Protokoll der Sitzung vom 14.12.2017

(Lars Harms [SSW]: Wir haben dagegen ge- stimmt!)

- Gegen die Stimmen des SSW, Entschuldigung. Aber trotzdem angenommen.

(Zuruf: Aber nur knapp! - Heiterkeit)

Abstimmung zu d): Beschlussempfehlung des Ausschusses für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg, Drucksache 19/376. Mit der Beschlussempfehlung haben die Mitglieder des Ausschusses für die Zusammenarbeit der Länder Schleswig-Holstein und Hamburg dem Landtag einen Entschließungsantrag mit der Bitte um Übernahme und Zustimmung vorgelegt. Wer dieser Entschließung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist die Beschlussempfehlung, Drucksache 19/376, einstimmig angenommen.

Meine Damen und Herren, ich weise Sie darauf hin, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf verständigt haben, dass der TOP 26 - Dauerhafter Erhalt von Gieselau-Kanal und -Schleuse als Bundeswasserstraße - im Januar aufgerufen wird. Der TOP 8 - Gesetzentwurf zur Bereinigung des Landesrechts im Bereich der Justiz - wird heute Nachmittag nach den beiden gesetzten Tagesordnungspunkten behandelt.

Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr und verabschiede mich gleichzeitig von hier oben. Es war mir eine Ehre. Danke schön.

(Beifall)

(Unterbrechung: 13:09 Uhr bis 15:03 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne unsere Nachmittagssitzung. Dass es ein wenig Irritationen gab, hängt damit zusammen, dass es ei

nige personelle Veränderungen gibt, auf die wir im Laufe der Sitzung noch zurückkommen werden.

Wir beginnen mit dem Tagesordnungspunkt 15. Bevor ich diesen aufrufe, begrüßen wir auf der Tribüne gemeinsam Bürgerinnen und Bürger aus Kiebitzreihe. - Herzlich willkommen bei uns im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf:

Tarifliche Anpassung des vergaberechtlichen Mindestlohnes

Antrag der Abgeordneten des SSW und der Fraktion der SPD Drucksache 19/357 (neu)

Ich sehe, dass das Wort zur Begründung nicht gewünscht wird. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Abgeordneten des SSW hat der Abgeordnete Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon im Juni 2017 haben wir einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tariftreuegesetzes eingebracht, der sicherstellen soll, dass bei einer Ausschreibung das bestehende Personal übernommen werden muss. Für jeden normal denkenden Menschen sollte das eine Selbstverständlichkeit sein, zumindest aber für jeden sozial verantwortlich denkenden Menschen. Bisher ist trotz abgeschlossener Anhörung nichts geschehen, weil man sich wohl in der Koalition nicht darüber einig werden kann. Das heißt aber auch, dass der unsichere Zustand, den wir jetzt haben, einfach bestehen bleibt sehr zum Schaden der jeweiligen Mitarbeiter, die bei einer Ausschreibung ihren Job verlieren können.

Ich sage das vor dem Hintergrund, dass eine solche Verschieberei von Entscheidungen nicht akzeptabel ist und auch keine Lösung des Problems darstellt. Deswegen erwarte ich heute, meine Damen und Herren, dass wir zumindest bei einer Entscheidung, die recht schnell getroffen werden kann, jetzt auch schnell handeln.

Im Tariftreuegesetz haben wir festgelegt, dass bei einer Ausschreibung mindestens der Lohn gezahlt werden soll, der auch in der geringsten Einstufung im öffentlichen Dienst zu zahlen ist. Das sind keine Reichtümer, sondern es ist eher eine Mindestabsicherung der betroffenen Mitarbeiter. Und es ist vor

(Vizepräsident Oliver Kumbartzky)

allem ein sicherer Schutz davor, dass in bestimmten Bereichen Aufgaben nur deshalb vergeben werden, weil man dadurch die eigenen Tarife des öffentlichen Dienstes aushebeln kann.

Es kann nicht sein, dass man eine Tarifeinigung vonseiten der Länder mit den Gewerkschaften hinbekommt und sich dann durch die Hintertür einen schlanken Fuß macht, indem man die Aufgaben zu Billiglöhnen nach außen vergibt. Deshalb, meine Damen und Herren, gibt es den vergaberechtlichen Mindestlohn, und das ist auch gut so.

