Vor dem eingangs beschriebenen Hintergrund der klaren Vereinbarung im Koalitionsvertrag und der deutlichen geopolitischen Entwicklung und Zielformulierung der Bundesregierung ist dieser Gesetzentwurf entstanden.
Lassen Sie mich kurz darüber sprechen, was der Gesetzentwurf konkret regelt, weil das in der öffentlichen Kommentierung zum Teil hin- und herging.
Erstens. Wir beschreiben und legen fest, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der Realisierung von Projekten der Energieversorgung besteht, aber auch - das ist nicht zu unterschätzen - an Projekten des Klimaschutzes und der Klimaanpassung für unsere Energiesicherheit.
Zweitens. Darüber hinaus steht im Gesetzentwurf der Wegfall der aufschiebenden Wirkung einer Klage. Das ist deshalb ein relevanter Baustein, weil wir gerade hier über Projekte sprechen, die nicht in der freien Fläche stattfinden, sondern in klar definierten Bereichen entlang der Kaikante, wo es vertretbar ist, dass die aufschiebende Wirkung wegfällt und eine zügige Realisierung von Projekten gerade unter dem Eindruck dessen, was ich eingangs beschrieben habe, stattfindet und nicht durch Klagen verhindert wird.
Drittens. Wir stellen fest, dass ein Bedarf besteht, dieses Terminal zu realisieren. Warum dieser Bedarf besteht, insbesondere vor dem Hintergrund der Energiesouveränität und der Energieunabhängigkeit von russischen Importen, habe ich eingangs erläutert.
Viertens - das ist ein relevanter Baustein -: Wir regeln mit dem Gesetzentwurf die abschnittsweise Zulassung und den vorzeitigen Beginn. Das heißt, Elemente dieses Realisierungsvorhabens können einzeln bereits zugelassen und begonnen werden, bevor das Gesamtverfahren zugelassen ist. Das machen wir insbesondere, weil dann bereits einzelne Projektbestandteile sauber abgearbeitet werden können, rechtlich sauber durchgeprüft sind und in die Realisierung, in Bau gehen können.
Fazit: Wir tun, was im Land vereinbart worden ist, und wir tun, was für den Bund notwendig ist. Wir beschleunigen Verfahren, ohne aber die Rechte der Bürgerinnen und Bürger oder Verbände zu beschränken. Das ist ganz entscheidend, das ist auch der Weg, den wir als Grüne mitgehen können; denn
es hätte auch eine ganze Reihe anderer Vorschläge gegeben, die auf dem Tisch lagen - von der Kürzung von Anhörungsfristen bis hin zu weiteren Einschränkungen -, die für uns eben nicht tragfähig und gangbar sind.
So schaffen wir Rechtssicherheit für die Realisierung von Projekten sowohl des LNG-Terminals als auch weitergehender Projekte im Bereich der Energiewende und des Klimaschutzes, von denen wir die große Hoffnung haben, dass sich weitere bei uns in Schleswig-Holstein - gegebenenfalls eben auch in Hafenlagen und an Kaikanten - ansiedeln. Wenn das alles gut und wirksam ist, ist es auch richtig, das Gesetz, das jetzt erst einmal bis 2024 befristet ist, in der kommenden Wahlperiode zu evaluieren und zu schauen: Was können wir daraus für Lehren ziehen?
Das ist der Kurs der Jamaika-Koalition. Ich freue mich über die breite Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf und über das zügige parlamentarische Verfahren, das trotzdem noch eine Anhörung in der heutigen Mittagspause ermöglicht. Ich freue mich auf die weitere Beratung. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine stellt uns in weiten Teilen der Versorgung vor bisher ungeahnte Herausforderungen. Die schrittweise Sanktionierung fossiler Rohstoffe aus Russland erfordert von uns ein energiepolitisches Umdenken. Dieser Krieg macht deutlich, wie sehr wir uns vom russischen Öl, Gas und auch von russischer Kohle abhängig gemacht haben. Daher ist es unbestritten, dass wir uns von den russischen Lieferungen unabhängig machen müssen.
Für den SSW sage ich ganz klar: Wir müssen raus aus der Abhängigkeit von russischem Gas. Lieferungen aus einem totalitären und kriegerischen Staat darf es für uns nicht länger geben.
Die Frage ist jedoch: Welchen Weg wollen wir dafür einschlagen, und was sind wir gewillt, im Gegenzug dafür aufzugeben?
Russisches Erdgas soll nun durch LNG ersetzt werden. Eine Lösung, die unser grüner Bundeswirtschaftsminister Habeck dafür ausgehandelt hat, ist der Bezug von LNG unter anderem aus Katar. Hier sage ich ganz deutlich: Wir begeben uns in eine neue Abhängigkeit von einem Land, das noch weit von unserem demokratischen Verständnis für Bürger- und Menschenrechte entfernt ist.
Auch der Bezug von LNG aus den USA ist aus unserer Sicht keine Lösung des Problems. Das verflüssigte Gas aus den USA wird durch Fracking gewonnen, eine Fördermethode, die wir in SchleswigHolstein aufgrund der enormen Risiken für Mensch und Umwelt zu Recht ausgeschlossen haben. LNG soll es nun richten, und damit werfen wir alle bisherigen Beschlüsse und Errungenschaften über Bord.
