Wir können uns einen politischen Stillstand in den Kommunen nicht leisten. Wir müssen die Kommunen in die Lage versetzen, dass sie auch freiwillige Aufgaben wieder ausreichend wahrnehmen können. Hier geht es um eine Stärkung des Ehrenamtes, um Kulturpolitik, um Minderheitenpolitik, um soziale Projekte, um Verkehrsprojekte, um regionale Maßnahmen für den Umwelt- und Klimaschutz und um vieles mehr. Deshalb, liebe Jamaika-Koalition: Schlagen Sie auch hier die ausgestreckte Hand der Kommunen nicht aus, sondern geben Sie den Kommunen das, was ihnen zusteht.
Der dritte Punkt, den ich voranstelle, ist die Frage, wie man auch als Land konkret Klimaschutz betreiben kann. Sie ahnen es, ich spreche natürlich einmal wieder über die größte Naturschutzmaßnahme dieses Landes. Ich spreche nicht über den Nationalpark Wattenmeer oder die Stiftung Naturschutz oder die vielen Biotopverbünde, sondern über den Wald. Wir haben rund 170.000 h Wald in Schleswig-Holstein und sind damit eines der waldärmsten Länder der Republik. Hier müssen wir ansetzen, wenn wir schnell und nachhaltig als Land unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Es ist natürlich okay, wenn der Ministerpräsident die Bürger anlässlich des Tages der Deutschen Einheit zum Bäumepflanzen auffordert, und jeder gepflanzte Baum ist dabei ein guter Baum. Es ist auch richtig, wenn der Kollege Koch anmahnt, dass die in Aussicht gestellten Bundeszuschüsse für Aufforstungen auch hier bei uns landen müssen.
Aber eindrucksvoller und glaubwürdiger wäre diese Aufforderung natürlich, wenn das Land hier mit gutem Beispiel voranginge. Genau das geschieht derzeit leider nicht. Die Mittel für die Neuwaldbildung sinken laut Haushaltsentwurf von 242.000 € auf knapp über 200.000 €. Das sind knapp 17 % weniger. Übrigens lagen die Ist-Ausgaben in 2017 noch bei 276.800 €. Hier wurde also ein völlig falsches Signal gesendet. Wir brauchen erheblich mehr Neuwaldbildung. Diese Neuwaldbildung muss fest ein
geplant sein und darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob bezüglich irgendeines Haushaltstitels im Laufe des Jahres Mehreinnahmen entstehen.
Um die Waldfläche markant zu vergrößern, bräuchten wir rechnerisch jedes Jahr 1.500 ha zusätzliche Waldfläche. Wir schaffen aber nur viel weniger. Das Gleiche gilt übrigens für die Wiedervernässung von Niedermooren. In diesem Bereich sinkt der jährliche Betrag um 31,5 % von 190.000 € auf 130.00 €, obwohl Moore das CO2 am besten binden können. Klimapolitisch ist überhaupt nicht zu begreifen, was da geschieht.
Wenn man ehrlich ist, muss man doch gerade solche Maßnahmen wie die Neuwaldbildung und die Wiederherstellung von Mooren fördern. Da kann man doch gut auf die eine oder andere Agrarförderung verzichten. Anstatt Flächen oder Produktionen von Agrarbetrieben zu fördern, wäre es sinnvoller, in Wälder, Moore und andere Umweltschutzmaßnahmen zu investieren. Soweit müssten doch nach den Klimademonstrationen am Wochenende eigentlich auch Sie von der Koalition und Landesregierung sein.
Wenden wir uns nun dem Entwurf für einen Landeshaushalt zu. Ich kann wieder mit einer gewissen Freude feststellen, dass Vorschläge, die wir in den letzten Haushaltsberatungen gemacht haben, Eingang in den Haushaltsentwurf gefunden haben. Das, was wir beispielsweise bei den Ganztagsangeboten vorausgesetzt haben, ist eingetreten. Die notwendigen Mittel steigen, und die Landesregierung hat nun noch einmal gegenüber dem aktuellen Haushaltsjahr eine halbe Million Euro für zusätzliche Angebote draufgepackt. Das ist richtig, und wir werden wahrscheinlich auch in den Folgejahren dieses Feld weiter ausbauen müssen.
Richtig ist auch, die Besoldung der Grundschullehrer zu erhöhen. Wir hätten uns gewünscht, dass die Gehälter in einem Schritt auf A 13 angehoben worden wären. Jetzt sollen viele kleine Schritte kommen, und erst in fünf Jahren sollen die Grundschullehrer genauso besoldet werden wie ihre Kollegen. Das ist ein bisschen spät, aber besser spät als nie.
Auch die Zuschüsse für die Familienbildungsstätten sind markant erhöht worden. Sie sind nicht auf dem Niveau, das wir beantragt haben, aber immerhin ist hier durchaus ein großer Schritt in die richtige Richtung gelungen. Es ist richtig, dass die Familienbildungsstätten, genauso wie die Familienzentren, auf einem guten Fundament aufbauen.
Auch der Schleswig-Holsteinische Heimatbund bekommt jetzt mehr Geld. Das ist richtig, weil der Heimatbund nicht nur ein wichtiger Kulturträger ist, sondern weil er auch wirklich eine klasse Arbeit in der Umweltbildung leistet.
Auch die Aids-Hilfen bekommen mehr Geld; allerdings bei Weitem noch nicht genug. Darüber müssen wir uns wirklich noch unterhalten.
