Protocol of the Session on January 27, 2022

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(Beifall SPD und SSW)

Frau Ministerin Prien, wenn es nach drei Wochen in aller Klarheit vor Ihren brillanten Augen stand, warum sind wir dann erst jetzt am Ende der Legislaturperiode dabei, eine Allianz für Lehrkräftebildung zu beschließen? Was haben Sie denn all die Jahre dazwischen gemacht?

(Beifall SPD und SSW)

Es stimmt ja auch schlicht nicht. Es ist nachvollziehbar, dass zum Beispiel die Bemühungen um Quer- und Seiteneinstieg in der letzten Legislaturperiode hochgefahren wurden. Es ist nachvollziehbar, dass das Thema Lehrkräfte in Ausbildung eines war, das uns umgetrieben hat. Ja, die Vorgängerkoalition hat zwischendurch einen Fehler gemacht: Sie hat die Zahl der Lehrkräfte in Ausbildung redu

(Ministerin Karin Prien)

ziert, nicht aber die Zahl der Plätze, die Zahl der Abgänger. Hintergrund war ein vorher beschlossenes Verkürzen des Referendariats auf eineinhalb Jahre. Wenn das Referendariat nur noch eineinhalb Jahre statt zwei Jahre dauert, habe ich mehr Absolventinnen und Absolventen. Wir hatten das zunächst so angepasst, dass die Zahl der Absolventinnen und Absolventen gleichbleibt, und haben hinterher gesehen, dass das ein Fehler war, und das wieder angepasst - was letztlich auch ein Beweis dafür ist, dass das ein wichtiges Thema war.

Und wir haben ein Lehrkräftebildungsgesetz beschlossen, das in Schleswig-Holstein erstmals alle drei Phasen der Lehrkräftebildung zusammengefasst hat und auf das Problem, dass wir zu viele Gymnasiallehrkräfte und zu wenig Gemeinschaftsschullehrkräfte haben, unter anderem dadurch reagiert hat, dass wir die Ausbildung zusammengelegt und gesagt haben: Wir bilden Lehrkräfte für Gemeinschaftsschulen und Gymnasien aus. - Eine Ihrer ersten Maßnahmen war, das wieder auseinanderzurupfen, und jetzt beklagen Sie sich, dass wir zu viele Gymnasial- und zu wenig Gemeinschaftsschullehrkräfte haben.

(Beifall SPD und SSW)

Ich unterschreibe alles, was Sie zur schwierigen Beziehung der Hochschulen untereinander gesagt haben. Fragen Sie einmal Ihren Ministerpräsidenten, was der möglicherweise dazu beigetragen hat, die Hochschulen gegeneinander aufzuhetzen, als wir über das Lehrkräftebildungsgesetz beraten haben!

(Beifall SPD und SSW)

Es ist lobenswert, dass Sie die Risse kitten, die Daniel Günther verursacht hat.

(Beifall SPD und SSW)

Ich habe bisher nicht nachvollzogen und von der FDP leider auch nichts dazu gehört, wieso es Ihnen gelungen ist, Bernd Buchholz und das Wirtschaftsministerium aus der Allianz für Lehrkräftebildung fernzuhalten. Ich weiß nicht, ob das der FDP noch nicht aufgefallen ist. Uns ist die berufliche Bildung wichtig; wir finden es wichtig, alle betroffenen Institutionen und Ministerien dabei zu haben. Wir würden das in der nächsten Legislaturperiode so lösen, dass die berufliche Bildung wieder heimkommt. Falls das nicht der Fall sein sollte, bitte ich Sie, das zu überarbeiten.

Dass wir Schwierigkeiten haben, an manchen Gemeinschaftsschulen Lehrkräfte einzustellen, ist schon angesprochen worden. Wir haben nichts darüber gehört, dass es zwischendurch eine dubiose

Regelung aus Ihrem Hause gegeben zu haben schien, dass Gemeinschaftsschulen gar nicht beliebig viele Gymnasiallehrkräfte einstellen durften. Ich habe gehört, dass Sie das kurzfristig korrigiert haben - Gott sei Dank. Aber auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Frau Kollegin Strehlau, Schwierigkeiten in der Ausbildung, im Referendariat könnte man im Ministerium mit einem Fehlerstrich lösen; dafür brauchen Sie keine Lehrkräftebildungsallianz.