Ich sage ganz deutlich: LNG ist nicht die Lösung des Problems, LNG ist Teil des Problems. Wir werden nicht unabhängig von fossilen Rohstoffen, indem wir neue Gasinfrastrukturen aufbauen. Ein LNG-Terminal, das nun in Brunsbüttel aus dem Boden gestampft werden soll, wird nicht für zehn Jahre gebaut. Diese Gasinfrastruktur hat eine ökonomische Lebenszeit von 30 bis 50 Jahren. Damit überschreiten wir bei Weitem den Zeitpunkt, bis zu dem wir uns von fossilen Energieträgern verabschieden wollen. Die vom Bund angepeilte Klimaneutralität bis 2045 wird eindeutig gerissen und andere Ziele, die wir hier im Wahlkampf formuliert haben, erst recht.
Um dem LNG-Terminal in Brunsbüttel einen grünen Anstrich zu verleihen, spricht Jamaika von der perspektivischen - und soweit technisch sinnvoll Möglichkeit eines Multi-Energy-Terminals, das später auf Wasserstoff umgerüstet werden soll. Hierzu gibt es jedoch keinerlei konkrete Pläne. Die technische Machbarkeit wird zudem infrage gestellt - übrigens auch von den Betreibern. Der Bevölkerung wird somit Sand in die Augen gestreut, und der Gaslobby wird das Wort geredet.
Wir haben bereits ein europäisches Pipelinenetz, das den deutschen Markt mit LNG versorgt oder versorgen kann. Terminals in Rotterdam, Dünkirchen oder Zeebrugge haben Kapazitäten, die wir nutzen können und die sich ausbauen ließen. Darüber hinaus will der Bund über 2 Milliarden € für die Nutzung schwimmender Flüssiggasterminals ausgeben.
Wenn wir schon über LNG reden - meinetwegen reden müssen -, dann doch über solche Möglichkeiten, die eben nur für einen überschaubaren Zeitraum gedacht sind. Damit einhergehend brauchen
wir aber weiter klare Ausstiegsszenarien, um unsere Klimaziele einzuhalten. Alternativen zum vorliegenden Gesetzentwurf gibt es also. Man muss sie nur wollen.
Wann so ein Terminal in Brunsbüttel stehen könnte, darüber ist sich nicht einmal die Landesregierung einig. Wie teuer uns LNG kommen wir, ist derzeit auch nicht absehbar. 500 Millionen € über KfWMittel will der Bund allein für das Terminal in Brunsbüttel geben, 2,5 Milliarden € für die Tanker. Die Netzausbaumaßnahmen werden laut Deutscher Umwelthilfe auf 640 Millionen € geschätzt, die dann aber vom Verbraucher getragen werden sollen.
LNG wird am Markt teurer gehandelt als Erdgas. Die Umwandlung von Gas in flüssig, die Regasifizierung sowie der Transport machen LNG zusätzlich teuer. Die beim LNG entstehenden Vorkettenemissionen sind höher als beim Pipelinegas. In Anbetracht der steigenden CO2-Steuer werden für den Verbraucher hier zusätzliche Ausgaben entstehen; zahlen müssen dies am Ende des Tages der Steuerzahler und der Verbraucher. Gas wird dadurch immer teurer. Die, die vom Gas abhängig sind, werden die Rechnung für diesen vollkommen verkehrten Beschluss zahlen müssen, meine Damen und Herren.
Was nützt am Ende des Tages die Gassicherheit, wenn sich die Verbraucher diese nicht leisten können? Das gilt über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten, denn wir reden über 30 bis 50 Jahre 30 bis 50 Jahre werden wir teures Gas importieren und die Leute zahlen lassen.
- Das ist definitiv der falsche Weg. Anstatt das Geld in einem LNG-Terminal zu zementieren, liebe Frau von Kalben, sollte es besser genutzt werden, um Energieeffizienz und Energieeinsparungen voranzubringen, gerade in der Industrie.
(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das machen wir auch, aber zusätz- lich! - Weitere Zurufe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Verbraucher. Die erneuerbare Energie ist die kostengünstigste Energie, die wir haben, das haben wir immer gezeigt.
Das mit dem LNG-Terminal ist definitiv ein Schritt zurück in die Steinzeit; das braucht kein Mensch.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet. Herr Harms, Sie haben ja recht: LNG-Gas ist teurer als normales Pipelinegas - völlig richtig. Die Frage aber, wenn Sie sagen „Wir wollen kein russisches Gas mehr, wir wollen auch kein LNG-Gas“, ist: Wie wollen wir denn heizen?
Sie sagen immer: Da bauen wir noch ein paar Windmühlen, und dann ersetzen wird das. - Aber Windmühlen ersetzen kein Gas. Wir brauchen das Gas auch für die Grundstoffindustrie - das muss uns klar sein -, nicht nur zum Heizen, sondern daraus stellen wir auch noch ganz viele andere Sachen her.
Heizungen laufen auch nicht nur mit Wasserstoff. Die Experten sagen: 10 % bis maximal 15 % kann ich in das Erdgasnetz einleiten, aber ich kann die Heizung nicht nur mit Wasserstoff betreiben. Das funktioniert nicht.
Das hieße, dass wir alle dann mit Strom heizen müssten. Das wird mit Wärmepumpen auch nicht billiger. Sie wissen, was so eine Wärmepumpe kostet, und Sie wissen auch, dass Sie nicht alle Häuser auf eine Wärmepumpe umstellen können. Da brauchen Sie ganz andere Heizkörper, größere Flächen, Fußbodenheizungen. Sie müssen isolieren; ohne Isolieren klappt das nicht. Wir haben in SchleswigHolstein so einen alten Baubestand - mit reetgedeckten Häusern und so weiter -, dass es mit Wärmepumpentechnik nicht überall funktionieren wird. Das ist Ihnen auch klar.