Wir erleben, wie wichtig Diplomatie und Dialog sind und wie wichtig es ist, die Entwicklung demokratischer Strukturen, die Entwicklung von Pluralismus und Beteiligung zu unterstützen. Deshalb haben wir uns als Parlament - alle Fraktionen gemeinsam - entschieden, dass wir uns nicht wegducken, sondern zum Parlamentsforum Südliche Ostsee fahren, das unsere russische Partnerregion Kaliningrad in der nächsten Woche ausrichtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bilder und Botschaften, die uns täglich aus der Ukraine erreichen, machen uns deutlich, welche Errungenschaft es tatsächlich ist, dass wir seit fast 70 Jahren Frieden in Europa haben. Dafür hat die EU den Friedensnobelpreis erhalten. Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen, sondern wir müssen uns einmischen, wenn dieser Frieden nicht nur nach innen, sondern auch an unseren Außengrenzen bedroht ist.
Worum geht es heute in Europa? Wenn wir uns die Entwicklung in den vergangenen Jahren innerhalb der Union, aber auch in den Staaten an unseren Außengrenzen anschauen, dann kann ich feststellen, dass es in erster Linie um Solidarität nach innen und nach außen geht.
Was heißt das für uns im Einzelnen? An den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist einmal mehr deutlich geworden, dass es nicht ausreicht, sich auf eine Wirtschaftsunion zu konzentrieren, sondern dass Europa auch eine Sozialunion werden muss. Wirtschaftliche Freiheiten dürfen nicht den sozialen Rechten übergeordnet werden.
Wir brauchen ein soziales Europa, ein Europa, das seinen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, ihr Potenzial zu entfalten, das Sozialdumping beendet, das Arbeitnehmerrechte und Gewerkschaften schützt und stärkt und das die Schwachen schützt und unterstützt. Wir brauchen gute Arbeit und endlich auch europaweit einen Pakt für Mindestlöhne.
Wir müssen europaweit Strategien entwickeln, um Arbeitsplätze zu schaffen. Es kann nicht sein, dass fast 27 Millionen Europäer keinen Arbeitsplatz finden. Jeder vierte Mensch zwischen 15 und 25 Jahren hat keinen Job. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, die Jugendgarantie, ist und bleibt unser wichtigstes Ziel, wenn wir nicht eine ganze Generation verlieren wollen, die zwar gut ausgebildet, aber arm, perspektivlos und frustriert ist.
Wir brauchen mehr und gute Arbeitsplätze in Europa. Das können wir erreichen, indem wir Bildung, Forschung und Innovation fördern, indem wir kleine und mittlere Unternehmen weiter unterstützen und indem wir in eine nachhaltige und solidarische Wirtschaft investieren. Ein wirtschaftlich starkes und nachhaltiges Europa, in dem hohe Verbraucherschutz- und Umweltschutzstandards gelten, schafft Arbeitsplätze und sichert den sozialen Zusammenhalt.
Deshalb ist es wichtig, in den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA genau darauf zu achten, dass diese hohen europäischen Standards - nicht nur im ökologischen, sondern auch im sozialen Bereich und im Bereich des Da
tenschutzes - nicht aufgeweicht werden. Dies wiederum können wir nur, wenn die Verhandlungen transparent verlaufen. Deshalb drängen wir so darauf. Werden diese Mindestanforderungen nicht erfüllt, soll es nach unserer Meinung kein Freihandelsabkommen geben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, all das haben wir hier im Landtag diskutiert. Auch sonst sind europäische Themen immer auch schleswig-holsteinische Themen. Ob eCall oder soziales Unternehmertum, unsere Initiative für eine Jugendbegegnung zur Kieler Woche, die Ausgestaltung der EUStrukturfonds, die EU-Ostseestrategie, auf die im Europabericht umfassend eingegangen wird - für diesen möchte ich mich an dieser Stelle namens meiner Fraktion sehr herzlich bedanken, Frau Ministerin -, all das zeigt, dass es auf uns ankommt. Es kommt darauf an, dass wir uns alle mit europäischer Politik beschäftigen, von der wir ja auch profitieren.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher profitieren von Kinderspielzeug ohne Gifte. Ich sage nur: Europa wirkt. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren von der Entsenderichtlinie. Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine der wichtigen Errungenschaften der europäischen Integration. Sie ist ein gutes Mittel gegen den Fachkräftemangel. Es muss aber der Grundsatz gelten - und darauf bestehen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten -: gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit am gleichen Ort.
Das ist übrigens auch gut für die heimischen Betriebe, die keine Wettbewerbsverzerrung durch Lohndumping fürchten müssen. Wir stärken so die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und damit auch Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in unserem Land.
Neben diesen Regeln brauchen wir auch Regeln für die Finanzmärkte. Die Menschen wollen nicht, dass wir mit ihrem Steuergeld marode Banken retten.
Meine Damen und Herren, all das brauchen wir, um den Zusammenhalt in Europa zu stärken, um die Bedeutung der europäischen Idee auch wieder in den Herzen der Menschen zu verankern. Wir brauchen ein solidarisches Europa, das auf einem sozialen Wertegerüst aufbaut. Wir brauchen ein soli
darisches Europa, das die Rechte seiner Minderheiten achtet und schützt. Hierbei sind wir in Schleswig-Holstein beispielgebend, und ein bisschen stolz dürfen wir darauf auch sein.
Wir brauchen ein solidarisches Europa, das Menschen, die zu uns kommen, willkommen heißt, das legale Einwanderung ermöglicht und regelt und das in der Flüchtlingspolitik die Grundrechte eines jeden Menschen sichert und achtet, das nicht zwischen „gutem“ politischen Asyl und „schlechten“ Wirtschaftsflüchtlingen unterscheidet.
