hat der Bund zudem die Möglichkeiten ausgeweitet, den Entlastungsbetrag in Anspruch zu nehmen. Pflegebedürfte mit Pflegegrad 1 können den Betrag etwa vorübergehend auch für andere Leistungen als für die genannten nutzen, wenn dies beispielsweise aufgrund der Pandemie notwendig gewesen ist oder notwendig ist.
Herr Abgeordneter Dirschauer, ich kann das völlig nachvollziehen. Aber ich glaube wirklich, dass es sich lohnt, über den Weg zu diskutieren, wie man zu diesem Kernanliegen kommt. Der Entlastungsbetrag ist in seiner Zielsetzung zu unterscheiden vom Pflegegeld, das direkt an die zu Pflegenden in der häuslichen Pflege ausgezahlt wird. Diese dürfen frei über das Pflegegeld verfügen, wobei es vom Gesetzgeber als finanzielle Anerkennung für die pflegende Person vorgesehen ist. Würde der Entlastungsbetrag direkt an die Pflegebedürftigen ausgezahlt, käme das de facto einer Erhöhung des Pflegegeldes und einer Abschaffung des Entlastungsbetrages gleich. Die Zielsetzung des Entlastungsbetrags, Anreize zu schaffen, damit die Pflegenden entlastet und die pflegebedürftigen Menschen in ihrem Alltag gestärkt werden, um diesen selbstbestimmter wahrnehmen zu können, würde damit de facto ausgehebelt. Dies ist nicht wirklich im Interesse der pflegebedürftigen Menschen und auch nicht im Interesse derjenigen, die jeden Tag Pflege, Betreuung und Unterstützung leisten.
Die Auszahlung des Entlastungsbetrages ist an qualitative Kriterien gebunden, damit der Entlastungsbetrag auch tatsächlich seinen Zweck erfüllt. Die Anerkennung dieser Angebote erfolgt in SchleswigHolstein auf Grundlage der Alltagsförderungsverordnung, die vom Land festgelegt wird. In der Tat haben wir uns bereits Gedanken gemacht, wie man das vereinfachen, aber auch verbessern kann. Neben ehrenamtlichen Organisationen, gewerblichen Dienstleistungsunternehmen und gewerblich tätigen Einzelkräften können auch Helferinnen und Helfer aus der Nachbarschaft Unterstützungsleistungen erbringen, die über den Entlastungsbetrag erstattet werden können.
Genau an dieser Stelle setzt die novellierte Alltagsförderungsverordnung an, die wir am Dienstag im Kabinett verschiedet haben und die Mitte September in Kraft treten wird. Mit der neuen Verordnung werden Erleichterungen für die Ehrenamtlichen geschaffen, die in Organisationen oder Vereinen tätig sind. Schulungen, die im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen zur Anerkennung des Entlastungsbetrages durchgeführt werden müssen, sind zukünftig nur noch im Umfang von 30 statt bislang
120 Stunden nötig. Der Zugang wird dadurch niedrigschwelliger. Mit dem Landesamt für Soziale Dienste gibt es bereits einen einheitlichen Ansprechpartner, über den die Bearbeitung der Anträge auf Anerkennung eines Angebotes läuft. Wichtig ist an dieser Stelle: ein einziger Ansprechpartner.
Darüber hinaus werden auch die Voraussetzungen für die Anerkennung von Nachbarschaftshilfe niedrigschwelliger. Statt zuvor 20 sind nur noch acht Unterrichtseinheiten von denjenigen zu leisten, die Nachbarschaftshilfe anbieten möchten und sich diese über den Entlastungsbetrag erstatten lassen wollen. Zudem wird es eine einfachere Anerkennung über einen einheitlichen Ansprechpartner in Schleswig-Holstein geben. Sie hatten ausgeführt, dass das manchmal doch recht kompliziert sein kann. Wir werden im Rahmen eines Modellprojekts genau diesen einheitlichen Ansprechpartner fördern. Das Verfahren über unterschiedliche Pflegekassen, das immer wieder zu Problemen geführt hat, wird damit abgelöst. Über den einheitlichen Ansprechpartner soll auch das Schulungs- und Informationsangebot für die Nachbarschaftshilfe verbessert werden.
Ziel ist es also, die Angebote zur Unterstützung im Alltag insgesamt auszubauen. Davon sollen letztlich vor allem pflegende Angehörige und pflegebedürftige Menschen profitieren.
Ich glaube: Diese Debatte war notwendig. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie gemeinsam im Sozialausschuss einen Weg finden werden, diesem Ziel gerecht zu werden. Wir haben so schon einmal etwas - ich will nicht sagen: alles - dazu beigetragen, dass es deutlich vereinfacht werden kann. Dabei sollten wir sowohl die Interessen der pflegebedürftigen Menschen als auch die Interessen der Pflegenden nicht aus den Augen verlieren. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass uns das bei diesem Thema gelingt. - Vielen Dank fürs Zuhören.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Beantragt wurde, den Antrag Drucksache 19/3180 dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Demnach ist die Ausschussüberweisung einstimmig beschlossen.
Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Ich eröffne somit die Aussprache. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie kann der durchschnittliche Kleinsparer effektiv entlastet und gleichzeitig beim Aufbau eines gewissen Vermögens gefördert werden? Diese Überlegung stand hinter dem Antrag, den wir vom SSW hier vorgelegt haben. Für unseren Lösungsvorschlag haben wir den Sparerpauschbetrag in den Blick genommen. Dieser gehört nach unserer Auffassung deutlich nach oben geschraubt, damit die Menschen davon auch endlich etwas haben.
Eine ausführliche Begründung für unsere Initiative haben wir schon im Antrag dargelegt. Seit zwölf Jahren liegt der Sparerpauschbetrag - also die Höhe der Gewinne, Dividenden und Zinsen, die Anleger steuerfrei behalten können - festgezurrt bei 801 € pro Person und Jahr beziehungsweise bei 1.602 € bei Zusammenveranlagungen. Wer darüber liegt, und das geht relativ schnell, muss pauschal saftige 25 % Abgeltungssteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls auch noch Kirchensteuer abdrücken. Das ist schon ein ziemlich tiefer Griff des Staates in die Tasche der kleinen Leute.
In den letzten 30 Jahren war der Pauschbetrag sogar schon viel höher als jetzt, kurz: Die Bedingungen für tüchtige Kleinsparer und -anleger sind alles andere als rosig, und das, obwohl alle permanent darauf drängen, dass man privat für das Alter vorsorgen und sich als Privatbürgerin und -bürger auch mit Aktienanlagen beschäftigen soll.
Hier müssen wir an den Stellschrauben drehen, denn den Sparerpauschbetrag haben inzwischen fast alle als Stichwort auf dem Schirm.
Wir erleben seit Jahrzehnten, meine Damen und Herren, dass die allergrößten Weltkonzerne hofiert werden, indem der Gesetzgeber bei Steuerschlupf
löchern freundlich wegschaut, aber der Kleinanleger wird geschröpft. Da ist der Staat sofort da. Diese Ungerechtigkeit und Quasi-Bestrafung der kleinen Leute wollen wir abstellen.
Die vorausschauenden, fleißigen Kleinanleger sollen sich für ihre Sparanstrengungen und Vorsorgeleistungen doch belohnen dürfen.
In der Diskussion liegen inzwischen schon einige Vorschläge für eine neue Pauschbetragsgrenze auf dem Tisch - von eher leichten Erhöhungen auf knapp 1.000 €, um zumindest schon einmal die Inflation auszugleichen, bis hin zu deutlich höheren vierstelligen Beträgen. Wir haben dies vorerst bewusst offengelassen, um in größerer Runde gemeinsam darüber zu beraten. Höchstwahrscheinlich würde eine höhere Pauschbetragsgrenze nicht von jedem Anleger in jedem Jahr voll ausgeschöpft werden. Es erscheint uns aber durchaus sinnvoll, die Grenze soweit anzuheben, dass ein Kleinsparer auch einmal eine größere Summe aus dem Depot herausnehmen können sollte, ohne dass sofort die 25 % Abgeltungssteuer anfällt.
Dabei geht es nicht nur um die Altersvorsorge. Der durchschnittliche Sparer plant eventuell auch schon vor der Rente einmal eine Investition, etwa ein neues Auto oder ein neues, größeres Haushaltsgerät oder eine Solaranlage auf dem Hausdach, oder, meine Damen und Herren, es passiert etwas völlig Unvorhergesehenes, wie beispielsweise der Jobverlust. In solchen Situationen wäre es doch sowohl eine finanzielle als auch eine emotionale Entlastung, wenn man auf ein gewisses finanzielles Polster zurückgreifen könnte, das man nicht unter Inkaufnahme von Niedrig- oder gar Strafzinsen als Bargeld auf dem Konto gebunkert hat, sondern an das man durch den Verkauf von Aktien recht zügig und ohne großen Verlust herankommt.
Tatsache ist, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger sich in die Themen Kapitaleinkünfte und Aktienmärkte einfuchsen und auch in Aktien, ETFs oder Fonds investieren. Dies sollten wir unterstützen und nicht bestrafen. Deshalb brauchen wir einen deutlich höheren Sparerpauschbetrag oder einen entsprechend ähnlich wirkenden zusätzlichen Sonderfreibetrag. Dieser käme den Bürgerinnen und Bürgern in ganz Deutschland zugute, damit sie sich durch kluge Spar- und Anlagebemühungen selbst etwas Gutes tun können.
Wir freuen uns daher auf die weiteren Beratungen und darauf, dass das Thema hoffentlich bald auf Bundesebene entsprechend in Angriff genommen werden mag, meine Damen und Herren. Wir möchten gern, dass die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger eine Chance haben, etwas mit ihrem Geld anfangen zu können, ohne dass gleich der Staat zugreift. Ich bin der Meinung: Was für Großkonzerne gilt, sollte für die kleinen Bürgerinnen und Bürger erst recht gelten. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Noch ist der SSW nicht im Bundestag, aber wir haben schon mal ein Thema, was wir auf Bundesebene zu diskutieren haben.
