Jan-Marcus Rossa

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke dem Justizminister für seinen Bericht. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung als Rechtsanwalt bestätigen, dass die Justiz während der Coronapandemie sehr gute Arbeit geleistet hat. Natürlich hat es zu Beginn der Pandemie etwas gebraucht, bis unsere Gerichte einen gewissen Regelbetrieb unter Krisenbedingungen aufgenommen haben. Aber wir können heute gemeinsam feststellen.
Erstens. Den Bürgerinnen und Bürgern wurde der Zugang zu den Gerichten nicht unmöglich gemacht und auch nicht unangemessen erschwert. Wer Rechtsschutz suchte, dem wurde Rechtsschutz gewährt.
Ich kann auch bestätigen, dass die Justiz erfolgreich sichergestellt hat, dass insbesondere Eilverfahren so durchgeführt wurden, wie dies auch ohne Krise der Fall gewesen wäre. Dafür gebührt der Justiz hier im Land ausdrücklich Lob und Anerkennung.
Ein besonderes Lob - das will ich hier an den Anfang stellen - gilt dabei aber den Richtern des Verwaltungsgerichtes und des Oberverwaltungsgerichtes in Schleswig, die mehr als 200 Eilverfahren im Zusammenhang mit Coronamaßnahmen abwickeln und entscheiden mussten. Das ist - das haben wir auch in unseren Debatten hier gehört - echtes juristisches Hochreck - und das Ganze auch noch unter zeitlichem Hochdruck. Denn unsere Gerichte mussten jeweils prüfen, ob einzelne Infektionsschutzmaßnahmen stets und ständig verfassungsgemäß, sprich: erforderlich, geeignet und angemessen, waren.
Das ist als reine juristische Übung schon extrem anspruchsvoll und verantwortungsvoll. Denn diese Richter waren immer dem Risiko ausgesetzt, Entscheidungen zu treffen, die sich am Ende als verheerend erweisen könnten, indem sie Maßnahmen verboten hätten, was dazu hätte führen können, das Infektionsgeschehen in Schleswig-Holstein anzuheizen. Dann wären diese Richter, die hier entscheiden mussten - häufig auch allein -, dafür verantwortlich gewesen, wenn es mehr schwer erkrankte Menschen gegeben hätte, möglicherweise auch eine deutlich gesteigerte Zahl von Sterbefällen. Unter diesem Druck standen diese Richterinnen und Richter, als sie hier in zahlreichen Eilverfahren über die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen entscheiden mussten. Auch dafür gebührt diesen Richterinnen und Richtern unser ausdrücklicher Respekt. Das ist keine leichte Aufgabe, und das erfordert Mut.
Die Justiz - das kann man sagen - hat in allen Gerichtszweigen, soweit mir das bekannt ist - und ich kann das vor allem für den Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit beurteilen - wirklich in hochprofessioneller Art und Weise die Herausforderungen angenommen und hat das getan, was getan werden musste, nämlich den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, ihre Rechte durchzusetzen. Sie haben die Bürgerinnen und Bürger nicht alleingelassen, wenn es darum ging, staatliche Maßnahmen auf Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Wenn man sich die Urteile unserer Gerichte, insbesondere der Verwaltungsgerichte, des Verwaltungsgerichts und des OVG, einmal anschaut, erkennt man, es sind sehr besonnene Entscheidungen. Es gehört auch Mut dazu, zum Beispiel bei der Schlie
ßung von Gastronomiebetrieben am Anfang einer Woche in die eine Richtung zu entscheiden und dann am Ender der Woche - wenig später - in die andere Richtung zu entscheiden. Denn es ist klar und das ist auch jedem Richter bewusst, damit setzt man sich dem Vorwurf der Widersprüchlichkeit aus. Aber aufgrund der guten Begründungen der jeweiligen Urteile waren diese Vorwürfe dann schnell vom Tisch.
Auch wenn der ein oder andere mit den gerichtlichen Entscheidungen nicht einverstanden gewesen sein mag, können wir heute auch feststellen: Unsere Justiz hat sich in den letzten Monaten als krisenfest erwiesen. Das hat sie in eindrucksvoller Weise unter Beweis gestellt.
Zweitens. Ich möchte hier aber noch einen anderen Punkt herausstellen, der mit Corona eigentlich gar nicht so viel zu tun hat. Es geht hier um den Stand und den Grad der Digitalisierung der schleswigholsteinischen Justiz. Der Kollege Peters hat es schon angemerkt: Hier sind wir im Bundesvergleich wirklich vorbildlich.
Ich bin in den letzten Monaten aus verschiedenen Gründen auch in anderen Bundesländern unterwegs gewesen und habe versucht, Schutzschriften zu hinterlegen, und dabei festgestellt, dass teilweise der Zugang zum Schutzschriftregister fast nicht mehr funktionierte. Die Justiz war hier großen Herausforderungen ausgesetzt. Auch im Bundesvergleich das ist meine persönliche Wahrnehmung; und das sage ich hier nicht ganz ohne Stolz als SchleswigHolsteiner -: Hier im Land haben die Gerichte am besten funktioniert. Darauf können wir alle in diesem Land stolz sein.
Wir sind bundesweit in meinen Augen einzigartig, was die Digitalisierung in der Arbeitsgerichtsbarkeit anbelangt. Die Arbeitsgerichtsbarkeit ist der einzige Gerichtszweig in ganz Deutschland, der vollständig die Digitalisierung abgeschlossen hat. Es gibt die E-Akte, der Schriftverkehr zwischen Gericht, Anwälten, Gewerkschaftsvertretern und Arbeitgebervertretungen erfolgt ausschließlich elektronisch. Alle Arbeitsprozesse mussten in den letzten Monaten - trotz Krise - auf diese neue Arbeitsumgebung umgestellt und auf die neue Arbeitsweise angepasst werden.
Solche Change-Prozesse - das wissen wir auch alle - sind Kraftakte und erfordern eine klare und straffe Führung mit einer klaren und deutlich kommunizierten Zielvorstellung. Das hat die Arbeitsgerichts
barkeit, insbesondere hier die Präsidentin und die Direktorin, hinbekommen, dass sie ihre Mannschaften auf diesem Weg mitgenommen haben. Das hat sich in der Krise bewährt, diese starke Digitalisierung, dieses Projekt erfolgreich abgeschlossen zu haben.
Als Arbeitsrechtsanwalt bin ich bundesweit tätig. Schon früh fiel mir auf, dass die schleswig-holsteinische Arbeitsgerichtsbarkeit effizienter ist als jede andere in Deutschland. Das führt manchmal sogar zu Schwierigkeiten für die Prozessbevollmächtigten, weil in einer Frequenz Schriftsätze eingereicht werden müssen, die als sportlich zu bezeichnen ist. Aber man darf eben auch nicht vergessen, dass es für die Beteiligten, beispielsweise in einem Kündigungsschutzprozess, wichtig ist, dass diese Verfahren mit Hochdruck betrieben werden, damit möglichst schnell, nach wenigen Monaten, eine Entscheidung im Raum steht und die Parteien Klarheit über die Rechtslage haben.
Auch hier müssen wir der Arbeitsgerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein einen großen Dank aussprechen und sie ermutigen, den Weg fortzusetzen und auf ihm voranzugehen.
Meine Damen und Herren, ich finde es gut, dass wir heute diesen Bericht des Justizministers gehört haben. Es ist wichtig, dass die Justiz Raum hat und einen Platz in unseren Debatten bekommt. Sie sind die Dritte Gewalt - wie der Kollege Peters auch schon gesagt hat -, und sie spielt eine ganz wichtige Rolle im Zusammenspiel der drei staatlichen Gewalten. Das ist zu würdigen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte an das anknüpfen, was der Kollege Kilian hier ausgeführt hat. Ich bin ihm sehr dankbar, dass er einmal aus der Praxis berichtet hat,
wie dieses Mietenmoratorium tatsächlich gewirkt hat. Nicht ohne Grund haben Fachleute das Mietenmoratorium direkt nach Erlass als Kündigungsmoratorium bezeichnet, denn das war es. Es hat nur das Recht der Kündigung wegen Zahlungsverzug verschoben. Alles andere an wechselseitigen Pflichten einschließlich des Verzugsrisikos und des Verzugsschadensersatzes, dem sich Mieter ausgesetzt haben, blieb bestehen. Deshalb ist Ihr Antrag schon strukturell misslungen. Er nimmt dieses Problem nämlich überhaupt nicht in den Blick.
