Protocol of the Session on April 27, 2022

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(Beifall SPD, SSW und Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

insbesondere dann nicht, wenn es um die Vergleichbarkeit der Hochschulreife geht. In den schriftlichen Prüfungen der Kernfächer werden landesweit zentrale Aufgaben gestellt.

Wir als SSW sehen daher keine Höher- oder Minderwertigkeit der Hochschulreife zwischen Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe, beruflichen oder allgemeinbildenden Gymnasien. Mir kommt es manchmal so vor, als würden Sie in solchen Momenten etwas mit der Fachhochschulreife verwechseln. Aber Sie können sich sicher sein: Das Auswahlverfahren der Hochschulen findet an den Hochschulen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sehr genau statt. Da braucht es keine Abgeordneten, die die Entscheidung vorwegnehmen wollen.

Ich wundere mich auch noch aus einem anderen Grund: Die Handwerksverbände und -kammern werben doch selber händeringend auch um Abiturientinnen und Abiturienten als Auszubildende. Die sagen aber nicht: Wir nehmen nur die von Gemeinschaftsschulen. Also, warum schießen Sie da quer? Wir hatten zur beruflichen Orientierung ganz konsensuelle Gespräche im Bildungsausschuss, in denen wir uns - das war jedenfalls mein Eindruck auch mit dem Ministerium einig waren, dass das neue Gesamtkonzept für berufliche Orientierung an Schulen für die Gemeinschaftsschulen mit und ohne Oberstufe, die Gymnasien und die berufsbildenden Schulen sowie Regionalen Berufsbildungszentren in den Sekundarstufen I und II gelten soll, und zwar so, dass wir unsere Schülerinnen und Schüler wirklich darin unterstützen, das facettenreiche Spektrum an Lebenswegen kennenlernen zu können und informiert Entscheidungen zu treffen.

Unsere Schülerinnen und Schüler sollen in die Lage versetzt werden, ihre Ausbildung, ihr Studium und auch ihr weiteres Berufsleben erfolgreich zu gestalten. Deshalb braucht es an dieser Stelle ein Zeichen von der Politik, und zwar auch und besonders im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler, für die Gleichwertigkeit von Abschlüssen, für die möglichst freie Wahl von Lebenswegen und für bestmögliche Bildung für alle. Und deshalb freut es mich, dass Jamaika unserem gemeinsamen Antrag mit SPD und SSW zustimmen wird.

Ich möchte noch ein paar Sätze zu unseren PerspektivSchulen in Schleswig-Holstein sagen. Es ist gut, dass dieses Programm gekommen ist, und es muss in der nächsten Legislaturperiode verstetigt werden.

(Jette Waldinger-Thiering)

Denn alle Schulen im Land haben eine Perspektive. Diese zusätzliche Unterstützung, die die PerspektivSchulen bekommen, bedeutet auch, dass die Kinder, die jungen Menschen, dort eine Perspektive bekommen, die es ihnen ermöglicht, ein selbstständiges Leben zu führen. Das ist auch wichtig in einer Zukunft, die so unvorhersehbar ist, wie sie zurzeit ist.

Liebe Ines, du hast vorhin ganz viel gesagt, weshalb, wieso, warum wir keine größere Rückwärtsrolle in der Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode gemacht haben. Ich muss sagen: Ich habe manchmal hier gestanden und gesagt: Ines, es ist gut, dass ihr in der Koalition seid. Das wird schon etwas anders in der nächsten Legislaturperiode werden. Nichtsdestotrotz möchte ich mich heute bei euch allen, bei Ihnen allen bedanken,

(Zurufe Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

die im Bildungsausschuss tätig sind. Bei all den Diskussionen, die wir gehabt haben: Wenn es wirklich haarig wurde und wenn wir wirklich etwas erreichen wollten, dann konnten wir miteinander reden, und dann haben wir irgendwie einen Weg gefunden. Ansonsten hätten wir heute auch nicht noch einen gemeinsamen Antrag gemacht - bei der letzten Sitzung in dieser Legislaturperiode, ein paar Tage vor der Landtagswahl. Ich hoffe, dass wir vielleicht in der nächsten Legislaturperiode so weitermachen können, denn die Kinder sind unsere Zukunft. Ich glaube, da passt noch etwas, da geht noch etwas. I skal have tusind tak, und ich freue mich. Ines, dir wünsche ich alles Gute.

(Beifall SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Waldinger-Thiering. - Das Wort für den Zusammenschluss der Abgeordneten der AfD hat nun der Abgeordnete Volker Schnurrbusch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Coronamaßnahmen haben tief in das Leben unserer Kinder und Jugendlichen eingegriffen. Hinsichtlich ihrer Bildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten haben sie massiven Schaden erlitten, denn Kindheit und Jugend prägen das ganze Leben. Die Belastungen und Defizite, die durch die Coronamaßnahmen verursacht wurden, können wir mit der Plastizität des Gehirns, das heißt seiner Fä

higkeit, seine Funktion in Interaktionen mit der Umwelt anzupassen, wohl nur sehr begrenzt kompensieren.

