaft berücksichtigt werden. Es werden Regelungen geschaffen, die die weitestgehende Wiedereinführung der Tariftreue in Schleswig-Holstein sichern. Das heißt, für öffentliche Aufträge gelten dann wieder Tariflöhne, regionale und bundesweite allgemein verbindliche Löhne und ein gesonderter Mindestlohn für öffentliche Aufträge.

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden auch die Wirtschaftsförderprogramme daran ausrichten, dass solche sozialen, ökologischen und nachhaltigen Kriterien eingehalten werden müssen. Auch das ist wichtig. Sie sind nicht zum Bremsen der Wirtschaft da, sondern sie führen dazu, dass die Wirtschaft besser laufen kann und dass unsere Wirtschaft konkurrenzfähig bleibt. Das führt dazu, dass die Mitarbeiter, die dort beschäftigt werden, zu vernünftigen Bedingungen beschäftigt werden. Das muss Ziel sämtlicher Politik in diesem Land sein.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Durch all diese Maßnahmen werden wir sicherstellen, dass Wettbewerb in Zukunft wieder über Qualität statt über Lohndumping stattfindet. Durch faire Löhne werden auch die Steuereinnahmen des Landes und die Finanzlage der Sozialkassen positiv beeinflusst werden. Wir werden also auch hier im Gegensatz zur bisherigen Regierung nachhaltig handeln und die Lebenssituation der Menschen in unserem Land dabei auch noch verbessern. Die rotgrün-blaue Landesregierung steht für eine liberale Innenpolitik, die die Persönlichkeitsrechte der Menschen respektiert. Wir wollen keine Gesellschaft, in der alle beschnüffelt werden, um einige wenige zu finden, und lehnen die Vorratsdatenspeicherung ab.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir stehen auch für einen transparenten, bürgernahen Staat, und deshalb wollen wir das Informationsfreiheitsgesetz wieder ausweiten und die Möglichkeiten der direkten demokratischen Mitbestimmung nutzen. Darum werden wir die Vorschläge der Volksinitiative für mehr Demokratie zum Anlass nehmen, hier erste Schritte zu gehen. So können wir der zunehmenden Verdrossenheit begegnen, die unserer Demokratie zu schaffen macht. Das ist auch ein Ziel, das wir uns zuvorderst gesetzt haben.

Schließlich wollen wir auch erreichen, dass der Pfad der Haushaltskonsolidierung nicht in einer kulturellen Wüste landet. Der Kulturbereich ist in den vergangenen Jahren schon so ausgepresst worden, dass sich dort nichts mehr holen lässt. Das Land und die Kommunen dürfen sich daher nicht weiter aus der Kulturförderung zurückziehen. Wir wollen gemeinsam mit den Beteiligten eine kulturpolitische Debatte führen, in der Leitlinien für den behutsamen, wertschätzenden Umgang mit Kunst und Kultur entwickelt werden. Wir wollen Wege finden, wie die so unglaublich vielfältige kulturelle

(Lars Harms)

Arbeit der öffentlichen und freiwilligen Träger und der zahlreichen engagierten Einzelpersonen in Schleswig-Holstein gesichert werden kann.

Aus Sicht des SSW war ein maßgeblicher und entscheidender Punkt der Koalitionsvereinbarung, dass Schleswig-Holstein von der katastrophalen Minderheitenpolitik der letzten Jahre wegkommt und endlich wieder seiner Vorbildfunktion gerecht wird.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt SPD)

Die rot-grün-blaue Koalition wird dafür sorgen, dass die Gleichstellung von Mehrheit und Minderheit wieder der Maßstab ist, an dem ein gerechter Umgang mit Dänen, Friesen, Sinti und Roma gemessen wird. Für die dänische Minderheit war es in keinster Weise zu ertragen, dass die bisherige Landesregierung bewusst die Kinder an den dänischen Schulen ungleich behandelt hat. Wir werden diese Ungleichbehandlung wieder zurücknehmen und wieder genau den gleichen Zuschuss zu den Kosten leisten, der auch für Kinder im öffentlichen Schulsystem gezahlt wird. Das ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern ergibt sich auch aus Artikel 8 der Landesverfassung. Denn wer in der Verfassung sagt, dass Eltern frei entscheiden können, ob ihre Kinder eine Minderheitenschule besuchen, der muss diese Wahlfreiheit dergestalt sichern, dass ein Minderheitenschulwesen aufrechterhalten werden kann. Das geht nur, wenn auch eine gerechte Finanzierung auf Basis der Gleichstellung erfolgt. Dieses Prinzip wird von uns wieder eingeführt. Wir wollen es auch bei der Frage der zukünftigen Regelung der Schülerbeförderung mit anwenden.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wir werden die Minderheitenpolitik aber nicht nur wiederherstellen, wir werden sie auch weiterentwickeln. Denn eine gute Minderheitenpolitik umfasst weit mehr als die finanzielle Gleichstellung. Es geht darum, die kulturelle Vielfalt unseres Landes zu akzeptieren und zum Wohl aller zu nutzen. Schleswig-Holstein wird sich erstmals selbst als Mehrsprachenland begreifen und gemeinsam mit den Kommunen einen Handlungsplan Sprachenpolitik erarbeiten, um die Minderheitensprachen und die Regionalsprache Plattdeutsch mehr in den Vordergrund zu rücken.