Das Problem Ihres Antrags ist darüber hinaus, dass wir in der Tat nach den drei Monaten, in denen dieses Mietenmoratorium zunächst galt, überhaupt gar keinen Bedarf für eine Verlängerung haben. Das wird meines Erachtens verkannt. Zum Zeitpunkt des ersten Mietenmoratoriums im März 2020 war völlig unklar, welche wirtschaftlichen und insbesondere finanziellen Auswirkungen die Coronapandemie für Mieter haben würde. Aus diesem Grund war es richtig, hier zunächst einmal einen gewissen Schonzeitraum einzuräumen, in dem gegebenenfalls Mietzahlungen zurückgehalten werden konnten, ohne dass das Mietverhältnis dadurch gefährdet werden konnte. Das ist die Zielrichtung des Mietenmoratoriums im März 2020 für drei Monate gewesen.
Was Sie völlig unberücksichtigt lassen, ist, dass dann bereits Anfang April 2020 deutliche Erleichterungen für den Bezug von Wohngeld verabschiedet wurden, sodass Mieter, die durch die Coronapandemie in Not kamen, viel schneller Wohngeld beziehen konnten. Insofern ist es auch kein Wunder, dass tatsächlich das sogenannte Mietverzugsproblem nicht so groß ist, wie Sie hier glauben machen wollen.
Meine Damen und Herren, dieser ganze Antrag leidet auch darunter, dass er im Grunde genommen Ängste bei Menschen schürt, die nicht in dieser Not- und Zwangslage sind, wie Sie sie hier beschreiben und zur Begründung Ihres Antrags heranführen.
Was ist denn das Ziel Ihres Antrags? Auch das schreiben Sie ja in Ihrer Begründung. Sie wollen die steigende Verschuldung von Mietern unterbinden mit Ihrem Mietenmoratorium. Das Gegenteil ist der Fall.
Wenn nicht gezahlt wird, dann steigt die Verschuldung der Mieter. Ich verstehe nicht, dass man das so ausblenden kann.
Wir haben soziale Sicherungssysteme in diesem Land, und die haben geholfen. Wenn Sie mit Wohnungsunternehmern sprechen, dann stellen wir fest, und das ist Ihnen auch von Ihrem eigenen Parteifreund bestätigt worden, nämlich vom VNW-Chef, dass es diese Verzugsproblematik tatsächlich in dieser Form nicht gegeben hat. Die Mieter haben ihre
Mieten mehr oder weniger pünktlich bezahlt, wie vorher auch. Es mag Ausnahmen gegeben haben.
- Sie sprechen von wenigen Fällen bundesweit. Das kann nicht der Maßstab sein für einen solchen Antrag.
Und ganz ehrlich: Nach der gestrigen Berichterstattung in der Zeitung habe ich schon gedacht, dass ich meine Rede gar nicht mehr schreiben muss und Sie vielleicht den Antrag einfach zurückziehen, denn Herr Breitner hat doch recht mit dem, was er sagt: Es gibt kein Bedürfnis für ein Mietenmoratorium.
Im Übrigen ist die Herangehensweise von Ihnen hoch problematisch. Sie diffamieren mit diesem Antrag rechtschaffende Wohnungsunternehmen, die nämlich ihre Mieter nicht vor die Tür setzen, die Rücksicht nehmen. Das wissen Sie auch, und das müssen Sie einräumen.
Wir haben hier kein Problem, das so groß ist, dass es ein Mietenmoratorium rechtfertigen würde. Wir brauchen eben etwas anderes als ein Mietenmoratorium. Ich glaube, das ist deutlich geworden durch die Ausführungen von Lukas Kilian und von mir.
Deswegen: Bitte lassen Sie am besten diesen Antrag auf sich beruhen. Beschäftigen wir uns mit den wirklichen Problemen. Wenn Menschen in soziale Notlage kommen, dann müssen unsere sozialen Sicherungssysteme eingreifen, und die stehen zur Verfügung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stegner, dieser Ausfall von Ihnen war echt nicht nötig.
Ich will Ihnen einmal zugutehalten, dass Sie hier einen Rettungsversuch unternommen haben, diesen wirklich schlechten Antrag irgendwie über die Ziellinie zu tragen.
Wir alle haben uns ja dafür ausgesprochen, dass dieser Antrag in den Ausschuss kommt. Wir haben aber nicht ohne Grund darauf verzichtet, hierzu einen Änderungs- oder Alternativantrag einzubringen; denn Ihr Antrag ist einfach so hundsmiserabel schlecht. Das schreibe ich Ihnen hiermit ins Stammbuch.
Dann ist es überhaupt keine Art, sich hier in dieser Art und Weise am Kollegen Kilian abzuarbeiten.
Dann machen Sie auch noch einen entscheidenden Fehler: Sie bezeichnen ihn als „Vertreter der Vermieterseite“. Seine Beispiele waren aber die der Mieter! Er vertritt Mieter, nicht Vermieter, Herr Stegner. Das hätte man auch wahrnehmen können.
Mit dieser Art von Polemik helfen Sie den Menschen, die unsere Hilfe brauchen, überhaupt nicht.
Was wir hier deutlich gemacht haben, und insofern bin ich -
Ja.
Ich sage Ihnen an der Stelle noch etwas. Ihre Art und Weise, wie Sie Wohnungspolitik betreiben, führt genau zu dem gegenteiligen Effekt, den wir eigentlich erzielen wollen, dass nämlich da, wo Wohnraum gebraucht wird, dieser auch gebaut wird.
Aber alles, was Sie machen, ist Investitionsverhinderung. Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen.
Ja.
Sie sagen, es gehe nicht um Mieterschutz. Ich sage Ihnen: Es geht sehr wohl um Mieterschutz. Wenn wir, übrigens mit unseren Stimmen, dafür sorgen, dass es Wirtschaftshilfen gibt, teilweise 75 % der Umsätze des letzten Jahres, wenn wir mit unseren Stimmen dafür sorgen, dass Wirtschaftshilfen verlängert werden bis in den Juni nächsten Jahres, Sie dann aber sagen, das mit dem Mieterschutz
muss aufhören im Juni diesen Jahres, dann finde ich das eine sehr einseitige Betrachtungsweise, Herr Kollege Rossa. Dann dürfen Sie uns nicht verübeln, dass sich die sozialdemokratische Fraktion in diesem Haus an die Seite derjenigen stellt, die als Mieterinnen und Mieter größere Probleme haben als andere Gruppen, denen wir helfen. Das ist der Punkt.
- Herr Stegner, es wäre ja schön, wenn Sie sich an die Seite der schutzbedürftigen Mieter stellen würden. Nur, die Mittel, die Sie hier in Kraft setzen wollen, bewirken das Gegenteil; die fördern Verschuldung, während ich deutlich gesagt habe - und da habe ich die Koalition hinter mir -: Wir müssen dafür sorgen, dass Mieter in die Lage versetzt werden, zum Beispiel durch das Instrument des Wohngeldes, dass sie ihre Mieten zahlen können, damit überhaupt keine Schulden entstehen können. Ich verstehe gar nicht, was daran so schwer zu begreifen ist. Das ist Mieterschutz, Herr Stegner.
Es ist wirklich ärgerlich.
Ich möchte jetzt noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der jüngst durch die Presse gegangen ist, nämlich auf die Bemühungen, das Rechtsinstitut der gestörten Geschäftsgrundlage zu ändern, einseitig und mit der Begründung, dass man die Verhandlungsposition von Mietern verbessern möchte. Ihre Justizministerin in Berlin hat ja nicht einmal begriffen, was das Institut der gestörten Geschäftsgrundlage bedeutet. Das hat nichts mit Verhandlung zu tun. Da tritt eine Vertragsänderung kraft Gesetzes ein. Was ist denn das für ein Irrsinn, den Sie da fabrizieren?
Sie denken Ihre Maßnahmen nie zu Ende, und Sie haben immer einen Schuldigen parat; das ist der Vermieter, und auf der anderen Seite gibt es den braven und schutzbedürftigen Mieter. Das ist einfach zu simpel. So lösen Sie das Problem der Mieter in diesem Land mit Sicherheit nicht. Das muss hier so deutlich gesagt werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Anteilnahme gilt heute in besonderem Maße den Opfern des islamischen Terrors und den Angehörigen, die unter den Folgen dieser terroristischen Übergriffe in den letzten Wochen lange leiden werden. Wir werden diesen Terror nicht dulden. Wir werden uns ihm entgegenstellen. Wir werden mit den Opfern Solidarität üben müssen. Dafür treten wir hier und heute, in dieser Plenardebatte, ein.
Aber wir werden auch in unseren politischen Ausrichtungen neue Wege gehen müssen, um der Gefahr des Islamismus entgegenzutreten.
