Protocol of the Session on June 21, 2019

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Meine Damen und Herren, für die großen lokbespannten Züge sind derzeit leider weder Akkunoch Wasserstoffantriebstechniken leistungsstark genug. Dieselloks schaffen 2 bis 3 MW, weswegen unsere Intercitys nach Sylt gleich zwei Lokomotiven brauchen, um den Zug überhaupt fortbewegen zu können.

2 MW - da fangen selbst kleine Triebwagen wie die der Nordbahn überhaupt erst an; kleiner geht es

(Vizepräsident Rasmus Andresen)

kaum. Elektrische Lokomotiven haben normalerweise 5 bis 6 MW; sogar über 8 MW sind möglich. Eine E-Lok ersetzt vier Dieselloks. Kilowatt sind einfach besser als PS. Sie dienen auch dem Wohl der Kunden im Bahnverkehr. E-Traktion heißt schnelles Anfahren und - ohne dass wir große Innovationen einführen - bei gleicher Fahrzeit mehr Halte, weshalb auch mehr Fahrgäste möglich sind. Es gibt mehr Platz für die Menschen, die noch Auto fahren. Klimarettung geht nur mit der Verkehrswende.

3 kW/h Wind statt 1 l Diesel! 12 Millionen € könnten wir auf der Stelle sparen, wenn wir die gesamte Marschbahn elektrifiziert hätten. 12 Millionen € Cash, meine Damen und Herren! Der Strom an der Strecke ist übrigens abgeschaltet; das ist ja das Irrationale. Wenn wir dort vorbeifahren, sehen wir Hunderte von Windrädern, die still stehen, und wir dieseln fröhlich entlang. Das ist ein Irrsinn, der gestoppt gehört!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas sagen: Nur 1.200 km - 29 %! - unserer Strecken werden elektrisch betrieben. Uns fehlen 300 bis 500 km Oberleitungen. Wollen wir es doch beim Namen nennen: Wir tragen in der Bundesrepublik die rote Laterne. Wir sind das Land mit den wenigsten Oberleitungen in der gesamten Bundesrepublik Deutschland. Das waren wir übrigens mit Bayern gemeinsam. Wir sind nach der Deutschen Einheit mit 29 % gestartet; wir hatten dieselbe Elektrifizierungsquote. Die Älteren unter uns werden sich erinnern: Das war die sogenannte NATOErsatzdieselreserve, die Schleswig-Holstein und Bayern vorhalten mussten. Bayern liegt bei den Oberleitungen aber mittlerweile bei 60 %. Ein Schelm, wer denkt, dass dies vielleicht an CSUVerkehrsministern im Bund liegt. Bei der Nachelektrifizierung hieß es jedenfalls in den letzten 25 Jahren im Bund: Bayern first!

Deshalb müssen wir uns alle anstrengen; das ist nicht nur die Aufgabe einzelner Fraktionen in diesem Haus. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir alle gemeinsam diesen Missstand endlich aufheben. Diesel muss von unserer Schiene verschwinden. Wir brauchen eine landesweite Elektrifizierungsstrategie. Das ist unser Antrag. Schließen Sie sich alle diesem Antrag an!

Meine Damen und Herren, wir waren immer sehr stark - ich erinnere an die Rader Hochbrücke und andere Verkehrsprojekte -, wenn wir unsere Projek

te und Forderungen mit der Kraft des ganzen Hauses in Richtung Berlin geschickt haben. Da beißt die Maus keinen Faden ab: Wir Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner wollen endlich mehr Elektrifizierung auf der Schiene!

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir haben auch Ideen für Strecken; wir haben sie auf den Weg gesetzt. Deshalb sage ich noch einmal: Lassen Sie uns den neuen Schatz der E-Traktion heben! Es geht um schnelle, starke E-Züge, weniger Emissionen, mehr Kapazität, bessere Anbindung für die Pendlerinnen und Pendler sowie für die Touristen. Wir müssen gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern endlich liefern.

Herr Kollege -

Lassen Sie uns die Elektrifizierungsstrategie gemeinsam voranbringen! - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt CDU)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Vogel.

Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Rasmus Andresen! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte fünf Gäste! Das Ziel, die Elektrifizierungsquote von derzeit 60 % auf 70 % bis 2025 im Bundesgebiet anzuheben, ist wahrlich ein ehrgeiziges. Jetzt gilt es, diesen ehrgeizigen Zielen Taten folgen zu lassen, und die Ziele sind bei unserer Ausgangssituation in Schleswig-Holstein mehr als ehrgeizig. Denn Schleswig-Holstein ist seit Jahren das Schlusslicht bei der Elektrifizierung unserer Bahnstrecken. Aus der Historie gewachsen, eine Dieselreserve vorhalten zu müssen, ist eine geringere Elektrifizierungsquote zwar nachvollziehbar, doch müssen wir nun eben deutlich nachziehen.

