Protocol of the Session on March 24, 2022

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(Beifall SSW)

Dies könnten die Kommunen übernehmen und somit für die Betroffenen das Leben wieder lebenswert machen. Jetzt sind den Kommunen aber die Hände gebunden, und die Menschen haben kaum eine Chance, solchen unzumutbaren Wohnbedingungen zu entfliehen, und das nur, weil sich die Jamaika-Koalition bisher einem Wohnraumschutzgesetz verschlossen hat. So werden die Leute alleingelassen. Das kann es doch nun wirklich nicht sein.

Was wir auch dringend brauchen, ist die Möglichkeit, eine Fehlbelegungsabgabe zu erheben, wenn gut situierte Menschen in Sozialwohnungen leben. Mit den gewonnenen Einnahmen können dann zusätzliche Sozialwohnungen geschaffen werden. So würde der Wohnungsmarkt entlastet und gleichzeitig auch ein bisschen mehr soziale Gerechtigkeit am Wohnungsmarkt geschaffen. Wir haben das vorgeschlagen, und Jamaika hat es abgelehnt. Das Nachsehen haben die, die dringend auf günstigen Sozialwohnraum angewiesen sind.

Zudem braucht es weitere Maßnahmen, um den Mietenanstieg zu stoppen, auch für Mietobjekte ohne Sozialbindung. Wir fordern eine Mietpreisbremse. Sie wirkt als Linderungsmaßnahme bei Umzügen und Wiedervermietung. Hier muss es klare Regeln geben, was den Mietpreis angeht.

Eine weitere Maßnahme, die über den Wechsel von Mietern hinausgeht, ist die Kappungsgrenze. Sie schreibt vor, dass Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren maximal 15 % betragen dürfen. Derzeit können es bis zu 20 % sein. Wer kann das eigentlich noch bezahlen?

Über die Einführung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenze kann man nicht ernsthaft noch diskutieren wollen. Beides muss kommen, und zwar schnell.

(Beifall SSW und Serpil Midyatli [SPD])

Das Glück, endlich eine passende, preiswerte Wohnung gefunden zu haben, verkehrt sich schnell ins Gegenteil, wenn erst einmal jede Menge Mieterhöhungen aufgelaufen sind. So etwas ist unerträglich für die vielen Menschen im Land, die aufgrund ihrer hohen Mieten jeden Euro zweimal umdrehen müssen.

Insbesondere die Schwächsten haben von der Landesregierung bisher wenig bis gar nichts zu erwarten. In den vergangenen fünf Jahren ist nicht viel passiert. Dabei drängt die Zeit. Wohnen lässt sich nicht aufschieben. Die Menschen in SchleswigHolstein brauchen jetzt bezahlbaren Wohnraum und eine faire Chance auf dem Wohnungsmarkt.

Es braucht genau die eben beschriebenen vielschichtigen Maßnahmen, um schnell für spürbare Entspannung zu sorgen. Lassen Sie uns deshalb schnell einen Beschluss fassen, damit die Mieten in Schleswig-Holstein wirklich noch bezahlbar bleiben.

(Beifall SSW und Serpil Midyatli [SPD])

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Peter Lehnert das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Harms, vielen Dank für Ihren Antrag, gibt er uns doch die Gelegenheit, heute erneut über die ausreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum in Schleswig-Holstein zu diskutieren. Dabei sehen wir durchaus auch den Staat in der Verpflichtung, die Kosten für Mieten, aber vor allen Dingen die explodierenden Mietnebenkosten auf einem akzeptablen Niveau zu halten. Dazu hatten wir ja eben gerade die ausführliche Debatte.

Hierfür ist es allerdings dringend erforderlich, dass sich die neue Bundesregierung in Berlin endlich darauf verständigt, für alle Haushalte die Bezugspreise für Heizen und Strom von überhöhten staatlichen Steuern und Abgaben zu entlasten. Die von Ihnen in Ihrem Antrag aufgeführten Maßnahmen dienen diesem Ziel in keiner Weise und haben schon in der Vergangenheit bewiesen, dass hiermit nicht die erhofften Ziele erreicht werden. Vor allen Dingen stellen sie, wie von Ihnen gewünscht, keine unbürokratischen Maßnahmen dar, sondern sind vielmehr aus der Mottenkiste staatlicher Regierungsfantasien entnommen.

