Auch diesen Aspekt haben wir deshalb in unseren heutigen Antrag aufgenommen, der hoffentlich gleich verteilt werden wird.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal Danke dafür sagen, dass es erneut gelungen ist, den Antrag zur heutigen Regierungserklärung wieder mit allen Fraktionen und den Abgeordneten des SSW gemeinsam zu formulieren. Auch das unterscheidet
(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Martin Habersaat [SPD]: Die an- deren sind alle doof, und wir sind gut!)
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Fraktionsvorsitzende, die Abgeordnete Eka von Kalben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich mag nicht mehr, ich bin wie viele andere Menschen im Land pandemiemüde, mir reicht es, dass sich alle Gespräche, die ich führe, ob am Frühstückstisch, beim Arbeitsplatz oder mit euch hier im Parlament, nur noch um Corona drehen, ich will endlich raus aus diesem Ausnahmezustand. - Wir wollen wieder Normalität, ohne Maske, ohne Abstand!
Der Sommer war eine Ruhepause - für die meisten von uns, aber nicht für alle, zum Beispiel nicht für die Menschen in der Veranstaltungsbranche. Wir haben Zwischenerfolge gefeiert, neue und andere Erfahrungen gemacht, wie zum Beispiel das Schleswig-Holstein Musik Festival mit kleinen und digitalen Veranstaltungen.
Und nun sind wir im Herbst, fast im Winter, in der zweiten Welle - nicht überraschend und auch nicht unvorbereitet, wie manche suggerieren. Viele Menschen haben sich in Betrieben, zum Beispiel in Gaststätten, aber auch in Behörden, in Schulen und in den Kirchen auf ein Leben mit der Pandemie eingestellt und viel Aufwand betrieben. Aber das alles hat nicht ausgereicht, das alles reicht nicht aus.
Meine Vorredner haben es ausgesprochen: Es geht nicht nur um die Zahlen, die wir als Inzidenzen kennen, sondern es geht um die Menschen, die in den Krankenhäusern auf den Intensivstationen liegen, und es geht um das fehlende Personal auf den Intensivstationen, es geht darum, dass wir dort eine Überlastung vermeiden müssen.
Wir hatten gehofft, die Kontrolle über das Virusgeschehen zu bekommen, um mehr zu ermöglichen im Wirtschaftsleben, im Sport, in der Kultur, mit Nähe, mit Weihnachtsgottesdiensten und Silvesterfeiern. Ich möchte die Weihnachtsrhetorik nicht überstrapazieren, denn es gibt auch viele Menschen im Land, die ganz andere Sorgen haben als nur das Weihnachtsfest.
Meine Damen und Herren, nun befinden wir uns wieder in einer Zeit von Freiheitseinschränkungen, insbesondere für einen Teil der Wirtschaft und für die Kultur, aber auch für uns im privaten Bereich, bei der Anzahl der Menschen, die wir treffen dürfen. Das ist krass, keine Frage.
Ich lebe in einer großen Hausgemeinschaft und zähle und erwäge gerade, ob ich lieber meinen Enkel auslade oder meine 93-jährige Mutter oder ob ich einem meiner erwachsenen Kinder sage, dass sie dieses Jahr im Studentenwohnheim allein Weihnachten feiern sollen. Das ist nicht einfach, das ist nicht einfach einmal so daher gesagt. Wenn man eine große Familie hat, ist die Beschränkung auf zehn Personen schwierig.
Aber mindestens genauso krass sind die Szenarien, wenn wir jetzt nichts tun und dadurch die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nicht mehr möglich wäre.
Meine Damen und Herren, gut ist, dass die Politik dazugelernt hat. Erstens: Menschen, die in Einrichtungen gepflegt und betreut werden, sind von ihren Angehörigen nicht abgeschottet, und dabei muss es bleiben.
Herr Stegner, vielen Dank für Ihre eindringlichen Worte zum Thema Einsamkeit. Diesen Punkt müssen wir dringend im Blick haben.
Zweitens: Schulen und Kitas sind dort, wo das Virus nicht zirkuliert, geöffnet. Das wird auch so bleiben, wenn wir alle unseren Beitrag dazu leisten.
Dazu gehört natürlich auch, dass wir für den ÖPNV nach Lösungen suchen müssen. Ich habe neulich an einer Videoschaltung teilgenommen, während der von einer Verkehrsministerkonferenz berichtet wurde. Zumindest unsere grünen Vertreterinnen und Vertreter haben dort gesagt, dass es manchmal einfacher aussieht, als es ist. Tatsache ist, dass es Reisebusgesellschaften gibt, die nichts zu tun haben, dass es Busfahrerinnen und Busfahrer gibt, die in Kurzarbeit sind. Gleichzeitig haben wir enge Verhältnisse, besonders in Großstädten, in denen es bestimmte Taktungen für die Busse gibt.
