Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich muss gestehen, ich habe ein Plagiat gemacht, denn diese Formulierung „konkludentes Handeln“ stammt aus unserem gemeinsamen Antrag, beschlossen von der Jamaika-Koalition, der SPD und dem SSW aus der letzten Landtagstagung. Also wenn Sie das kritisieren, dann kritisieren Sie sich selber.
- Die Frage ist, ob konkludentes Handeln für eine strafrechtliche Verurteilung ausreichend ist. Ich werde dazu noch weiter ausführen. Passen Sie gut auf.
Ich wollte nur darauf hinweisen: In unserem gemeinsamen Antrag, den wir gemeinsam beschlossen haben, haben wir gesagt: Das reicht aus. - Da steht es so drin.
- Okay, gut. - Insgesamt: Tiefer überlegen ist immer gut, und deswegen haben wir jetzt noch eine Chance.
Nach dem Vorschlag des SSW soll aber für den Beweis einer strafbaren Unrechtsvereinbarung zwischen Abgeordneten und Interessenträgern eine Art Anscheinsbeweis - das stammte nicht aus dem Wortlaut - ausreichen.
Der Anscheinsbeweis hat seinen Platz jedoch nur im Zivilrecht und im Verwaltungsrecht. Im Strafrecht gilt nach wie vor der eherne Grundsatz der Unschuldsvermutung,
der eindeutigen Bestimmtheit und Normenklarheit. Das ergibt sich schon aus Artikel 103 Absatz 2 Grundgesetz. Diese Verfassungsvorschrift verbietet eine Strafverhängung auf Grundlage von Vermutungen und von bösem Schein - eindeutig!
Die grüne Bundestagsfraktion hatte dazu bereits 2014 einen präziseren Vorschlag geliefert. Danach sollen die Worte „im Auftrag oder auf Weisung“ durch die Wörter „zur Vertretung oder Durchsetzung der Interessen des Leistenden oder eines Dritten“ ersetzt werden. Dort wird eben halt genau auf
diese Nachweisbarkeit des Kausalitätszusammenhangs abgestellt. Es werden nur andere Kriterien angelegt.
Ich meine, wir sollten das Problem im Innen- und Rechtausschuss vertiefen, um dann möglicherweise unter fachkundiger Beratung doch zu einer gemeinsamen, tragfähigen Formulierung zu kommen, und vor allen Dingen auch unseren eigenen Wissenschaftlichen Dienst einmal befragen.
Der zweite Punkt Ihres vorliegenden Antrags zielt auf Handlungen, die in der Vergangenheit liegen und für die es nachträglich eine Gegenleistung gibt - parallel zur normalen Bestechlichkeitsdogmatik im StGB. Darin scheinen mir weniger Probleme zu liegen. Es ist kein Grund zu erkennen, warum Abgeordnete in diesem Zusammenhang anders behandelt werden sollen als Beamte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat durchaus etwas Humoriges. Ich habe das eine oder andere in dem Antrag von Lars Harms und dem SSW gar nicht gelesen. Anscheinend soll ein Anscheinsbeweis schon ausreichen. Das war mir bis eben neu. Damit hätte ich ein großes Problem.
Ich finde auch die Einordnung falsch. Im Strafrecht gilt der Gesetzlichkeitsgrundsatz. Das heißt, die Strafnorm, das Handeln, das Strafbarsein soll und muss eindeutig klar und deutlich beschrieben sein. Ansonsten ist keine Bestrafung möglich.
Was ist unter Nummer 1 des Antrags des SSW gefordert worden? - Die Worte „im Auftrag oder auf Weisung“ sollen gestrichen werden.
Das ist keine AfD-Idee gewesen. Das ist sehr wohl im Innen- und Rechtsausschuss in der Anhörung bei der letzten Reform des § 108 e StGB diskutiert worden. Die Argumente - muss ich ganz ehrlich sagen - haben mich überzeugt.
Der Hinweis des Kollegen Kilian auf Artikel 38 GG trägt nicht, weil wir ganz unterschiedliche Inhalte bei Auftrag oder auf Weisung haben. Es ist kein klar definierter Begriff: im Auftrag oder auf Weisung. Der Inhalt der Begrifflichkeit in Artikel 38 GG ist etwas völlig anderes als das, was unter Bestechlichkeit von Abgeordneten verstanden werden kann.