(Lars Harms)

Ich möchte noch kurz den inzwischen eingegangenen Alternativantrag der Sozialdemokraten erwähnen. Kollegin Ünsal, ich finde es sehr gut, dass Sie jetzt erkannt haben, dass nur durch den Neubau von Wohnraum wirksam die Wohnungsknappheit bekämpft werden kann. Da hat die Legislaturperiode durchaus Wirkung gezeigt. Es ist schön, dass wir wenigstens in diesem Punkt schon einmal Einigkeit erzielt haben. Auf den Punkt eins, Mietpreisbremse, brauche ich nicht einzugehen. Ich habe eben schon erklärt, warum wir dagegen sind. Bei der Grunderwerbsteuer für Familien im Ersterwerb wollen Sie, dass diese abgesenkt wird. Da gehen wir als Union weiter. Wir wollen, dass sie für den Ersterwerb abgeschafft wird. Es soll also beim Ersterwerb eine Befreiung von Familien von der Grunderwerbsteuer geben.

Punkt drei lehnen wir auch ab. Die Debatte haben wir hier schon geführt.

Zu Punkt vier wird, denke ich, die Innenministerin gleich etwas sagen. Das ist die Unterstützung der Städte und Gemeinden bei der Erstellung von Mietspiegeln. Soweit ich weiß, gibt es erste Vorbereitungen im Innenministerium, um das entsprechend zu unterstützen.

Zu Punkt fünf, Wohngeld: Auch wir wollen es erhöhen und anpassen. Ich verweise auf die Energiedebatte, die wir eben hatten. Das erfolgt bereits im Rahmen der kommunalen Beratung von Wohngeldempfängern.

Wir benötigen, wie bereits in dieser Wahlperiode durch die erfolgreiche Wohnungsbaupolitik unserer Landesregierung unter Beweis gestellt wurde, weiterhin umfangreichen zusätzlichen Wohnungsbau.

Seitdem Jamaika regiert, werden nicht nur jedes Jahr mehr Baugenehmigungen erteilt, sondern es wird erfreulicherweise immer mehr gebaut. Ich bin an dieser Stelle sehr dankbar dafür, dass sich unsere Landesregierung in dieser herausragenden Art und Weise dieser Herausforderung annimmt und mit Hilfe der Bundesregierung erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, um das Wohnraumangebot, insbesondere von bezahlbarem Wohnraum in Schleswig-Holstein, weiter deutlich auszubauen.

Für den gesamten Wohnungsmarkt ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Zahl der Baufertigstellungen weiterhin hoch bleibt, denn nur ein ausreichender Neubau in allen Wohnungsbausegmenten kann zu einer Stabilisierung des Mietniveaus führen. Deshalb haben wir auch neben dem geförderten Mietwohnungsbau in Rekordhöhe weitere ergänzende Instrumente zur Abdeckung der

steigenden Wohnraumnachfrage eingeführt. Bereits bestehende, aber ungenutzte Immobilien können nun auch verstärkt als Wohnraum nutzbar gemacht werden. Außerdem haben wir den möglichen Ausbau von Dachgeschossen zu Wohnungen deutlich erleichtert.

Wir werden weiterhin alle Möglichkeiten nutzen, im Rahmen der Landesbauordnung Nachverdichtung zu ermöglichen. Innerhalb bereits bestehender Siedlungsgebiete sollen dadurch mögliche Entwicklungspotenziale auch konsequent für den Wohnungsbau genutzt werden. Damit erreichen wir eine bessere Auslastung der bestehenden Infrastruktur und vermeiden zugleich eine übermäßige Flächenversiegelung.

Wir sehen, unsere Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen kümmern sich umfassend und zeitnah um den Wohnungsbau in Schleswig-Holstein.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden auch weiterhin in enger Abstimmung mit der privaten Wohnungswirtschaft, den vielen in Schleswig-Holstein aktiven Wohnungsbaugenossenschaften und der kommunalen Ebene die Herausforderungen aktiv angehen und umfassende Lösungen anbieten. Ich weiß aus meiner persönlichen Erfahrung als ehrenamtlicher Kommunalpolitiker, welch entscheidende Rolle private Eigentümer insbesondere bei der Herausforderung im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen spielen, wie wir das gerade im Augenblick wieder erleben. Ohne dieses Engagement wäre es nicht möglich gewesen, so viele zusätzliche Wohnraumangebote zu schaffen. Damit übernehmen private Vermieter wieder einmal in vorbildlicher Art und Weise soziale Verantwortung in unserem Land.

Während wir noch in den Jahren 2012 bis 2016 nur circa 12.500 Neubaugenehmigungen verzeichnen konnten, ist deren Anteil seit 2017 kontinuierlich auf zuletzt 16.500 im Jahr 2020 angestiegen. Damit übertreffen wir bei Weitem die anvisierten Neubauziele aus dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Zusätzlich zu der Förderkulisse von über 900 Millionen € für die Schaffung zusätzlichen bezahlbaren Wohnraums sollten wir auch die angekündigten Mittel aus Berlin ausschöpfen.

Engstellen bei der Beschaffung zusätzlichen Wohnraums bleiben leider zum einen die teilweise mangelnde Ausweisung ausreichender Bauflächen in einigen Kommunen wie zum Beispiel in Kiel und zum anderen die weiterhin sehr angespannte Lage

(Peter Lehnert)

bei den Baugewerken, die von Lieferengpässen und dramatisch steigenden Materialkosten gekennzeichnet ist.