Erst in der sozialdemokratischen Regierungszeit ab 1988 wurde in Schleswig-Holstein die Elektrifizierung in den Blick genommen. Wir können uns alle noch daran erinnern, wie wir in Altona jedes Mal warten mussten, wenn die E-Loks mühsam abges

(Dr. Andreas Tietze)

pant und die Diesel-Triebfahrzeuge angespannt wurden. Jeder, der mit der Bahn nach SchleswigHolstein fuhr, merkte, dass er in der Steinzeit der Bahn angekommen war.

1995 gab es die erste Elektrifizierung auf der Strecke von Hamburg-Altona nach Kiel, 1996 folgte die Strecke nach Flensburg, 1998 von Elmshorn nach Itzehoe, erst 2008 die Strecke von Hamburg nach Lübeck beziehungsweise Travemünde, und das war es dann. Gut, es gibt noch die drei Strecken, auf denen die S-Bahn fährt. Die größeren Strecken sind allerdings alle weiterhin dieselbetrieben.

Diskussionen über eine gewünschte Elektrifizierung der Marschbahnstrecke scheitern immer wieder an der Argumentation der Bahn, dass hier viel zu wenig Zugverkehr stattfinde. Für die Verbindung nach Sylt wird ausgeführt, dass es keine entsprechenden Waggons gebe. Man muss nur einmal Richtung Eurotunnel blicken, wo von Calais nach Dover völlig problemlos auch unter einem Fahrdraht Fahrzeuge transportiert werden. Bei der Strecke von Kiel nach Lübeck mussten wir bisher immer hören, dass es in Plön wegen der Enge zwischen Bahnhof und See und im Bereich der Waldgebiete Schwierigkeiten gebe und so weiter. Es gab vonseiten der Bahn eigentlich immer nur Argumentationen, warum eine Elektrifizierung nicht möglich ist.

Ungeachtet dessen bietet die Elektrifizierung viele Vorteile. Andreas Tietze hat eben darauf hingewiesen -: Der CO2-Ausstoß könnte massiv gesenkt werden, da viel Diesel eingespart werden kann.

Auf allen elektrifizierten Strecken könnten zusätzliche Halte realisiert werden, weil die elektrisch betriebenen Züge deutlich schneller beschleunigen können und damit die notwendige Zeit für zusätzliche Haltestationen vorhanden wäre. Endlich könnten wir Glückstadt, aber auch andere Bahnhöfe auf der Strecke der Marschbahn wieder mit regelmäßigen Halten an das Bahnnetz anbinden.

Auch bei der Fahrzeugbeschaffung würde das Land profitieren. Weil fast nur noch Schleswig-Holstein mit Dieselzügen unterwegs ist, gibt es nur noch ganz wenige Anbieter von Triebfahrzeugen. Dies stellt sich bei elektrisch betriebenen Fahrzeugen auch kostengünstig attraktiver dar. Der Antrag der Koalition, in Berlin immer wieder Druck auszuüben, macht Sinn; inwiefern er hilft, müssen wir abwarten.

In Berlin sind das Verkehrsministerium und das Finanzministerium gefordert, den Worten im Koalitionsvertrag Taten folgen zu lassen.

(Beifall Lukas Kilian [CDU] und Christopher Vogt [FDP])

- Vielen Dank. - Über Förderprogramme und eine mögliche Kofinanzierung hatten wir bereits beim Digitalpakt eine Diskussion. Auch wir haben uns einhellig dafür ausgesprochen, dass eine Kofinanzierung insbesondere zulasten der finanzschwächeren Bundesländer ginge. Dies trifft natürlich auch auf eine mögliche Kofinanzierung im Bereich der Elektrifizierung zu. Hier wäre Schleswig-Holstein am schlechtesten beraten, da wir im Vergleich zu allen anderen Bundesländern pro Kopf den deutlich höchsten Investitionsbedarf haben, weil wir als Schlusslicht starten.

Alles in allem müssen wir konstatieren: Die Vereinbarung im Koalitionsvertrag auf Bundesebene macht Sinn, da die Elektrifizierungsquote gerade in Schleswig-Holstein massiv steigen muss. Den Antrag aus dem Landtag unterstützen wir, weil ein stetes Erinnern bei unseren Fraktionen und Regierungsvertretern in Berlin sicherlich immer wieder die Sinne schärft, dass dort etwas im Koalitionsvertrag zur Elektrifizierung aufgeschrieben wurde. Wir werden dies für unsere Sozialdemokraten in Berlin gern erfüllen; wenn es auch alle anderen so erledigen, kommen wir in Sachen Elektrifizierung hoffentlich einen guten Schritt weiter. - Vielen lieben Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Vielen Dank. - Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Lukas Kilian das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich den Worten meiner Vorredner anschließen: Wir müssen unsere Schiene unter Strom setzen. Es macht keinen Sinn, im Land der Energiewende mit Dieselloks zu fahren, wenn zeitgleich das Windrad nebenan abgeschaltet wird und der ökologisch sinnvolle Strom dafür nicht genutzt werden kann. Selbst Kohlestrom böte einen Vorteil gegenüber Dieselloks. Bei einem mit Kohlestrom fahrenden Güterzug werden 20,2 g CO2 pro Tonnenkilometer ausgestoßen, bei einem Dieselzug 33,8 g CO2 pro Tonnenkilometer, bei einem Ökostromzug nichts.

