Ich glaube, die Antwort ist nicht einfach: Weil Omikron eine ganz neue Situation mit sich bringt und wir auch sehen, dass das Infektionsgeschehen nicht mehr der Maßstab ist, um den es geht. Es geht am Ende darum: Wie ist die Krankenhausbelegung, wie ist das auf Intensivstationen zu sehen? Das ist etwas, was sehr volatil ist. Deshalb gibt es auf Ihre Frage keine eindeutige Antwort. Aber ich glaube schon - ich werde gleich ein paar Aspekte nennen -, dass wir mit unserem Coronamanagement gewährleisten, dass wir eine sichere Situation an unseren Schulen haben und reagieren, wenn das anders wäre.
Verstehen Sie denn Eltern, die sagen, dass nicht die Lage in den Krankenhäusern für sie entscheidend ist? Diese Eltern machen sich nicht Sorgen darüber, ob sie im Ernstfall ein Intensivbett für ihr Kind bekommen; sie möchten, dass sich ihr Kind möglichst nicht infiziert und deshalb nicht in die Schule gehen soll. Können Sie diese Position nachvollziehen?
- Natürlich verstehe ich das. Wir machen uns ja alle Sorgen. Sie haben vorhin auch in Ihrer Rede gesagt, dass auch wir uns Sorgen machen. Die Frage ist, welches die geeigneten und richtigen Maßnahmen sind. Was nicht richtig ist, ist in Panik zu verfallen. Das tun wir hier in einem intensiven Prozess, auch parlamentarisch. Wir diskutieren mit der Landesregierung, mit Expertinnen und Experten und entscheiden dann. Das ist das Schwierigste, zu entscheiden. Es ist einfach, Dinge zu erzählen. Aber zu entscheiden, was die richtigen Maßnahmen sind, das - glaube ich - haben wir hier alle zusammen bewiesen.
- Sie ja auch, eine Zeit lang besser als heute. - Wir alle haben bewiesen, dass man am Ende Verantwortung übernehmen kann und mit diesen Maßnahmen auch richtige Lösungen findet.
Vielen Dank, lieber Kollege. - Hinter jeder Statistik stehen Menschen. Das sollten wir nicht vergessen.
Je nachdem, welche Studien man sich anschaut, haben wir bei Kindern Long-Covid-Prozente von eins bis vier. Das hört sich zunächst nicht so schlimm an. Wenn wir das als eine normale Zahl der Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein nehmen, dann kommen Sie zumindest auf eine relativ hohe Zahl an potenziellen Gefährdungen, wobei das Zahlen sind, die sich auf die vorherigen Infektionszahlen beziehen können. Was spricht dagegen, die Eltern an dieser Abwägungsentscheidung, auf der einen Seite, was das Beste für die Bildung, die soziale Integration ihres Kindes, und auf der anderen Seite, was das Beste für seine Gesundheit ist, die die Eltern am besten kennen, zu beteiligen? Man kann zum Beispiel auch eine Vorerkrankung aus einer Erstinfektion haben. Es ist ein hohes Risiko, diese Entscheidung in die Hände der Eltern zu geben, ob sie ihr Kind in die Schule schicken oder nicht.
Was spricht dagegen, diese Entscheidung in die Hände der Eltern zu geben, inklusive der eben von der Fraktionsvorsitzenden der Grünen eingeworfenen alleinerziehenden Krankenschwester?
Sie haben gerade ein Beispiel genannt, bei dem wir geregelt haben, dass eine Befreiung von der Schule am Ende auch möglich ist, wenn jemand eine Vorerkrankung hat. Wir haben eine sehr gute Handreichung, in der wir erklären, unter welchen Rahmenbedingungen das am Ende sehr sinnvoll ist. Übri
gens wurde das auch von Experten entsprechend diskutiert, dass, wenn Kinder eine Vorerkrankung haben, wenn man ein Elternhaus hat, in dem es eine Vorerkrankung gab, selbstverständlich eine Befreiung vom Schulunterricht möglich ist. Aber ich sage Ihnen auch sehr deutlich: Die Schulpflicht ist ein hoher Wert. Bildung ist ein hoher Wert. Das müssen wir sehr genau abwägen. Ich glaube, dass wir das mit der Handreichung sehr richtig tun.
Können Sie sich vorstellen, dass es bei Eltern, die solche Sorgen haben, nicht nur um Panik geht - das Wort haben Sie selbst benutzt - und auch nicht darum, dass ein Kind eine direkte Vorerkrankung hat, aber eine gewisse Last aus zum Beispiel einer RS-Erkrankung mitbringt und dass es dann auch nicht zumutbar ist, sich vier bis fünf Jahre später auf den Weg zu begeben, um sich ärztliche Atteste zu holen, damit man sich dann in diesen Zeiten von der Schulpflicht befreien lassen kann? Das wäre der Weg, den Sie vorgeschlagen haben.
Glauben Sie mir, eine Vorschädigung durch RS oder eine verschleppte Bronchitis haben mehr Kinder, als Sie sich vielleicht vorstellen
können. Sie verlegen die Nachweispflicht hier ziemlich eindeutig auf die besorgten Eltern. Wenn ich Sie richtig verstanden habe ich hoffe, ich habe sie nicht falsch verstanden -, glauben Sie, dass dahinter Panik steht. Da kann ich nicht mitgehen. Ich habe hier immer den Schulbesuch verteidigt.
