Protocol of the Session on January 26, 2022

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nete Bildungseinrichtungen allein sichern nicht die notwendige psychosoziale Unterstützung, die Familien momentan brauchen.

(Beifall SPD)

Frau von Kalben, das ist ein Hinweis, den können Sie den aktuellen Stellungnahmen von zahlreichen Kinder- und Jugendmedizinern, dem Kinderhilfswerk, der Deutschen Gesellschaft für Psychologie und vielen anderen entnehmen. Dort wird auch gewarnt, man solle Infektionsschutz und psychische Gesundheit für Kinder und Jugendliche nicht gegeneinander ausspielen. Das ist ein weiser Ratschlag.

Die Gesundheitsämter kommen mit der Nachverfolgung der Fälle nicht mehr hinterher. In vielen Fällen findet Quarantäne nicht mehr statt. Da ist es doch nachvollziehbar, dass sich Eltern Sorgen machen und sich manche die Möglichkeit wünschen, ihr Kind für einen begrenzten Zeitraum nicht in die Schule schicken zu müssen. Der Landeselternbeirat für Grundschulen und Förderzentren hat deshalb mehrfach beim Ministerium nachgefragt. Eltern wenden sich fast schon verzweifelt an uns, und wir beantragen das in einer milden Variante, die wir eigentlich für zustimmungsfähig gehalten haben, und Sie bügeln das schon eine halbe Stunde vor Sitzungsbeginn mit Ihrem Alternativantrag ab.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben in Schleswig-Holstein diese Möglichkeit bei früheren Coronawellen eingeräumt. Berlin tut das jetzt, wobei der Präsenzunterricht die Regelform bleibt. Natürlich ist das eine schwierige Entscheidung. Sie fiele wahrscheinlich vielen leichter, wenn manche Hausaufgabe erledigt wäre. Wir haben hier im Jahr 2021 eine Schulgesetznovelle debattiert, in der SPD und SSW Elemente des digitalen Lernens regeln wollten. Jamaika hat das abgelehnt. Sie haben uns damals vorgehalten: Sie wollen ja nur den Distanzunterricht regeln, was soll denn das? Freuen Sie sich doch, dass Präsenz wieder möglich ist! - Nein, meine Damen und Herren, wir hätten das regeln müssen. Dann hätten wir jetzt mehr Instrumente im Kasten, auf die wir zurückgreifen könnten.

(Beifall SPD und SSW)

Wo ist denn die Handreichung des Ministeriums für Schulen, die sich nicht sicher sind, was bei Hybridunterricht möglich ist und was nicht, was der Datenschutz erlaubt und was nicht? Wo ist denn das Ministerium, das nachguckt, was mit itslearning vor

(Martin Habersaat)

Ort passiert ist? Es hilft ja nichts, wenn man einen Haken dahinter macht und sagt, die Schule habe itslearning, sondern man muss in die Klasse gehen und gucken, ob das denn auch genutzt wird.

Nun gibt es Schulen, die können das, die haben das, und die würden möglicherweise, wenn es um sie herum mit den Inzidenzen in die Tausenderzahlen geht, gern auf Distanzunterricht umschalten. Das dürfen sie aber nicht.

Meine Damen und Herren, die Schulen haben Sorgen. Ja, wir haben doch auch Sorgen. Zur Erinnerung: Diese Landtagstagung wurde von drei auf zwei Tage verkürzt trotz PCR-Tests, trotz Plexiglas, trotz Lüftungsanlage. Natürlich gibt es auch an den Schulen Sorgen, und die sollten Sie ernst nehmen.

(Beifall SPD)

Wo sind die Konzepte für Distanzunterricht mit Notfallbetreuung, pädagogischen Einzel- oder Kleingruppenangeboten und der Möglichkeit, zum Beispiel einen Arbeitsplatz in der Schule nutzen zu können, wenn das erforderlich ist? Sie legen die Hürde für Distanz wahnsinnig hoch. Sie nehmen Quarantäne als einziges Kriterium, nämlich die Hälfte der Schülerinnen und Schüler und ein Drittel der Lehrkräfte. Meine Damen und Herren, wenn solche Zahlen erreicht sind, dann ist das Kind doch längst schon im Brunnen.

