Protocol of the Session on April 28, 2022

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Meine Damen und Herren, ich war am Wochenende auf der Insel Sylt. Da kann man sehen, wie Immobilienpolitik einen Lebensraum zerstören kann. Das betrifft nicht nur Sylt, sondern auch Föhr und andere Inseln. Man kommt sich manchmal vor wie im Disneyland, wenn man da im Wahlkampf an Haustüren klopft und feststellt, dass mittlerweile keiner mehr dort wohnt, obwohl die Wohnungen vor vielen Jahren als Wohnungen für Sylter angepriesen worden sind. Die Wohnungen sind inzwischen verkauft worden.

Daran kann man erkennen, wie sich ein Raum entwohnt. Deshalb geht es um Instrumente wie Mietpreisbremse, Kappungsgrenze oder auch Zweckentfremdungsverbot. Wenn die Entwicklung so ausufert, muss der Staat Kommunen Instrumente zur Verfügung stellen, damit sie sich gegen eine solche Entwicklung schützen können. Deshalb sind wir Grüne für diese Instrumente.

Das Thema Landesbaugesellschaft ist angesprochen worden; die SPD schlägt das vor. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen, die wir jetzt sehen, denken wir noch einmal darüber nach, Peter Lehnert. Das Land muss auch Akteur werden. Wir dürfen nicht nur am Spielfeldrand stehen und den Vereinen tolle Werbeeinnahmen anpreisen - wenn ich einmal das Bild des Fußballs benutzen darf. Wir müssen auch aufs Spielfeld rauf und selbst Wohnraum da schaffen, wo es geht.

Wir müssen Akteur werden. Deshalb wollen auch wir Grüne eine Landeswohnungsbaugesellschaft nicht, um noch eine Gesellschaft neben vielen zu errichten, sondern um die Verantwortung und Nachhaltigkeit für den sozialen Wohnungsbau auch als Land wahrzunehmen. Das finde ich richtig, dafür steht auch meine Partei.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Dr. Andreas Tietze)

Peter Lehnert hat es gesagt: Möglicherweise ist das hier meine letzte Rede. Lieber Peter Lehnert, ich trete im Wahlkreis Nordfriesland als Direktkandidat an und will den gewinnen. Es gibt viele, die sagen, dieses Ziel sei sehr ehrgeizig. Für mich gilt immer noch Bert Brecht:

„Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“

Insofern gehe ich in meiner besonderen Art und Weise. Für diejenigen unter euch, die jetzt auch jeden Tag draußen an den Haustüren sind: Ihr werbt für eure Parteien, für eure Programmatik. Es sind alles gute Inhalte, die die demokratischen Parteien haben. Ich wünsche euch von Herzen viel Glück, dass ihr all Eure Ziele erreichen könnt. Es ist wichtig, dass wir das machen. Ich stehe für die, die kämpfen. Wenn sie es schaffen, freut es mich - vielleicht auch ich selbst -, es gibt aber vielleicht auch einige unter uns, die es nicht schaffen und die heute keine Abschiedsrede halten. Für all die möchte ich sagen: Ihr habt einen guten Job gemacht. Wir alle haben einen guten Job gemacht. Ich möchte mich von ganzem Herzen bei euch bedanken. Ich habe es gern gemacht, es war mir eine Ehre. - Vielen Dank noch einmal.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, SPD, FDP, SSW und AfD)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Jan Marcus Rossa das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der letzte Antrag der SPD zu diesem wichtigen Thema Wohnungsbaupolitik in Schleswig-Holstein ist schlicht enttäuschend. Es wird erneut kein Vorschlag unterbreitet, wie man den Problemen in Schleswig-Holstein begegnen möchte. Da ist der Antrag schlicht blank.

(Zuruf Beate Raudies [SPD])

Niemand leugnet, dass wir in Teilen des Landes einen eklatanten Mangel an Wohnraum haben. Niemand stellt in Abrede, dass das Bauen von Wohnraum in unserem Land immer teurer geworden ist. Aber die Entwicklung der Baukosten wird nicht allein durch Rohstoffpreise und Lohnkosten getrieben, sondern eben auch durch ständig neue und ausufernde bautechnische und energetische Anforderungen.

(Beifall FDP - Jörg Nobis [AfD]: Die haben Sie doch mit Jamaika gemacht!)

Es ist längst überfällig, dass wir diesem Kausalzusammenhang zwischen Baukosten und Mietkosten stärker Rechnung tragen und daher mehr als notwendig, dass wir baurechtliche Vorschriften in der kommenden Legislaturperiode - dann allerdings ohne mich - einer Mietkostenfolgenabschätzung unterziehen, damit wir dieser Entwicklung wirksam entgegentreten und wieder dafür sorgen, dass preiswerter Wohnraum hier in diesem Land entstehen kann.

(Beifall FDP)

Es kann nicht sein, dass wir immer mehr energetische Anforderungen an den Wohnungsbau stellen und damit Kostensteigerungen hervorrufen und uns am Ende darüber beklagen, dass es keine bezahlbaren Mietwohnungen gibt.

(Jörg Nobis [AfD]: Das haben Sie doch ge- macht! Das ist doch Ihre Politik!)

- Das ist nicht unsere Politik, überhaupt nicht.

(Jörg Nobis [AfD]: Natürlich!)

