Protocol of the Session on September 16, 2015

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Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 35. Tagung des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das Haus ist ordnungsgemäß einberufen und beschlussfähig.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, sich von Ihren Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich)

Der Schleswig-Holsteinische Landtag trauert um sein früheres Mitglied Jens Ruge, der am 1. August 2015 - nur wenige Tage vor seinem 77. Geburtstag - gestorben ist. Jens Ruge, 1938 in Kiel geboren, studierte in Freiburg, Berlin und Kiel Rechts- und Staatswissenschaften und trat nach dem Zweiten Juristischen Staatsexamen 1969 in den Höheren Dienst ein. Seine Verwaltungslaufbahn beendete er als Ministerialrat im Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein.

Jens Ruge hat über ein halbes Jahrhundert Politik in Schleswig-Holstein mitgestaltet. Sein politischer Weg begann 1961, als er über einen Freund zum Liberalen Studentenbund kam und dort schon bald zum Landesvorsitzenden gewählt wurde, weil er sich nicht scheute, auch heiße Eisen anzupacken. 1964 wurde Jens Ruge Mitglied der Freien Demokratischen Partei, engagierte sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten unter anderem als Landesvorsitzender der Jungdemokraten, als Kommunalpolitiker und über viele Jahre hinweg im Landesvorstand der FDP. Dort hat er liberale Politik in Schleswig-Holstein nachhaltig geprägt.

Von 1975 bis 1983 und dann erneut in der 11. Wahlperiode 1987/88 gehörte Jens Ruge dem Schleswig-Holsteinischen Landtag an. Hier wirkte er als Verwaltungsfachmann vor allem im Innenund im Rechtsausschuss, aber auch als Mitglied des Wirtschaftsausschusses und des Sozialausschusses sowie - in der 11. Wahlperiode - im Untersuchungsausschuss Barschel/Pfeiffer.

Meine Damen und Herren, die Wahlplakate, die Jens Ruge bei seiner ersten Kandidatur verwendete, trugen den Leitspruch „Der Mensch im Mittelpunkt“. In diesen vier Worten bündelte sich nicht nur das politische Selbstverständnis des ebenso überzeugten wie überzeugenden Liberalen, sie sagen auch viel über Jens Ruge selbst aus, den viele von uns als eine besonders herzliche und humorvolle Persönlichkeit kannten, als jemanden, der Politik aus Leidenschaft betrieb, sich selbst dabei aber

nicht so wichtig nahm, aber auch als einen entschiedenen Streiter, der ein ausgeprägtes Gespür für Benachteiligte besaß und sich für sie ins Zeug legte. Genau das ist es, was den Menschen Jens Ruge ausmachte. Er war ein geradliniger und verbindlicher Politiker, der eigentlich für jeden ein freundliches Wort fand, aber doch unbequem sein und den Finger in die Wunde legen konnte. Er tat dies jedoch nie in bloßstellender oder verletzender Weise, sondern immer voller Respekt für die Person und die Sichtweise der anderen. Auch oder gerade deshalb war Jens Ruge vielen von uns ein persönlicher Freund, auch über die eigene Fraktion und über seine Zeit im Landtag hinaus.

Bis zu seinem Tode ist Jens Ruge ein politisch aktiver Mensch geblieben, der sich noch über viele Jahre als Kreistagsabgeordneter und Gemeindevertreter einbrachte, der immer wieder als Ratgeber zur Verfügung stand, ohne jedoch belehrend zu sein. Wir alle wissen um das Engagement Jens Ruges für die Parlamentarische Gesellschaft oder für den Hilfs- und Unterstützungsfonds für Polizeibeschäftigte und deren Familien in Not. Besonders in Erinnerung bleiben wird, dessen bin ich mir sicher, der großartige und unermüdliche Einsatz Jens Ruges für die europäische Idee und die friedliche Einigung unseres Kontinents. Als langjähriges Vorstandsmitglied und schließlich als Landesvorsitzender der Europa-Union Schleswig-Holstein von 2006 bis 2010 hat er auch hier Maßstäbe gesetzt, die weiterhin Geltung beanspruchen dürfen und denen gerecht zu werden heute wichtiger denn je ist.

Meine Damen und Herren, wir erinnern uns in Respekt und Dankbarkeit an Jens Ruge. Seiner Frau und seiner Familie spreche ich im Namen des ganzen Hauses unsere Anteilnahme aus. Ich bitte Sie nun, einen Moment im Gedenken an Jens Ruge innezuhalten. - Sie haben sich zu Ehren unseres früheren Kollegen Jens Ruge erhoben, ich danke Ihnen.

Meine Damen und Herren, Ich habe Ihnen eine Aufstellung der im Ältestenrat vereinbarten Redezeiten übermittelt. Der Ältestenrat hat sich verständigt, die Tagesordnung in der ausgedruckten Reihenfolge mit folgenden Maßgaben zu behandeln:

Zu den Tagesordnungspunkten 5, 6, 16, 18, 23, 32, 33 sowie 35 bis 39 ist eine Aussprache nicht geplant.

Von der Tagesordnung abgesetzt werden sollen die Tagesordnungspunkte 15, 17, 19, 22, 27, 41, 42 und 48.