In diesem Jahr hat die Küstenkoalition am Jahresanfang eine Mindestlohnanpassung an die Tarifsteigerung im öffentlichen Dienst durchgeführt. Er liegt jetzt bei 9,99 €.

(Beifall SSW)

Ab dem 1. Januar 2018 steigen die Tarifentlohnungen nun wieder um 2,35 %, was bedeutet, dass der Mindestlohn auf 10,22 € steigen müsste. Im Gesetz haben wir hierfür eine Verordnungsermächtigung. Da bisher nichts geschehen ist, haben wir nun unseren Antrag gestellt, von dieser Ermächtigung auch für das Jahr 2018 Gebrauch zu machen, um staatlichem Lohndumping einen Riegel vorzuschieben.

Wir haben den bundesweiten Mindestlohn von 8,84 € und auch weitere branchenbezogene Mindestlöhne zwischen 9,10 € und 10 €, die allesamt unterhalb des zu erhöhenden vergaberechtlichen Mindestlohnes liegen. Die Gefahr ist also da, meine Damen und Herren.

Wir reden über einfache Tätigkeiten, über Leiharbeiter, über Beschäftigte in der Abfallwirtschaft, über Menschen, die im Gartenbau ihr Geld verdienen, oder auch über die Menschen, die unsere Büros reinigen. Und wir reden über aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer. Das Problem ist also ganz real und ganz greifbar. Und deshalb müssen wir etwas tun.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Es geht hier eben nicht um die Großverdiener, sondern um die Menschen, die wirklich buchstäblich jeden Cent benötigen, egal, ob es unsere eigenen Beschäftigten in der untersten Lohngruppe sind, oder ob wir über Menschen reden, die in Firmen beschäftigt sind, die für uns arbeiten. Ich finde, gerade für diese Menschen mit vergleichsweise wenig Einkommen haben wir eine besondere Verantwortung.

(Beifall SSW und vereinzelt SPD)

Von der Anzahl her sind dies sicherlich nicht die meisten Beschäftigten. Weder bei uns als Land, noch in den Kommunen. Somit ist das in den einzelnen Bereichen auch nicht so gravierend. Deshalb können wir es uns alle leisten, hier für Gerechtigkeit zu sorgen. Wenn wir alle zusammenzählen bei uns, bei den Kommunen und bei anderen Betrieben -, dann können wir doch vielen Menschen helfen.

Wir haben derzeit in Schleswig-Holstein den höchsten vergaberechtlichen Mindestlohn; das ist richtig. Ich finde: Das kann uns durchaus auch stolz machen, dass wir das hinbekommen haben.

Dabei dürfen wir nicht stehenbleiben. Gerechtigkeit und Fairness dürfen auch bei einem Regierungswechsel nicht unter den Tisch fallen. Deshalb muss der vergaberechtliche Mindestlohn erhöht werden. Das sollte eine Selbstverständlichkeit gegenüber den Betroffenen sein. Deshalb darf die Entscheidung nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Wer faire Löhne und gute Arbeit will, kann sich auch heute schon entscheiden. Am 1. Januar 2018 steigen die Löhne im öffentlichen Dienst. Darum muss auch der Mindestlohn zum 1. Januar 2018 steigen. Wer sich dem verweigert oder das Ganze wieder einmal auf die lange Bank schiebt, zeigt dadurch, dass er Lohngerechtigkeit nicht will.

Wir beantragen Abstimmung in der Sache, damit man sich auch wirklich bekennen kann.

(Beifall SSW und SPD)

Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian.

Sehr geehrter Landtagspräsident! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren! Das Thema Mindestlohn beschäftigt uns nun inzwischen in fast jeder Landtagssitzung. Der Kollege Andresen sagte vorhin zu mir: Das ist die neue A 20. Zumindest von der thematischen Anwesenheit im Parlament her beschäftigen wir uns sehr häufig damit. Es ist ein Dauerbrenner.

