Soweit und - wirklich - so gut. Das muss man tatsächlich feststellen. Daran orientiert sich auch der Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen, der Anpassungen an aktuelle Entwicklungen aufnimmt. Ebenso sieht der Änderungsantrag der regierungstragenden Fraktionen Ergänzungen im Bereich des Datenschutzes vor, lässt aber im Gegensatz zu unserem Änderungsantrag die meisten Forderungen aus der Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten einfach unberücksichtigt.
Zwar nimmt die Regierungskoalition unsere Änderungsvorschläge zu Fahrtkosten- und Aufwandsentschädigungen sowie zur Einrichtung einer Interessenvertretung der Gefangenen im Jugendstrafvollzug auf. Wesentliche Änderungen bleiben jedoch außen vor. Aus diesem Grund können wir dem Gesetzentwurf so nicht zustimmen, denn drei unserer nicht aufgenommenen Vorschläge sind uns besonders wichtig.
Da lese ich die Dinge, die zum Jugendarrestvollzugsgesetz hier angegeben sind, ganz anders. Der Jugendarrest ist aus unserer Sicht in einer vollständig selbstständigen Jugendarrestanstalt zu vollziehen. Sie muss räumlich getrennt von anderen Vollzugseinrichtungen und auch organisatorisch selbstständig bleiben. Die Ausrichtung des Jugendarrests basiert auf pädagogischen Konzepten für eine kurze Freiheitsentziehung und unterscheidet sich damit von der Durchführung des Jugendstrafvollzugs. Die Umsetzung dieses pädagogischen Konzeptes ist nur mit eigenem, konstantem und für die besonderen Belange der Arrestanstalt ausgebildetem Personal möglich. Die angegebene Vermengung von bestimmten Angeboten ist daher nicht sachgerecht. Die erfolgreiche Arbeit der Einrichtung wäre durch eine Verflechtung mit anderen Einrichtungen gefährdet. Wenn sie überflüssig ist - das kann man vielleicht auch feststellen - wäre sie schlicht aufzulösen, oder sie müsste mit anderen Arrestanstalten in Kooperation gebracht werden. Das wäre weitaus sinnvoller, als sie an irgendeiner Stelle mit dem allgemeinen Vollzug zusammenzuführen.
Zweiter Punkt ist die Verbindlichkeit von Maßnahmen im Umgang mit den Gefangenen. Es ist nicht nachvollziehbar, warum bei den Ausführungen eine Soll-Regelung durch eine Kann-Regelung ersetzt wird. Das ergibt sich leider auch nicht aus der Begründung und ist für die Erreichung des Vollzugs
ziels alles andere als dienlich, Herr Minister. Die Kann-Regelung beim Telefonieren wäre hingegen durch eine Soll-Regelung zu ersetzen. Aus meiner Tätigkeit als Anstaltsbeirat weiß ich, dass Telefonieren in den Vollzugsanstalten ohne Haftraumtelefon ein Dauerthema ist. Hier muss eine Lösung für alle her, und jede Abweichung ist schlicht zu begründen.
Sie greifen das Problem seitens der regierungstragenden Fraktionen sogar selbst in Bezug auf die Sicherungsverwahrten in Ihrem Änderungsantrag auf. Das macht dem Personal in den Justizvollzugsanstalten nicht nur Arbeit, es erleichtert auch den Vollzug, weil Konflikte und Aufwand damit verhindert werden können. Marktgerechte Preise bei Telefon und Einkauf wären zudem ein sehr wichtiges Signal für die Stimmung in den Einrichtungen.
Dritter Punkt ist, dass kein Arrest für Schwangere und Gefangene, die gemeinsam mit ihren Kindern untergebracht sind, verhängt werden darf. Schon aus Kindeswohlgründen müsste dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Die psychische Belastung der schwangeren Gefangenen im Arrest dürfte sich auf das ungeborene Kind auswirken. Dem ist vorzubeugen. Außerdem gibt es eine entsprechende Resolution der UN-Generalversammlung, die wenn auch in diesem Fall wie auch in der Frage des Ausländerwahlrechts - nicht völkerrechtlich verbindlich ist, jedoch bereits aus Gründen der Humanität und Rechtsstaatlichkeit zu beachten ist und auch in das Gesetz aufgenommen werden könnte.
