Protocol of the Session on April 28, 2022

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(Beifall CDU und FDP)

Aufträge nur für die Guten! Frau Midyatli, beantworten Sie mir die einfache Frage: Wer sind die Bösen? Sind die Bösen die Unternehmen, die Handwerksbetriebe mit drei, vier Festangestellten, die sich die gesamten bürokratischen Aufwände nicht leisten wollen? Sind das die Bösen?

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

Dazu gibt es von Ihnen - Herr Hölck war im Offenen Kanal nicht bereit, diese Frage zu beantworten - keine Antwort. Es wird in Gut und Böse unterschieden. Wenn wir uns einmal anschauen, was das Tariftreue- und Vergaberecht in Schleswig-Holstein für eine Wirkung hatte, dann die, dass der Mittelstand sich auf öffentliche Aufträge nicht mehr beworben hat. Wir haben unsere Aufträge als Land in andere Bundesländer an Großunternehmen vergeben, die sich mit juristischen Abteilungen et cetera pp. diesen ganzen Aufwand leisten konnten.

(Beifall CDU und FDP - Zuruf SPD)

Wenn Sie wollen, dass das Land Schleswig-Holstein seine Aufträge wieder extern an andere Bundesländer, an andere Großunternehmen aus anderen Ländern vergibt, dann machen Sie genau so weiter, dann sagen Sie unserem Handwerk, dann sagen Sie unserem Mittelstand, er ist der böse Part. Aber dann machen Sie das bitte auch in aller Deutlichkeit und reden nicht nur von der Hälfte der Wahrheit! Wenn Sie über Mittelstand sprechen, wenn Sie sagen, dass Sie über das Handwerk sprechen wollen, dann sollten Sie sich einmal kritisch fragen: Wo waren Sie, als wir die Meistergründungsprämie eingeführt haben?

(Zurfe SPD: Oh!)

Wo waren Sie, als wir uns um die Neuausrichtung der Fachkräfteinitiative gekümmert haben? Wo waren Sie, als wir uns in der Schule um das Unternehmertum gekümmert haben, um dort ein ganz anderes Unternehmerbild zu vermitteln? Wo sind Sie gewesen, als wir den Mittelstandsbeirat bei der Landesregierung eingeführt haben? Immer standen Sie an der Seitenlinie und haben uns erklärt, warum das alles nicht wichtig ist.

(Zuruf Thomas Hölck [SPD])

(Serpil Midyatli)

Und jetzt kommen Sie und sagen uns: Unser Handwerk ist nicht gut. Es tut mir furchtbar leid. Aber ich kann Ihnen sagen: Der Mittelstand in Schleswig-Holstein, der lebt vom Handwerk, der lebt von kleinen mittelständischen Betrieben. Wir können sehr froh sein, dass wir es jetzt nach fünf Jahren Jamaika geschafft haben, dass sie sich wieder bei öffentlichen Aufträgen bewerben, dass unser Land wieder Aufträge an unsere Unternehmen vergibt.

Ich glaube, wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass man diesen Kurs halten sollte und kein Rollback in alte Zeiten braucht, dann war das Ihre Rede, Frau Midyatli. Ich glaube, das haben Sie den Bürgern sehr klipp und klar gezeigt. Der Lohnwahlkampf und die Wahlkampfshow, die Sie hier jetzt aufgeführt haben, die gehen nach hinten los. Wir stehen fest an der Seite des Handwerks in Schleswig-Holstein. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kilian. - Bitte begrüßen Sie mit mir auf der Tribüne Teilnehmerinnen des Girls‘ Day und weitere Besucherinnen und Besucher!

(Beifall)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Abgeordnete Joschka Knuth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Besucherinnen und Besucher! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Da kann ich nahtlos anschließen, denn diese Landesregierung steht nicht nur unumstößlich an der Seite des Handwerks, diese Landesregierung, diese Koalition hat auch für das Handwerk in den letzten fünf Jahren richtig viele gute Dinge auf den Weg gebracht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Ein paar sind ja schon angeklungen. Wir haben die Meistergründungsprämie auf den Weg gebracht, weil wir wissen, dass es neue Gründungen im Bereich des Handwerks braucht, und weil es im Bereich des Handwerks incentiviert Unternehmensnachfolgen braucht. Wir haben einen Mittelstandsbeirat auf den Weg gebracht, wobei man darüber streiten kann, wie er zusammengesetzt ist, der aber im Grundsatz unsere KMU, unsere Mittelständle

