- Wir werden noch relativ lange arbeiten, Herr Dr. Stegner - das ist ja das Gute -, bis der nächste Wahlkampf kommt. Wir werden hier noch relativ lange arbeiten. Vielleicht finden Sie sich irgendwann in die Oppositionsrolle ein.
Ich wollte eigentlich nur die Frage stelen, ob Sie wissen, welche Partei an all den Regierungen, in deren Ländern es möglicherweise Mindestlöhne gibt, die unterhalb Schleswig-Holsteins liegen, nicht beteiligt ist.
- Sie meinen den SSW? - Wenn das eine Frage war, will ich sie beantworten. Lassen Sie mir für die Antwort noch ein bisschen Zeit, damit meine Uhr noch angehalten bleibt. Ich gehe davon aus, dass Sie eine Partei meinen, die einzig und allein in Schleswig-Holstein zur Landtagswahl antritt, von der Fünfprozenthürde befreit ist und den Namen SSW trägt.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Vielleicht sollten wir die Mindestanforderungen für den SSW auch anheben! - Heiterkeit)
- Darüber könnte man auch reden. - Jetzt zum Thema! Verhindern wir wirklich Lohndumping, wenn wir den Vergabemindestlohn von 9,99 € auf 10,22 € anheben? Oder schaffen wir neue Hürden für Vergabeverfahren? Kann es nicht auch sein, dass, wenn wir unseren höchsten Mindestlohn immer weiter erhöhen, immer einen oben draufsatteln, das dazu führt, dass Unternehmen, die schon jetzt eine hohe Dokumentationspflicht und ein hohes Maß an Zettelwirtschaft haben, um überhaupt nachweisen zu können, dass der Mindestlohn gezahlt wird, irgendwann, gerade in Zeiten der Hochkonjunktur, sagen: Für das Land Schleswig-Holstein zu arbeiten, ist uns ein bisschen zu anstrengend, denn alle anderen Bundesländer haben inzwischen einheitlich entweder mit dem Landesmindestlohn oder mit dem Bundesmindestlohn gleichgezogen und gesagt, wir führen etwas ein, das gegen Lohndumping wirken soll.
Ich glaube, wir haben mit unseren noch bestehenden drei Mindestlöhnen ein System, bei dem sich sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer relativ schnell verzetteln können und wir uns im Zweifel selbst schaden, wenn wir immer wieder weitere Erhöhungen und Änderungen vornehmen.
Im Gesetz ist nicht vorgeschrieben, dass der Minister den Mindestlohn erhöhen muss. Im Gesetz ist die Ermächtigung eingetragen, dass der Wirtschaftsminister dazu ermächtigt wird, das Mindeststundenentgelt erhöhen zu können.
Ich komme zum Ende. - Ich glaube, wir tun gut daran, uns noch einmal insgesamt mit Fragen des Tariftreuegesetzes und des Vergaberechtes im Wirtschaftsausschuss zu beschäftigen, einen großen Wurf auf den Tisch zu legen und nichts auf die lange Bank zu schieben, sondern das Thema zu beraten. Ein Schnellschuss aus der Hüfte und eine Erhöhung deutlich über das Bundesniveau hinaus ist an dieser Stelle noch nicht angebracht. Deswegen beantrage ich die Überweisung in den Ausschuss. Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem gemeinsamen Antrag von SSW und SPD fordern wir die Landesregierung auf, den Mindestlohn nach dem Tariftreue- und Vergabegesetz des Landes Schleswig-Holstein anzuheben. Die Referenzgröße für diesen Mindestlohn soll dem Grundentgelt der untersten Entgeltgruppe des öffentlichen Dienstes des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder entsprechen. Dies bedeutet, ab dem 1. Januar 2018 muss der vergaberechtliche Mindestlohn bei 10,22 € liegen. Dies ist die logische Konsequenz, wenn wir in Schleswig-Holstein weiterhin öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben wollen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen entsprechenden vergaberechtlichen Mindestlohn zahlen. Das Land SchleswigHolstein muss mit gutem Beispiel vorangehen, um gute und faire Löhne zu garantieren.