Trotz dieser Herausforderungen ist und bleibt die Wohnungsbaupolitik der Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein eine Erfolgsgeschichte. Diese erfolgreiche Arbeit wollen wir auch in der kommenden Wahlperiode gemeinsam weiter aktiv voranbringen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Özlem Ünsal das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich Lars Harms und dem SSW für den Antrag und vor allem die wichtige Debatte danken, die wir heute dazu führen können, denn das Thema bezahlbares Wohnen bleibt auch heute in seiner Aktualität unübertroffen. Darin sind wir uns, so glaube ich, mit dem SSW einig, auch wenn wir nicht alle im Antrag genannten Maßnahmen eins zu eins teilen. Deshalb liegt dieser Alternativantrag vor.

Eines ist aber klar: Die letzten fünf Jahre waren für den Mieterschutz in Schleswig-Holstein keine wirklichen Jubeljahre. Sie als Koalition haben das soziale Thema vom ersten Tag an nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit und als Ihr prioritäres Thema angefasst und damit leider viele Mieterinnen und Mieter in unserem Bundesland im Stich gelassen - nicht nur, weil die zentrale politische Maßnahme von Jamaika im Land die Abschaffung der Mietpreisbremse und der Kappungsgrenze war; ohne Not, ohne Grund und als erstes Bundesland.

(Beifall SPD)

Aber, seien Sie gewiss: Als SPD werden wir diese Fehlentscheidung sofort korrigieren, wenn wir das können, und diese wieder dort einführen, wo sie dringend gebraucht wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden dabei auch die bundesrechtlichen Möglichkeiten der Absenkung der Kappungsgrenze wieder voll ausschöpfen.

(Beifall Thomas Hölck [SPD])

- Das machen wir! Damit nicht genug: Ich erinnere Sie, Sie haben es trotz einer breiten zivilgesellschaftlich getragenen Volksinitiative mit 40.000 Unterschriften für den bezahlbaren Wohnungsbau

geschafft und tatsächlich ernsthaft daran geglaubt, dass sich allein die Regelungskräfte des freien Marktes durchsetzen und der Druck von allein auflöst.

Das Gegenteil ist eingetreten. Der Druck wächst gewaltig und droht aus unserer Sicht, zum sozialen Pulverfass zu werden, einmal mehr gerade aufgrund der aktuellen Entwicklung. Vor allem haben wir Haltung, da muss ich in die Richtung der grünen Kollegen gucken, und ein klares Bekenntnis bei Ihnen, bei euch vermisst: Auf der einen Seite den Bund kritisieren, dass die Mietpreisbremse zu schwach sei, und sie auf der anderen Seite hier in Schleswig-Holstein einfach kurz und schmerzlos abschaffen - das geht irgendwie nicht wirklich zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Immerhin - das nehme ich positiv zur Kenntnis wollen Sie diese jetzt laut Ihrem Wahlprogramm wieder einführen. Liebe grüne Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen: Das wird nur gemeinsam mit der SPD funktionieren. Leider musste Jamaika zu allem, was bisher Positives in unserem Bundesland fertiggebracht wurde, sprichwörtlich getragen werden - vom Bund durch mehr Geld, vom Land und durch unseren Druck mit mehr Geld.

(Zuruf)

- Wir können darüber auch noch intensiver diskutieren, lieber Kollege, denn ich erinnere Sie: Die letzten Erhöhungen der Zuschüsse im sozialen Wohnungsbau und die Mittel für den Baulandfonds, den es leider immer noch nicht real gibt, gäbe es ohne die SPD in Schleswig-Holstein nicht.

(Beifall SPD)

Das mag Ihnen nicht gefallen, aber so sieht es aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, und an weiteren Initiativen, wie dem Thema dringend politisch begegnet werden muss, hat es in Schleswig-Holstein auch nicht gemangelt. Schauen wir in die Unterlagen, wie viele Anträge wir dazu gestellt haben: Wohnraumschutz, Mieterschutz, Zweckentfremdungsverbot und vieles mehr. Alles haben Sie abgelehnt.

Ich werde nicht müde, ich werde auch heute nicht müde, auch kurz vor Ende dieser fünf Jahre genau dies für meine Fraktion zu fordern. Immerhin fühlen Sie sich anscheinend als Koalitionäre aktuell getrieben, da einiges davon Eingang in Ihre Wahlprogramme gefunden hat. Das nehmen wir sehr wohl zur Kenntnis. Warum Sie aber als Regierende nicht die Chance ergriffen haben, in den letzten fünf Jahren genau diese Punkte, die Sie jetzt plötzlich in

(Peter Lehnert)