Es fällt schon schwer, nach diesen einleitenden Worten dann doch auf den Antrag der AfD einzugehen, aber das muss hier getan werden.
Schon die Überschrift Ihres Antrags ist eine Zumutung. Sie sprechen von Religion des Terrors und bringen das in Verbindung mit dem sogenannten politischen Islam. Ich empfehle Ihnen, sich besser zu informieren, was unter dem Begriff des politischen Islam wissenschaftlich verstanden wird. Wir haben in Hamburg das German Institute for Global and Area Studies, ein Leibniz-Institut, einen
Thinktank in Deutschland. Gehen Sie dahin, und lassen Sie sich informieren, wofür politischer Islam steht. Dieser politische Islam steht auch für Demokratieentwicklungen in arabischen Ländern, und das unterschlagen Sie, wenn Sie den politischen Islam gleichsetzen mit terroristischem Islamismus. Aber diese Differenzierung ist dringend nötig.
Aber das passt ja wunderbar in Ihr Konzept. Sie werfen ganz viele unterschiedliche Aspekte und Begriffe in einen Topf, rühren alles einmal kräftig durch, um dann am Ende den Eindruck zu erwecken, dass der Islam, also die Religion, für die jüngsten Terrorakte verantwortlich ist. Das ist infam. Es ist widerwärtig, und es ist in schlimmster Form diskriminierend.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, dass wir nach den verabscheuungswürdigen Anschlägen der letzten Wochen in Europa der Bedrohung des Islamismus entschieden entgegentreten werden. Diese Anschläge geben Anlass zu größter Sorge. Sie zeigen, dass unter dem Deckmantel der Religion - insofern gibt es natürlich einen Bezug - Terror verübt wird, um unsere freiheitlich-demokratische Gesellschaft anzugreifen, uns zu verunsichern und zu terrorisieren.
Aber wir können da durchgucken. Wir können erkennen, dass das mit Religion aber auch überhaupt nichts zu tun hat. Die aktuelle Bedrohungslage durch den islamistischen Terrorismus ist hoch und darf nicht unterschätzt werden, und sie wird auch nicht unterschätzt. Wir müssen der Gefahr ins Gesicht sehen, dass der extremistische Islamismus leider in europäischen muslimischen Gemeinden zunehmend Wurzeln schlagen kann. Deshalb müssen wir uns kritisch fragen, wie es überhaupt zu solchen Milieus in Deutschland und auch in anderen Ländern Europas kommen konnte, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen sich aus unserer zivilen Gesellschaft verabschieden und zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für unsere Gesellschaft werden.
Das Grundübel, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, war und ist, dass wir es zugelassen haben, hier in Deutschland in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts Parallelgesellschaften zu fördern Wir haben es als deutsche Gesellschaft versäumt, die Gastarbeiter, die zu uns gekommen sind und die einen erheblichen Anteil am Wiederaufbau Deutschlands haben, zu integrieren, wir haben sie ausge
grenzt. Erinnern wir uns, jedenfalls die Älteren unter uns, an die Schimpfwörter, die wir für Italiener hatten, die wir für Portugiesen, Spanier oder Türken hatten. Das hatte mit Integration und Akzeptanz, mit Aufnahme nichts zu tun. Das war pure Abgrenzung und Ausgrenzung. Da dürfen wir uns nicht wundern, wenn sich hier Parallelgesellschaften entwickelt haben, die heute ein Problem für uns sind.
Dagegen müssen wir massiv angehen. Deshalb ist es für uns unbedingt erforderlich, dass wir endlich damit anfangen, unsere Integrationsarbeit hier in Deutschland zu verbessern, damit wir die Menschen, die zu uns kommen und die auch zu uns kommen werden, in diese Gesellschaft integrieren, ihnen unsere Werte vermitteln, damit es zu diesen Auswüchsen überhaupt nicht kommen kann und damit fremde Mächte und Organisationen, die diesen Terrorismus fördern und fordern und uns damit bedrohen, hier keinen Nährboden haben und keine Rekrutierungsmärkte entwickeln können, weil wir die Integration zu sehr vernachlässigt haben.
Wir müssen darüber hinaus die Ursachen für die stark radikalisierten Mitglieder der Szene und den Hass der betreffenden Menschen wirklich wissenschaftlich erforschen, und wir müssen vorausschauend handeln, um weitere Radikalisierungen zu verhindern. Dafür müssen wir die bestehenden gesetzlichen Instrumente besser ausschöpfen, Präventionsprojekte fördern und weiterentwickeln, auch solche der Türkischen Gemeinde, und vor allem wie gesagt - unsere Integrationsarbeit verbessern.
Meine Damen und Herren, was wir nicht brauchen, sind neue Gesetze und Verordnungen, die massiv in die Rechte aller Menschen in Deutschland eingreifen werden und in der Regel die Sicherheitslage nicht wirklich verbessern.
Ein Satz noch: Die Verschärfung von Gesetzen ist letztlich häufig nur ein Placebo, wir brauchen andere Maßnahmen, um gegen Radikalisierung besser und spürbar vorzugehen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe durchaus Verständnis für den Antrag der SPD, denn es ist auch mir zuwider, dass Menschen in unserem Land leben, die eine Staatsordnung, ein Regime, eine Gesellschaftsordnung fordern, die wir glücklicherweise seit 1949 überwunden haben.
Die Bundesrepublik Deutschland, das will ich hier einmal ganz klar zum Ausdruck bringen, ist einmalig auf deutschem Boden. Daran sollten wir uns immer erinnern. Nie zuvor gab es hier in Deutschland einen Staat, der demokratischer und gerechter war als die Bundesrepublik,
und kein deutscher Staat hat den Menschen mehr Freiheiten gewährt als unser Land.
Diese Tatsache infrage zu stellen, ist geschichtsvergessen und revisionistisch oder auch schlicht dumm, und die Personen, die heute die Reichskriegsflagge zeigen, sollten sich einmal bewusstmachen, dass auch sie von dem Schutz unseres Rechtsstaates profitieren. In einem autoritären Staat, wie sie ihn anstreben, wären solche Meinungsäußerungen verboten. Sie würden mit nicht rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt und unterbunden werden,
Ich habe auch durchaus Verständnis für die Motive, die hinter dem Antrag von Ihnen, Herr von Pein, stehen. Er schießt aber meines Erachtens über das Ziel hinaus. Das haben meine Vorredner hier auch schon deutlich gemacht. Es wird eben im Hinblick auf die Entscheidung des OVG Bremen, das besagt, ein Verbot bedarf einer gesetzlichen Grundlage, schnell übersehen, dass auch dieses Gesetz verfassungsgemäß sein muss, und das ist auch zu erwähnen.
Ich will drei Aspekte herausstellen, die mir in dieser Debatte wichtig sind. Erstens. Der Antrag der SPD berücksichtigt meines Erachtens nicht hinreichend, dass empfindlich in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingegriffen wird. Wir setzen neue Maßstäbe für Eingriffe in die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Davor sollten wir uns hüten.
Wir wollten uns auch nicht dem Verdacht aussetzen, dass wir mit solchen gesetzlichen Regelungen versuchen, unliebsame Meinungen zu unterdrücken. Das wäre fatal und stärkt diejenigen, gegen die wir vorgehen wollen.
Viele, die hier sitzen, haben auf Demonstrationen sehr kritische Meinungen gegen die Regierenden vertreten. Das steht allen Menschen zu, auch wenn uns die Meinungen hin und wieder nicht gefallen.
Zweitens. Der SPD-Antrag berücksichtigt darüber hinaus nicht, dass es schon heute verboten ist und bestraft werden kann, die Reichskriegsflagge oder andere Symbole früherer deutscher Staaten zu verwenden, wenn weitere Umstände hinzutreten. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt, und ich halte es für notwendig, ihn zu beachten. Wir sollten eine Einzelfallprüfung vornehmen, bevor wir mit generellen Verboten arbeiten. Ich halte es für sinnvoller, wenn wir zunächst die rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, die uns heute schon zur Verfügung ste
hen, wenn wir gegen ein nicht zumutbares Zeigen der Reichskriegsflagge vorgehen wollen.
Das kann man durch Verbote, durch Auflagen im Versammlungsrecht erreichen oder auch durch Bußgelder nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz. Das ist alles schon heute möglich und ist meines Erachtens ausreichend.
Drittens. Schließlich ist zu bedenken, dass es den Gruppierungen, gegen die wir vorgehen wollen, ein Leichtes ist, ihre Symbole und Abzeichen beliebig und schnell auszutauschen. Es ist ein bisschen wie das Rennen von Hase und Igel: Wir werden immer hinterher sein, zu spät kommen und versuchen, mit neuen gesetzlichen Verboten auf Provokationen dieser Menschen zu reagieren.