Trotzdem freue und bedanke ich mich, dass uns heute ein steuerpolitischer Antrag über die Einkünfte aus Kapitalvermögen vorliegt. Der § 20 Einkommensteuergesetz mit all seinen Folgeregelungen ist - das weiß ich selber - der Schreck einer jeden Steuerfachangestelltenprüfung. Er ist also sehr kompliziert. Dieser Bereich hat in den letzten zehn Jahren diverse Veränderungen erlebt. Im Jahr 2009 wurde die Abgeltungssteuer eingeführt, die Sie eben angesprochen haben. Diese halte ich grundsätzlich für richtig. Des Weiteren wurde der Sparerpauschbetrag von damals 750 € mit dem Werbungskostenpauschbetrag von 51 € auf 801 € für Alleinstehende und 1.602 € für Verheiratete zusammengeführt. Seitdem ist tatsächlich in diesem Bereich nicht mehr viel passiert, obwohl sich die Kapitalmärkte stark verändert haben.
Es gibt so gut wie keine Zinsen mehr, und die Kosten für Altersvorsorgeprodukte sind erheblich gestiegen. Viele Sparer versuchen, nach alternativen Lösungen Ausschau zu halten; das ist aber nicht ganz einfach. Dividenden, Kursgewinne aus Aktienverkäufen, die eben genannt worden sind, Erträge aus typisch stillen Beteiligungen oder ähnliche Erträge, die die Freibeträge sehr schnell übersteigen können, erschweren wesentlich die Erwirtschaftung einer Rendite. Es braucht aber eine Rendite für eine langfristige Altersvorsorge, denn: Die private Al
tersvorsorge ist und bleibt neben der betrieblichen Altersvorsorge eine der wichtigsten Bausteine, um sich für das Alter finanziell abzusichern. Da muss und da sind meine Fraktion und ich uns einig - der Staat unterstützen. Deshalb halte ich den Ansatz, dass der Sparerpauschbetrag erhöht wird, auch für richtig.
Da es aber, und darauf zielt der SSW-Antrag ab, viele Mitbürgerinnen und Mitbürger gibt, die unter dem Grundfreibetrag liegen und deshalb gar keine Steuern zahlen, muss man sich gleichzeitig die Arbeitnehmersparzulage ansehen. Beides muss immer in Einheit gesehen werden, und beides wird mit der Union auf Bundesebene auch machbar sein, denn: Genau das, die Erhöhung des Sparerpauschbetrages und die Erhöhung der Arbeitnehmersparzulage, steht in dem Programm für die kommende Wahlperiode. Unabhängig vom Beschäftigungsverhältnis und vom Einkommen muss der private Vermögensaufbau attraktiv gestaltet werden. Dafür kann die Erhöhung des Sparerpauschbetrages und der Arbeitnehmersparzulage einen wichtigen Beitrag leisten.
Ich möchte dazu auf einen steuerrechtlichen Grundsatz eingehen, den auch das Bundesverfassungsgericht regelmäßig als Maßstab für seine Entscheidungen nimmt, nämlich das Nettoprinzip - also die Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Daher müssen das Thema Inflation, die niedrigen Zinsen, die Negativzinsen, die Möglichkeit, für das Alter vorsorgen zu können, und die immer weiter steigenden Kosten für die Altersvorsorgeprodukte berücksichtigt werden. Im SSW-Antrag ist auch ein Link zur Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu diesem Thema enthalten.
Interessant ist auch der Hinweis, dass neben der Erhöhung des Sparerpauschbetrages auch die Erhöhung weiterer Freibeträge im Einkommensteuerrecht geprüft werden sollte. Ich denke, es sollte immer und jährlich ein Dauerthema sein, sich diese Freibeträge genau anzuschauen.
Aber der SSW fordert auch einen Sonderfreibetrag für Kapitalerträge. Dazu muss ich ehrlicherweise sagen, dass man genau prüfen sollte, wie dieser wirken soll und was er genau kostet und ob er wirklich das abdeckt, was nicht schon jetzt der Sparerfreibetrag abdeckt. Wir sollten das auf jeden Fall im Finanzausschuss diskutieren.
Gestatten Sie mir bitte noch einen Hinweis. Im vorletzten Subventionsbericht war zu lesen, dass der Sparerpauschbetrag neben den Steuerentlastungen zu den höchsten Steuerausfällen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene führt. Deshalb dürfen wir auch nicht die Einnahmesituation aus dem Blick verlieren. Aber meiner Meinung nach lohnt es sich im Sinne der Sparer, das im Finanzausschuss zu diskutieren. Ich würde mich auch freuen, wenn wir gemeinsam eine Bundesratsinitiative formulieren können. - Vielen Dank.