Viele Kinder und Jugendliche haben psychosoziale Schäden davongetragen. Die lang anhaltenden Einschränkungen von dringend notwendigen sozialen Kontakten und die Erzeugung von Angst vor Kontakten mit anderen Menschen, selbst aus dem eigenen Umfeld, kann zu fundamentaler Lebensangst führen. Die COPSY-Studie des UKE, die wir hier schon mehrfach zitiert haben, hat die alarmierende Zahl von 29 % aller Kinder und Jugendlichen genannt, bei denen psychische Auffälligkeiten bestehen. Die Corona- und Lockdownpolitik hat dabei das Risiko erhöht, alte psychische Traumata bei depressiven Personen auszulösen oder neue entstehen zu lassen. Die davon Betroffenen sind sich vielleicht dessen gar nicht bewusst; wenn überhaupt, werden bei ihnen psychische Traumata als Depressionen diagnostiziert, aber mehr nicht. Hinzu kommen gerade auch bei Kindern und Jugendlichen Angststörungen bis hin zu Panikattacken, die dann zum Teil mit exzessivem Computerspiel, mit Drogen, mit Alkohol oder anderem kompensiert werden. Psychische Zwänge, wie zum Beispiel übertriebenes Händewaschen, werden verstärkt oder entstehen neu.

Diese Prozesse, die wir alle erlebt haben - indirekt oder direkt -, führen über kurz oder lang zu psychosomatisch erklärbaren chronischen Erkrankungen, die wiederum eine Abhängigkeit von Medikamenten erzeugen können oder sogar in die Isolation führen. Falsche Ernährung und zu wenig Bewegung rufen ohnehin schon seit Jahren bei Kindern und Jugendlichen Krankheitsbilder hervor, wie wir sie eher bei älteren Menschen vorfinden, zum Beispiel Diabetes. Dieser Trend wurde durch die Schulschließungen und die Sportverbote über Monate hinweg noch verstärkt. Die sozialpsychologischen Folgen sind gravierend, da das Nähe-Distanz-Verhalten sich erkennbar verändert und sogar zu Sozialphobien führen kann. Durch das ständige Tragen von Masken wird der Selbstausdruck des Einzelnen geschädigt, weil dieser für den Aufbau des Selbstbewusstseins von elementarer Bedeutung ist. Zwei Jahre soziale Isolation durch die Coronamaßnahmen können Bindungsprobleme erzeugen, die im schlimmsten Fall in Vereinsamung münden.

Ich bin sehr froh, dass dieser Antrag heute noch gestellt worden ist und dass jetzt Geld bereitgestellt wird. Deswegen werden wir dem Antrag zustimmen. Viel wichtiger als das Geld und dieser Antrag ist jedoch die Lehre, die wir alle aus dieser Corona

(Jette Waldinger-Thiering)

und Lockdownpolitik dieser Landesregierung ziehen müssen: Nie mehr Maskenzwang für Kinder und Jugendliche, kein Testzwang, keine Impfkampagne an Schulen, kein Lockdown, nie wieder Angst. Das sagen wir auch an dieser Stelle dem Bundesgesundheitsminister, der kaum einen Tag auslässt, ohne genau diese Angst wieder zu schüren. Der nächste Herbst kommt bestimmt, aber Schulschließungen darf es in diesem Land nicht wieder geben. - Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schnurrbusch. Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat jetzt der Abgeordnete Dr. Heiner Dunckel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nicht auf Beiträge der AfD zu reagieren, aber eins muss man vielleicht doch noch mal sagen, und das sage ich jetzt als Psychologe: Wir haben diese Maßnahmen ergriffen, um die Gesundheit der Kinder, der Jugendlichen, der Menschen in diesem Land zu schützen. Das war der Grund.

(Beifall SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW - Claus Schaffer [AfD]: Wir wissen heute, dass diese Maßnah- men falsch sind! - Weitere Zurufe AfD)

Insofern ist es Blödsinn, jetzt auf einmal, quasi aus diesen Maßnahmen, die psychosozialen Folgen abzuleiten. Natürlich gab es psychosoziale Folgen, aber viel dramatischer wäre es gewesen, wenn wir sie nicht durch diese Maßnahmen in ihrer Gesundheit geschützt hätten.

(Zuruf AfD: Das ist nicht wahr! Das stimmt nicht! Das ist eine Lüge!)

