Protokoll der Sitzung vom 19.02.2014

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr schade!)

Vor dem Hintergrund, dass wir jetzt die Situation haben, dass es die SPD auch mit der unglaublichen Manneskraft und Gewalt des schleswig-holsteinischen Landesvorsitzenden nicht geschafft hat, am Betreuungsgeld irgendetwas zu ändern, schlagen wir Ihnen heute vor, diese familienpolitische Leistung dahin gehend umzuwidmen -

(Anhaltende Heiterkeit Sandra Redmann [SPD])

- Sandra, dass dir das so gefällt, darüber werden wir noch einmal unter vier Augen sprechen. - Heute schlagen wir Ihnen vor, da Sie sich ja nicht durchsetzen konnten, dass das Land Schleswig-Holstein unter anderem mit Ihrem weitreichenden Einfluss eine Bundesratsinitiative startet, es den Ländern zu überlassen, wie sie die Bundesmittel für diese familienpolitische Leistung in Zukunft verwenden.

(Beifall FDP)

Ich bin mir ziemlich sicher, wie sich die Länder im Zweifel entscheiden. Möglicherweise gibt es dann ein Land, dass das Betreuungsgeld nach wie vor als finanzielle Leistung an Eltern auszahlt. Möglicherweise - zumindest wage ich die Prognose - werden sich 15 Länder anders entscheiden, nämlich unter anderem in die Infrastruktur zu investieren. Wir würden den Ländern gern die Möglichkeit geben, weil wir ungern auf die Mittel des Bundes verzichten würden, die für diese familienpolitischen Leistungen ausgegeben werden. Vor diesem Hintergrund halte ich diesen Kompromissvorschlag, die Länder in eigener Hoheit entscheiden zu lassen, wie sie damit umgehen wollen, für einen sehr konstruktiven Beitrag, der für Sie ja möglicherweise auch ein bisschen zur Wahrung des Gesichts beitragen könnte.

(Dr. Ralf Stegner [SPD] lässt ein Glas fallen - Wolfgang Kubicki [FDP]: Nummer 5 lebt! - Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Frau Kollegin Midyatli, Sie können ja der FDP alles Mögliche in die Schuhe schieben, aber dass ich jetzt auch noch schuld bin, dass Ihr Fraktionsvorsitzender hier für Scherben im Landtag sorgt, ist ein bisschen weit hergeholt. Das hätte ich von Ihnen nicht erwartet.

(Serpil Midyatli [SPD]: Ich freue mich auf meine Rede morgen zum Hafen Friedrichs- koog! Oliver, zieh dich warm an! - Zuruf Wolfgang Kubicki [FDP] - Heiterkeit)

- Erstens, Frau Kollegin, heiße ich nicht Oliver. Zweitens -

(Zuruf Serpil Midyatli [SPD])

- Ja, aber eigentlich gebietet es die Höflichkeit, dem Debattenbeitrag Folge zu leisten.

(Zurufe)

Herr Kollege Garg, Sie müssen leider zum Schluss kommen. Wenn Sie noch einen letzten Satz formulieren wollen, dann will ich den gern gestatten. Ansonsten würde ich Sie allesamt bitten, sich auf das Thema Betreuungsgeld, das wir jetzt beraten, zu konzentrieren.

Frau Präsidentin, ich formuliere mit größtem Vergnügen meinen letzten Satz. Ich empfehle Ihnen und beantrage für die FDP-Fraktion, den Antrag in den Ausschuss zu überweisen. Ich empfehle Ihnen tatsächlich anders als beim vorangegangenen Tagesordnungspunkt eine ernsthafte inhaltliche Diskussion darüber, ob das Land nicht davon profitieren würde, in eigener Hoheit entscheiden zu können, wie damit umgegangen wird. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP)

Für die Fraktion der CDU hat Frau Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben wieder einmal einen Antrag zum Betreuungsgeld. Ich habe fast schon darauf gewartet und gedacht, irgendwann muss es ja wieder einmal kommen. Und schwuppdiwupp ist es wieder da, das Betreuungsgeld. Diesmal geht es um die Wahlfreiheit. Das ist interessant. Ich verstehe etwas anderes darunter. Die FDP möchte die Wahlfreiheit für Schleswig-Holstein, sich zu entscheiden, ob die Eltern Geld bekommen, wenn sie ihre Kinder zu Hause betreuen wollen, oder ob das Land das Geld bekommt und damit Tagesbetreuungsplätze schaffen soll oder Unterstützungsangebote für Eltern. So

(Dr. Heiner Garg)

lese ich den Antrag. Schlicht gesagt wollen Sie aber, liebe Kollegen von der FDP, dass 4.500 Eltern in Schleswig-Holstein - und das mit steigender Tendenz - kein Elterngeld mehr bekommen sollen. Wir lassen die Eltern entscheiden. Das nennen wir Wahlfreiheit.

(Beifall CDU)

Das Betreuungsgeld des Bundes, für viele ein Schreckgespenst, ja der Inbegriff für eine altmodische Kindererziehung in Deutschland, wird - wie eben - torpediert und mit üblen Vokabeln diffamiert. Ich will sie gar nicht alle wiederholen: Herdprämie, Bildungsfernhalteprämie und so weiter. Es geht um 100 € im Monat und ab August um 150 € im Monat, für maximal 22 Monate. Das müssen wir immer noch einmal überlegen. Zugegeben, eine gewisse Skepsis war bei vielen vorhanden. Das kann ich verstehen. Vor allen Dingen, wie sich diese neue familienpolitische Leistung auswirken wird. Aber nun, ein halbes Jahr nach der Einführung im August 2013, müssen wir ganz nüchtern betrachtet zur Kenntnis nehmen, dass die betroffenen Eltern mit all diesen Bedenken der Warner und der Kritiker cooler und pragmatischer umgegangen sind, als wir uns das alle vorgestellt haben.

