Protokoll der Sitzung vom 15.02.2019

(Martin Habersaat [SPD]: Wann kommt denn Ihr Klimaschutz dran?)

- Ich habe vorhin sehr viel dazu gesagt. Sie hätten anständig zuhören können.

(Unruhe)

Greta Thunberg und die Demonstranten von FridaysForFuture legen es darauf an - Eka von Kalben hat es gesagt –, zivilen Ungehorsam zu üben und auf das Thema aufmerksam zu machen. Es geht also auch darum, mit diesen Demonstrationen ganz bewusst Regeln zu brechen. In diesem Sinne ist es sogar eine Unterstützung der Demonstranten, wenn sich die Ministerin so deutlich in dieser Frage positioniert, auf der Schulpflicht besteht und Konsequenzen einfordert.

(Tobias Loose)

Ich will die Position, die ich habe, deutlich machen: Schulpflicht bleibt Schulpflicht. Selbstverständlich sollen Konsequenzen verhältnismäßig sein. Niemand sollte wegen ein paar Besuchen von Demonstrationen am Ende von der Schule fliegen. Es ist wichtig, dass wir an den Grundsätzen festhalten.

(Beifall CDU)

Das darf aber auch nicht zur Regel werden, auch dann nicht, wenn wir auf andere Themen gucken; denn wer regelmäßig nicht zur Schule geht, schadet sich in erster Linie selbst.

(Beifall CDU)

Wir diskutieren hier oft über das Thema „100 % Unterrichtsversorgung“. Dieser Kampf macht für mich als Bildungspolitiker nur dann Sinn, wenn Schüler in der Schule sind und den Unterricht auch tatsächlich wahrnehmen. Das sollten wir nicht konterkarieren. Eines sei dabei auch angemerkt: Wenn man sich schon vornimmt, jeden Freitag zu demonstrieren, wundert es mich schon ein bisschen, wenn in Nordrhein-Westfalen dann, wenn Ferien sind, die Demonstration am Freitag abgesagt wird. Das ist auch ein Ansatz, bei dem man sagen sollte: Wenn man das jeden Freitag machen will, dann sollte man das auch jeden Freitag machen.

(Dr. Frank Brodehl [AfD]: Das zeigt die Heuchelei!)

Zurück zum eigentlichen Thema; denn in dieser Debatte geht es ja um den Klimaschutz. Was können wir in Schleswig-Holstein selber tun, und wo kümmern wir uns um solche Themen? Ein Thema, das sogar Ihnen gefallen wird, ist das, was wir hier im Hintergrund von diesem Plenarsaal sehen können, das Küstenkraftwerk, das hier bei uns in Kiel neu entsteht und auf der anderen Seite der Förde zu sehen ist. Das wird das Kohlekraftwerk, das mit Steinkohle beheizt worden ist, ersetzen. Dies zum Stichwort Kohleausstieg; denn das wird am Ende ein Gaskraftwerk sein. Es ist zwar noch nicht optimal, aber immerhin. Durch diesen Neubau wird es eine CO2-Reduzierung geben. Das ist eine riesige Investition von fast 300 Millionen € und wird zu einer Reduzierung um 70 % führen.

Das Besondere ist, dass dieses Kraftwerk innerhalb von 5 Minuten hochgefahren werden kann. Beim alten Kraftwerk hat das Hochfahren mehrere Stunden gedauert. Genau dies sind die richtigen Schritte, um am Ende auch mehr Flexibilität beim Energiebedarf zu haben, um zum Beispiel erneuerbare Energie ganz anders in unsere Energieversorgung zu integrieren. Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür,

was wir in Schleswig-Holstein für den Klimaschutz tun.

(Beifall CDU und FDP)

Wir haben das hier schon oft im Plenum diskutiert. Als Windenergieland haben wir eine große Chance beim Thema Power to X. Wir müssen erneuerbare Energien noch stärker nutzbar machen. Wasserstoff, Methan, vielleicht sogar Kerosin für die Luftfahrt sind Wege, wie wir ungenutzte Windenergie nutzbar machen können. Dadurch können wir in Schleswig-Holstein Vorreiter sein, insbesondere auch nach dem Motto, das wir in der Jamaika-Koalition haben, dass man nämlich Ökologie und Ökonomie miteinander verbindet.