Das Problem, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen, ist: Wir werten diese Gruppierungen damit möglicherweise auf, weil sie uns vermeintlich immer ein Schnippchen schlagen. Das möchte ich nicht zulassen.
Obwohl die Diskussion, die die SPD hier angestoßen hat, durchaus ihre Berechtigung hat - das ist bei allen Vorrednern deutlich geworden -, weil es um die Frage geht, wie ein freiheitlicher und demokratischer Rechtsstaat mit solchen geschichtsvergessenen, revisionistischen und nationalistischen Gruppierungen umgehen soll, finde ich Ihren Lösungsansatz falsch. Er wirkt hilflos und ist am Ende in weiten Teilen wirkungslos. Die Diskussion erinnert mich ein bisschen an die Debatte, die wir geführt haben, als ich in den Landtag nachrückte, im Hinblick auf Zahlen- und Buchstabenkombinationen auf Kfz-Kennzeichen.
Meine Damen und Herren, mit Verboten erreichen wir nicht das, was unser Ziel sein sollte, nämlich dass Menschen, die solche Symbole mit politischen Aussagen verknüpfen und verwenden, keinen Einfluss in unserer Gesellschaft gewinnen sollen.
Das können wir erreichen, wenn wir die vorhandenen Möglichkeiten ausschöpfen und uns energisch gegen solche Strömungen stellen. Wir werden unsere hochrangigen Freiheitsrechte immer schützen müssen, und wir sollten sie nicht übereilt einschränken. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte mich kurz. Der Gegenstand ist bekannt: Wir verlängern eine Regelung, die wir allerdings deutlich geschärft haben. Es geht darum, unter welchen Voraussetzungen wir eine Beschlussfähigkeit in diesem Hause mit mindestens elf Abgeordneten herstellen können. Wir haben über diese Regelung intensiv debattiert. Wir haben unter anderem heute Morgen in einer Runde der justizpolitischen Sprecher einen Satz 2 erarbeitet und verabredet, weil wir sicherstellen möchten, dass vor der Inanspruchnahme dieser Regelungsmöglichkeit alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Beschlussfähigkeit des Landtages herzustellen.
Wir sind außerdem in den Fraktionen übereingekommen, die heutige Diskussion zum Anlass zu nehmen, dass wir in der November-Plenartagung einen verfassungsändernden Antrag auf den Weg bringen werden, um dieses Thema auf Verfassungs
ebene zu regeln. Ich glaube, dass das eine sehr gute Botschaft ist, die hier aus unterschiedlichen Gründen auch notwendig ist.
Wir werden dafür sorgen müssen - jeder einzelne von uns -, dass wir dem Landtag zur Verfügung stehen, wenn er uns braucht. Dafür haben wir Hygieneregeln, Testverfahren und Ähnliches, die wir peinlichst genau beachten sollten, damit dieser Landtag nach Möglichkeit in möglichst großer Besetzung bei jeder Debatte zusammentreten kann. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Herren der AfD! Ihre Große Anfrage ist - das ist hier ja auch schon erwähnt worden - Bestandteil einer bundesweiten fremdenfeindlichen, rechtsnationalen Kampagne, und die Beiträge von Ihnen, Herr Nobis, und von Ihren Parteifreunden in der gesamten Republik demaskieren Ihre niederen Motive in der Flüchtlingspolitik.
Sie haben die Unverschämtheit, sich hier auf geltendes Recht zu berufen und wollen, indem Sie unsere Verfassung zitieren, den Ruf erwecken, die deutsche Flüchtlingspolitik sei ein Rechtsbruch. Das ist perfide, das ist verlogen, und es ist fachlich schlicht falsch.
Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass es Artikel 17 der Dublin-Verordnung gibt; denn auch das ist geltendes Recht. Dort heißt es in Absatz 1, und ich zitiere wörtlich:
„Abweichend von Artikel 3 Absatz 1“
- der Dublin-Verordnung
„kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen
oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er“
- also dieser Staat
„nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterium nicht für die Prüfung zuständig ist.“
Es wäre schön gewesen, Herr Nobis, wenn Sie auch diese Rechtsvorschrift zitiert hätten und nicht ignoriert hätten, weil sie Ihnen nicht in den Kram passt. Es ist aber schlichtweg verlogen, das auszublenden, wozu wir uns mit unseren Gesetzgebungsorganen in Europa bekannt haben.
Nehmen Sie auch zur Kenntnis, vielleicht hilft Ihnen das im künftigen Leben ja weiter, dass Artikel 16 a Absatz 2 Grundgesetz, den Sie hier zitiert haben, gerade nicht regelt, dass die Bundesrepublik Deutschland Menschen, die über einen sicheren Drittstaat einreisen oder aus einem EU-Mitgliedstaat zu uns kommen, abzuweisen hat. Nein, das steht gerade nicht in Artikel 16 a Absatz 2 Grundgesetz, auch wenn Sie sich diese Regelung gerne so gewünscht hätten.
- Ich rede jetzt ganz allein und ohne Sie. Wenn Sie mich etwas fragen möchten, können Sie das gerne tun, dann kann ich Ihnen auch noch weitere Erläuterungen zukommen lassen, die Sie dringend nötig haben.
Ich werde mich deshalb hier und heute nicht mit den Zahlen beschäftigen, die die AfD-Fraktion bei der Landesregierung abgefragt hat und jetzt aufs Schändlichste missbraucht hat. Die Kosten der Zuwanderung sind vor dem Hintergrund der wahren Motive der AfD, die sie mit der Großen Anfrage verfolgt haben, schlicht zu vernachlässigen. Die Große Anfrage dient ja erkennbar allein dem Zweck, unsere Gesellschaft zu spalten. Auch das ist hier offengelegt worden.
Es soll versucht werden, den Eindruck zu erwecken, dass die schutzsuchenden Flüchtlinge den Einheimischen etwas wegnehmen und unseren persönlichen Wohlstand bedrohen. Was für ein Unsinn,
welche Habgier und welch unfassbarer Egoismus kommen hier zum Ausdruck?
Haben Sie eigentlich realisiert, wie gut es uns ins Deutschland geht? Ist Ihnen bewusst, dass es Ausdruck von Nächstenliebe, Menschlichkeit und Mitmenschlichkeit ist, wenn wir Menschen, die in ihrer Not Schutz bei uns suchen, helfen? Ist Ihnen Nächstenliebe wirklich so fremd geworden, dass Sie vergessen konnten, dass Nächstenliebe auch Barmherzigkeit bedeutet? Es ist eine der wichtigsten Errungenschaften, zivilisierter Gesellschaften, dass Nächstenliebe gelebt wird. Wir bekennen uns in diesem Land dazu, dass wir uneigennützig Mitmenschen, die in Not sind, helfen. Dabei ist es zunächst einmal nachrangig, ob eine Notlage verschuldet oder unverschuldet ist.
Das Gebot der Nächstenliebe, das nicht nur das Christentum kennt, sondern in allen Weltreligionen merkwürdigerweise verankert ist, fordert nicht mehr und nicht weniger, als den Menschen zu helfen, die in Not geraten sind. Warum gilt das eigentlich nicht für Sie, Herr Nobis, und für Ihre Partei?
Wenn Sie sich von diesen Grundprinzipien menschlichen Zusammenlebens verabschieden wollen, dann ist das im Ergebnis Sozialdarwinismus, und für den ist in einem freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaat kein Platz. Das werden Sie mit Ihrer neidgetriebenen, fremdenfeindlichen und menschenverachtenden Haltung auch nicht ändern können.
Nachdem wir gestern einen Debattenbeitrag Ihres Kollegen zum 3. Oktober hören durften, muss ich Sie in diesem Zusammenhang auch fragen, ob Sie wirklich so geschichtsvergessen sind, dass Sie sich nicht mehr daran erinnern können, warum wir das Asylrecht anders als andere europäische Nationen in unserer Verfassung zu einem Grundrecht erhoben haben. Das Unrecht, das vom deutschen Volk ausgegangen ist, war Anlass für die Mütter und Väter unserer Verfassung - das kann man nicht genug betonen -, den Verfolgten auf dieser Erde das Recht auf Asyl in unserem Land zu gewähren, und zwar als Grundrecht und nicht als irgendein beliebiges Staatsziel. Es ist ein Grundrecht.
Deshalb danke ich an dieser Stelle ausdrücklich unserer Landesregierung, die bereits in ihren Vorbemerkungen eindrucksvoll aufgedeckt hat, wie tendenziös Sie hier formuliert haben, wie Tatsachen verdreht und aus dem Zusammenhang gerissen werden, wie Sie Worte verwenden, die die Diskriminierung in sich tragen. Ich muss sagen, das Lesen der Ausführungen der Landesregierung war die einzige Genugtuung, die ich bei der Vorbereitung auf diese Rede hatte.