Im Grundgesetz soll diese Formulierung zum Ausdruck bringen, dass der Abgeordnete frei und unabhängig zu handeln hat. Im Rahmen der Bestechlichkeit ist das aber ein wesentlich strengerer Begriff. Da geht es darum, dass sich ein Abgeordneter seine Stimme kaufen lässt und nach einem konkreten Auftrag oder einer konkreten Weisung handelt. Das ist etwas völlig anderes, meine Damen und Herren.
Wir können das gern weiter im Innen- und Rechtsausschuss diskutieren. Die Zeit einer Rede reicht dafür nicht.
denn die Notwendigkeit einer Unrechtsvereinbarung bleibt nach Meinung der Wissenschaft ja bestehen. Daran würde ich auch nicht rütteln. Es bedarf einer Vereinbarung zwischen Leistung und Gegenleistung, aber es muss eben nicht im Auftrag oder auf Weisung gehandelt worden sein. Es reicht die Tatsache, dass für ein bestimmtes Verhalten absprachegemäß eine Leistung gezahlt wird - und umgekehrt. Um mehr geht es nicht. Also, es muss ein Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung bestehen. Da sind wir uns einig.
An der Erschwernis, auf die im Strafprozess hingewiesen worden ist, dass man einen konkreten Auftrag, eine konkrete Weisung nachweisen muss, scheitert man immer wieder. Ein Strafrichter darf wegen des Gesetzlichkeitsprinzips nicht darüber hinweggehen. Deshalb habe ich durchaus Sympathien für den ersten Teil des Antrags.
Schwieriger ist allerdings - jetzt kommt doch noch etwas Wasser in den Wein - die Forderung, dass der Tatbestand entsprechend den Regelungen zur Amtsträgerbestechung erweitert werden soll, sodass auch die Entgegennahme nachträglicher Zuwendungen für ein bestimmtes Verhalten des Mandatsträgers unter Strafe gestellt werden soll, ohne dass diese Gegenleistung kausal für das Tun oder Unterlassen des Mandatsträgers gewesen ist. Das funktioniert natürlich nicht, denn ich brauche den Unrechtsge
halt, um eine Strafbarkeit eines bestimmten Verhaltens rechtfertigen zu können. Wenn es diese Verabredung vorab nicht gegeben hat, fehlt es an einem strafwürdigen Unrecht. Deswegen würden wir den zweiten Teil Ihres Antrags ablehnen. Da bestehen nämlich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.
Außerdem wird der Unterschied zwischen einem Amtsträger und einem Mandatsträger ignoriert. Ein Mandatsträger - Artikel 38 GG - ist frei und unabhängig, frei von Weisungen und ohne Auftrag handelnd. Wenn er unaufgefordert und unverabredet eine Dankeschön-Zuwendung bekommt, wie es so schön heißt, dann ist das nicht strafbar.
Auch Spenden an Parteien können Sie nicht mehr abgrenzen. Weil eine bestimmte Partei für eine bestimmte Branche, für einen Verband sinnvolle Politik gemacht hat, wird das durch Spenden belohnt. Das wäre nach Ihrer Regelung problematisch. Deswegen sehe ich da ganz große Probleme.
Außerdem - das erwähnen Sie in Ihrem Antrag auch nicht -: Die nachträgliche Entgegennahme von Zuwendungen setzt voraus, dass eine Dienstpflichtverletzung vorausgegangen ist. Es muss sich also um eine Belohnung für eine rechtswidrige Diensthandlung handeln. Aber in dem Abstimmungsverhalten eines Abgeordneten beispielsweise über ein Klimaschutzgesetz ist keine Rechtswidrigkeit erkennbar. Also würde diese Regelung ins Leere laufen. Oder Sie erleichtern die Strafbarkeit so sehr, dass ich verfassungsrechtlich sehr große Probleme mit einer solchen Regelung hätte.
Mache ich gern. - Vor dem Hintergrund diskutiere ich das gern weiter und wesentlich intensiver im Innen- und Rechtsausschuss. Wie gesagt, ich habe eine gewisse Sympathie für den ersten Teil. Den zweiten Teil sehe ich als rechtsstaatlich hochproblematisch an. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Harms, vielen Dank für Ihren Antrag und den darin transportierten Wunsch, Bestechung und Bestechlichkeit bei Mandatsträgern stärker bestrafen zu wollen beziehungsweise die Verfolgung solchen Handelns in bestimmen Fällen überhaupt erst möglich zu machen. Sie haben tatsächlich die AfD an Ihrer Seite. Ich weiß, das wollen Sie nicht, aber hier ist es tatsächlich so, denn auch wir verfolgen dieses Ziel, allerdings nicht erst seit dem 21. Mai 2021, sondern schon etwas länger. Das klang vorhin schon an.