Für heute erkrankt gemeldet sind die Kollegin Simone Lange und der Kollege Wolfgang Baasch. Wir wünschen ihnen an dieser Stelle gute Besserung!
Wegen auswärtiger dienstlicher Verpflichtungen ist von der Landesregierung Ministerin Alheit beurlaubt.
Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums Kiel. - Seien Sie herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Christopher Vogt von der FDP-Fraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die Vorfreude des Kollegen Eichstädt auf meine Rede.
Wie das so ist, gibt es beim schwarz-roten Koalitionsvertrag aus liberaler Sicht natürlich viele Dinge zu kritisieren: die Ungerechtigkeit gegenüber der jungen Generation, die Beibehaltung der kalten
Progression und des Kooperationsverbotes, die weiter stark steigenden Energiekosten und die Vorratsdatenspeicherung, über die wir bereits gestern debattiert haben. Ich möchte nur einige Beispiele nennen. Wenn ich mehr Redezeit hätte, könnte ich das noch einen halben Tag länger weiter fortsetzen.
Nun ist es natürlich nicht mein Stil, Frau Kollegin Dr. Trauernicht, den Sozialdemokraten vorzuhalten, dass sie ihre Bürgerversicherung nicht durchsetzen konnten oder dass das Betreuungsgeld und der verringerte Mehrwertsteuersatz für Hotels beibehalten wird.
Aus schleswig-holsteinischer und aus verkehrspolitischer Perspektive ist ein ganz anderer Punkt interessant, zu dem sich dieses Hohe Haus am heutigen Tag positionieren sollte. Die Pkw-Maut für Ausländer oder für wen auch immer ist schlichtweg eine Farce.
(Beifall FDP, PIRATEN, Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. An- dreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Beim großen TV-Duell vor der Wahl sagte die Bundeskanzlerin, dass es mit ihr auf gar keinen Fall eine Pkw-Maut geben werde. Ihr Kontrahent Peer Steinbrück hat dies im Wahlkampf bei jeder Gelegenheit erklärt. Einzig und allein die bayerische Regionalpartei forderte als Wahlkampfschlager unentwegt die fragwürdige Pkw-Maut für Ausländer. Am Ende soll es nun, um die europarechtliche Klippe zu umschiffen, eine Autobahn-Maut für alle Pkw geben.
Meine Damen und Herren, angeblich wollte sie kaum jemand haben. Dennoch hat die Arbeitsgruppe Verkehr unter der fleißigen Mitarbeit von Ministerpräsident Albig, ohne ein wirkliches Konzept für die Umsetzung zu haben, die Pkw-Maut für Ausländer in den Koalitionsvertrag aufgenommen. Während der Ministerpräsident und der SPD-Landesvorsitzende unentwegt für den neuen Koalitionsvertrag inklusive der Pkw-Maut werben, erklärt uns Verkehrsminister Meyer im Wirtschaftsausschuss freimütig, dass es aus seiner Sicht weder ein praktikables noch ein rechtssicheres Modell gebe und er deshalb von diesem Vorhaben überhaupt nichts halte, womit er sich immerhin treu bleibt.
Meine Damen und Herren, da offenbar nicht alle zukünftigen Koalitionäre restlos von der Sinnhaftigkeit dieser Maßnahme überzeugt sind, wurden drei wirklich bemerkenswerte Bedingungen für die
Umsetzung vereinbart. Erstens soll die Maut unterm Strich mehr Einnahmen bringen, als sie kostet. Für Sozialdemokraten ist das eine wegweisende Entscheidung.
Zweitens soll sie europarechtskonform sein. Ich halte es schon für bemerkenswert, dass sie rechtskonform sein soll.
Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist, aber um meiner Argumentation zukünftig noch mehr Wucht zu verleihen, habe ich ein neues rhetorisches Stilmittel für mich entdeckt. Ich zitiere neuerdings gern große Denker.
Dr. Ralf Stegner hat gesagt: Dass diese drei Bedingungen erfüllt werden können, ist in etwa so wahrscheinlich wie das Zusammenfallen von Ostern und Weihnachten an einem Tag. - Das hat er kurz nach den Verhandlungen erklärt. Herr Dr. Stegner, wenn man schon drei so selbstverständliche Bedingungen vereinbaren und dann auch noch den alten Gag mit Weihnachten und Ostern an einem Tag bemühen muss, dann kann man doch auch gleich sagen, dass es schlichtweg Unsinn ist, was man dort vereinbart hat. Deswegen sollte sich der Landtag heute auch entsprechend dazu verhalten.
Meine Damen und Herren, ich kann verstehen, dass es in der Nähe zur österreichischen Grenze, wo die Ungerechtigkeit besteht, dass die bayerischen Autofahrer in Österreich bezahlen müssen, andersherum die österreichischen Autofahrer in Bayern aber keine Maut bezahlen müssen, gut ankommt, wenn man ein solches Vorhaben im Wahlkampf forciert. Bei uns in Schleswig-Holstein mit der Nähe zu Dänemark ist das aber auch ein europapolitisches Problem. Die hausgemachten Infrastrukturprobleme sollten wir uns nicht von unseren dänischen Nachbarn bezahlen lassen.
In dieser Debatte möchte ich noch auf einen weiteren Punkt hinweisen. Man kann sich darüber streiten, ob das europapolitisch sinnvoll ist oder nicht und ob man das so machen sollte. Nach Berechnungen des ADAC, der bei dieser Frage völlig unverdächtig ist, zahlen unsere europäischen Nachbarn, die unsere Autobahn nutzen, über die Mineralölsteuer und die anderen damit verbundenen Steuern bereits mehr als doppelt so viel, wie sie Nutzungskosten auf unseren Straßen verursachen.
Da ich zur Kenntnis genommen habe, dass die CDU-Kolleginnen und -Kollegen bei dieser Frage voll auf Kurs ihrer Schwesterpartei sind, würde mich natürlich interessieren, wie der CDU-Landesvorsitzende und Europaabgeordnete diese Frage bewertet. Ich kann mir kaum vorstellen, dass er das gutheißt.
Meine Damen und Herren, hinzu kommen die rechtlichen Bedenken, die zusätzliche Bürokratie und die Tatsache, dass die Pkw-Maut der Einstieg in ein System wäre, das die Mobilität der breiten Masse immer mehr verteuert. Die öffentliche Verkehrsinfrastruktur - daran führt kein Weg vorbei muss schlichtweg stärker aus dem allgemeinen öffentlichen Haushalt finanziert werden. Deshalb lehnen wir diese Pkw-Maut ab.
Ebenso lehnen wir die Pläne der Grünen aus Baden-Württemberg ab, jedes Auto mit einem GPSGerät auszustatten und jeden Kilometer abzurechnen, wie dies bei der Lkw-Maut der Fall ist. Das lehnen wir ebenso ab wie diese Pkw-Maut. Ich würde mich freuen, wenn sich dieser Landtag entsprechend positionieren würden. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.