Es war auch eine Genugtuung, die Ausführungen der Landesregierung weiterzulesen, die immer wieder nüchtern und sachlich, aber auch schonungslos, die wahren Motive Ihrer Fraktion offengelegt haben, indem einfach die Fakten richtiggestellt und der propagandistischen und fremdenfeindlichen Ausdrucksweise sachlich entgegengetreten wird. Dafür danke ich und habe höchsten Respekt, dass man hier im Hinblick auf Ihre Provokationen so sachlich geblieben ist.
Die Antworten der Landesregierung sind aber auch Beleg dafür, dass, anders als Sie Bilder malen wollen, unser Land nicht an der Zuwanderung zugrunde gehen wird - im Gegenteil. Die Aufnahme von Flüchtlingen kostet natürlich Geld, aber wir haben dieses Geld, und es fehlt auch nicht an anderer Stelle, Herr Nobis.
Das ist hier auch deutlich geworden. Ja, die Verfahren können beschleunigt und verbessert werden, und wir haben auch in der EU Reformbedarf. Aber diesen Aufgaben stellen wir uns, und zwar mit dem Ziel der Lösungen und nicht mit dem Ziel der Ausgrenzung.
- Herr Nobis, Sie können mich heute nicht provozieren, dazu fehlt Ihnen einfach die Klasse, ganz ehrlich.
Deshalb sage ich Ihnen das noch einmal: Wir können uns eine dem Menschen zugewandte Zuwanderungspolitik leisten, und es muss für uns eine Selbstverständlichkeit sein, dass wir schutzbedürftigen und notleidenden Menschen tatsächlich helfen.
Da Sie das leider eh nicht verstehen - was Ihre Zwischenbemerkungen hier zeigen - und auch nicht begreifen wollen, komme ich hier zum Ende. Ich bin
froh, dass wir Ihre Große Anfrage erst einmal abgearbeitet haben. Wir werden uns mit Sicherheit erneut mit Ihnen auseinandersetzen müssen. Das ist aber kein Problem für Demokraten, umgekehrt vielleicht schon.
Bedauerlich ist nur, dass Sie Ihre fremdenfeindliche Neiddebatte jetzt noch verstärken werden, wo auch in Deutschland die Steuereinnahmen sinken, Sparprogramme aufgelegt und Notkredite aufgenommen werden müssen. Sie werden der Versuchung nicht widerstehen können - da bin ich mir sicher -, Ihre perfide Kampagne gegen die Verfolgten, gegen die Schutzsuchenden und gegen die Notleidenden in diesem Land fortzusetzen. Im Gegenteil, Sie werden weiterhin versuchen, Vorurteile zu befeuern und Ängste zu schüren. Ihre Botschaft wird lauten: Seht her, die Zugewanderten bedrohen unseren Wohlstand und nehmen uns Deutschen etwas weg.
Eine solche Behauptung ist völlig wahrheitswidrig, für Populisten aber noch nie ein Hinderungsgrund gewesen. Deswegen werden wir dem auch weiterhin entgegentreten. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen uns den Antrag des SSW ja doch noch einmal genau angucken. Viele Ausführungen kann ich durchaus unterschreiben und bin da auf Ihrer Linie. Sie fordern aber die Legalisierung des Containerns, und das ist ein Eingriff in unsere Rechtsordnung, bei der man etwas genauer hingucken muss, was ja durch den Kollegen Peters begonnen wurde.
Eines wird aber deutlich: Ihr Hauptziel ist es, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland zurückzufahren und zu bekämpfen.
Das hat aber mit Strafrecht in erster Linie nichts zu tun, und das ist auch das große Problem Ihres Antrages,
weil Sie hier zwei Dinge miteinander vermischen, die nicht zusammengehören. Das ist wie Milch und Zitronensaft, das ergibt flockige Milch, und die ist ungenießbar.
Wir sind uns mit dem SSW durchaus einig, dass die Lebensmittelverschwendung in unserem Land ein nicht mehr akzeptables Ausmaß angenommen hat, das wir guten Gewissens nicht mehr hinnehmen können. Schätzungen zufolge werden in der EU 20 % der Lebensmittel weggeworfen. Das sind unfassbare Berge beziehungsweise Mengen. Es bedarf Strategien, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Dabei ist es sicherlich sinnvoll, wenn wir auf Erfahrungen zurückzugreifen, die in anderen europäischen Ländern mit anderen Lösungsansätzen als der Legalisierung des Containerns gemacht wurden. Deshalb wollen wir - das haben wir auch in unserem Alternativantrag zum Ausdruck gebracht - prüfen, ob Lösungsansätze, wie wir sie aus Frankreich, Tschechien oder Italien kennen, auch in Deutschland funktionieren, um beim Einzelhandel ein Bewusstsein zu schärfen, künftig sorgsamer mit Lebensmitteln umzugehen.
Mir als Freiem Demokraten ist es natürlich am allerliebsten, wenn wir am Ende den liberalsten Lösungsansatz wählen, der momentan in Italien vorliegt, wo man versucht, mit gesetzlich geregelten steuerlichen Anreizen die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen, indem man Spenden steuerlich begünstigt.
Der vom SSW vorgeschlagene Weg ist allerdings unseres Erachtens der falsche Weg. Das Legalisieren des Containerns ist zum einen kein effektives Instrument, um Lebensmittelverschwendung in großem Ausmaß in unserem Lande entgegenzuwirken. Zum anderen ist es ein nur schwer zu rechtfertigender Eingriff in unsere Eigentumsordnung, denn es gibt mildere Mittel, um hier zu einer Lösung zu kommen.
Lieber Kollege Harms, lieber Kollege Dirschauer, es ist ja richtig, dass das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers ist, den Bereich des strafbaren Handelns verbindlich festzulegen. Ihre Schlussfolgerung aber, dass hier eine schnelle Gesetzesänderung beschlossen werden könne, teile ich nicht. Die Legalisierung des Containerns wäre ohne Frage ein Eingriff in das Grundrecht des Eigentums und würde im Ergebnis wie eine Enteignung wirken, da das Eigentum in Teilbereichen nicht mehr durch das Strafrecht geschützt wäre. Jeder Grundrechtseingriff aber bedarf einer besonderen Rechtfertigung, und der Eingriff muss stets verhältnismäßig sein. Das gilt eben auch für Gesetze. Daran ändert auch die Sozialbindung des Eigentums nichts.
Da der Gesetzgeber an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden ist, müssen wir diese Grundprinzipien des Verfassungsrechts eben auch bei Gesetzesänderungen beachten. Es ist aus den eingangs dargelegten Gründen schon fraglich, ob die Legalisierung des Containerns überhaupt geeignet ist, der Lebensmittelverschwendung effektiv entgegenzuwirken.
Entscheidender aber ist, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen offenkundig nicht das mildeste Mittel sind, um ein durchaus legitimes Ziel zu verfolgen. Genau hier liegt das verfassungsrechtliche Problem Ihres Lösungsansatzes. Das italienische Modell verfolgt einen deutlich sinnvolleren Ansatz und ist mit Sicherheit ein milderes Mittel,
um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen und zurückzufahren. Deshalb lassen Sie uns gemeinsam prüfen, ob die Lösungsansätze anderer EU-Länder nicht wirkungsvoller und vor allem weniger grundrechtsintensiv sind. Je weniger der Staat in die Grundrechte eingreift, desto besser. Und bei geringen Eingriffen haben Sie die Freien Demokraten auf Ihrer Seite.
Nun noch eine Anmerkung zum Schluss an den geschätzten Kollegen Lars Harms. Was mich ja wundert, ist, dass Sie überhaupt nicht auf das Modell Dänemarks eingehen. Dänemark hat in der Tat das liberalste Modell, um die Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Da zählt nämlich ausschließlich Bürgerengagement, und Dänemark ist Spitzenreiter im Zurückdrängen der Lebensmittelverschwendung ohne Zwangsmaßnahmen und ohne Eingriffe in Eigentumsrechte.