Dass einige Maßnahmen, die dieses Gesetz und auch beide Änderungsanträge vorsehen, mit Geld und Personal zu hinterlegen sind, hat der Minister gerade angeführt. Das haben auch die Gewerkschaftsvertreter in den Anhörungen sehr deutlich gemacht.
Die Landesregierung ist hier auf einem guten Weg. Nach meiner Erfahrung sehe ich es eher skeptisch, ob die 40.000 € einmalig und 235.000 € jährlich ausreichen werden, wie es zunächst in der Begründung des Gesetzes genannt wird. Meine Skepsis haben Sie gerade bestätigt, Herr Minister, vielen Dank. Es wäre ferner gut, wenn im Haushaltsentwurf 2022 dann realistischere Zahlen und Stellenforderungen genannt werden, um das umzusetzen. Es wäre gut, wenn wir bei anderen Gesetzentwürfen vielleicht bei dem Thema Kosten schon die realistischen Zahlen im Gesetzentwurf haben und nicht erst bei den Haushaltsberatungen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Justizvollzugsmodernisierungsgesetz ist wirkliches ein Dickschiff. Die 300 Seiten Beschlussvorschlag, die Ihnen hier vorliegen, sind nur ein Teil des Gesetzentwurfs. Der Gesetzentwurf war am Anfang 600 Seiten stark.
Er befasst sich mit allen Justizvollzugsformen des Landes und setzt außerdem die EU-Vorgaben zum Datenschutz um. Was dort alles sonst noch drin steht, ist schon erwähnt worden, das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen.
Ein kleiner Rückblick in die 18. Wahlperiode sei mir doch erlaubt: Das Landesstrafvollzugsgesetz vom Juli 2016 aus dem Hause Anke Spoorendonk
war eines der umstrittensten Gesetzesvorhaben der Küstenkoalition. Wir hatten hierzu im Landtag sehr kontrovers geführte Debatten, nicht wahr, Barbara Ostmeier, wir erinnern uns? Die damalige Opposition von CDU und FDP ließ kein gutes Haar an dem ambitionierten Gesetz. Dreh- und Angelpunkt war weniger der Inhalt als vielmehr, dass für eine Umsetzung schlicht das erforderliche Personal fehlen würde. Kurz: Das Gesetz verspreche mehr, als es in der Praxis einhalten könne.
Meine Damen und Herren, deswegen war es völlig vernünftig, dass der Jamaika-Koalitionsvertrag jetzt erst einmal vereinbart hatte, den tatsächlichen Personalbedarf in den Vollzugsanstalten extern analysieren zu lassen und auf dieser Grundlage das Gesetz zu überprüfen.
Die Studie ergab einen tatsächlichen Personalmehrbedarf im gesamten Haftsystem von 85 Stellen. Die Kritik der Opposition in der letzten Wahlperiode war teilweise berechtigt, wohlgemerkt: teilweise; denn der kleinere Teil der Mehrbedarfe ging originär auf das Gesetz von 2016 zurück - das hat der
Kollege und jetzige Justizminister gerade noch einmal erwähnt -, 36 Stellen nämlich. Es handelte sich also überwiegend um schon vorher vorhandene Defizite beziehungsweise um Defizite, die durch das jetzige Gesetz entstehen.
Meine Damen und Herren, diese Personallücke ist natürlich nicht in kurzer Zeit zu schließen. Die erforderlichen Kräfte müssen erst einmal gefunden und ausgebildet werden. Das haben wir hier im Landtag bereits ausführlich erörtert.