8084 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 96. Sitzung - Mittwoch, 16. September 2015

Zur gemeinsamen Beratung vorgesehen sind die Tagesordnungspunkte 1 a), 20, 21, 26, 30, 49, Regierungserklärung und Anträge zur Flüchtlingssituation in Schleswig-Holstein, 7, 8, 34, 44, 46, Haushaltsberatungen 2016 - Erste Lesung -, und die Tagesordnungspunkte 24 und 43, Antrag und Bericht zur Windenergie.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, die Abstimmung zu dem Tagesordnungspunkt „Kommunalpaket des Bundes sachgerecht und schnell umsetzen“ aus der Juli-Tagung des Landtages zu wiederholen. Ich schlage daher vor, den Punkt als Tagesordnungspunkt 39 a) in die Tagesordnung einzureihen und am Freitag vor der Sammeldrucksache ohne Aussprache abzustimmen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Wann die weiteren Tagesordnungspunkte voraussichtlich aufgerufen werden, ergibt sich aus der Ihnen vorliegenden Übersicht über die Reihenfolge der Beratung der 35. Tagung. Wir werden heute und morgen jeweils unter Einschluss einer zweistündigen Mittagspause längstens bis 18 Uhr tagen. Am Freitag ist eine einstündige Mittagspause von 13 bis 14 Uhr vorgesehen. - Ich höre keinen Widerspruch, dann werden wir so verfahren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne des SchleswigHolsteinischen Landtags Schülerinnen und Schüler des Berufsbildungszentrums Rendsburg-Eckernförde und des Regionalen Bildungszentrums WaltherLehmkuhl-Schule aus Neumünster. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 7, 8, 34, 44 und 46 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Haushaltsgesetzes zum Haushaltsplan 2016

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/3300

b) Erste Lesung des Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes 2016

Gesetzentwurf Landesregierung Drucksache 18/3301

c) Infrastrukturbericht Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/2558

Bericht und Beschlussfassung des Finanzausschusses Drucksache 18/3227

d) Landesstraßenzustand - aktueller Stand

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3267

e) Finanzplan des Landes Schleswig-Holstein 2015 bis 2019

Finanzplan Fortschreibung 2020 - 2025

Bericht der Landesregierung zum Abbau des strukturellen Defizits gemäß Artikel 61 der Landesverfassung

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3327

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich erteile zunächst dem Herrn Berichterstatter des Finanzausschusses, dem Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verzeihen Sie, ich war etwas abgelenkt. Ich verweise angesichts des Tagesordnungspunkts gern auf die Vorlage.

Ich danke Ihnen, Herr Berichterstatter. - Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht.

Ich eröffne dann die Grundsatzberatung und erteile Finanzministerin Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Humanitäre Verantwortung, politische Schwerpunktsetzung und solide Finanzen - das ist der Dreiklang des Haushaltsentwurfs 2016, den Ihnen die rotgrün-blaue Landesregierung heute vorlegt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir sind davon überzeugt, dass wir unser Land zukunftsfest machen, indem wir den Haushalt konsolidieren, in Bildung investieren und unsere Infrastruktur modernisieren.

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 96. Sitzung - Mittwoch, 16. September 2015 8085

(Präsident Klaus Schlie)

Wir sind davon überzeugt, dass wir unser Land zukunftsfest machen, indem wir Flüchtlingen die Chance geben, bei uns eine neue Heimat zu finden, die deutsche Sprache zu lernen, unsere Kultur kennenzulernen sowie Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu finden. Ja, unsere Gesellschaft wird sich dadurch verändern. Wir werden die Debatte um den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel ganz anders und ganz neu führen müssen. Die wichtigste Grundlage für eine gute Integration heißt Bildung: Spracherwerb, Kita-Plätze, berufliche Nachqualifikation, Studien- und Ausbildungsplätze. Das stellt Kommunen und Länder vor eine sehr große Herausforderung, aber es ist auch eine riesige Chance für unsere bisher alternde Gesellschaft.

Meine Damen und Herren, gesellschaftliche Veränderungen werden sich auch auf unsere Finanzplanung und auf die Ausgestaltung unseres Konsolidierungskurses auswirken. Wenn Erstaufnahmestellen mehr Personal für die Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge benötigen, wenn Gerichte weitere Ressourcen brauchen, um eine steigende Zahl von Asylverfahren zügig zu erledigen, wenn die Kommunen bei der Unterbringung und Integration der Flüchtlinge Unterstützung und Hilfe benötigen, wenn auf die Polizei zusätzliche Herausforderungen zukommen, wenn Flüchtlingskinder Sprachunterricht und psychologische Betreuung brauchen, wenn wir zukünftig mehr und nicht weniger Kinder in unseren Schulen haben, dann, meine Damen und Herren, wird und muss diese Landesregierung handeln.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und Angelika Beer [PIRATEN])

In Absprache mit dem Stabilitätsrat werden wir Lösungen finden, die den neuen Herausforderungen gerecht werden. Dabei ist es das Ziel der Landesregierung, den eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung beizubehalten.

Aber wir werden vermutlich einzelne Komponenten des bisherigen Konzeptes verändern müssen. So basiert unser Konsolidierungskurs bisher auf dem Abbau von 5.351 Stellen in einem Volumen von rund 215 Millionen €. Davon sollten ursprünglich - so das alte Sparkonzept von CDU und FDP - über 160 Millionen € im Bildungsbereich erbracht werden, indem in unseren Schulen rund 3.900 Lehrerstellen gestrichen werden. Diesen harten Sparkurs im Bildungsbereich hat die rot-grün-blaue Landesregierung schon in den letzten Jahren deutlich korrigiert.

Gleich zu Beginn der Legislaturperiode haben wir beschlossen, 752 Stellen weniger abzubauen als von Schwarz-Gelb geplant. Wir setzen die BAföGMittel in voller Höhe ein, um 728 zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen, und wir finanzieren ab diesem Schuljahr 314 Schulassistenten.