Genauso verhält es sich natürlich mit dem auch heute wieder gehörten Ruf nach Mietpreisbremse und Kappungsgrenze, die in schöner Regelmäßigkeit eingefordert werden. Dabei blenden Sie allerdings komplett aus, welche fatalen Folgen solche Eingriffe in den Wohnungsmarkt haben.

Schauen Sie sich Berlin an: Eine ifo-Studie bestätigt unsere Bedenken, die wir von Anfang an hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Der Mietendeckel hat die Investitionsbereitschaft in Berlin nahezu zum Erliegen gebracht und hat keinen Beitrag dazu leisten können, mehr bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt zu schaffen.

(Beifall FDP - Kay Richert [FDP]: Im Ge- genteil!)

- Im Gegenteil! In Berlin sind die Mieten im nicht preisgebundenen Segment stärker gestiegen als in jeder anderen Großstadt Deutschlands. Das Wohnungsangebot im preisgebundenen Segment ist in Berlin des Mietendeckels um 60 % zurückgegangen. Das einmal dazu, wie erfolgversprechend Mietpreisbremse und Kappungsgrenze sind.

(Beifall FDP)

Wenn Sie heute ein Aktionsbündnis fordern, erinnert mich das wirklich an das Prinzip: Und wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis!

(Dr. Andreas Tietze)

(Beifall FDP)

Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nennt man dann institutionalisierte Rat- und Hilflosigkeit. Das brauchen wir nicht.

(Beifall FDP und Tobias Koch [CDU])

Mit Ihrem Antrag, liebe Kollegen der SPD, werden Sie nicht einen einzigen Quadratmeter Wohnraum in Schleswig-Holstein entstehen lassen. Es handelt sich bei ihm um eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen und Selbstverständlichkeiten. Konkrete Lösungsansätze suchen wir erneut vergebens. Das begleitet uns über die gesamte Legislaturperiode. Eine Problembeschreibung reicht eben nicht mehr.

(Beate Raudies [SPD]: Aber das Geld habt Ihr genommen und feiert Euch dafür ab, es auszugeben!)

- Wir haben auch entsprechende Leistungen erbracht. Sie können sich gern zu einem entsprechenden Wortbeitrag melden. Es ist nicht so, wie Sie es hier darstellen wollen.

(Beate Raudies [SPD]: Natürlich ist es so!)

Die Jamaika-Bilanz in der Wohnungspolitik sind nicht nur die Hunderte von Millionen Euro für den sozialen Wohnungsbau. Das hat nichts mit irgendwelchen Sonderfinanzen im Rahmen der Coronamittel zu tun, sondern wir sind schon vorher für unsere Förderpolitik gelobt worden.

(Lachen Beate Raudies [SPD])

Wir sind bundesweit beispielhaft, weil wir hier eine Förderpolitik gestaltet haben, die es Wohnungsschaffenden ermöglicht, auch im Bereich sozialen Wohnungsbaus angemessene Renditen zu erwirtschaften. Das zeichnet uns aus und hebt uns deutlich von anderen Bundesländern ab.

(Beifall FDP)

Auch den Hinweis auf die Kommunen finde ich immer unfassbar interessant, wenn er von der SPD kommt. Ich erinnere nur einmal an den Skandal hier in Kiel, wo durchaus städtische Flächen für Wohnungsbau zur Verfügung gestanden hätten, zudem für bezahlbaren Wohnraum. Das ist dem Profit geopfert worden, den die Stadt Kiel hier erwirtschaften wollte: sozialer Wohnungsbau ade an der Stelle!

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Festzustellen bleibt: Auch dieser Antrag der SPD zur Wohnungspolitik liefert viele wohlfeile Worte, trägt aber zur Problemlösung nichts bei. Das liest

sich doch in der Bilanz der Jamaika-Koalition deutlich besser. Es erweist sich wieder einmal: Taten sind besser als Worte. Das wollen wir fortsetzen. Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Vorsitzende, Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann den Eindruck haben, dass die FDP immer wieder Begriffe zusammenschmeißt, um irgendwie ihre Argumentation noch auf die Reihe zu bringen. Gerade war das wieder das beste Beispiel dafür. Mietpreisbremse und Mietendeckel sind unterschiedliche Sachen.

(Beifall SSW, SPD und Aminata Touré [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Mietendeckel bedeutet, dass der Staat den Preis für die Miete festlegt, ein - wenn man so will - sozialistisches Mittel, das keine Überlebenschance hatte, das hier aber auch keiner fordert. Eine Mietpreisbremse bedeutet, dass man in angespannter Wohnlage - das ist die Voraussetzung - extreme Steigerungen der Mieten verhindern will. Die Menschen haben auch verdient, dass man dies verhindert, ganz klar.

(Beifall SSW, SPD und Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb brauchen wir sowohl Mietpreisbremse als auch Kappungsgrenze, um den Menschen im Land zu helfen. Es geht doch hier um die Leute, um nichts Anderes. Da gehört es sich für uns als Parlamentarier, dass wir uns für die Leute einsetzen. Wir sind Volksvertreter, und das Volk wohnt größtenteils zur Miete und hat, verdammt noch mal, das Recht, dass wir uns um seine Probleme kümmern. Das geht nur mit einer Mietpreisbremse und der Kappungsgrenze.