Ich glaube, das sollten wir uns auch angucken. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Lars Harms, ich muss jetzt doch noch einmal darauf eingehen. Wir beschäftigen uns mit dem vom SSW gestellten Antrag, den wir schlichtweg nicht für den richtigen Lösungsansatz halten. Lebensmittelverschwendung - schön und gut! Wir sind auch nicht der Meinung - und dafür werden Sie uns auch nicht bekommen -, dass wir dem französischen oder dem tschechischen Modell folgen, weil in der Tat für das Ziel der Eingriff zu weitgehend ist und es mildere Mittel gibt. Das ist der entscheidende Punkt, von dem wir uns leiten lassen. Das hat durchaus auch etwas mit unseren liberalen Grundsätzen zu tun, dass wir immer prüfen müssen, ob alle Maßnahmen vonseiten des Staates, die gegenüber den Bürgern ergriffen werden, verhältnismäßig, also geeignet, erforderlich und angemessen sind. Bei der Angemessenheit fehlt es möglicherweise bei dem einen oder anderen Lösungsansatz, den wir heute gehört haben. Das ist das Problem, und damit werden wir uns beschäftigen müssen.
Es ist sinnvoll, wenn wir uns dieser Verantwortung, die an uns als Gesetzgeber gestellt wird, uns bei Eingriffen in Grundrechte deutlich zurückzuhalten
und jeweils zu prüfen, ob es wirklich erforderlich und ob die Maßnahme geeignet ist, bewusst werden.
Auch Ihr Dreiminutenbeitrag hat nicht deutlich gemacht, dass es notwendig ist, das Containern zu legalisieren. Da verweise ich auf den wirklich klaren und guten Vortrag von Burkhard Peters, der dargelegt hat, unter welchen Umständen möglicherweise eine Bestrafung des Containerns auch künftig erforderlich ist, auch zum Schutz des Eigentümers. Der bestimmt eben zum Ende darüber, was mit seinem Eigentum geschieht. Das müssen wir akzeptieren.
Damit lassen wir natürlich das eigentliche Ziel, die Lebensmittelverschwendung zu begrenzen und Lebensmittel insbesondere Wohltätigkeitsorganisationen oder ehrenamtlichen Organisationen zur Verfügung zu stellen, bevor sie vernichtet werden, überhaupt nicht aus den Augen. Aber der Weg dahin ist eben unterschiedlich. Man kann versuchen, dies über bürgerliches Engagement zu machen; das hilft nicht immer. Man kann versuchen, es durch Anreize zu gestalten: das halte ich für den besten Weg, weil er dem Einzelnen die Entscheidungsfreiheit belässt, aber Anreize durch den Staat gesetzt werden. Zwangsmaßnahmen sehe ich nur als letztes Mittel. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Moria, das Land, in dem Abraham seinen Sohn opfern sollte. Moria, das Lager, in dem wir unsere Humanität opfern?
Die Ereignisse um das Aufnahmelager in Moria, die Unfähigkeit, den in Not geratenen Menschen unverzüglich Hilfe zukommen zu lassen, sind ein Trauerspiel und werden zum Sinnbild eines gesamteuropäischen Versagens in der Migrations- und Flüchtlingspolitik.
Die prekären Lebensbedingungen im Lager Moria sind für uns ja keine neue Erkenntnis. Schon vor Monaten waren die dortigen menschenunwürdigen Lebensbedingungen Gegenstand einer Debatte hier im Landtag. Jetzt aber hat sich durch die Brände die Lage für die Menschen dort in einer Weise zugespitzt, die ich unerträglich finde.
Es ist eine Schande für Europa, einer der wohlhabendsten Regionen auf der Erde, dass wir nicht in der Lage sind, den Menschen aus Moria zu helfen. Es ist unsere Pflicht, sie angemessen und menschenwürdig unterzubringen, bis über ihr Bleiberecht entschieden worden ist. Daran scheitern wir Europäer aber immer wieder. Und dafür müssen wir uns schämen.
Die Notlage für die Menschen auf Lesbos hat sich durch die Brände in dem Flüchtlingslager dramatisch verschlechtert. 13.000 Menschen, davon etwa 4.000 Kinder, sind seit Wochen obdachlos. Und Europa schafft es nicht, die notwendigen Maßnahmen auf die Beine zu stellen, um die Not dieser Menschen abzustellen. Das ist eine Schande, und dagegen müssen wir gemeinsam etwas tun.
Verabscheuungswürdig ist dabei ohne Frage auch, dass das Lager Moria durch Brandstiftung zerstört wurde - und das vielleicht sogar mit dem Ziel, eine Umverteilung innerhalb Europas zu erzwingen. Das ist auf das Schärfste zu verurteilen, und die Täter sind zur Verantwortung zu ziehen und zu bestrafen.
Aber dies rechtfertigt es eben nicht, den unverschuldet in Not geratenen Menschen die humanitär gebotene Hilfe zu versagen.
Wenn es nicht anders geht, werden wir diese Menschen hier in Deutschland aufnehmen müssen, um sie aus unerträglichen Lebensbedingungen zu befreien. Das nennt man Humanität, und das zeichnet eine von Mitmenschlichkeit geprägte Gesellschaft aus.
Ich begrüße es deshalb ausdrücklich, dass sowohl unsere Landesregierung als auch zahlreiche Kommunen in Schleswig-Holstein nach den Bränden in dem Aufnahmelager umgehend ihre Hilfe und vor allem ihre Aufnahmebereitschaft angeboten haben.
Ich fände es aber unerträglich, wenn auf die humanitäre Notlage auf Lesbos weiterhin mit Scheinlösungen reagiert wird, die zwar Regierungen in einem guten Licht erscheinen lassen sollen, aber den Menschen aus dem Lager in Moria in keiner Weise helfen. Meine Vorrednerin Eka von Kalben hat darauf hingewiesen: Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, etwas mehr als 1.500 Menschen aus Griechenland aufzunehmen. Was aber lange Zeit nicht gesagt wurde, ist, dass es sich dabei in der Regel nicht um Menschen aus dem Flüchtlingslager handelte, sondern eben um Menschen mit Bleiberecht. Und das, meine Damen und Herren, ist Augenwischerei und Symbolpolitik von schlimmster Sorte.
Wenn wir den Menschen auf Lesbos im Flüchtlingslager Moria wirklich helfen wollen, dann gibt es meines Erachtens nur zwei Möglichkeiten:
Entweder stellen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeinsam sicher, dass den obdachlosen Flüchtlingen auf Lesbos umgehend menschenwürdige Unterkünfte und Lebensbedingungen bereitgestellt werden, oder wir werden die Menschen in Europa verteilen müssen, wenn wir nicht für angemessene Lebensbedingungen sorgen können.
Eines, meine Damen und Herren, muss auch klar sein: Es ist unsolidarisch, wenn wir Ländern wie
Griechenland, Italien oder Spanien die Hauptlast der Migration in Europa überlassen. Wir brauchen mehr Solidarität unter den Mitgliedstaaten, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa geht, und wir brauchen endlich ein einheitliches Flüchtlingsrecht für Europa.
Genau hier sollte die Bundesregierung die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um endlich Lösungen zu erarbeiten, die dann auch umgesetzt werden. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Auch die FDP-Fraktion wird der Beitragserhöhung zustimmen
- und das aus guten Gründen.
Aber, es ist auch bekannt, dass wir Freien Demokraten seit Langem dafür eintreten, dass Rundfunkbeiträge in Deutschland auf Sicht sinken, und das
ist unseres Erachtens auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten.
Wir müssen uns klarmachen, dass hohe Rundfunkbeiträge zwangsläufig dazu führen, dass dem Bürger weniger Geld für andere Medien bleibt. Hohe Beiträge beschränken damit tatsächlich die Medienvielfalt - im schlechtesten Fall für den Einzelnen, und das auf Kosten solcher Medien, die sich nicht durch Zwangsbeiträge finanzieren können. Deshalb brauchen wir so dringend die von uns seit Langem geforderte Reform von Rundfunkauftrag und Rundfunkstruktur. Ohne diese Reform wird es in Deutschland keine niedrigeren Beiträge geben.
Die aktuelle Diskussion, die in Deutschland geführt wird, ist dabei wenig hilfreich. Nicht einer derjenigen, die heute fordern, der Beitragserhöhung die Zustimmung zu versagen, vermögen überzeugend darzulegen, dass die Ermittlung des Finanzbedarfs des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die KEF in irgendeiner Weise fehlerhaft gewesen ist.
Ministerpräsident Haseloff versuchte mit seiner Blockadehaltung im Frühjahr dieses Jahres scheinbar eine Gemeinschaftseinrichtung der ARD in das eigene Bundesland zu bekommen, wobei offenbleibt und sogar angezweifelt werden muss, ob der Landtag und insbesondere seine eigene Fraktion der Beitragserhöhung dann auch zustimmen würde. Im Augenblick jedenfalls scheinen Teile der CDU in Sachsen-Anhalt generell der Beitragserhöhung nicht zustimmen zu wollen, und sie machen dann auch noch gemeinsame Sache mit der Linken. Andere argumentieren, dass die Folgen der Coronakrise der Beitragserhöhung entgegenstehen würden. Es wäre dem Bürger gegenwärtig nicht zumutbar, jetzt auch noch höhere Rundfunkbeiträge hinzunehmen, wobei diese natürlich erst im Jahr 2021 kommen würden.