Das ist nicht nur gut für das kulturelle Miteinander, es gibt Schleswig-Holstein auch ein einzigartiges Profil, da es unser Land für Touristen und Unternehmen aus anderen Regionen und Ländern unverwechselbar macht. Ganz konkret werden wir auch

den Friesischunterricht stärken und ausweiten, der in den letzten Jahren immer mehr unter Druck geraten ist. Hierfür wird endlich ein Umsetzungskonzept erarbeitet, das nicht nur zu mehr Friesischunterricht und zur Wiedereinführung einer echten Friesisch-Professur an der Uni Flensburg führt, sondern das auch deutlich macht, dass das Land hier eine besondere Verantwortung für die friesische Sprache und die friesische Minderheit hat.

(Beifall SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Gleiches gilt eben auch für das Nordfriisk Instituut, das besser unterstützt und gesichert werden soll.

Wir reden aber in der Minderheitenpolitik nicht nur über Gleichstellung und finanzielle Unterstützung. Wir reden auch über Anerkennung und Gleichberechtigung. Hiervon ist die Minderheit der Sinti und Roma in unserem Land immer noch ein Stück weit entfernt. Deshalb ist es die vornehmste Aufgabe unserer Koalition, eine Änderung von Artikel 5 der Landesverfassung einzubringen, die auch die nationale Minderheit der Sinti und Roma unter den Schutz und die Förderung des Landes stellt.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hoffen, dass sich in dieser Wahlperiode endlich eine Zweidrittelmehrheit für diese Verfassungsänderung finden wird. Die Zeit ist nach meiner Auffassung längst überreif. Ich hoffe inständig, dass alle da über ihren Schatten springen können, die es bisher noch nicht geschafft haben, weil ich glaube, dass alle Minderheiten in diesem Land gleich behandelt werden müssen. Das gilt für die Dänen, für die Friesen und selbstverständlich auch für die Minderheit der Sinti und Roma. Deswegen ist diese Verfassungsänderung überfällig.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die rot-grün-blaue Koalition hat im Bündnis für den Norden ihre gemeinsamen Ziele formuliert. Wir haben beschrieben, wo es in den nächsten fünf Jahren hingehen soll und was wir erreichen wollen. Genauso haben wir festgehalten, wo es nicht hingehen soll. So wurde beispielsweise die von SchwarzGelb beschlossene Küstenschutzabgabe vom Tisch genommen. Damit macht unsere Koalition deutlich, dass der Küstenschutz nicht allein nur eine Sache der Küstenbewohner ist, sondern es ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die muss dann auch von allen gemeinsam finanziert werden. Das ist auch richtig so.

(Lars Harms)

(Vereinzelter Beifall SSW, SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Ebenso sprechen wir uns deutlich gegen die CCSTechnik im Land aus. Wir werden entsprechende Initiativen auf Bundesebene unterstützen und gegebenenfalls ergreifen, um CCS in Deutschland sowie in der ausschließlichen Wirtschaftszone auszuschließen.

(Beifall SSW und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

- Lieber Kollege Kubicki, im Gegensatz zu der Truppe, die Sie in den letzten drei Jahren angeführt haben:

(Christopher Vogt [FDP]: Immer noch!)

Solange dies noch nicht der Fall ist, werden wir aber das tun, was wir schnell hier vor Ort tun können und was Sie unterlassen haben. Wir werden CCS in Schleswig-Holstein per Landesgesetz verbieten, damit zumindest hier schon einmal etwas geregelt ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das können Sie gar nicht, da haben Sie keine Rechtsgrundla- ge!)

- Wenn Sie sagen, wir können das nicht, können die Leute in Mecklenburg-Vorpommern das anscheinend auch nicht, die haben das aber schon längst getan. Da hätten Sie sich das abgucken können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Daran kann man sehen, wie Sie zu CCS stehen - doppelzüngig, wie immer. Wir machen das, was man machen kann. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass wir das tun, was wir sagen.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

Mit der rot-grün-blauen Koalition schreiben wir in Schleswig-Holstein Geschichte. Wer den SSW kennt, weiß, dass wir für einen verantwortungsbewussten, sachlichen Politikstil stehen, der alle mit einbezieht und der im Rahmen der Realitäten nach der besten Lösung sucht. Das sind auch die Ziele, die sich die rot-grün-blaue Koalition gesteckt hat. Daher fällt es uns natürlich auch nicht schwer, uns mit dem Koalitionsvertrag zu identifizieren.

Der SSW wird weiter seinen Beitrag leisten, das Land voranzubringen. Wir werden als Koalition gemeinsam die traditionellen vier Kulturen im Land näher zusammenbringen. Wir werden die verschie