Und wenn ich auf fünf Jahre Jamaika in SchleswigHolstein zurückschaue, stelle ich fest: Es waren unsere Unterschiede und der Umgang mit diesen Unterschieden, die uns erfolgreich gemacht haben. So ist es auch im Bereich der mittelständischen Wirtschaft und des Handwerks: Mittelstandsfreundlichstes Bundesland, Mittelstandsbeirat, Abschaffung des Landesmindestlohns, schleswig-holsteinisches Register für fairen Wettbewerb, Abschaffung des TTG, Schaffung eines modernen Vergaberechts, Einrichtung des SHIBB, Meistergründungsprämie, MINT-Förderung, Entrepreneurship Education, Investitionsquote über 10 % - Sie alle kennen die Erfolge dieser Koalition.
Die Jamaika-Koalition hat viel für Schleswig-Holstein erreicht. Meiner Meinung nach hat dieses vor fünf Jahren noch wirklich exotische und neuartige Bündnis, dem nicht alle einen Erfolg zugetraut haben, seine Feuertaufe bestanden. Ich bin dankbar, dass ich Teil dieser Erfolgsgeschichte sein durfte, und kann meinem Land nichts anderes wünschen als eine Fortsetzung dieses Kurses. Wir werden sehen, wie die Wählerinnen und Wähler am 8. Mai 2022 entscheiden.
Ich bedanke mich bei den Jamaika-Freunden für fünf Jahre produktiver und erfolgreicher Zeit im Dienste unseres Landes und seiner Menschen - und bei Ihnen allen für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Mindestlohn ist eine Errungenschaft, weil er Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützt - und weil er neben vielen anderen Rahmenbedingungen auch für fairen Wettbewerb sorgt. Dem Unterbietungswettkampf wurde damit weitgehend der Boden entzogen.
Wenn ich aber eines gelernt habe, dann das: Wo ein Schlupfloch ist - auch wenn es noch so klein ist -, wird es genutzt.
Das gilt auch und gerade beim Mindestlohn, der mittels Werkverträgen und Verweis auf ausländische Tarife immer mal wieder ausgehebelt werden soll. Dass aber auch Schülerinnen und Schüler fürs Regaleinräumen teilweise mit einem Taschengeld abgespeist werden, ist schon ein starkes Stück. Der Mindestlohn soll annähernd faire Löhne ermöglichen. Wer diesen Grundsatz unterläuft, wird bei erwachsenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vom Zoll angezeigt und bestraft. Ich finde, dass der Mindestlohn seinem Namen gerecht werden und als absolute Untergrenze für alle Beschäftigten gelten muss - also auch für Jugendliche unter 18 Jahren; die tun nämlich das Gleiche wie ihre Freunde, die über 18 Jahre alt sind.
Dass der Mindestlohn derzeit nicht armutsfest ist, ist eine traurige Tatsache. Die ist allerdings nicht von Himmel gefallen, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen - auch hier im Landtag. Wenige, große Arbeitgeber geizen bis zum Centbetrag hinter dem Komma, wenn es um Lohnkosten geht. Dass diese Haltung langfristig zu Frust, kurzer Verweildauer im Betrieb und einem schlechten Image führt, ist ihnen oft egal. Der SSW steht für einen Mindestlohn von 13 €, auch und gerade in der Vergabe, um ein positives Signal zu senden und den Menschen wirklich zu helfen, meine Damen und Herren.
Gerade kleine Betriebe, könnte man meinen, tun sich schwer mit dem Mindestlohn. Aber dort spielen ganz andere Probleme eine Rolle. Wenn man als Klempner keine neuen Kunden mehr annehmen kann, was in Flensburg gang und gäbe ist, liegt das daran, dass Fachpersonal knapp ist. Die Betriebe würden sogar mehr zahlen, finden aber keine Fachkräfte, die selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten können. Die schleppende oder verweigerte Anerkennung ausländischer Berufs- und Schulzeugnisse ist ein klares Hemmnis, für das keine Besserung in Sicht ist.
Der zweite Faktor sind die sinkenden Azubizahlen. Viele Schülerinnen und Schüler konnten in den letzten beiden Coronajahren keine Praktika in den Betrieben machen. Ihnen fehlt damit ein wichtiger Baustein der beruflichen Orientierung. Viele entscheiden sich deshalb dafür, erst einmal weiter zur Schule zu gehen. Die Zahl der Auszubildenden sinkt, und es ist kein Ende abzusehen. Das ist eine Katastrophe für die Situation der Fachkräfte in Schleswig-Holstein! Aber ich sehe hier auch eine Chance für die beruflichen Schulen, die hervorragende Arbeit leisten. Deren Unterstützung geschieht - noch - zweitrangig. Das muss sich schnellstens ändern. Das Kompetenzgerangel von Kultus- und Wirtschaftsministerium hilft an dieser Stelle nicht wirklich jemandem.