Dazu gehört natürlich untrennbar auch die Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BNE. Dazu hat die Jamaika-Koalition einen Antrag eingebracht. Bildung und Klimaschutz gehören eng zusammen. Schleswig-Holstein beschäftigt sich schon viel länger mit diesem Thema. Wir haben viele beispielhafte Projekte, wie „KITA21 - Die Klimaretter“. Ich nenne auch die „Zukunftsschule.sh“.

Wir nehmen uns mit diesem Antrag - und das finde ich ganz und gar nicht albern, weil wir auf etwas aufbauen - für das erste Quartal 2020 vor, eine bewusste Landesstrategie für nachhaltige Entwicklung und für alle Bildungsbereiche zu entwickeln. Das tun wir nicht alleine, sondern wir laden alle Akteure dazu ein, sich daran zu beteiligen. Das ist ein wichtiger Schritt, um nachhaltige Bildung insgesamt in unserer Gesellschaft in Schleswig-Holstein zu verankern.

Getragen wird diese Diskussion - das finde ich auch wichtig, damit wir uns darüber klar sind, woher das kommt - um nachhaltige Bildung aus den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, die 2015 verabschiedet wurden. Obwohl wir zu diesem Tagesordnungspunkt eine lange Redezeit haben, reicht die Zeit nicht aus, um dies alles hier darzustellen. Aber bei den Fragen um Nachhaltigkeit geht es nicht allein darum, wie wir unseren Planeten schützen und den Klimawandel begrenzen, sondern es geht auch um eine Welt ohne Armut und Hunger, um eine gerechte Gestaltung von Globalisierung, um die Förderung von Frieden und den Aufbau von globalen Partnerschaften. Denn die Welt - das sehen wir bei all diesen Themen - ist sehr komplex, und alles hängt am Ende mit allem zusammen.

Viele dieser Themen sind große globale Herausforderungen. Das ist etwas, das wir mit einem Bildungsauftrag natürlich auch verfolgen wollen und

(Tobias Loose)

worum wir uns kümmern wollen. Deshalb macht eine solche Landesstrategie am Ende auch Sinn, wenn wir sie denn so konsistent entwickeln.

Klimaschutz und Nachhaltigkeit - jetzt ist jeder selber gefragt - fangen bei jedem Einzelnen an. Und da ist Bildung der Schlüssel; dafür gibt es viele Beispiele: Wie viele Plastiktüten benutze ich? Welches Auto fahre ich? Wohin fahre ich in den Urlaub? Entscheidend ist aber, dass man über all diese Themen auch Bescheid weiß. Deshalb ist Bildung für Nachhaltigkeit und Klimaschutz wichtig vom Kindergartenkind bis hin zum Rentner.

Weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir unsere Ziele besser erreichen können, wenn die Menschen davon überzeugt sind, finde ich es gut, dass wir uns dafür starkmachen, dass alle freiwillig und aus Überzeugung für den Klimaschutz begeistert werden. Das wird am Ende Verbote und Regulierung verhindern. Die sind nämlich schlechter, als wenn es die Menschen freiwillig machen.

In diesem Sinne danke ich Ihnen, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall CDU, vereinzelt FDP und Beifall Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Anita Klahn das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! So wie heute demonstrieren seit Wochen Schülerinnen und Schüler unter dem Motto „Fridays for Future“ und mahnen uns, mit Natur und Umwelt sorgsam umzugehen. Auch wenn aus unserer Sicht die Schülerdemonstrationen zurzeit eher einen appellierenden, allgemeinen Charakter haben, zeigen sie zunächst, dass die heutige Jugend allen Unkenrufen zum Trotz nicht, wie allgemein behauptet, politikverdrossen ist, sondern ganz im Gegenteil: Sie weiß sich für ihre Zukunft einzusetzen.

(Beifall FDP)

Ich betone und darf das auch im Namen meiner Fraktionskollegen darstellen, dass wir Liberale dieses Engagement der Jugendlichen ausdrücklich begrüßen und wertschätzen.