Sie haben mich falsch verstanden. Ich habe versucht darzustellen, dass es einen klaren Regelungsrahmen mit der Handreichung gibt. Wir glauben, dass wir eine Maßnahme abgewogen haben und da, wo es notwendig ist, es auch möglich machen, eine Schulbefreiung zu erteilen. Das ist, glaube ich, der richtige Weg, immer wieder anhand der Infektionslage, der Entwicklung zu entscheiden, was möglich ist. Das tun wir auch bei dem Thema Schulbefreiung. Danke sehr, Herr Dolgner.
Ich möchte gern daran anschließen. Ich verstehe, dass die Verlockung der Opposition, daraus Kapital zu schlagen, sehr groß ist.
- Ja, das müssen Sie sich anhören. Ich erspare Ihnen übrigens auch den Vergleich mit Ralf Stegner, sehr geehrte Serpil Midyatli, für diesen Moment, aber ich rufe Sie auf: Überprüfen Sie selbst, und schauen Sie in andere SPD-geführte Bundesländer, ob Ihre Äußerungen und Anträge pure Oppositionsrhetorik sind oder ob es Ihnen um das beste Coronamanagement für Schleswig-Holstein geht! Das müssen Sie sich fragen.
Wir haben in den Schulen ein Testregime eingeführt. Mittlerweile wird an unseren Schulen dreimal in der Woche getestet; das sorgt für eine große Sicherheit. Aber wir testen nicht nur, sondern wir haben auch ein landesweites Monitoring, ein Dashboard, das uns fast tagesaktuell Informationen über die Lage an unseren Schulen gibt und das wir transparent für jeden offenlegen. Jeder kann sich angucken, wie das Infektionsgeschehen an unseren Schulen ist - Stichwort Coronamanagement. Auch deshalb wissen wir, dass unsere Schulen heute keine Infektionstreiber sind.
Es gibt in unseren Schulen mittlerweile eine gute Routine, mit diesem Testregime und weiteren Maßnahmen umzugehen. Deshalb warne ich auch hier noch einmal davor, diese Routine leichtfertig zu ändern. PCR-Pooltestungen, wie Sie sie vorschlagen,
klingen im ersten Moment wie eine gute Idee, sind am Ende in der Umsetzung aber viel schwieriger, weil zum Beispiel das Ergebnis nicht gleich vorliegt. Hinzu kommt - das haben Sie am Anfang selbst angesprochen -, dass die Kapazitäten der PCR-Testung begrenzt sind. Gerade deshalb fordert ja auch Ihr eigener SPD-Bundesgesundheitsminister, PCR-Testungen nur noch bei bestimmten Gruppen durchzuführen. Ihre Idee ist deshalb überholt. Wir haben ein gutes und funktionierendes Testregime, das wir auch nicht zu verändern brauchen.
Wir bereiten uns auch vor. Dafür bringen wir - es gibt ja auch Gemeinsamkeiten - in dieser Plenarsitzung fraktionsübergreifend, das heißt alle Fraktionen und der SSW, wieder eine Änderung des Schulgesetzes auf den Weg. Dabei geht es darum, dass wir in jedem Fall und bei jedem Verlauf der Pandemie die Abschlussprüfungen durchführen, aber vor allem Abschlusszeugnisse vergeben können.
Ich wünsche mir sehr, dass dieses Gesetz, das wir hier auf den Weg bringen, überhaupt nicht gebraucht wird - das ist, glaube ich, das größte gemeinsame Ziel, das wir haben. Noch mehr wünsche ich mir übrigens auch, dass wieder Abschlussbälle und Schulentlassungsfeiern stattfinden können, denn das ist am Ende einer Schulzeit ein sehr entscheidender Punkt. Wir sind aber mit dieser Schulgesetzänderung eben auch auf andere Situationen vorbereitet.
Ein weiterer Punkt ist das Impfen. Wir wissen alle, dass das Impfen der beste Weg aus der Pandemie ist. Deshalb haben das Sozial- und das Bildungsministerium sofort reagiert, als es möglich war, an Schulen Impfungen durchzuführen. Wir haben - im Vergleich zu anderen Bundesländern - den Mut gehabt, an die Schulen zu gehen und dort vor Ort zu impfen. Im Ergebnis gibt uns die Impfquote recht: 78,5 % der Kinder im Alter zwischen 12 und 17 Jahren sind in unserem Bundesland mindestens einmal geimpft - das ist ein absoluter Spitzenwert, den Schleswig-Holstein dort hat.
Nur zum Vergleich: Der Schnitt liegt bei 63 %, und es gibt Bundesländer, die deutlich darunterliegen. Im nächsten Schritt geht es darum, genauso das Boostern mit Impfaktionen an den Schulen durchzuführen. Das ist etwas, das das Sozial- und Bildungsministerium auch schon vorbereiten und ein ganz wichtiger nächster Schritt. Insgesamt ist das ein großer Erfolg von Schleswig-Holstein im Kampf gegen die Pandemie. Das zeigt noch einmal,