Wir wollen aber auch darüber sprechen, wie die Fachkräfte gehalten werden können. Die Wertschätzung der Fachkräfte durch gute Arbeitsbedingungen, transparente Aufstiegschancen und eben auch
durch Lohn und Gehalt liegt bei einigen Betrieben ziemlich im Argen. Junge Frauen im Handwerk, oftmals Landessiegerinnen bei der Gesellenprüfung, springen ab, weil sie die Arbeitsbedingungen und den Druck nicht länger aushalten können. Junge Familien brauchen verlässliche Arbeitszeiten und keine Wochenend- und Notdienste, wie sie in vielen Betrieben verpflichtend sind.
Viele dieser Themen sind bei den Kammern bekannt und werden mit den Mitgliedern auch thematisiert. Die Landesregierung sollte ergänzend ihren Teil dazu beitragen, dass sich die Situation der Fachkräfte nicht weiter zuspitzt. Unterstützungsangebote müssen barrierefrei und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden. Förderprogramme mit seitenlangen Formularen, umständlichen Verfahren und viel Amtschinesisch sind Mist. Was die Betriebe wollen, ist die Beratung in den Betrieben vor Ort. Sie wünschen sich, dass ein Fachmann oder eine Fachfrau zu ihnen kommt und ihnen dann unbürokratisch hilft. Das wünschen sich gerade die kleinen Betriebe. Sie wollen kein Marketing in irgendeiner Art und Weise, sondern handfeste Unterstützung, zum Beispiel bei der Betriebsnachfolge. In diesem Bereich sind noch sehr viele dicke Bretter zu bohren. Hier müssen wir wirklich besser sein, um den kleinen Betrieben zu helfen.
Ein Letztes: Wir haben heute schon über den Mindestlohn diskutiert. Der ist dringend notwendig, und es ist dringend notwendig, ihn zu erhöhen. Aber wir brauchen in diesem Land auch Tariftreue. Es kann nicht angehen, dass öffentliche Aufträge, die mit Steuergeldern finanziert werden, an Betriebe gehen, die sich nicht an Tarife halten. Leute, das geht so nicht!
Deswegen ist es ganz klar: Wir werden uns in der neuen Wahlperiode dafür einsetzen, dass wir wieder ein Tariftreuegesetz kriegen, das seinem Namen wirklich entspricht. Es kann nicht anders sein, als dass wir daran wirklich arbeiten. Wir versündigen uns auch an den kleinen Betrieben, die gegenüber den Großbetrieben keine Chance haben, überhaupt noch einen Auftrag zu bekommen. Das darf nicht sein, meine Damen und Herren. Wir müssen etwas für Schleswig-Holstein tun, und Tariftreue tut unserem Land gut. - Vielen Dank.
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Und täglich grüßt das Murmeltier, möchte man meinen, wenn man diese reichlich angestaubten SPD-Anträge liest. Die Sozis glauben anscheinend: Wenn man Anträge nur oft genug einbringt, werden sie auch irgendwann angenommen. Aber das wird auch heute nicht passieren, denn sie sind schlichtweg realitätsfremd.
Dass immer weniger Menschen in tarifgebundenen Unternehmen arbeiten, ist kein Zufall. Zwischen 1990 und 2020 ist nach Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft die Anzahl der Beschäftigten, die in Betrieben mit Tarifbindung tätig gewesen sind, um rund 30 % gesunken. Als Hauptursache wird dabei der Strukturwandel ausgemacht. Neugegründete Unternehmen, zum Beispiel in der IT- und Medienbranche - ich weiß, da kennen Sie sich nicht so gut aus - wollen sich einfach nicht mehr an einen Tarif binden. Das sollte auch die SPD endlich zur Kenntnis nehmen, aber das scheint immer noch Neuland für diese Altpartei zu sein.
Hinzu kommt: Die Bindungskraft der Gewerkschaften ist während desselben Zeitraums noch stärker zurückgegangen. 1991 waren 14 Millionen Beschäftigte in einer der großen Gewerkschaften organisiert, doch bis 2020 hat sich diese Anzahl auf 7 Millionen halbiert. In dieser Zeit sank der Anteil der Gewerkschaftsmitglieder an den Beschäftigten insgesamt von 39 % auf 18 %. Das mag die SPD bedauern, aber besser täte sie daran, die Gründe für diesen Trend auszumachen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. - Ach ja, das tut sie ja bereits. Sie positioniert sich ja als Antifa-freundliche Linkspartei mit grünem Anstrich.
Auch beim Thema Mindestlohn zeigt sich die hartnäckige Realitätsverweigerung der SPD. Dabei geht es nicht um die konkrete Zahl von 12 oder 13 €, sondern um das Verfahren. Aus gutem Grund werden Erhöhungen des Mindestlohns in einer Kommission bestimmt, in der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter miteinander verhandeln. Das entspricht dem bewährten Grundsatz der Tarifautonomie, der auch im Grundgesetz angelegt ist. Warum daher jetzt einmalig von diesem Verfahren abgewichen werden soll, erschließt sich uns nicht. Warum soll der Deutsche Bundestag an die Stelle der Tarifpartner treten?