Es kann nicht sein, dass wir solche Katastrophen wie die vor Lampedusa, die sich fast täglich an den Grenzen wiederholen, weiter zulassen; denn es geht um Menschen, die nicht weniger Wert sind als die Bürgerinnen und Bürger Europas. Deren Rechte müssen wir genauso achten und schützen.
Wie wollen wir künftig mit Menschen umgehen, die vor den Zuständen in ihrer Heimat fliehen? Sie im Mittelmeer ertrinken oder von Schlepperbanden ausbeuten zu lassen, ist menschenverachtend. Wie wollen wir den Diskurs innerhalb Deutschlands und Europas gestalten? Wie ermöglichen wir es Menschen aus anderen Ländern, sich hier zu integrieren? Das ist es, was uns weiterbringen kann, und zwar wirtschaftlich und gesellschaftlich.
Deutschland und Europa wären heute nicht, wie wir sind, wenn im 19. Jahrhundert die Staaten der Welt ihre Grenzen vor den Auswanderern verschlossen hätten. Wir brauchen eine solidarische Flüchtlingsund Asylpolitik. Wir brauchen eine europäische Willkommenskultur, aber nicht nur, weil wir diese Menschen, die zu uns kommen, auch für die Entwicklung unserer Wirtschaft dringend brauchen Stichwort Fachkräftemangel -, sondern auch, weil jeder Mensch ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben hat.
Wir dürfen nicht zulassen, dass rechtspopulistische Kräfte unbegründete Ängste vor Überfremdung und Vorbehalte gegenüber dem europäischen Projekt aufgreifen und eine Renationalisierung propagieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten immer wieder auch darauf hinweisen, dass gerade Deutschland enorm von den offenen Grenzen im Binnenmarkt profitiert. Unseren Wohlstand haben wir auch Europa zu verdanken. 60 % unserer Exporte gehen an unsere europäischen Nachbarn.
Wir in Schleswig-Holstein wissen ganz genau, dass das grenzüberschreitende Arbeiten auch dazu gehört. Wir wissen das seit Langem zu schätzen. Die Ministerin ist darauf ausführlich eingegangen. Ich finde, anhand der deutsch-dänischen Grenzregion Flensburg/Padborg lassen sich die Herausforderungen, die es zu bewältigen gibt, sehr gut ablesen: Sprache, Sozial- und Steuersysteme, Mindestlohn. Nicht immer passen die Dinge zueinander. Das sollten sie aber, wenn ein gemeinsamer Arbeitsmarkt funktionieren soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, soziale Gerechtigkeit und Solidarität sind die Grundpfeiler für Frieden, für Stabilität und auch für wirtschaftlichen Erfolg. Wir können und müssen das Europäische Parlament am Tag der Europawahl stärken. Indirekt ist damit ja auch die Wahl des Kommissionspräsidenten verbunden. Es ist auch deshalb so wichtig, wählen zu gehen, weil es in Deutschland und in weiteren 12 EU-Ländern keine Sperrklausel mehr gibt, was die Chancen für rechtspopulistische Parteien, in das Europäische Parlament einzuziehen, erhöht. Wir sehen das mit großer Sorge. Eine Zersplitterung des Parlaments ist das Gegenteil von Stärkung.
Darum geht es am 25. Mai 2014, nämlich um die Stärkung von Demokratie und Solidarität. Ich freue mich sehr, dass alle im Landtag vertretenen Fraktionen gemeinsam zur Teilnahme an der Wahl zum Europäischen Parlament aufrufen. Ich finde, das ist ein wunderbares Zeichen des Schleswig-Holsteinischen Landtags. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Landesregierung für diesen umfassenden Bericht, der zeigt, wie vielfältig die europapolitischen Aktivitäten hier im Land sind. Die Palette reicht von der Kooperation mit Dänemark über die Kooperationen im Ostseeraum, im Nordseeraum bis zu Partnerschaften mit den Regionen Ostnorwegen, Pommern, Kaliningrad und Nordwestrussland, den Baltische Staaten und Pays de la Loire.
Inhaltlich geht es um eine ganz große Breite von Themen: Meerespolitik, maritime Raumplanung, Schulpartnerschaften, Jugendaustausch, grenzüberschreitender Arbeitsmarkt, Gesundheit, Energie, Tourismus und viele weitere Themen. Kaum ein Bereich der Landespolitik wird ausgeklammert.
Es ist ja nicht nur die Landesregierung, die da aktiv ist. Im Rahmen der zahlreichen Partnerschaften und Kooperationsprojekte sind auch jede Menge zivilgesellschaftliche Organisationen aktiv, Akteure, Verbände, Vereine, Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen, Unternehmen und natürlich auch viele Kommunen machen sich europafähig.
Neben der regionalen Kooperation ist auch die Interessenvertretung des Landes durch das Hanse-Office in Brüssel von großer Bedeutung. Viele für unser Land wichtige Entscheidungen werden auf europäischer Ebene getroffen. Im Vorfeld von Entscheidungen rechtzeitig zu wissen, was ansteht, ist notwendige Voraussetzung dafür, sich einzubringen, Einfluss zu nehmen und Entscheidungen zu steuern. Der Vertrag von Lissabon gibt uns seit 2009 das Recht, dies zu tun, aber wir nutzen es bisher zu wenig, wir haben die europäische Ebene viel zu wenig im Blick.
Wir setzen uns im Koalitionsvertrag das Ziel, die Europafähigkeit des Landes zu stärken. Da sind wir noch ein Stück weit gefordert. Dazu gehört, dass die Stellen im Hanse-Office vollständig besetzt
und die Rahmenbedingungen dafür so geschaffen werden, dass es für den beruflichen Weg ein entscheidender Baustein ist, auch europaerfahren zu sein.