Nach diversen Showanträgen von der SPD zum Thema Mindestlohn kommt nun von einer konstruktiveren Oppositionsfraktion ein Antrag, den Vergabemindestlohn zu erhöhen. Ich muss allerdings das konstruktiv ein bisschen in Anführungszeichen setzen, werter Kollege Harms. Sie began

(Lars Harms)

nen Ihre Rede damit, dass Sie schon ganz zu Anfang der Wahlperiode beantragt hätten, das Vergaberecht dahin gehend zu ändern, dass man Mitarbeiter übernehmen müsse. Im Gesetz brauche dafür nur ein einziges Wort geändert werden. Sie sagten: Normal denkende Menschen würden das machen. Herr Dr. Stegner sagt: Stimmt. - Ich erinnere Sie daran, dass Sie in den letzten fünf Jahren regiert haben und in den letzten fünf Jahren dieses eine Wort im Tariftreue- und Vergabegesetz hätten streichen können. Es war die erste Sitzung nach der Landtagswahl, in der es dem SSW auffiel, dass man das ändern sollte. Dann waren Sie zumindest in den letzten fünf Jahren keine normal denkenden Menschen. Jetzt, aus der Opposition heraus, ist es sehr einfach zu sagen: Da muss etwas geändert werden.

Sie wissen genauso gut wie ich: Wir haben das im Wirtschaftsausschuss diskutiert. Wir haben gesagt, es bringt jetzt nichts, stückchenweise am Tariftreue- und Vergabegesetz Änderungen vorzunehmen, hier einmal etwas zu ändern, da einmal etwas zu ändern, sondern - das steht auch im Koalitionsvertrag - es wird ein neues Vergaberecht geben. Dann macht man einen einheitlichen Entwurf, in dem man entsprechende Thematiken berücksichtigt und möglicherweise Diskussionen aus dem Wirtschaftsausschuss aufnimmt.

Heute liegt nun der Antrag auf dem Tisch, den Vergabemindestlohn anzupassen. Zur Information an unsere Gäste und Zuschauer: Wir haben in Schleswig-Holstein eigentlich drei Mindestlöhne, den Landesmindestlohn, den Bundesmindestlohn und den Vergabemindestlohn. Jetzt geht es um den Vergabemindestlohn. Das ist der höchste der drei Mindestlöhne: 9,99 €. Der Landesmindestlohn liegt gerade bei 9,18 € und der Bundesmindestlohn bei 8,50 €. Wir liegen also in Schleswig-Holstein deutlich über dem Bundesmindestlohn. Der Bundesmindestlohn soll nun von 8,50 € auf 8,84 € erhöht werden. Der Landesmindestlohn von 9,18 € liegt also schon darüber. Jetzt soll der vergaberechtliche Mindestlohn, also der Mindestlohn, den Kommunen und das Land und öffentliche Unternehmen bezahlen, wenn sie öffentliche Aufträge vergeben, auf 10,22 € erhöht werden.

Manchmal wird man auch ein bisschen schlauer, indem man über Landesgrenzen hinweg guckt. Da stellt man fest - das haben Sie auch schon gesagt -, dass Schleswig-Holstein mit 9,99 € bundesweit den höchsten Vergabemindestlohn hat. Dann guckt man sich an, was andere Bundesländer machen. Wissen Sie, ich könnte jetzt genüsslich zitieren, welche rot

grün-regierten Bundesländer welche Entscheidungen in den letzten Jahren getroffen haben

(Thomas Hölck [SPD]: Wir tragen hier Ver- antwortung!)

- genau - aber wir tragen hier Verantwortung. Politik ist meines Erachtens auch nicht immer gut beraten, wenn man sagt, da mache die SPD das, da die Grünen das oder sonst etwas. Wir sollten auf unser Land gucken.

(Martin Habersaat [SPD]: Merken Sie sich das!)

- Ja, Herr Kollege Habersaat. Das merke ich mir sehr gern. Ich freue mich auf den nächsten Wahlkampf mit Ihnen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Regieren Sie erst mal ein bisschen! Dann können wir weiterre- den!)

- Wir werden noch relativ lange arbeiten, Herr Dr. Stegner - das ist ja das Gute -, bis der nächste Wahlkampf kommt. Wir werden hier noch relativ lange arbeiten. Vielleicht finden Sie sich irgendwann in die Oppositionsrolle ein.