Das ist in ganz vielen Bereichen nicht immer einfach. Daher ist es super, dass sich Kreise wie zum Beispiel Rendsburg-Eckernförde mit den Schulen, mit den Reisebusunternehmen und mit dem ÖPNV auf den Weg gemacht und ein gemeinsames Kon
Meine Damen und Herren, wir hören immer wieder viele Appelle. Das ist auch so ein Punkt, an dem ich Pandemiemüdigkeit fühle. Ich merke, dass diese Appelle immer wieder eindringlich wiederholt werden. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir wirklich immer noch diejenigen erreichen, die wir erreichen wollen. Wir sehen am Dashboard des RKI, also an den Zahlen, die veröffentlicht werden, dass diese Appelle offensichtlich nicht überall ihr Ziel erreichen. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Politik, die Ministerpräsidentenkonferenz zum Beispiel, über konkrete Maßnahmen Gedanken macht, die über Appelle hinausgehen, und zwar per Verordnung.
Die Frage ist: Was kann ich eigentlich verordnen? Und wo kann ich nur mit Appellen etwas erreichen? Verordnen kann ich nämlich meiner Meinung nach nur Dinge, die ich auch wirklich überprüfen kann. Das betrifft zum Beispiel die Frage des Silvesterfeuerwerks. Dieses wurde im Übrigen nicht - wie es oft unterstellt wurde - aus ökologischen Gesichtspunkten infrage gestellt, sondern weil die Krankenhäuser gesagt haben: Es kann eine große Problematik sein, wenn zusätzlich zur Coronapandemie noch die vielen Verletzungen, die durch Feuerwerke entstehen, behandelt werden müssen.
Insofern finde ich den Appell richtig. Aber ein Verbot wäre tatsächlich sehr schwer zu überprüfen. Wir haben die Ergebnisse der Ministerpräsidentenkonferenz ja schon in den Zeitungen lesen können. Als der Appell ausgesprochen wurde, ging zeitgleich eine Demo-Ankündigung von „Querdenken“ ein, Silvester um 24 Uhr vor dem Brandenburger Tor eine Demonstration gegen das Feuerwerkverbot zu machen. Da ist mir noch einmal klargeworden, dass man mit bestimmten Verboten, die das Ziel haben, Massenaufläufe zu vermeiden, unter Umständen das Gegenteil erreicht, weil dann ganz viele Leute dagegen demonstrieren. Die Berliner machen sich jetzt große Sorgen, wie sie damit umgehen sollen.
Damit umzugehen, ist schwierig. Da hilft, so glaube ich, und das haben viele vor mir auch schon gesagt, nur, dass wir die Menschen davon überzeugen, dass Solidarität wichtig ist, dass diese Maßnahmen nicht dazu gedacht sind, den Menschen den Spaß zu verderben oder eine dunkle Jahreszeit noch dunkler zu machen, sondern dass sie einen echten Grund ha
Meine Damen und Herren, die Maßnahmen, auf die sich Bund und Länder nun geeinigt haben, sind richtig, und sie sind verhältnismäßig. Ich möchte aber deutlich darauf hinweisen: Es gibt nicht einen richtigen Weg. Jeder und jede wird irgendetwas finden, was unlogisch erscheint und es vielleicht auch ist. Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich unser bisheriges Vorgehen rein nach Hygienekonzepten und geschätzter Ansteckungsgefahr deutlich besser fand als die Aufteilung nach Notwendigem und nicht Notwendigem. Wer bestimmt denn, ob die Kosmetik wichtiger ist als das Adventskonzert? Für den einen ist das Einkaufen im Einzelhandel systemrelevant, die offene Jugendhilfe oder der Sport jedoch nicht. Diese Abwägung zu treffen, finde ich schwierig. Aber das ist der Weg, der bundesländerweit entschieden wurde.
Ich sage auch: Es ist richtig, dass wir aus Verlässlichkeitsgründen diesen gemeinsamen Weg mit den anderen Bundesländern und mit der Bundesregierung gehen, und zwar nicht nur, um eine Verlässlichkeit vor Gericht zu erreichen, sondern auch, um ein klares und geschlossenes Bild an die Bevölkerung und an diejenigen, die pandemiemüde sind, zu geben.
Ich unterstütze also alles, was hier gesagt wurde, auch zur Frage der Ausnahmemöglichkeiten nach unten und der Regionalität, aber, meine Damen und Herren - und da muss ich leider meinem Kollegen Herrn Koch zum Teil widersprechen -: Wir müssen aufpassen, dass wir uns als Schleswig-Holsteiner nicht zu sehr über andere erheben.