Distanzunterricht wäre natürlich eine Notstandsmaßnahme. Aber wer will denn momentan sagen, dass Notstandsmaßnahmen nicht erforderlich sind? Und wer will denn das, was im Moment an den Schulen stattfindet, als Normalität und Alltag bezeichnen? Das ist an den meisten Schulen momentan leider nicht der Fall.

Weitere Punkte unseres Antrags betreffen die Tests: gern öfter, gern zu Beginn des Tages und nicht erst nach drei Stunden in der Schule. Je kleiner die Kinder sind, desto lieber mit Alternativen zum Nasenabstrich. Ich habe zu Hause einen Zweijährigen. Ich kann Ihnen berichten: Wenn ich bei dem einmal einen Nasenabstrich gemacht habe, dann dauert es eine ganze Weile, bis er dazu ein zweites Mal bereit ist, und so geht es natürlich allen Eltern. Deswegen brauchen wir Alternativen. Deswegen würde ich mich freuen, wenn Sie sich da bewegen würden, meine Damen und Herren. Andere Länder können es doch auch!

(Beifall SPD)

Die Fachkräfte unserer Kitas fühlen sich vergessen und fordern eine Testpflicht. Nach Angaben der AWO gibt es keine Kita des Trägers ohne Corona

fall. Die Kitas sind die ersten Bildungseinrichtungen für unsere Kinder, wir dürfen sie nicht aus dem Blick verlieren. Sie bewegen sich mit Ihrem Antrag ein bisschen. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie sich in Richtung Lolli-Pool-Testpflicht bewegt hätten.

(Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann hätten Sie uns an Ihrer Seite gehabt. Wenn Sie dies Lollipflicht genannt hätten, dann hätten meine Jungs auch begeistert zugestimmt. Leider geht das ganz so weit dann doch nicht.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ein letzter Punkt: Klassenfahrten. Es gibt dieser Tage tatsächlich Klassenfahrten. Das glaubt man doch eigentlich nicht. Es gibt Musikprobenwochen. Da dürfen die Bläser nicht blasen, die Sänger dürfen nicht singen, aber man darf zusammen verreisen. Natürlich gibt das Konflikte und Unsicherheiten an den Schulen. Natürlich gibt es dort den Wunsch nach Vernunft. Unterstützt das Bildungsministerium die Schulen in dieser Lage angemessen? Offensichtlich nicht. Die Schulen erhalten alle paar Tage ein neues Rundschreiben auf Bürokratisch, aber viele Sorgen werden offengelassen. Viele Menschen sind darüber verzweifelt.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Geben Sie sich noch einmal einen Ruck! - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Nunmehr hat nach der Reihenfolge der eingegangenen Anträge der fraktionslose Abgeordnete Dr. Frank Brodehl das Wort. Er wird uns aus dem Konferenzsaal zugeschaltet. Herr Dr. Brodehl, Sie dürfen dann bitte Ihre Rede halten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren im Plenarsaal! Als Erwachsener dürfen Sie an Freizeit-, an Sport- und an Kulturveranstaltungen nur teilnehmen, wenn Sie genesen oder geimpft sind, was gleichzeitig bedeutet, dass Millionen Ungeimpfte systematisch ausgegrenzt werden aus der Gesellschaft und Teilhabe. Was das für psychosoziale gesellschaftliche Folgeschäden mit sich bringen wird, ist überhaupt nicht absehbar.

Dabei wurde und wird genau diese Entwicklung von der Politik geradezu forciert. Man möchte den

(Martin Habersaat)

Druck auf Ungeimpfte erhöhen, koste es, was es wolle. Immerhin ist man dabei aber bis heute nicht so weit gegangen, dass man auch Kindern und Jugendlichen die Pistole auf die Brust setzt: Entweder du lässt dich impfen, oder es gibt ab sofort kein Kino, keine Disko, kein Gym, kein Konzert, kein Verein mehr. Nein, unter 18-Jährige wurden von den 2G-Regeln bewusst ausgenommen.

Aber in immer mehr Bundesländern wird diese Ausnahmeregelung übergangen. Immer mehr Länder sprechen sich offen für eine Aufweichung oder sogar für die völlige Aufhebung aus. Ich beantrage deshalb, dass dieser Landtag dieser- ich muss sagen - unmenschlichen Politik eine klare Absage erteilt und dass man sich stattdessen eindeutig zu den 2G-Ausnahmeregelungen bekennt, denn soziale Teilhabe kann für kein Kind, kann für keinen Jugendlichen vom Impfstatus abhängig gemacht werden.