Das sind alles Argumente, die mit dem verfassungsrechtlichen Anspruch unserer Rundfunkanstalten überhaupt nichts zu tun haben.
Die Rundfunkanstalten, meine Damen und Herren, haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine auskömmliche Finanzierung, und das haben wir zu beachten, wenn wir über die Rundfunkbeitragserhöhung hier und heute beschließen werden.
Wenn wir also die Rundfunkbeiträge in irgendeiner Weise absenken oder auch nur einfrieren wollen, müssen wir an den Rundfunkauftrag und die Struktur. Wir Bundesländer haben die Möglichkeit, über
den Rundfunkstaatsvertrag diesen zu gestalten und im Einzelnen festzulegen, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunkauftrag künftig ausgestaltet werden soll. Das sollte auch von den Politikern verstanden werden, die jetzt lautstark das Einfrieren oder das Absenken der Beiträge aus sachfremden Erwägungen fordern.
Meine Damen und Herren, ich fordere all diejenigen, die sich gegen die Beitragserhöhung stellen, aber auch alle übrigen Medienpolitiker auf, die für eine Beitragssenkung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, die auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung standhalten.
Wenn wir es ernst damit meinen, dann sollten wir gemeinsam den Rundfunkauftrag und die Strukturen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks reformieren und das Angebot auf eine neu zu bestimmende Grundversorgung beschränken.
Ja.
- Das Zweite habe ich akustisch nicht verstanden.
- Dass wir also sowohl den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auskömmlich finanzieren und vielleicht sogar in die Richtung reformieren, die der Ministerpräsident angesprochen hat, und gleichzeitig dafür etwas tun können, die privaten Medien stärker zu unterstützen. Das haben wir gemeinschaftlich in dem Antrag im Mai beschlossen. Insofern muss man das
meines Erachtens nicht gegeneinander schieben.
- Das Hauptproblem, und das dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren, ist, dass wir unterstellen müssen, dass ein durchschnittlicher Haushalt eine bestimmte Menge Geld für den Medienkonsum hat. Wenn ich von diesem Medienbudget immer größere Teile für einen Teil der Medienlandschaft abzweige, bleibt für andere Medienschaffende immer weniger übrig. Das ist ein Problem, und darüber muss ich mir Gedanken machen.
Ich bin der Auffassung, dass dies auch ein politischer Auftrag sein kann, hier die medienpolitische Vielfalt, die größer geworden ist, gerade was die bezahlten Medienangebote anbelangt - neben Printmedien, neben Kino, neben Privatfernsehen sind es heute Streamingdienste und ganz unterschiedliche Medienformen -, für den Einzelnen aufzuteilen. Wir müssen uns meines Erachtens überlegen, wie dieses Budget so für den Einzelnen aufgeteilt wird, dass eine möglichst große Medienvielfalt erhalten bleibt. Darum geht es.
Da ist es notwendig, sich über den öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag, der verfassungsrechtlich zu gewährleisten ist - das würde ich auch überhaupt nie antasten wollen -, Gedanken zu machen. Aber wir haben konkrete Vorschläge unterbreitet, die ich auch noch ausführen könnte. Wir können das auch gern separat in einer Landtagsdebatte diskutieren.
- Ich würde das gern noch ausführen. Wir sind durchaus der Auffassung, dass man sich darüber Gedanken machen kann, ob es notwendig ist, dass wir zwei nationale Sender im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben. Wenn wir den Rundfunkauftrag klar präzisieren, reicht meines Erachtens in der heutigen Medienlandschaft auch im Bereich Rundfunk - also Fernsehen und Hörfunk ein nationaler Sender aus. Das haben wir beim Rundfunk mit dem Deutschlandfunk ja auch. Im Übrigen kann es Regionalsender geben, wie wir sie heute schon haben.
Wir können uns ebenfalls darüber Gedanken machen - um das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot attraktiv zu gestalten -, was wir eigentlich brauchen. Müssen wir eigentlich so viele Sendeformate für sehr, sehr viel Geld fremdvergeben, oder ist es nicht möglich, das mit eigenem Personal deutlich preiswerter zu gestalten?
All diese Überlegungen, meine Damen und Herren, können wir einfach mal gemeinsam diskutieren. Dabei werden wir feststellen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Art und Weise ausgebreitet hat, die vielleicht nicht nötig ist, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrag, wie er in der Verfassung steht, zu erfüllen.
Ja.
Das Zweite ist, Sie haben zwar zu Recht festgestellt, dass die Angebote zugenommen haben, aber ich denke schon, dass der Qualitätsjournalismus durch viele Dinge bedroht ist und wir insofern gut daran tun, ihn zu verteidigen. Das war ein großer Teil des von uns gemeinsam beschlossenen Antrags. Insofern hätte ich ein bisschen mehr Sympathie für die Ideen des Ministerpräsidenten, die er vorhin angedeutet, aber noch nicht ausgeführt hat, von Ihnen erwartet, was die Modelle angeht. Denn es waren namentlich auch Sozialdemokraten, die dem, was Sie, Herr Ministerpräsident, vorgetragen haben, zugestimmt haben. Wir sollten die Debatte führen, aber Ihre Einengung irritiert mich ein bisschen für einen Liberalen.
- Nein, überhaupt nicht. Das ist überhaupt keine Einengung; denn Qualitätsjournalismus - dafür lege ich meine Hand ins Feuer - ist mir außerordentlich wichtig, und dafür müssen wir das Geld auch bereitstellen. Aber ob wir für andere Formate übermäßig viel Geld bereitstellen müssen, ob wir zum Beispiel für Fußballübertragungsrechte in der bekannten Form Millionenbeträge aufwenden
und durch öffentlich-rechtliche Rundfunkbeiträge finanzieren müssen, das ist doch eine Frage, die wir diskutieren können. Das hat aber mit gutem Journalismus erst einmal nichts zu tun. Natürlich sehe ich da die Hauptaufgabe, nämlich guten, fundierten, redlichen Journalismus zu unterstützen und zu finanzieren. Das ist die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die unsere Rundfunkanstalten durchaus gut erfüllen. Das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen. Im Gegenteil, ich halte unsere Rundfunkanstalten für außerordentlich wichtig. Sie machen überwiegend auch einen guten Job.
Nichtsdestotrotz muss man auch die andere Seite der Medaille betrachten, und da verweise ich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2007. Das sind jetzt wieder längere Ausführungen, aber es ist offenbar notwendig: Das Bundesverfassungsgericht hat sehr deutlich gemacht, dass man bei der Bemessung der Rundfunkgebühren immer auch die Angemessenheit der Gebührenhöhe für die Beitragszahler im Blick behalten muss. Dass eine gewisse sozialliberale Tendenz bei mir zu finden ist, das haben Sie vielleicht schon gemerkt.
Vor dem Hintergrund bin ich ganz ehrlich der Meinung, dass es, wenn wir uns über das Medienbudget Gedanken machen, bei Ihnen eigentlich auf offene Ohren stoßen müsste.
Meine Damen und Herren, ich fordere daher auch die Kollegen von der SPD ausdrücklich auf, mit uns gemeinsam die Voraussetzungen zu schaffen, um das Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunkauftrags zu schärfen und die Strukturen zu verändern. Ich glaube, es wäre gut, die Medienvielfalt auch dadurch zu unterstützen, dass wir bei der Beitragsentwicklung in die andere Richtung gehen. Nur mit solchen Reformen wird es nämlich möglich sein, den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten niedriger
werden zu lassen und damit die Beiträge in Zukunft wieder sinken zu lassen.
Unser Rundfunkpapier zur Auftrags- und Strukturreform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liegt seit Monaten auf dem Tisch. Es wird Zeit, dass wir diese Ideen weiterentwickeln und endlich umsetzen. Ohne eine solche Reform, meine Damen und Herren, wird uns am Ende das Bundesverfassungsgericht erneut erklären, wie hoch ein Beitrag zu sein hat, wenn wir die Beitragserhöhung heute ablehnen. Es ist kein Zeichen besonnener und verantwortungsvoller Politik, wenn den Ländern wie 2007 wieder einmal bescheinigt würde, dass ihre Entscheidung über die Beitragshöhe einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht standhalten wird. Deshalb werbe ich heute tatsächlich aus voller Überzeugung dafür, der Beitragserhöhung zuzustimmen. Ich liege an der Stelle mit dem Ministerpräsidenten auch gar nicht so weit auseinander. Als Gesetzgebungsorgan sind wir an die verfassungsmäßige Ordnung gebunden.