rinnen und Mittelständler näher an die Entscheidungsfindung und das alltägliche Handeln dieser Koalition heranbringt. Wir haben die Förderprogramme bei der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft mbH und der IB.SH aufgestockt, fortgeführt und für das Handwerk nachgeschliffen. Und vor allen Dingen: Wir haben die Grundlage dafür gelegt, dass auch Beschäftigung im Bereich des Handwerks in Schleswig-Holstein stattfindet. Wir haben die Investitionsquote des Landes ordentlich nach oben geschraubt. Wir haben über IMPULS und die Förderprogramme des Landes dafür gesorgt, dass in diesem Land massiv investiert wird und dass damit auch das Handwerk eine gute Auftragslage hat.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und vereinzelt FDP)

Das ist der Kurs, den wir definitiv auch fortsetzen werden. Denn es ist ja richtig: Die Energiewende wird vom Handwerk gemacht. Die Energiewende wird nicht nur in der Produktion erneuerbarer Energien, sondern gerade - wenn wir uns den Bereich Wohnen, die Wärmewende anschauen - vom Handwerk gemacht. Aber das bedeutet auch: Es braucht in den nächsten Jahren weiter einen klaren Kurs für die Energiewende, um damit auch Auftragssicherheit für das Handwerk gewährleisten zu können, meine Damen und Herren.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir brauchen selbstverständlich eine Fortsetzung der guten Fachkräfteinitiativen und Fachkräfteprojekte, die wir in dieser Wahlperiode auf den Weg gebracht haben. Diese müssen wir zum Teil nachschärfen, nachjustieren. Das SHIBB haben wir ja nicht einfach nur da sein lassen, sondern wir haben es in dieser Koalition überhaupt erst geschaffen - was eine sehr gute Sache ist, meine Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP - Beate Raudies [SPD]: Haben wir gut vorgearbeitet!)

Selbstverständlich braucht eine solche Institution mehr als zwei oder drei Jahre, um auch den vollen Glanz zu entfalten, aber die Projekte, die Ideen liegen auf dem Tisch. Wir freuen uns, wenn wir in den kommenden Jahren auch die Bindung zwischen Handwerk und Bildungsinstitutionen mit dem SHIBB und dessen Verordnung weiter stärken können.

Darüber hinaus ist es aber meines Erachtens unabdingbar, dass wir vor allem auch die Entrepre

(Lukas Kilian)

neurship-Education-Strategie weiter konsequent umsetzen. Das bedeutet auch, werte Kolleginnen und Kollegen, dass wir insbesondere an den Gymnasien die berufliche Orientierung weiter stärken und vor allen Dingen an den Gymnasien auch das Handwerk präsent werden lassen. Es muss selbstverständlich sein, dass man mit einem Abitur in eine duale Ausbildung geht und dort gute Arbeit findet.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss auch noch einmal auf das Thema Tarif und Vergabe eingehen, weil es nicht so trivial ist, dass man einfach nur sagen kann: Vergaberecht über das Tariftreue- und Vergabegesetz, und damit ist die Diskussion erledigt, es gibt nur das eine oder das andere. Ja, wir sehen, dass die Tarifbindung in Schleswig-Holstein, in Deutschland insgesamt, in den letzten Jahren massiv sinkt. Das ist ein Problem. Die Tarifbindung sinkt aber leider auch in den Ländern, in denen es Tariftreue-Gesetze gibt. Dieses Problem haben wir bisher nicht gelöst. Die Evaluation des Tariftreueund Vergabegesetzes, das wir von 2012 bis 2017 hatten, war relativ klar. Auch in Gesprächen mit Eine-Welt-Institutionen, Umweltverbänden und den Gewerkschaften wird klar, dass eine Einführung eins zu eins - des Gesetzes, das wir in der Vergangenheit hatten, die Probleme der Gegenwart und der Zukunft nicht lösen wird.

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Das heißt natürlich nicht, dass ich es für richtig hielte, dass wir alles einfach nur abschaffen, sondern wir müssen klüger werden hinsichtlich der Frage, wie wir mit gesetzlichen Rahmen, mit unseren Vergabelogiken die Tarifbindung, die Umweltstandards und die Nachhaltigkeitsstandards tatsächlich stärken, ihre Erreichung befördern und auch incentivieren. Das heißt, wir müssen an das Vergaberecht in der Form ran, dass es in Zukunft einen Anreiz gibt, eine Tarifbindung zu haben, einen Anreiz, Nachhaltigkeitsstandards einzuhalten. Selbstverständlich werden wir uns auch in den kommenden fünf Jahren in diesem Parlament dafür einsetzen. Es ist aber eben nicht so einfach, dass man sagen könnte: Wir führen ein, was in der Vergangenheit nicht funktioniert hat. Stattdessen müssen wir hier klüger werden.