Schön, dass Sie gegen Ende der Legislaturperiode so viele Probleme ansprechen. Vielleicht schaffen Sie es ja noch, das eine oder andere zu lösen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat der Abgeordnete Tobias von der Heide.

Sehr geehrter Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe versucht, in meiner Rede deutlich zu machen, dass es uns allen gut zu Gesicht stehen würde, bei dem Thema etwas mehr Demut zu zeigen und uns ein bisschen zu mäßigen.

(Zurufe SPD: Dann mal los!)

- Ja. Ich habe das - Kai Vogel hat mich dafür kritisiert - auch in der Runde des Offenen Kanals gesagt: Eigentlich ist die Situation, in der wir uns befinden, auf ein Politikversagen zurückzuführen, an dem wir alle mitgewirkt haben. Denn wir waren nicht in der Lage - wir hatten nicht die entsprechenden Zahlen, wir haben sie uns vielleicht nicht richtig angeguckt -, wir haben es nicht zustande gebracht, die Ausbildungszahlen an den Hochschulen mit den Bedarfen zusammenzubringen. Das ist etwas, bei dem wir alle - die Ministerin hat es gesagt -, über die Zeit Verantwortung tragen, weil die Lehrkräftebildung sieben Jahre dauert, was eine irre lange Zeit ist.

Wenn Sie jetzt sagen, wir fingen am Ende der Legislaturperiode an, uns um das Thema zu kümmern - ich habe mir den Vorwurf schon gedacht -, stimmt das nicht. Denn der erste Schritt war, dass man mit einem Lehrkräftebedarfsprognosetool überhaupt erst einmal angefangen hat, eine Grundlage zu schaffen, mit Zahlen über dieses Thema anständig zu sprechen, sodass man sagen kann: Okay, uns fehlen an der Grundschule 1.000 Lehrkräfte, an der Gemeinschaftsschule 2.000 Lehrkräfte und am

(Martin Habersaat)

Gymnasium hat man bis 2030 1.500 Lehrkräfte zu viel in der Ausbildung. - Das sind Zahlen, die ganz wichtig sind, um mit den Hochschulen in diesen Dialog zu kommen.

Zu Ihrem Lehrkräftebildungsgesetz - vielleicht ist das auch ein Fehler der CDU-Fraktion in der Debatte gewesen -: Da haben wir doch nur darüber diskutiert, wie Lehrkräfteausbildungen mit bestimmten Schularten zusammenzubringen sind.

(Zuruf: Sie haben darüber nur diskutiert!)

- Nein, Sie auch. Sie brauchen sich da gar nicht zurückzuhalten. - Die Anzahl und die Frage: „Um wie viele Lehrkräfte geht es am Ende?“, ist doch eigentlich die entscheidende, die wir jetzt sehen müssen. Darum müssen wir uns kümmern, und um das zu tun, ist diese Allianz in dieser Struktur so wichtig.

Das sage ich Ihnen auch - Frau Waldinger-Thiering hat es gesagt -: Es gab die Struktur im Lehrkräftebildungsgesetz, dass es Gremien gab, die sich damit beschäftigt haben. Diese Gremien haben offensichtlich versagt - deswegen der Schritt, den wir jetzt gehen, mit einem Vorstand, mit der Möglichkeit, nicht nur politisch zu diskutieren, sondern auch wissenschaftlich zu diskutieren, wobei - die Ministerin hat es gerade gesagt - Frau Parchmann, eine der anerkanntesten Wissenschaftlerinnen, Unterstützung in diesem Prozess leistet und ein Kuratorium, in dem alle drum herum sind. Die Chance ist, alle diese Meinungen zusammenzuführen und dann gute Lösungen zu finden. Das ist doch eine positive Entwicklung in dieser Frage, die jeder nur unterstützen kann.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Beifall Ole-Christopher Plam- beck [CDU])

Herr Abgeordneter von der Heide, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Habersaat?

Selbstverständlich gestatte ich diese Bemerkung. Ich bin schon ganz gespannt.

