Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

Eines der zentralen Themen ist in Schleswig-Holstein die Dreigleisigkeit und das Auflösen des Problems in Elmshorn. Das ist etwas, was im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans steht. Auch da gilt, dass es in die Umsetzung gehen muss.

(Beate Raudies [SPD]: Nicht im vordringli- chen Bedarf!)

- Das steht im potentiellen Bedarf. Dann müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass es endlich in den vordringlichen Bedarf kommt.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Da spüre ich eine gewisse Bewegung. Sie haben sicherlich alle mitbekommen, dass ich am letzten Samstag ein Stück Autobahn in Schleswig-Holstein einweihen durfte; das war sogar ein Stück neue Autobahn. Dabei habe ich auch ein Gespräch mit Herrn Ferlemann geführt. Wir sind uns einig darüber, dass das Problem um Elmshorn ein wirklich für viele Tausend Pendlerinnen und Pendler und für viele Fahrgäste ein zentrales Problem ist, das es vordringlich anzupacken gilt. Das gilt nicht nur für die Elmshorner, es gilt auch für die Tornescher, und das gilt für die Anbindung an Glückstadt. All das lässt sich nur lösen, wenn man mit einer vierten Bahnsteigkante in Elmshorn und einem dritten Gleis endlich dazu kommt, dort etwas voranzubringen.

Das zweite große Thema, weil wir nun mal diese Vertaktung auf der Marschbahn haben, ist dann aber auch, dass sich jede Verzögerung, dass sich alles, was man da oben zwischen Niebüll und Westerland erlebt, sofort zu einem Fahrplankollaps auswirkt, weil die entsprechende Trassenbelegung so ist, wie sie zurzeit ist.

Weil Sie das zu Ihrem Antrag auch geschrieben haben, Herr Vogel, lassen Sie mich darauf noch eingehen, nach dem Motto, zusätzliche Nahverkehre zu bestellen. Das würde aus meiner Sicht wenig sinnvoll sein, weil wir dadurch einfach nur die Autozüge, die Fernverkehre und die Schienenpersonennahverkehre gegeneinander ausspielen würden. Die aber sind alle wichtig für die Insel. Es fahren übrigens auch Handwerker mit Kleinbussen auf dem Autozug auf die Insel und pendeln dadurch.

Fernverkehre sind vor allem für den Tourismus wichtig. Wir können auf der Strecke, wie sie zurzeit aussieht, nur vier Züge in die eine Richtung und vier Züge in die andere Richtung abwickeln. Zwei Züge davon haben wir für den Schienenpersonennahverkehr bestellt. Was soll ich jetzt machen?

Insoweit einfach zu sagen: „Bestellt doch einfach mal mehr“, würde schlicht und ergreifend dazu führen, dass wir an einer anderen Stelle Züge abziehen müssten. Wenn das Hemd insgesamt zu kurz ist, dann kannst du daran ziehen, wie du willst, aber über den Bauch kriegst du es nicht.

Genau deshalb, meine Damen und Herren, schaffen wir nur dann eine wirklich nachhaltige Verbesserung der Marschbahn-Verkehre, wenn wir dazu kommen, mindestens auf einem Teilstück eine Zweigleisigkeit herzustellen, damit wir eine zusätzliche Trasse draufkriegen können, also zusätzlichen Verkehr unterbringen können. Deshalb - das habe ich auch in Husum gesagt - benötigen wir den Willen - und da ist die Unterstützung auch dieses Hauses wichtig -, dass wir mindestens in einem Abschnitt zwischen Niebüll und Klanxbüll die Zweigleisigkeit herstellen.

(Beifall FDP, Jörg Nobis [AfD] und Lars Harms [SSW])

Ich muss das an dieser Stelle einmal sagen. Ich überschreite hier sicherlich meine Redezeit; aber es ist ja jetzt kein weiterer Tagesordnungspunkt mehr geplant, sodass das jetzt wohl gehen wird.

(Zuruf SPD)

- Ich kann so lange reden, wie es nötig ist. Und das tue ich jetzt, weil es wichtig ist.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

An der Stelle gibt es ein Problem, das wir in diesem Hause auch einmal klar benennen sollten. Die Anmeldung zum Bundesverkehrswegeplan hat ja die Vorgängerregierung gemacht, und sie ist damit gescheitert. Warum ist sie damit gescheitert? - Weil man natürlich bei dem Ausbau auf der Marschbahn nie den sogenannten Kosten-Nutzen-Faktor herstellen kann, der die Wirtschaftlichkeit beschreibt.