Ich glaube, die Vorschläge dazu liegen zum Teil bereits auf dem Tisch. Sie werden auch mit den Fachverbänden und den Gewerkschaften erarbeitet. Da sollten wir es uns unter dem Eindruck des Wahl

kampfs nicht zu leicht machen. Wir müssen im Ziel klar sein, und dann müssen auch die Instrumente stimmen. Daran werden wir weiter arbeiten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kay Richert das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir 2017 die Verantwortung im Land übernommen haben, haben wir einiges an Baustellen übernommen. Bei der Lektüre der Anträge bekommt man auch eine Ahnung davon, warum das so ist. Sie fordern zum Beispiel: Das Schleswig-Holsteinische Institut für Berufliche Bildung soll zum Leuchtturm der beruflichen Bildung werden. - Da muss ich sagen: Das ist es doch längst! Der Direktor, Jörn Krüger, und sein Team haben es doch geschafft, in nur einem Jahr Wirkbetrieb

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

- das muss man berücksichtigen - der beruflichen Bildung neue Aufmerksamkeit und damit auch eine neue Wertschätzung zu verschaffen. Ich finde es ehrlich gesagt nicht gut, dass Sie die Anstrengungen und Erfolge dieser engagierten Menschen infrage stellen.

(Beifall FDP - Zuruf SPD: Oh! Vergleichen Sie mal Hamburg und Schleswig-Holstein!)

Sie fordern den Abbau von Bürokratie bei der Fachkräfteakquise - das ist auch richtig. Gleichzeitig fordern Sie aber die Eins-zu-eins-Wiedereinführung des Bürokratiemonsters TTG, des Tariftreue- und Vergabegesetzes. Das ist ein Gesetz, das laut eigener Evaluation seine Ziele nie erreicht hat, ein Gesetz, das seine Ziele laut eigener Evaluation auch nie erreichen konnte, das laut eigener Evaluation von weiten Teilen der Wirtschaft ignoriert wurde, weil es nicht umsetzbar war, und dessen Einhaltung nicht kontrolliert wurde, weil alle wussten, dass es nicht umsetzbar war!

(Beifall FDP)

Übrigens hat dieses Gesetz große Unternehmen gezielt massiv bevorzugt. Wie Sie das mit Ihrem vorgeblichen Einsatz für den „kleinen Mann“ rechtfertigen wollen, weiß ich nicht. Das können Sie doch niemandem erklären.

(Joschka Knuth)

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Ich verstehe ja, dass Sie Ihr Wahlprogramm promoten wollen. Das ist angesichts der Situation vielleicht auch angebracht. Aber ehrlicherweise muss man sagen: Das widerspricht sich alles und kann so nicht funktionieren.

Noch ein Wort zur Tarifautonomie und zur Tarifbindung: Wir als FDP finden Tarifbindung gut; das steht sogar in unserem Wahlprogramm. Aber die Tarifautonomie stellt es frei, ob sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer organisieren wollen. Und bei kleinteiligen Strukturen passt das eben oft nicht in die Wirklichkeit der Betriebe. Das betrifft besonders auf das Handwerk zu. Wenn Sie dann plakatieren: „Aufträge nur für die Guten“, muss ich fragen: Sind denn die Handwerksbetriebe nicht gut? Sollen die Handwerksbetriebe keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen? - Ich finde das mehr als schräg.

(Beifall FDP, CDU und Volker Schnurrbusch [AfD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir 2017 die Regierung übernommen haben, haben wir das mit dem festen Willen zur Gestaltung getan. Wir wollten das Land verbessern, wir wollten das Leben der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner verbessern. Wir haben uns dafür Ziele gesetzt und diese Ziele auch erreicht. Gestern habe ich im Rahmen der Bildungsdebatte gehört, dass einzelne Abgeordnete mit der Arbeit der eigenen Koalition nicht zufrieden waren. Das finde ich schade, und ich kann es überhaupt nicht nachvollziehen. Für mich und den Bereich Wirtschaft, Verkehr, Arbeitsmarkt kann ich sagen: Wir haben fantastisch miteinander gearbeitet. Wir haben zielgerichtet, lösungsorientiert, mit Respekt und vor allen Dingen mit Verständnis für die unterschiedlichen Positionen miteinander gearbeitet.