Vielen Dank, Herr Kollege von der Heide. - Meine Frage ist, ob Sie vielleicht einmal ausführen mögen, inwiefern denn das Begleitgremium, das im Lehrkräftebildungsgesetz verankert war, versagt hat und welche Bemühungen es von

seiten der Koalition gab, diesem Gremium zu einer erfolgreichen Arbeit zu verhelfen.

War es beispielsweise so, dass Sie immer wieder eingeladen haben, und die sind nicht gekommen? Haben Sie immer wieder eingeladen, und die haben schlecht gearbeitet? Haben Sie immer wieder eingeladen, und die haben aus Ihrer Sicht in die falsche Richtung gearbeitet? Was ist denn da schiefgelaufen?

- Das kann ich Ihnen nicht im Detail sagen, aber es ist offensichtlich, dass die Koordinierung zwischen Hochschule und den verschiedenen Stufen der Lehramtsausbildung und der Landesregierung nicht so funktioniert hat, dass wir dort strukturell eine Veränderung hätten, um die Probleme zu lösen. Das, was Herr Klemm in seinem Gutachten schreibt - wovon Sie ja sagen: „Das ist der richtige Weg“ -, am Ende politisch zu beantworten, ist nicht gelungen.

Deshalb ist eine neue Struktur - ich habe es gerade aufgezeigt, mit wie viel Facetten an dem Thema gearbeitet wird - viel klüger und, ich hoffe - das wissen wir heute ja nicht -, am Ende erfolgreicher.

(Vereinzelter Beifall CDU und Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage nur noch zum Abschluss: Wir alle gemeinsam haben dieses Thema erkannt. Wir haben viele Maßnahmen in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht. Ein Thema, das uns eint, ist zum Beispiel A 13, wo wir Lehrkräfte jetzt gleich vergüten, besolden - was wir alle wollen, um den Lehrerberuf attraktiv zu machen.

Jetzt wird es entscheidend sein, dieses Thema zwischen Hochschule, Landesregierung und anderen zu diskutieren. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Prozess sehr positiv begleiten würden. - Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat die Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering.

Vielen Dank, Herr Landtagspräsident. - Ich muss noch einmal etwas geraderücken. Frau Prien, Sie haben mich eben für das, was ich in meiner Rede gesagt habe, kritisiert. Ich habe aber nur den Finger in die Wunde gelegt.

(Tobias von der Heide)

(Beifall Beate Raudies [SPD])

Wir alle gemeinsam - das hat auch Tobias von der Heide gesagt -, die in irgendeiner Art und Weise Regierungsverantwortung gehabt haben - die haben wir als Küstenkoalition gehabt -, mussten erst einmal dafür Sorge tragen, dass wir überhaupt wieder mehr Lehrkräfte in das System reingeben konnten, weil wir nämlich eine Schuldenbremse hatten. Wir haben den Grundstein gelegt; wir haben angefangen.

(Dennys Bornhöft [FDP]: Die haben wir im- mer noch! Wir haben immer noch eine Schuldenbremse!)

- Die hatten wir, und die haben wir immer noch. Wir haben erst einmal auffüllen müssen. Da macht man sich irgendwann Gedanken darüber: Wo sind die Löcher, die noch zu stopfen sind?

Ich hoffe, wenn diese Allianz für Lehrkräftebildung tatsächlich noch vor Ende der Legislaturperiode anfangen kann, dass auch unbequeme Themen angesprochen werden, nämlich die Unterrichtsverpflichtung. Wieso entscheiden sich überhaupt so viele Lehrkräfte für den gymnasialen Zweig? - Ganz klar: Die Kinder sind groß, die Unterrichtsverpflichtung ist geringer, als wenn ich in die Grundschule ginge.

Kaere venner, wenn ich die Löcher stopfen können will, muss ich an die Unterrichtsverpflichtung ran. Dann muss ich an die Arbeitssituation der Lehrkräfte ran. Das ist ein unbequemes Thema; das wird am Ende des Tages auch Geld kosten. Aber ich gehe davon aus, dass die Allianz für Lehrkräftebildung genau das auf die Tagesordnung setzt. Das muss nämlich miteinander diskutiert werden.