- Ja, dann hebeln Sie diese schönen Gesetze aus! Herr Habersaat, gerade weil wir die Tarifautonomie für besonders wichtig halten, sollte die Erhöhung von Mindestlöhnen auch weiterhin in der Kommission entschieden werden. Politischer Aktionismus ist hier fehl am Platz.
Zum Handwerk: Erst vorgestern war ich bei einem ausführlichen Gespräch mit Vertretern der IHK Kiel, Lübeck und Flensburg zu Gast. Thema war die berufliche Bildung. Es herrschte völlige Übereinstimmung darüber, dass die Vorteile der beruflichen Bildung noch besser kommuniziert werden müssen, auch in den Schulen, um dem Trend zur Akademisierung entgegenzuwirken. Unser Motto heißt seit jeher: Meister statt Master, denn wir brauchen deutlich mehr Fachkräfte in Handwerk, Industrie und Gewerbe, um Schleswig-Holstein nach vorn zu bringen. Dazu benötigt das Land ein flächendeckendes Angebot an Berufsschulen, wozu zudem deren gute Erreichbarkeit mit dem Auto oder dem ÖPNV gehört. Ein Azubi-Ticket ist wünschenswert.
Das SHIBB ist eine gute Idee, es muss aber dringend mit mehr Leben gefüllt werden. Es ist aber positiv, dass die berufliche Bildung im Wirtschaftsministerium angesiedelt ist. Dort gehört sie hin, dort genießt sie die richtige Wertschätzung, dort soll sie auch nach der Wahl bleiben.
Der SPD-Antrag listet einfach alle Themen, die gerade angesagt sind, auf. Aber wer den Weg ins Handwerk und den Weg in die Selbstständigkeit sucht, der braucht keine schönen Schlagworte oder Modeworte, der braucht konkrete Maßnahmen wie den Abbau von Bürokratie, weniger Auflagen durch die EU und eine Politik, und das ist das Wichtigste, die das Unternehmertum wertschätzt. Davon ist die SPD nach wie vor Lichtjahre entfernt, wie ihr Antrag zur Tarifbindung und zum Tariftreuevergabegesetz beweist. Daher lehnen wir beide SPD-Anträge ab. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Das wird jetzt ein kleiner Angang. Ich werde mit großer Wahrscheinlichkeit das letzte Mal hier sprechen. Ich möchte noch einmal auf die großen Chancen einer stärkeren Tarifbindung eingehen. Die öffentliche Hand hat ei
Lieber Kollege Kilian, soziale Standards zu setzen, ist auch immer Fortschritt. Sich für gerechte Löhne einzusetzen, ist auch deswegen wichtig, weil unsere Arbeitnehmer einen Teil der Wertschöpfung haben sollen. Die Sicherung unseres Wohlstands steckt darin, und letztlich sollte das in Ihrem Sinne sein, denn das ist der Kern von sozialer Marktwirtschaft.
Als Sozialdemokraten können wir stolz sagen: Es geht auch um die Stärkung der Tarifgemeinschaft, unserer Tarifpartner und letztendlich auch der Gewerkschaften, Herr Schnurrbusch. Es geht um Leitplanken, die wir brauchen, nicht um Bürokratie wenn man gute Bürokratie hat, dann funktioniert sie auch gut. Man darf nicht alles dem Markt überlassen. Wichtig ist: Die Perspektive der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hilft an der Stelle. Es geht nicht nur um Löhne, es geht um soziale Fragen. Es geht um Zukunftsfragen und um Nachhaltigkeit.
Ich greife noch einen anderen Aspekt aus unseren Anträgen auf, nämlich die Idee eines Auszubildendenwerks und die Perspektive, berufliche Bildung nicht nur von der akademischen Seite aus zu sehen, sondern bei dieser auf die zu setzen, die eine Ausbildung machen. Das wäre ein Meilenstein. Um dies mit dem Studentenwerk zu vergleichen - das nach meinen Wünschen endlich Studierendenwerk heißen sollte -:
Wir hätten dann an dieser Stelle einen großen sozialpolitischen Fortschritt gemacht. Man könnte Auszubildenden bei Problemen wie bei der Wohnungssuche und bei sozialen Problemen sowie bei vielen anderen Dingen helfen. Man könnte auch in der Frage des Azubi-Tickets helfen.
Ein paar persönliche Worte von mir: Ich blicke zurück auf zehn abgefahrene Jahre, zehn aufregende Jahre, zehn lehrreiche Jahre, und ich möchte mich an dieser Stelle bei allen Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen für die Zusammenarbeit bedanken. Bei allen, die ich nicht dazu zähle, bedanke ich mich für offene Ohren und hoffentlich für Nachdenken.