Angesichts dieser Situation hatte ich zunächst die Befürchtung, dass der Entwurf aus dem Justizministerium in dieser Wahlperiode die wichtigen Verbesserungen durch die Küstenkoalition zurücknimmt, also beim ambitionierten Behandlungsvollzug, bei der Familienorientierung, bei den verlängerten Aufschlusszeiten, bei der privaten Kleidung, bei der Einführung und Gewährung neuer Medien und an vielen anderen Stellen mehr.
Die wichtigen Kernelemente des Gesetzes der Küstenkoalition blieben unangetastet. Es sind sogar wichtige neue Vollzugsschwerpunkte hinzu gekommen, Sportangebote im Vollzug, Opferorientierung im Bereich des Vollzuges - wichtig für die Resozialisierung. Das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon alles sehr vernünftig dargelegt.
Meine Damen und Herren, natürlich gibt es bei einem so großen Paket auch etwas zu meckern. Als Beispiel möchte ich auf die Kritik des Kinderschutzbundes und des Verbandes für soziale Strafrechtspflege zum Trennungsgebot zwischen Jugendarrest und Strafvollzug verweisen. Diese Kritik ist insoweit überzogen gewesen, als auch der neue Wortlaut die strikte Trennung von Jugendarrest und Strafvollzug nicht aufhebt. Das hat der Minister völlig klar dargelegt, und das stimmt so.
Dennoch ermöglicht theoretisch die Neufassung ein räumliches Zusammenrücken der Vollzugsformen, zum Beispiel durch den Neubau einer Arrestanstalt auf der Liegenschaft der Jugendstrafvollzugsanstalt in Schleswig. Der Grund dafür liegt ganz banal darin, dass die bestehende Arrestanstalt in Moltsfelde permanent zu 80 % leer steht. Das ist völlig unnötig ausgegebenes Geld; dieser Zustand ist nicht aufrechtzuerhalten.
aber immerhin in Sichtweite der Jugendstrafanstalt in Schleswig errichtet wird. Denn das Stigma „Jugendknast in Schleswig“ könnte sich auf eine dort angesiedelte Arrestanstalt durchaus übertragen.
Meine herzliche Bitte lautet daher, sich bei der Suche für einen neuen Standort des Jugendarrestes zum Beispiel auf das ehemalige Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung in Boostedt zu konzentrieren. Das hätte auch Vorteile in Hinblick auf die zentrale Lage im Land.
Insgesamt ziehe ich aber eine durchaus positive Bilanz. Bestärkt hat mich in dieser Einschätzung, dass Lars Harms im Innen- und Rechtsausschuss dem Gesetzespaket zugestimmt hat. Das hätte er sicher nicht getan, wenn das neue Gesetz zu viele Abstriche vom Gesetz „seiner“ Ministerin Anke Spoorendonk aus der Küstenkoalition enthalten hätte. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe in den letzten Jahren die humorvolle Vortragsweise meines Kollegen Peters zu schätzen gelernt - mit Lockerheit, humorvollem Seitenblick und mit so mancher Halbwahrheit. Das finde ich großartig.
Ich finde es hervorragend, wie schön Sie noch einmal die Küstenkoalition für dieses Justizvollzugsgesetz gelobt haben. Richtig war auch - das ist ganz wichtig -, dass Sie darauf hingewiesen haben, dass wir inhaltlich, damals in der Opposition, gar nicht so viel Gegenwind erzeugt haben. Aber wir haben schon darauf aufmerksam gemacht, dass ein Personalproblem verschärft wird durch zusätzliche Aufgaben. Das haben Sie in Ihrer humorvollen Art ein bisschen zur Seite gewischt: Das sei doch nur ein kleines Problem. Ich finde, es ist kein kleines Problem, wenn man ein schon vorher bestehendes Personalproblem durch gesetzliche Regelungen verschärft.
Das meinte ich. Das haben Sie charmant und gut rübergebracht, Herr Kollege Peters. Sie wissen, dass wir uns in solchen Debatten auch durchaus fachlich schätzen.
Herr Abgeordneter, Sie gestatten anscheinend eine Zwischenfrage. Dann soll der Herr Abgeordnete diese gerne stellen.