Wenn Sie sich mit Jugendlichen über das Thema Impfen unterhalten, dann werden Sie auf jeden Fall die Bekundung hören: „Weil ich sonst nichts mehr machen kann“. Und wenn Sie sich ein bisschen mehr Zeit nehmen, dann werden Sie mit der Angst konfrontiert, die so groß ist, von Freunden, von der Clique, von der Klasse getrennt und ausgegrenzt zu werden.

Jugendliche erwägen deswegen eine Impfpflicht, um endlich wieder normal leben zu können, oder aus reinem Gruppendruck. Und was sagt diese Landesregierung dazu? Die erhöht den Konformitätsdruck sogar systematisch weiter, indem sie den Jugendliche für ihre vermeintliche Solidarität dankt und zwar nur den geimpften Jugendlichen - und damit nur anzeigt, wie weit sie von der Realität der Jugendlichen in diesem Land entfernt ist - meilenweit!

Wer es wirklich gut mit der Jugend meint, den bitte ich heute um Unterstützung meines Anliegens in der Sache, das übrigens auch von der Diakonie, von der Sportjugend, von der Gesellschaft für Kinderund Jugendmedizin und vielen anderen geteilt wird. Mit Angst und Druck muss endlich Schluss sein den Kindern, den Jugendlichen, jedem Menschen gegenüber.

Gestatten Sie mir am Ende eine persönliche Anmerkung. Ich gehöre zu den Menschen, die der Überzeugung sind, dass die Unterteilung der Bevölkerung in Geimpfte und Ungeimpfte ein fataler gesellschaftspolitischer Irrweg ist. Ich habe aus diesem Grund den Landtag nicht über meinen Impfstatus informiert. In der Konsequenz wird mir heute wie

derum die Teilnahme an der Plenarsitzung im Plenarsaal verweigert -

(Annabell Krämer [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! Das ist eine Lüge! - weitere Zuru- fe)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

(Zuruf: Das stimmt doch gar nicht!)

Wir schicken dem Abgeordneten gern noch einmal das Urteil des Landesverfassungsgerichts zu.

(Beifall CDU, SPD, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, das Wort für den Zusammenschluss der Abgeordneten der AfD hat jetzt der Abgeordnete Jörg Nobis.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich halte die Rede stellvertretend für Claus Schaffer, der heute nicht hier sein kann. - Erhebungsfehler, Meldelücken, Auslassungen und ignorierte Fakten, verzerrte Statistiken und vor allem auch ganz offenbar vorsätzlich falsch wiedergegebene Zahlen

(Zuruf Lars Harms [SSW])

es gibt erhebliche und berechtigte Zweifel an Ihren Coronazahlen. Diese Daten dienen aber als Grundlage für Ihre Coronamaßnahmen. Wenn diese Daten falsch oder ohne ausreichende Aussagekraft sind, dann sind diese auch nicht als Grundlage für grundrechtseinschränkende Maßnahmen heranzuziehen. Dann sind diese ungeeignet, unverhältnismäßig und in der Folge verfassungswidrig.

Die Kritik des politischen Blindflugs wird immer lauter. Intensivmediziner kritisieren den fehlenden tagesaktuellen Überblick über die echte Coronalage in den Kliniken. Der Vorsitzende der DVI fordert ein tagesaktuelles Register auch für die Normalstationen und letztlich eine Orientierung zum Beispiel an Dänemark, wo dies bereits geschieht. Das ist nichts Neues.

Die Kritik an fehlenden Daten und dem fehlenden Vermögen, diese tagesaktuell vorzuhalten, hörten wir am 10. Januar 2022 auch aus Ihrem Mund, Herr Vogt. Sie sprachen davon, dass wir zwar viel Bürokratie hätten und auch so viele Daten wie nie zuvor in der Bundesrepublik Deutschland sammelten, aber - hier zitiere ich aus dem Plenarprotokoll vom 10. Januar 2022 -:

(Dr. Frank Brodehl)

„… diese werden leider nicht so verarbeitet, dass wir einen richtig guten Überblick über das jeweilige Pandemiegeschehen haben, um möglichst zielgenau reagieren zu können.“

Dann erklärten Sie noch, dass wir zu wenige Studien hätten, zu wenige Daten zusammenbrächten und dies dringend abgestellt werden müsse.