Die Inzidenzen, die wir jetzt zum Beispiel am Hamburger Rand erleben, liegen im Moment - Herr Garg wird es wissen - zum Teil über denen von Hamburg. Es gibt insofern ein Problem von Metropolregionen, und es gibt eine gewisse Gnade in Regionen, in denen die Bevölkerung nicht so dicht aufeinander lebt. Das ist auch logisch, weil dort die Busse vielleicht nicht so voll sind, weil die Menschen in größeren Häusern und in größeren Abständen wohnen und nicht in engen Wohnungen mit sehr vielen Menschen. Es zeigt sich eben, dass enge Wohnverhältnisse auch ein Grund dafür sein können, dass die Inzidenzen steigen.
Trotzdem finde ich, dass unsere Regierung es sehr gut gemacht hat. Die Beispiele haben gezeigt: Während in anderen Bundesländern Biergärten geöffnet hatten und Ähnliches, war dies in Schleswig-Holstein schon verboten. Ich glaube, dass wir hier einen sehr vorsichtigen und einen sehr vernünftigen Weg gegangen sind. An dieser Stelle möchte ich mich wirklich sehr herzlich bei allen in der Regierung, die daran beteiligt waren, insbesondere im Gesundheitsministerium, bedanken.
Meine Damen und Herren, wir alle haben die Pandemie unterschiedlich erlebt. Wir alle sammeln im Land unterschiedliche Erfahrungen aus allen Teilen der Bevölkerung, und so spiegeln wir hier im Haus auch die Akzeptanz der Maßnahmen und einen Großteil der Lebenserfahrungen mit der Pandemie wider. Dieses Haus zeigt, dass wir eine Art kollektive Suchbewegung um den besten Weg im Umgang mit der Pandemie sind. Wir streiten, wir diskutieren, und wir lassen uns beraten.
Die Anhörung in der letzten Woche war dafür ein eindrücklicher Beweis. Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, dass Sie diesen Vorschlag unterstützt haben und zu dieser Beratung bereit waren. Vor allem aber möchte ich mich an dieser Stelle auch einmal bei der Landtagsverwaltung bedanken, weil ich weiß, dass die Landtagsverwaltung sehr großen Aufwand betrieben hat, um dies und auch die Sondersitzung heute zu dieser Debatte so kurzfristig möglich zu machen. - Herzlichen Dank an die Landtagsverwaltung!
Viele sagen, sie freuen sich, dass das Parlament jetzt beteiligt werde, zum Beispiel heute durch diese Sondersitzung. Das ist falsch, denn wir haben hier seit März 2020 vier Regierungserklärungen gehört und beraten, und es wurden sage und schreibe 34 Anträge mit Coronabezug debattiert und abgestimmt. Da kann man wirklich nicht sagen, dass es immer nur eine Klüngelrunde per Video mit der Kanzlerin wäre, die etwas beschließt. Nein, wir alle haben hier das Recht, Anträge nach dem Motto zu stellen: Die Landesregierung wird aufgefordert, die Maßnahmen nicht umzusetzen. Aber, meine Damen und Herren, dafür muss man eine Mehrheit haben. Das ist nicht undemokratisch, sondern genau das ist Demokratie.
Deshalb muss ich sagen: Das Märchen vom Untergang der Demokratie, das wir auch gestern im Bundestag gehört haben, ist dadurch eindeutig widerlegt. Manche haben eben einfach keine Mehrheit für ihre Positionen - Gott sei Dank.
Wir hier suchen nach Lösungen. Wir geben der Regierung Feedback. Wir kontrollieren sie. Wir sind keine kontrollierten Lemminge, die falschen Informationen hinterherlaufen, und wir sind auch kein Virologenfanclub, sondern wir wissen, dass es auch in der Wissenschaft unterschiedliche Ansätze und Positionen gibt.
Meine Damen und Herren, wir dürfen pandemiemüde sein - ich bin es auch. Wir dürfen Kritik an einzelnen Maßnahmen haben - die habe ich auch. Wir als Politiker und als Parlament müssen aber auch Mut machen und Lösungen anbieten. Es ist übrigens kein Lösungsvorschlag, wenn Bundestagsabgeordnete dazu aufrufen, die Gerichte anzurufen, und wenn diejenigen, die im Bundestag den Untergang der Demokratie herbeibrüllen, gleichzeitig selbst die demokratischen Institutionen angreifen und nicht ernst nehmen.
Liebe AfD, Ihnen geht es nicht darum, dass es Deutschland und seinen Bürgerinnen und Bürgern gut geht, sondern nur darum, dass es der AfD gut geht, und das ist kein Lösungsvorschlag, um die Pandemie zu bekämpfen.
Meine Damen und Herren, wir dürfen pandemiemüde sein, aber wir dürfen nicht aufgeben. Wir dürfen pandemiemüde sein, aber wir dürfen nicht zu müde sein, um nach guten Lösungen zu suchen. Deshalb ist diese Debatte heute ein kleiner Baustein der gesamten Suchbewegung, wie wir uns gemeinsam durch diese Pandemie durchkämpfen - gemeinsam! - Vielen Dank.