(Beifall FDP)

Für uns Freie Demokraten ergänze ich an dieser Stelle, dass insbesondere auch für unsere Jugendor

ganisation, die Jungen Liberalen, das Thema Klima- und Umweltschutz ein ganz zentrales Anliegen ist.

Die Möglichkeit, sich durch eine Demonstration oder einen Streik Gehör zu verschaffen, ist ein legitimes Recht. Das stellen wir auch nicht infrage. Klar ist auch, dass man eine größere Aufmerksamkeit erreicht, wenn man Grenzen überschreitet und sich über gültige Regeln hinwegsetzt, also konkret der Arbeit fernbleibt oder, wie es jetzt Schülerinnen und Schüler tun, dem Unterricht fernbleibt.

Ja, ein Ziel ist erreicht: Die Jugendlichen haben sich Gehör verschafft. Wir sollten jetzt aber nicht über die Frage des Schulschwänzens, sondern über die Frage des Klimaschutzes gemeinsam mit unseren Kindern in diesem Land diskutieren. Denn wir gehen davon aus, dass die Jugendlichen ganz konkrete Vorstellungen und Forderungen haben, wie der Klimaschutz verbessert und vorangetrieben werden kann und welches unser Anteil dabei sein soll. Das sollten wir mit unseren Kindern jetzt erörtern und gemeinsam nach Lösungen suchen. Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

(Beifall FDP)

Deshalb freue ich mich darüber, dass wir heute Nachmittag zu einem gemeinsamen Gespräch mit den Demonstrierenden zusammenkommen oder zumindest mit einigen von ihnen. Wir wissen in diesem Haus um unsere Verantwortung, und ich glaube, das bestreitet auch niemand.

Eines ist auch klar: Schleswig-Holstein und Deutschland sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Aber darüber dürfen wir nicht vergessen: Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, dann brauchen wir einen globalen Ansatz. Wir müssen auf internationale Lösungen, Innovation und Technologien setzen. Es geht vorrangig um wirtschaftliche, aber in hohem Maße auch um soziale Folgen, die es zu berücksichtigen gilt.

Natürlich lässt sich leicht der sofortige Kohleausstieg möglichst vor 2038 fordern, wenn einem erzählt wird, es bedürfe nur einer entsprechenden Zahl von Windrädern, die in die Landschaft gesetzt werden müssten. Aber dann muss man im selben Atemzug auch die Bürgerproteste bei Trassenausbau, Grundlastfähigkeit von Solarmodulen und komplexe Regelenergiesteuerung der Netzbetreiber besprechen.

(Beifall FDP - Kay Richert [FDP]: Und zwar weltweit! - Zuruf Martin Habersaat [SPD])

(Tobias Loose)

Das mag jetzt vielleicht sehr technisch klingen, aber das bringt ungelöste Probleme mit sich, mit denen es die Umsetzer eines Kohleausstiegs schon jetzt zu tun haben und in noch stärkerem Maße zukünftig zu tun bekommen werden.

Meine Damen und Herren, ein sofortiger Kohleausstieg wird mit vielen Beeinträchtigungen einhergehen. Das müssen wir uns auch immer wieder bewusst machen, und das müssen wir in unseren Diskussionen berücksichtigen.

Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an den Stromausfall in Lübeck im vorletzten Jahr, der durch einen technischen Defekt ausgelöst wurde. Sie sehen allein daran, welche Probleme bereits während der kurzen Stromausfallzeit entstanden sind. Das ging bis hinein in die medizinische Versorgung.

(Zuruf SPD)

- Ich habe doch gesagt, das sei ein technischer Defekt gewesen. Das hat uns aber gezeigt -

(Zuruf SPD)

- Stellen Sie eine Zwischenfrage, wenn Sie wollen.

Wir müssen bedenken, dass Energieversorgung kein Luxusgut werden darf. Strom muss für jeden bezahlbar bleiben. Dass wir hier besonders aufmerksam bleiben müssen, zeigen die Verteuerungen durch die EEG-Umlagen. Deshalb müssen wir auch überlegen, ob die heutige Subventionierung alternativer Energien wirklich so sinnvoll ist.

Ähnliches gilt für den Verkehrssektor. Ein Verteuern oder Verhindern von Mobilität wird keine Akzeptanz erfahren.

(Beifall FDP)