Die Realität ist doch folgende: Die Eltern wissen es zu schätzen, dass sie die Wahlfreiheit besitzen, zwischen, Kindererziehung und Beruf zu entscheiden. Echte Wahlfreiheit für die Eltern ist geboten. Städte und Gemeinden haben den Kraftakt bewältigt, den Rechtsanspruch auf die Betreuung von unter 3-jährigen Kindern bis zum Stichtag, zum 1. August 2013, durchzusetzen. Sie setzen es weiterhin fort, und es wird auch ausgebaut. Dafür sollten wir uns an dieser Stelle einmal - jedenfalls vonseiten meiner Partei - herzlich bei den Kommunen bedanken, die diesen Kraftakt in jeder Gemeinde in Schleswig-Holstein bewältigt haben.

(Beifall CDU)

Trotzdem gibt es immer noch Zweifler und Kritiker. Nun müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass in Schleswig-Holstein bisher keine Klagen vorliegen. Das ist für einige bedauerlich. Der Rechtsanspruch auf U-3-Betreuung ist umgesetzt worden. Wir können also davon ausgehen, dass es flächendeckend eine Betreuung gibt, und das sogar bundesweit, weil es auch bundesweit kaum Klagen gibt.

Aktuell besuchen durchschnittlich etwa 40 % der unter 3-jährigen Kinder eine Kita oder eine Tagesmutter, etwas mehr im städtischen Bereich, etwas weniger auf dem Land. Das ist ganz normal. Es

werden also deutlich mehr Kinder - an die 60 % zu Hause oder ohne staatliche Unterstützung oder Zuschüsse betreut. Anfang des Jahres wurde hier bei uns für die rund 3.500 Kinder Betreuungsgeld gezahlt, und für weitere 1.000 Kinder liegen bereits Anträge vor - mit steigender Tendenz. Außerdem wird diese Zahl noch anwachsen.

Diese Eltern haben kein Problem, das Betreuungsgeld in Anspruch zu nehmen. Sie stimmen ganz einfach mit den Füßen ab. Wichtig zu wissen ist aber auch, dass aktuell für jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein kein Antrag beim Landesamt für soziale Dienste auf das Betreuungsgeld gestellt wird. Hier ist die Landesregierung gefordert, so schnell wie möglich Abhilfe zu schaffen. Wir fordern die Landesregierung auf, sich intensiver und besser darum zu kümmern, dass man das Betreuungsgeld auch beantragt. Es muss aufhören mit den Diffamierungen - wie gesagt: Herdprämie und so weiter -, das ist verächtlich, und das ist grundfalsch.

Wir wollen ihnen nicht ein bestimmtes Betreuungsmuster staatlich vorschreiben, die Eltern sollen selbst entscheiden, wie sie ihre Kinder betreuen wollen. Dazu brauchen sie mehr und bessere Informationen zur Betreuung in der Kita, bei der Tagespflege und bessere und mehr Informationen zum Beantragen des Betreuungsgeldes. Es kann und es soll nicht sein, dass Eltern aus Unkenntnis heraus auf die Beantragung des Betreuungsgeldes verzichten. Dass das auch besser geht, zeigt - jetzt wird es wieder bunt und munter - die Praxis natürlich gerade in Bayern, wo für das Betreuungsgeld offensiv geworben wird.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Wie überraschend!)

Und 99 % aller Familien stellen einen Antrag auf Elterngeld, und diese Eltern erhalten dann automatisch und rechtzeitig einen Antrag auf Betreuungsgeld. Genauso ein Verfahren brauchen wir auch in Schleswig-Holstein, damit sich junge Eltern gut informiert entscheiden können, wie, wo und wann sie ihre Kinder betreuen lassen wollen.

(Beifall CDU)

Herzlichen Dank. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Kollegin Gitta Trauernicht.

(Katja Rathje-Hoffmann)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Garg, Ihr Antrag ist auf den ersten Blick ganz interessant, aber es ist auch schon verblüffend, dass gerade Sie mit diesem Antrag kommen, denn dieses Betreuungsgeld ist von SchwarzGelb auf den Weg gebracht worden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wenn Sie glauben, dass es andere Lösungen gibt, hätten Sie sich damals dafür einsetzen können, dass diese andere Lösung kommt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Bemerkung des Abgeordneten Garg?

(Zurufe: Oh!)

- Vielleicht später.

(Christopher Vogt [FDP]: Wer hat das ins Sozialgesetzbuch geschrieben? War das die Große Koalition?)

Ihr Antrag ist ganz interessant, aber er ist auch verblüffend, weil er in der Sache gar nicht konsequent ist und auch nicht weit genug geht. Wir werden diesem Antrag jedenfalls nicht zustimmen,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zu- ruf Dr. Heiner Garg [FDP])

weil wir nicht die Länderhoheit schaffen wollen, sondern nach wie vor das Betreuungsgeld abschaffen wollen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Da waren Sie ja ge- rade so erfolgreich für die nächsten vier Jah- re!)

An dieser Einstellung hat sich in meiner Partei und Fraktion überhaupt nichts geändert. Trefflicher könnte ich das gar nicht formulieren, wie Sie das mit den herausgesuchten Zitaten dankenswerterweise auch gemacht haben.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Super Durchset- zungskraft haben Sie offensichtlich!)