Herr Kollege Kilian, Ihr Filibustern über die Frage unterschiedlicher Mindestlöhne ist sehr schön, war aber völlig daneben. Es geht nicht darum, einen Mindestlohn mit einem Mindestlohn zu vergleichen, sondern beim Tariftreue- und Vergabegesetz geht es darum, gleiche Arbeit mit gleichem Lohn zu entgelten. Das ist der Ansatz. Wir wollen nicht, dass Menschen, die im Auftrag des öffentlichen Dienstes oder für den öffentlichen Dienst Aufträge übernehmen, schlechter bezahlt werden als die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Das ist unser Anspruch, und das ist auch der Anspruch des Tariftreue- und Vergabegesetzes.
Wie notwendig gute Beispiele und verantwortungsvolles Handeln sind, zeigen die Presseberichte der letzten Monate. So meldet der Zoll, der Arbeitgeber auf Einhaltung des Mindestlohns kontrolliert, deutlich mehr Verstöße gegen den Mindestlohn. Da geht es um den bundesweit einheitlichen Mindestlohn.
Ich habe die Frage an Sie. Wenn Sie sagen, im Tariftreue- und Vergabegesetz verfolge den Sinn und Zweck, dass die niedrigste Lohnstufe im öffentlichen Dienst mit dem Vergabemindestlohn gleichgesetzt wird: Warum wurde das von Ihnen geschaffene Gesetz dann nicht so geschaffen, dass es sich automatisch bei jeder Erhöhung der niedrigsten Entgeltstufe ändert, sondern warum hat man gesagt: Der Wirtschaftsminister hat eine Ermächtigung? Es steht auch nicht im Gesetz, dass man verpflichtet ist, den Mindestlohn in der entsprechenden Höhe einzusetzen. Stattdessen steht darin, dass man sich daran orientiert. Warum ist das so?
- Zunächst einmal haben wir die Situation, dass die Tariferhöhung in zwei Schritten vorgenommen wird. Natürlich muss man da auch entsprechend reagieren. Genau dafür haben wir zum Beispiel in das Gesetz geschrieben, dass das Wirtschaftsministerium ermächtigt wird, dieses auch entsprechend umzusetzen. Das ist eine Erklärung dafür. Ich glaube nicht, dass Sie sich auf die letzten fünf Jahre beziehen können. Wir haben eigentlich immer dafür gesorgt, dass der vergaberechtliche Tariftreuemindestlohn angepasst worden ist. Insofern glaube ich, dass die Diskussion, die Sie da lostreten wollen, für mich nicht nachvollziehbar ist.
Herr Kollege, ich habe eine Frage: Der letzte Wirtschaftsminister dieses Landes, ist der Ihrer Auffassung gewesen? Ist er eigentlich regelmäßig in die Koalition gekommen und hat gesagt: Mensch, da gibt es eine Änderung in der niedrigsten Entgeltgruppe im öffentlichen Dienst, wir müssten den Vergabemindestlohn wieder erhöhen? Oder gab es dort anders lautende Debatten und Diskussionen?
- Diese Diskussion, die Sie vermuten, kenne ich nicht. Ich weiß nur, dass wir mit dem Wirtschaftsminister Meyer sehr gut und sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet haben.
(Beifall SPD - Lachen CDU - Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Du sollst nicht lügen! - Weitere Zurufe)
Ich will noch einmal auf mein Redemanuskript zurückkommen. Ich glaube, dass natürlich verantwortungsvolles und beispielgebendes Handeln einer Landesregierung notwendig ist, denn in der letzten Zeit - man kann das anhand von Presseberichten nachvollziehen - gibt es immer mehr Klarheit darüber, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber durchweg Verstöße gegen den Mindestlohn begehen. Das berichtet der Zoll. Die Zahl ist massiv angestiegen. Aber auch das Institut für Wirtschaftsforschung, das DIW, hat in einer Studie festgestellt, dass circa 1,8 Millionen Beschäftigte in der Bundesrepublik, die Anspruch auf den Mindestlohn haben, weit weniger als diesen Mindestlohn bekommen.