Deshalb geht es für uns darum, von Schleswig-Holstein aus in Berlin und in Köln einmal klar zu machen, dass man diese Strecke nicht nur nach Kosten-Nutzen-Faktoren messen kann, dass es die einzige richtige Verbindung auf eine Insel ist, die für Schleswig-Holstein aus touristischen Gründen, aber auch insgesamt von größter Bedeutung ist, dass man sich deshalb in Berlin einmal davon trennen muss, mit dem Kosten-Nutzen-Faktor zu argumentieren. Nur dann haben wir gemeinsam die Chance, diese Zweigleisigkeit herzustellen. Dafür kämpfe ich in Berlin, und dafür bitte ich Sie alle um Unterstützung.

(Beifall FDP und CDU)

Ein weiteres großes Thema ist die S 4. Dazu nur schnell noch etwas; alles dazu ist ja bereits gesagt worden. Dies wird schon lange betrieben. Aber die gegenwärtige Situation für die S 4 ist nicht einfach. Der Drops ist nicht gelutscht, obwohl das offenbar alle annehmen. Warum ist er nicht gelutscht? - Weil Berlin und die Geldgeber relativ deutlich und unmissverständlich sagen, dass ihnen das Milliardeninvestment, das da steht, viel zu teuer für den entsprechenden Personennahverkehrsnutzen ist.

Ich behaupte, und ich sage das hier auch ganz deutlich: Es geht bei der S 4 nicht nur um ein Nahverkehrsprojekt, es geht bei der S 4 auch darum, den Hamburger Hauptbahnhof zu entlasten für Verkehre, die auf der Fehmarnbelt-Querung nach Skandinavien gehen sollen. Wenn es nicht um die Entlastung des Knotens Hamburg ginge und wir tatsächlich nur ein Nahverkehrsprojekt hätten, dann würde sich das in der Tat sehr schwierig rechnen.

Aber Berlin muss einsehen, dass es an dieser Stelle nicht allein um ein Nahverkehrsprojekt geht. Es geht um ein transeuropäisches Verkehrsprojekt, das Fehmarnbelt heißt, weshalb die Entlastung des Knotens in Hamburg wichtig ist. Zurzeit versucht man - und wir haben versucht, Vorsorge dagegen zu treffen, auch schon beim Besuch am letzten Freitag in Hamburg -, dass man in Berlin abgespeckte Varianten der S 4 vorschlägt, unter anderem nur noch mit einem zusätzlichen viergleisigen Ausbau bis nach Hamburg-Rahlstedt. Ab da würde das al

les, als S 4 getarnt, zweigleisig auf der Strecke bis Bad Oldesloe weitergehen. Eine solche Variante, meine Damen und Herren - lassen Sie mich das hier sehr deutlich sagen -, hätte für Schleswig-Holstein keinen Nutzen.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Dementsprechend wird sie von mir auch nicht unterstützt. Nur dann, wenn wir mal mindestens eine Viergleisigkeit bis Ahrensburg gewährleistet bekommen und dann ein Überführen der Strecke weiter bis nach Bad Oldesloe, nur dann macht diese Strecke Sinn. Ich fordere auch von hier den Bund dazu auf, endlich zu sehen, dass man nun mit einem vernünftigen Kosten-Nutzen-Faktor in die Finanzierung dieser Strecke so einsteigt. Es geht letztlich um übergreifende Verkehre und um die Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs.

(Beifall FDP, CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und Volker Schnurrbusch [AfD])

Ein letzter Punkt, der mich auch umtreibt, weil es darum geht, dort für klare Verantwortlichkeiten zu sorgen. Zu Recht ist hier gesagt worden, wenn der Sturm pfeift und Menschen gefährdet würden, dann muss man den Schienenverkehr kurzfristig stilllegen. Das ist keine Frage. Gefahr für Leib und Leben darf man nicht riskieren. Aber dass man bei einem Sturm, der in Schleswig-Holstein, jedenfalls ab Kiel nordwärts, eher als frischer Wind zu bezeichnen gewesen wäre, dass man bei einem solchen Stürmchen hier oben, weil der Sturm sich von Norderney auf einer Linie nach Hamburg und dann nach Berlin aufgemacht hat, in Hannover auf die Taste drückt und alle Verkehre zwischen Flensburg und Göttingen stilllegt, das, meine Damen und Herren, halte ich für unangemessen und inakzeptabel.

(Beifall im ganzen Haus)

Da erwarte ich, dass man die Dinge auch regional beurteilt. Ich kann jedenfalls nicht erkennen, warum man nicht von Kiel nach Flensburg fahren kann, wenn im Süden irgendwo der Wind weht. Das tut nicht not, und damit brauchen wir einen anderen Umgang.