Dazu gehört eben auch, dass wir den öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten für die Erfüllung ihres aktuellen Rundfunkauftrags die nötigen Finanzmittel zur Verfügung stellen, und das gewährleisten wir mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag. Vielen Dank.
Es ist eher eine Bemerkung und Klarstellung. Ich habe nur im Hinblick auf die beiden nationalen Fernsehsender dafür plädiert, es auf einen Sender zu beschränken, so wie wir das im Rundfunk haben. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass wir selbstverständlich regionales Fernsehen in der bisherigen Vielfalt erhalten wollen.
Ich habe nur eine kurze Frage: Das bedeutet, dass Sie der Beitragserhöhung zustimmen werden?
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich brauche keine 3 Minuten; ich möchte nur eines feststellen: Die AfD ist der Auffassung, dass sie politisch Druck machen möchte auf den Rundfunkbeitrag und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt. Ich möchte weiter feststellen, dass sie dafür einen Verfassungsbruch in Kauf nimmt beziehungsweise den sogar anstrebt, wenn sie gegen eine verfassungsrechtlich gebotene Beitragserhöhung hier und heute stimmen will. Ich möchte in dieser Deutlichkeit festgestellt haben, auch für die Geschichtsbücher, dass Sie hier ganz offen einen Verfassungsbruch ankündigen. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Dank geht zunächst an Lars Harms und den SSW, dass sie mit ihrer Großen Anfrage hier im Landtag eine Debatte über SchleswigHolsteins Kolonialgeschichte angestoßen haben. Es ist gut und richtig, dass wir uns mit diesem Thema auseinandersetzen. Es reicht nämlich meines Erachtens nicht aus, dass wir uns nur über den Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialem Kontext befassen, wie es auch berichtet worden ist. Es ist wichtig, aber wir müssen darüber hinaus weitere Maßnahmen ergreifen, um uns mit diesem Teil unserer Geschichte auseinanderzusetzen.
Wir müssen uns bewusstmachen, welche Auswirkungen der Kolonialismus bis heute weltweit für
viele Menschen hat. Es ist eine mutige Botschaft unseres Ministerpräsidenten gewesen, als er sich bei seinem Besuch in Namibia im Jahr 2019 als Bundesratspräsident zur deutschen Schuld bekannte und dort offiziell erklärte:
„Die Folgen der damaligen Verbrechen wirken bis heute nach. Diese historische Schuld erkennen wir ohne Wenn und Aber an.“
Eine solche Erklärung war dringend notwendig und überfällig.
Deutschland gehörte sicherlich nicht zu den großen Kolonialmächten, und die Kolonialzeit Deutschlands beträgt nur wenige Jahrzehnte. Dennoch ist auch das Deutsche Reich dafür verantwortlich gewesen, dass Menschen in den deutschen Kolonien Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ihrer Rechte beraubt, drangsaliert, unterdrückt und ermordet wurden. Die Gräueltaten im heutigen Namibia sind Beispiele für eine wirklich menschenverachtende Haltung der sogenannten Kolonialherren, die uns bis heute mit Scham erfüllen muss und die es rechtfertigt, dass wir uns heute noch dieser historischen Schuld stellen.
Denn eines ist klar: Die Ausbeutung der Kolonien, die Zerstörung der dortigen Gesellschaften und Strukturen sowie die Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung wirken bis heute nach und sind Ursache existentieller Probleme in den ehemaligen Kolonien. Deshalb stehen alle Kolonialmächte, und damit auch Deutschland, auch heute noch in der Verantwortung für ihr damaliges Handeln.
Vor diesem Hintergrund halte ich es für erforderlich, dass wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir mit unserer kolonialen Vergangenheit, mit kolonialen Denkmälern und Straßennamen umgehen wollen. Darauf fokussiere ich meine heutige Rede. Meine unmittelbare Heimat ist mit einem besonders widerwärtigen Denkmal geschlagen, denn in Aumühle steht das sogenannte „Deutsch-OstafrikanerEhrenmal“ zu „Ehren“ von Paul von Lettow-Vorbeck, der zwischen 1904 und 1906 am Völkermord an den Herero und Nama in Namibia unmittelbar beteiligt war und der diesen Völkermord ausdrücklich befürwortete, wie man nachlesen kann.
Natürlich stellt sich dann die Frage, ob wir ein solches sogenanntes Ehrenmal stehen lassen können oder ob es zu beseitigen ist. Ich habe darüber lange nachgedacht und bin der Auffassung, dass wir auf eine Beseitigung verzichten sollten; denn die Besei
tigung wirkt am Ende wie das Leugnen unserer eigenen Geschichte, das Unsichtbarmachen einer Vergangenheit, der wir uns stellen müssen.
Deshalb befürworte ich eine Umwidmung eines Ehrenmals zu einem Mahnmal. Das dürfte sinnvoller sein, um sich dann mit dem kolonialen Erbe unseres Landes kritisch auseinanderzusetzen.
Dabei ist es sicherlich nicht ausreichend, lediglich auf einer Tafel auf die Verbrechen des mit dem Denkmal „geehrten“ Verbrechers, so müsste man wohl sagen, zu verweisen, sondern wir sollten hier in Schleswig-Holstein gemeinsam ein Erinnerungskonzept erarbeiten und entwickeln, wie wir mit solchen Denkmälern und Straßennamen umgehen wollen, die auf Menschen verweisen, die sich wirklich schwerwiegender Verbrechen im Kolonialismus Deutschlands schuldig gemacht haben.
Ich finde den Ansatz von Barbara Plankensteiner aus Hamburg, der Direktorin des Hamburger Museums am Rothenbaum für Kulturen und Künste, viel besser geeignet als die Beseitigung solcher Denkmäler. Sie schlägt vor, Gegendenkmäler zu errichten, also Denkmäler zu schaffen und Straßennamen auszuwählen, die gezielt an die Opfer des deutschen Kolonialismus und auch an die Menschen erinnern, die sich schon damals gegen den deutschen Kolonialismus ausgesprochen haben.
Das dürfte dann eine viel stärkere und aktivere Auseinandersetzung mit dem deutschen Kolonialismus anregen als die schlichte Beseitigung solcher Denkmäler. Letzteres hätte die Wirkung, dass die deutsche Kolonialgeschichte nämlich aus der öffentlichen Wahrnehmung komplett verschwinden und damit eine thematische Auseinandersetzung nicht mehr stattfinden wird.
Deshalb lassen Sie uns auch für Schleswig-Holstein ein solches Erinnerungskonzept entwickeln, dass die kritische Auseinandersetzung mit unserer Geschichte fördert und sie nicht unterdrückt. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Lesung über den sogenannten Medienstaatsvertrag, der sich zum Ziel gesetzt hat, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der der Vermehrung der Medienangeboten in der zunehmend durch das Internet geprägten Medienwelt Rechnung trägt.
Dieses Regelungsziel begrüßen wir ausdrücklich auch meine Kollegen, die das hier schon zum Aus
druck gebracht haben. Es ist notwendig, dass wir nicht nur im klassischen Rundfunk, sondern auch bei den neuen Medien Leitplanken setzen, um in allen Medien die Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt zu gewährleisten und zu fördern. Hier hat bisher ein Regelungswerk gefehlt, das mit Ausnahme der Printmedien alle Medien in den Blick nimmt.
Aber wir dürfen die Augen auch nicht davor verschließen, dass sich die Länder bei der Ausgestaltung dieses Medienstaatsvertrages von einem gewissen Übereifer haben übermannen lassen, indem eine Vielzahl unterschiedlichster Medienangebote im Internet nun als Rundfunk zu behandeln sind. Das klingt zunächst eher harmlos, ist es aber nicht, wenn man sich vor Augen führt, welche Medienangebote künftig unter das Rundfunkrecht fallen werden. Es wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass der Medienstaatsvertrag die Telemedien weitgehend ungeregelt lässt und weder eine Zulassungs- noch eine Anzeigepflicht vorsieht. Das ist aber in gewisser Weise Augenwischerei, denn eine Vielzahl von Telemedienangeboten werden künftig eine Rundfunklizenz beantragen oder eine Anzeige erstatten müssen, weil sie nach der neuen Definition des Medienstaatsvertrages künftig als Rundfunk zu qualifizieren sein werden. Es werden eine Vielzahl rundfunkrechtlicher Pflichten zu beachten sein, die beim klassischen Rundfunk sinnvoll sind, aber nach unserer Auffassung nicht bei den Telemedien.