Lassen Sie uns deswegen für die Elektrifizierung in diesem Land kämpfen. Das ist so ähnlich wie bei

(Kai Vogel)

der steuerlichen Forschungsförderung für kleine und mittelständische Unternehmen: Der Bund plant etwas, und wir müssen aufpassen, dass wir etwas vom Kuchen abbekommen.

(Beifall CDU, SPD und Christopher Vogt [FDP])

Es ist wichtig, dass der Bund etwas plant. Wenn man sich einmal die Elektrifizierungsgrade unserer europäischen Nachbarländer anschaut: In der Schweiz sind 100 % der Schienenstrecken elektrifiziert, in Belgien 86 %, Niederlande 76 %, Schweden 75 %, Österreich 72 % und Italien 71 %. Es ist doch schön, wenn man in Deutschland italienische Verhältnisse fordern kann und damit einen erheblichen Vorsprung gewinnen würde.

In den Jahren 2007 bis 2016 sind deutschlandweit nur 3 % der Strecken elektrifiziert worden. Lieber Andreas Tietze, Sie haben gerade ausgeführt, dass Bayern einen erheblichen Sprung gemacht hat. Das stimmt. Das liegt nicht nur daran, dass es einen CSU-Bundesverkehrsminister gibt, sondern auch daran, dass das Bundesland Bayern seine Hausaufgaben gemacht hat. Ich möchte jetzt nicht darauf verweisen, dass die Grünen da noch nicht an der Regierung beteiligt waren. Auch andere Parteien haben durchaus erkannt, dass man frühzeitig mit eigenen Projekten in Berlin aufschlagen und deutlich machen muss, dass man die Elektrifizierung im eigenen Bundesland haben will.

(Vereinzelter Beifall CDU und FDP)

Aktuell ist im Bundeshaushalt viel zu wenig Geld eingestellt, um die Elektrifizierung voranzubringen. Für 2019 waren es gerade einmal 5 Millionen €. Das reicht für die Elektrifizierung einer Strecke von 3 km bis 4 km. Das bringt nicht furchtbar viel, das ist nicht der Satz, den wir vorsehen.

Anfang des Jahres hat Bundesverkehrsminister Scheuer angekündigt, insgesamt 10 Milliarden € in die Elektrifizierung zu stecken. Unsere Bundesregierung hat ankündigt, in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen. Bei einem Klimaschutzgesetz mit Köpfchen wäre durchaus eine gute Idee, die Elektrifizierung in ein solches Gesetz aufzunehmen. Das trüge einen erheblichen Teil zur Reduktion von CO2 in unserem Land bei.

Die Hausaufgaben müssen auf Bundesebene gemacht werden. Schleswig-Holstein ist mit einer Elektrifizierungsquote von 29 % deutlich abgeschlagen. Deswegen brauchen wir mehr Strecken, die elektrifiziert werden. Da geht der Dank an den Verkehrsminister, aber auch an die Vorgängerregie

rung, die mit der XMU-Ausschreibung begonnen hat. Wir haben jetzt die Möglichkeit, mit den Fahrzeugen, die uns geliefert werden, nicht nur dort zu elektrifizieren, wo die gesamte Strecke unter einem Fahrdraht gefahren werden muss, sondern unser Land durch das Kombinationsmodell aus Pantograf und Akku mit sogenannten Elektrifizierungsinseln deutlich besser aufzustellen, was die Elektrifizierung angeht. Wir brauchen hier eine Strategie.

Ich würde mich freuen, wenn Sie alle unserem Antrag zustimmen. Das ist Klimaschutz mit Köpfchen und eine Verkehrswende, der wir in diesem Hause hoffentlich alle guten Gewissens zustimmen können. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Kai Richert das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mobilität ist Ausdruck persönlicher Freiheit und ein Grundbedürfnis unserer modernen Gesellschaft. Keiner von uns kann sich vorstellen, nicht mehr reisen oder andere Städte besuchen zu können. Auch wenn sich die Art der Fortbewegung vor allem in den Ballungsräumen verändert, der Wunsch nach Reisen ist in unserer Gesellschaft nach wie vor sehr stark.

Dazu kommt: Viele Menschen arbeiten nicht mehr in ihrem direkten Wohnumfeld, sondern pendeln oft über beachtliche Entfernungen. Diese Fahrten, in den Urlaub, zur Arbeit, zum Shoppen oder einfach nur, um Freunde oder Verwandte zu besuchen, so sicher und komfortabel wie möglich zu machen und gleichzeitig die negativen Effekte auf eine gesunde Umwelt entscheidend zu verringern, ist das Ziel der Jamaika-Koalition.

(Beifall FDP, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für uns von der FDP und unsere Koalitionspartner ist eines der wichtigsten Verkehrsmittel die Bahn. Je voller die Straßen werden, umso mehr wird das Reisen oder Pendeln mit der Bahn attraktiv. Wir von Jamaika tun viel dafür, das Reisen mit der Bahn im schönsten Bundesland der Welt sicherer und komfortabler zu machen. Wir drängen auf den Ausbau von Bahnstrecken und gehen auch schon einmal in planerische Vorleistung. Wir kümmern