Unter diesem Missbrauch leiden einige Gruppen von Beschäftigten ganz besonders: Minijobber, Beschäftigte in kleinen Firmen, Ausländerinnen und Ausländer sind es, die ganz besonders oft in der Situation sind, dass ihnen der Mindestlohn vorenthalten wird. Das zeigt die Studie des DIW. Wenn die prekäre Beschäftigung - das heißt Minijobs in Schleswig-Holstein - weiter zunehmen, wie gerade eine Studie des DGB Nord nachgewiesen hat, können wir davon ausgehen, dass auch in diesem Bereich die Verstöße gegen den Mindestlohn zumindest nachweisbar vorhanden sein werden.
Wir erwarten deswegen, dass die Landesregierung aktiv wird und prekäre Beschäftigungsverhältnisse eindämmt. Wir erwarten, dass die Landesregierung auch dazu beiträgt, dass Minijobber und andere Betroffene zu ihrem Recht kommen und Unterstützung finden, wenn sie den ihnen zustehenden Mindestlohn einfordern.
Unser Ziel ist es weiterhin, Schleswig-Holstein zum Land mit den besten Arbeitsbedingungen in Deutschland zu machen. Wir erwarten, dass sich die schleswig-holsteinische Landesregierung vorbildlich verhält und den vergaberechtlichen Mindestlohn an die Gehaltsentwicklungen im öffentlichen Dienst anpasst. Wir fordern die schleswig-holsteinische Landesregierung und vor allem den Wirt
schaftsminister, Herrn Dr. Buchholz, auf, den Kampf gegen den Mindestlohn einzustellen und sich endlich im notwendigen Kampf gegen prekäre Beschäftigung und für gute Arbeit zu engagieren. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Jede fünfte abhängige Beschäftigung bei uns im Land wird nur geringfügig entlohnt. Viele Menschen müssen ihr Leben durch Minijobs finanzieren oder bekommen einen sehr niedrigen Stundenlohn. Unsichere Arbeitsverhältnisse und ein Festhängen im Niedriglohnbereich führen oft zu Altersarmut und auch zu gesundheitlichen Problemen. Deshalb gehört faire Bezahlung auf die politische Agenda. Deswegen ist es auch vollkommen legitim, Herr Kollege Harms, dass Sie das hier immer wieder einfordern.
Wir Grüne kämpfen auf allen Ebenen für faire Löhne und gute Beschäftigungsverhältnisse. Der Hauptakteur dafür ist allerdings der Bund. Würde sich im Deutschen Bundestag eine Mehrheit finden, den Mindestlohn auf 12 € anzuheben,
(Beifall Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])
die sachgrundlose Befristung abzuschaffen und eine Sozialversicherungspflicht bei Minijobs einzuführen, würde sich für viele Millionen Menschen bei uns im Land konkret etwas verändern und verbessern. Wir Grüne wären Teil dieser Mehrheit. Ganz egal ob KoKo, GroKo oder Sonstiges: Wir brauchen einen Wechsel in der Arbeitsmarktpolitik in Berlin.
Aber ja, auch das Land muss tun, was es kann. Deshalb haben wir Grüne in der Küstenkoalition gemeinsam mit dem SSW und der SPD-Fraktion
einen Vergabemindestlohn eingeführt und ihn in einem zweiten Schritt auf 9,99 € angehoben. Ich lasse einmal die Schärfe gegen die SPD weg, die ich eigentlich in meinem Manuskript stehen hatte, Herr Kollege Baasch. Ich fand es schon sehr entlarvend: Wäre ich Social-Media-Referent der CDU-Fraktion, würde ich die Zwischenfrage von Herrn Kilian nehmen und danach Ihr Lächeln reinschneiden. Dann ist zu dem Thema eigentlich alles gesagt.