Aber nun zu den Anträgen. In der Tat: Wir brauchen mehr Schulpsychologinnen und Schulpsychologen. Wir brauchen mehr Schulsozialarbeit, und wir brauchen mehr Netzwerkarbeit, gerade auch der Akteure in den Schulen. Zum Beispiel, wenn ich daran denke: Lehrkräfte und Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter müssen mehr und besser zusammenarbeiten.

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen. Wenn es zu Krisen und manifesten Störungen von Kindern und Jugendlichen kommt, dann brau

chen wir auch mehr Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

Wir haben laut der Antwort auf unsere Kleine Anfrage in Schleswig-Holstein 117 Vollzeitäquivalente an Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten. Psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche und ihre Eltern müssen viele Wochen und Monate auf einen Therapieplatz warten. Das ist zu lang, wir brauchen also mehr Plätze, mehr Stellen, mehr Sitze für Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir brauchen mehr Ausbildungsstellen für sie, mehr Praxisstellen. Darauf müssen wir uns in Zukunft vorbereiten.

Lassen Sie mich nun anlässlich meiner vermutlich letzten Rede in diesem Hause noch ein paar Anmerkungen machen. Erving Goffman würde das Plenum vielleicht als Bühne bezeichnen - mit allen Überspitzungen, dramatischen Gestaltungen, Idealisierungen, Mystifizierungen und vielem mehr. Zu dieser Bühne gehört aber auch die Hinterbühne: Das sind die Ausschüsse, die Arbeitsgruppen, die Gespräche und Veranstaltungen, die vielen sachlichen, fachlichen Diskussionen und - das betone ich - auch die gemeinsamen Reisen, die den Horizont erweitern und es erlauben, Kolleginnen und Kollegen in einem ganz anderen Licht zu sehen und sie kennenzulernen. Deshalb Dank an die Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien für die kollegialen, fairen und freundlichen Diskussionen, auch wenn wir natürlich nicht immer einer Meinung waren und sind! Das soll ja auch so sein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Zur Hinterbühne gehören auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Referentinnen und Referenten, die Unterstützungskräfte, die Kolleginnen und Kollegen aus der Verwaltung, ohne die unsere Arbeit hier im Plenum nicht denkbar wäre. Herzlichen Dank an diese!

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich habe noch einen Wunsch: Für die Entwicklung einer Gesellschaft halte ich Wissenschaft und Forschung für essenziell. Ich würde mir wünschen, dass Sie ihnen in Zukunft noch mehr Aufmerksamkeit und eine bessere finanzielle Unterstützung gewähren.

(Volker Schnurrbusch)

In den letzten fünf Jahren habe ich viel gelernt, viele interessante Erfahrungen gemacht. Dafür möchte ich mich bedanken. Machen Sie es gut, bleiben Sie gesund, und lassen Sie uns weiter für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Frieden in einer demokratischen Gesellschaft kämpfen! - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW, vereinzelt CDU und FDP)

Das Wort erhält für einen weiteren Kurzbeitrag der Abgeordnete Schaffer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen! Vielen Dank für die Möglichkeit, hier kurz Stellung zu beziehen.

Zunächst einmal ist es richtig, die psychosozialen Folgen bei Kindern gerade in der Pandemie und auch bei den Kindern, die uns jetzt aufgrund der Ukrainekrise ereilen werden, aufzufangen, diese Kinder zu unterstützen, die Folgen zu beheben. Da müssen wir alles tun, was wir können; das ist vollkommen richtig.

Hier aber so zu tun, als seien insbesondere die Folgen der Coronapolitik - das ist der Lockdown, der die Kinder ganz besonders stark getroffen hat - ein einfaches Naturereignis, ist einfach nicht zutreffend.

(Beifall AfD)

Denn es ist nicht Corona, das die Kinder geschädigt hat, sondern es ist eine falsche Lockdown-Politik. Das kritisieren wir seit mehr als einem Jahr immer und immer wieder. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Gerade im zurückliegenden Jahr ist das immer häufiger auch für Sie hier klar erkennbar geworden. Wir haben hier immer wieder gefordert: Beenden Sie diese Maßnahmen, die insbesondere die Kinder am schärfsten treffen!

(Beifall Jörg Nobis [AfD])

Der Lockdown und die Schulschließungen waren falsch. Diese Erkenntnis ist heute State of the Art und hätte schon sehr viel früher zu Maßnahmen führen müssen.

Dass wir da jetzt Millionen Euro an Steuergeldern draufkippen müssen, um diese Schäden zu beheben, ist eine Folge Ihrer Coronapolitik, meine Damen und Herren. Das haben Sie zu verantworten. Das geht schlicht und ergreifend auf Ihr Konto. Da hätten wir schon eine Menge vermeiden können.

Was Sie hier jetzt tun, ist, dass Sie sich mit diesen Steuermillionen Absolution erteilen. Das macht mich einfach fassungslos und sprachlos. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.