Protokoll der Sitzung vom 23.08.2012

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die heutige Sitzung und begrüße Sie herzlich. Zunächst einmal möchte ich gemeinsam mit Ihnen einige Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne begrüßen. Gemeldet wurde mir das Friedrich-Schiller-Gymnasium aus Preetz. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Zum Ablauf des heutigen Sitzungstages gebe ich noch folgende Hinweise: Die Tagesordnungspunkte 9, 10 und 11 werden heute Nachmittag nach Tagesordnungspunkt 13 aufgerufen. Ferner haben sich die Parlamentarischen Geschäftsführungen darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt 18 heute ohne Aussprache zu behandeln.

Ich rufe zunächst die Tagesordnungspunkte 28 und 29 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Schulische Entwicklung in Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/96

b) Unterrichtsausfall an den Schulen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/97

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Mit den Anträgen werden mündliche Berichte in dieser Tagung erbeten. Ich lasse zunächst darüber abstimmen, ob die Landesregierung in dieser Tagung Bericht erstatten soll. Aber zuvor gibt es eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Ich will nur kurz richtigstellen, dass es eine Absprache der Parlamentarischen Geschäftsführer unter Einbeziehung unseres Parlamentarischen Geschäftsführers, dass es keine Aussprache zu Tagesordnungspunkt 18 geben soll, nicht gegeben hat. Das heißt, wir waren in eine solche Absprache der Parlamentarischen Geschäftsführungen nicht einbezogen.

Danke für den Hinweis. Ist das jetzt Ihrerseits mit einem Antrag verbunden?

(Dr. Patrick Breyer [PIRATEN]: Nein!)

- Das ist nicht der Fall. Dann nehmen wir das als Hinweis zu Protokoll. Danke schön.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Erstattung des mündlichen Berichts. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das wurde einstimmig so beschlossen.

Damit erteile ich für die Landesregierung der Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Dr. Wara Wende, das Wort. - Bitte schön. Wir machen noch ein Mikrofon an, Sekunde!

Jetzt geht das Mikrofon. Jetzt müssen Sie meine Redezeit auch wieder auf null setzen!

(Heiterkeit - Zuruf Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

- Aber dann dürften Sie auch länger reden!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Schön!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sie alle kennen unseren Koalitionsvertrag. Darin betonen wir, dass wir erst konkrete schulpolitische Entscheidungen treffen werden, nachdem wir zuvor mit möglichst vielen Betroffenen gesprochen haben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Was sagen Sie denen?)

- Mit ersten Gesprächen haben wir bereits begonnen. Am 8. September 2012 wird eine große Bildungskonferenz stattfinden. Dieser werden weitere Dialogforen in unterschiedlichen Konstellationen folgen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Und wann entschei- den Sie mal was?)

Bildungspolitik ohne Dialog mit den Beteiligten ist zum Scheitern verurteilt,

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt PIRATEN)

wobei Dialog freilich nicht bedeuten kann, dass wir ohne eigene Vorstellungen in diesen Dialog gehen.

(Beifall SPD)

Wir wollen eine Schulstruktur, die Chancengerechtigkeit ermöglicht, die niemanden zurücklässt und alle mitnimmt - auch Sie!

(Heiterkeit - Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Abgeordneter Uli Kö- nig [PIRATEN])

Wir wollen, dass Schullaufbahnen nicht schichttypisch verlaufen und dass alle Kinder unabhängig von ihrem Elternhaus eine faire Chance auf erfolgreiche Bildungskarrieren haben. Wir wollen, dass Schulalltag nicht durch permanenten Wettbewerb und Konkurrenzverhältnisse bestimmt wird und junge Menschen in ihrer Andersartigkeit, in ihren Stärken und Schwächen akzeptiert und individuell gefördert werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir sehen Schule als einen Raum, in dem nicht nur die kognitiven Fähigkeiten, sondern auch - was ganz offensichtlich in der Vergangenheit nicht immer geglückt ist - die sozialen Kompetenzen, die emotionalen Potenziale und die kreativen Talente der Schüler gefördert werden.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: 20 Jahre SPD-Bildungspolitik!)

Wir sehen Schule als einen Raum, in dem junge Menschen lernen, Verantwortung zu übernehmen, Verantwortung für sich selbst und für andere. Wir sehen Schule als einen Raum, in dem junge Menschen lernen, Dinge in Zusammenhängen zu sehen und kritische Fragen zu stellen.

(Christopher Vogt [FDP]: Sehr gut!)

Dafür braucht es ein Schulsystem, das nicht bereits frühzeitig Bildungsgewinner und Bildungsverlierer separiert. Deswegen setzen wir auf die Gemeinschaftsschule, ohne jedoch das Gymnasium abzuschaffen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das schaffen Sie auch nicht!)

Dafür braucht es kommunikationsstarke und engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die theoriestark und praxisnah, fachlich und pädagogisch exzellent arbeiten und sich regelmäßig weiterbilden. Dafür braucht es Lehrerinnen und Lehrer, die entlastendes Fachpersonal an die Seite gestellt bekommen, zum Beispiel Sozialarbeiter und Psychologen.

Weiter braucht es dafür - last, but not least - eine Strategie zur Reduktion des Unterrichtsausfalls.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und wie soll die aussehen?)

Unterrichtsausfall ist ein reales Problem, dem wir uns mit nachhaltigen Lösungen stellen und damit auch ein Ende bereiten wollen.

Unsere erste Maßnahme gegen Unterrichtsausfall ist: Wir werden die 300 Stellen, die von der Vorgängerregierung im Kontext der 600 Personalstellen abgebaut worden sind, wieder zurückgeben.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Abgeordneter Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir setzen damit auf personelle Verstärkung der Schulen durch Planstellen und nicht auf zeitlich befristete Unterrichtsvertretungen. Die von der Vorgängerregierung gestrichenen 600 Planstellen haben eine massive Verschlechterung der Unterrichtssituation zur Folge. Es ist zynisch und wenig weitsichtig, erst attraktive Beamtenstellen zu streichen und dann wunderbarerweise kurz vor der Landtagswahl das Volumen des Vertretungsfonds und damit die Zahl der lediglich befristet eingestellten Lehrkräfte von 12 Millionen € auf 24 Millionen € zu erhöhen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die Verdopplung des Vertretungsfonds fand darüber hinaus ohne jedwedes Konzept für die Beseitigung des Unterrichtsausfall statt und war in Wirklichkeit nichts anderes als populistischer Aktionismus im Kontext der anstehenden Landtagswahl.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Man wollte ganz offensichtlich lediglich so tun, als täte man etwas. Das Volumen des üppig ausgestatteten Vertretungsfonds - das zeichnet sich bereits jetzt ab - wird 2012 nicht annähernd ausgeschöpft werden. Es ist Ende der Schulferien mit 8,6 Millionen € belastet gewesen. Aus diesem Grund nutzen wir die Zeit, um den Spielraum des Vertretungsfonds die Unterrichtsqualität tatsächlich schon jetzt vor Verabschiedung des neuen Haushalts zu verbessern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Eine populisti- sche Maßnahme! Unglaublich!)

180 der 300 Stellen werden an die Gemeinschaftsschulen zurückgegeben, damit diese die Differenzierungsstunden wieder von drei auf fünf Stunden pro Lerngruppe und Woche erhöhen können. Die Erhöhung der Zahl der Differenzierungsstunden ist