Das Zweite ist: Wir merken bei diesen Stürmen sehr wohl - Herr Meyer, lassen sie mich das an der Stelle sagen -, dass wir den Konflikt zwischen Naturschutz- und Mobilitätsinteressen nicht ganz von der Hand weisen können. Ich habe öffentlich gesagt, wir brauchen einen stärkeren Rückschnitt, also eigentlich den alten V-Schnitt, den man früher hatte, als noch überall Diesellokomotiven gefahren

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

sind. Das heißt, von der Mitte des Gleises aus gemessen, ließ man einen Abstand von 6 m rechts und links frei, und dann schnitt man V-förmig aus, weil der Funkenflug der Diesellokomotiven früher die Vorgärten gefährdete. Jetzt hat man Stromtrassen, und so einen Funkenflug gibt es nicht mehr. Jetzt darf man, von der Mitte aus gesehen, ab einem Abstand von 6 m in alle Höhen nach oben anpflanzen. Das führt dazu, dass man dann bei entsprechendem Wind den Baum auf dem Fahrdraht hat.

Ich sage hier - bei allem Interesse der Naturschutzverbände -: Es gibt auch Mobilitätsinteressen von Menschen, und die müssen wir dazu in eine vernünftige Abwägung bringen.

(Beifall Anita Klahn [FDP])

Deshalb haben wir es als Wirtschaftsministerium auf der Verkehrsministerkonferenz zum Thema gemacht, dass der Bund hier neue Regelungen schaffen muss, um neben solchen Schienenverkehrsstrecken wieder zu einem stärkeren Beschnitt zu kommen. Das ist aus der notwendigen Abwägung heraus aus meiner Sicht geboten; denn viele, viele tausend Menschen sind darauf angewiesen, in Zügen unterwegs zu sein. Eine Stilllegung von Verkehren können wir uns auf Dauer nicht leisten. Es ist im Übrigen auch volkswirtschaftlicher Unsinn, dass wir so viel Geld dafür ausgeben und der Schienenverkehr keine Verlässlichkeit bietet.

Sie sehen, meine Damen und Herren, es gibt nicht nur beim Straßenbau in Schleswig-Holstein, sondern auch für die Schiene viel zu tun. Ich habe mir, wir haben uns als Landesregierung vorgenommen, den Ausbau des Schienenverkehrs in SchleswigHolstein genauso ernst zu nehmen wie den Ausbau des Straßenverkehrs. - Herzlichen Dank.

(Beifall FDP, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und AfD)

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat die vereinbarte Redezeit um knapp 9 Minuten überschritten. Diese Redezeit steht jetzt auch allen anderen Fraktionen zu. Ich sehe aber nicht, dass davon Gebrauch gemacht wird. Insofern schließe ich die Beratungen.

Es ist in mehreren Punkten Ausschussüberweisung beantragt worden.

Ich lasse zunächst darüber abstimmen, den Antrag der Fraktion der AfD, Drucksache 19/385, dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer für die Ausschussüberweisung ist, den bitte ich um das

Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung gegen die Stimmen der AfD mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Wir stimmen jetzt über den Antrag der AfD-Fraktion, Drucksache 19/385, in der Sache ab. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Damit ist der Antrag der AfD, Drucksache 19/385, mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Abstimmung zu b): Ausschussüberweisung zum Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/390, und zum Alternativantrag der SPD, Drucksache 19/416. Es ist beantragt worden, den Antrag und den Alternativantrag dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Dann ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen von SPD, SSW und AfD abgelehnt.

Wir stimmen jetzt in der Sache ab. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag, Drucksache 19/416, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag, Drucksache 19/390, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen von SPD und AfD

(Volker Schnurrbusch [AfD]: Wir haben zu- gestimmt!)

- mit den Stimmen der AfD gegen die Stimmen von SPD bei Enthaltung des SSW angenommen.

Abstimmung zu c): Antrag der Fraktionen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP, Drucksache 19/391, und Alternativantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 19/409. Auch hier ist wieder beantragt worden, den Antrag und den Alternativantrag dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer für die Ausschussüberweisung ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP gegen die Stimmen von SPD, AfD und SSW abgelehnt.

(Minister Dr. Bernd Buchholz)

Wir stimmen also jetzt in der Sache ab. Ich lasse zunächst über den Alternativantrag, Drucksache 19/409, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD gegen die Stimmen von SPD und SSW abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag, Drucksache 19/391, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und AfD bei Enthaltung des SSW angenommen.

(Lars Harms [SSW]: Wir haben dagegen ge- stimmt!)