Es freut uns sehr, dass die Umsetzung des Demenzplans in Gange kommt. Wie von uns im letzten Jahr gefordert, sind die Mittel um 120.000 € aufgestockt worden. So ist es nun möglich, eine mobile Beratung im ganzen Land anzubieten. Gerade für die Betroffenen und ihre Angehörigen ist das ein wichtiger Schritt. Es hat sich also etwas getan, und das finden wir gut und richtig.
Trotzdem darf man nicht aus den Augen verlieren, dass wir noch immer ein paar Baustellen haben. Wir können zum Beispiel feststellen, dass wir bei der Förderung von Hospizen noch zulegen müssen. Wir wollen nicht nur ambulante Hospizdienste anbieten; wir wollen auch ermöglichen, dass sich neue stationäre Angebote - wie an der Westküste entwickeln. Eine humane Gesellschaft muss Hospizdienste flächendeckend und leicht erreichbar zur Verfügung stellen. Was dort ehrenamtlich geleistet wird, ist herausragend. Staatlich ließe sich so ein Angebot nicht vorhalten. Deshalb müssen wir die Strukturen in diesem Bereich mit größerer finanzieller Unterstützung stärken.
Das Gleiche gilt für die Behindertenarbeit. Im vergangenen Jahr haben wir vorgeschlagen, dass das Zentrum für selbstbestimmtes Leben mit knapp 47.000 € dauerhaft unterstützt wird. In den Verhandlungen zum Haushalt sind Sie, die JamaikaKoalition, auf den Vorschlag eingegangen und haben ihn mitgetragen, wofür wir sehr dankbar waren. Jetzt stellt sich allerdings heraus, dass im Rahmen des Haushaltstitels, mit dem das ZSL gefördert wurde, keine dauerhafte institutionelle Förderung möglich ist. Somit ist die Förderung des ZSL wieder unsicher. Wir erwarten, dass die Absprachen zwischen den Fraktionen noch immer gelten und das ZSL ab dem nächsten Jahr dauerhaft im Rahmen eines anderen Titels gefördert wird, denn das Zentrum für selbstbestimmtes Leben macht eine hervorragende Arbeit, und wir wollen nicht, dass diese gefährdet wird.
Da wir gerade bei Absprachen oder Versprechen sind: Von der Politik heraus ist die Fachhochschule Westküste aufgefordert worden, ein Konzept für eine eSport-Akademie vorzulegen. Das läuft alles sehr gut, allerdings scheinen nun einige Politiker hier wieder abzuspringen. Wir wollen das nicht. Wir bleiben auf dem Zug. Wir wollen, dass Schleswig-Holstein eines der führenden Länder im Bereich des E-Sport wird. Wir wollen eine eSportAkademie in Heide. Wir wollen Spieleentwickler ansiedeln. Wir wollen Trainer ausbilden, die den jungen Leuten auch die schwierigen Seiten des E-Sport näherbringen. Da muss klar sein, dass die Fachhochschule in Heide finanziell unterstützt wird. Das Ganze kostet nur 300.000 € jährlich, und das ist wirklich nicht viel. Wir, der SSW, meinen, dass das wirklich gut angelegtes Geld für die Zukunft ist. Deshalb muss das Geld für den Haushalt der FH auch zur Verfügung gestellt werden.
Das Gleiche gilt für das Landeszentrum E-Sport in Kiel. Alles ist soweit fertig. Die Pläne sind da. Die Organisationen, die es umsetzen wollen, sind da. Die Offenheit der Kommune ist da. Die Bekenntnisse aus der Politik waren zumindest da. Nun wird kein Geld mehr zur Verfügung gestellt. Hier wird eine riesige Chance vertan, E-Sport in Kiel fest zu verankern. Ebenso wird eine riesige Chance vertan, den Jugendlichen hier ein weiteres Angebot zu machen. Beides ist nicht zu akzeptieren. Wir müssen hier mehr und nicht weniger tun. Sonst machen sich diejenigen unglaubwürdig, die verbal E-Sport unterstützen, aber doch vom Mut verlassen werden, wenn es um die konkrete Finanzierung geht. Da muss in jedem Fall noch bis zur zweiten Lesung des Haushalts nachgebessert werden.
Nachbessern sollte man auch bei der Schlei. Es ist schon ein wenig irre: Die Flussmündung steht kurz vor dem Umkippen, und die Landesregierung hat nichts Besseres zu tun, als die wenigen Mittel, die dagegen aufgewendet werden müssen, auch noch um 50.000 € zu kürzen. Nein, wir können da nicht sparen oder umschichten. Wer es mit Klima- und Umweltschutz ernst meint, der muss genau das Gegenteil tun. Wir brauchen ganz schnell eine konzertierte Aktion für die Schlei. Das wird richtig Geld kosten. Wenn die Schlei, wie jedes andere Gewässer auch, wieder in einen vernünftigen Zustand versetzt werden soll, muss sie gesäubert werden. Die Einträge in die Schlei müssen minimiert werden. Es müssen Flächen aufgekauft werden, damit mit dem Nährstoffeintrag Schluss ist. Das Ganze wird laut Konzept des Kreises Schleswig-Flensburg jährlich 5 Millionen € kosten. Das ist viel Geld, aber es ist auch notwendig. Wer es auch hier mit Klima- und
Ähnliches gilt für den starken Autoverkehr in den Innenstädten. Der wird von allein auch nicht weniger werden. Wenn wir den Autoverkehr eindämmen wollen, brauchen wir Alternativen. Die beste Alternative neben dem ÖPNV ist das Fahrrad. Genau hier fehlt etwas. Wir brauchen innovative Konzepte, wie wir das Fahrradfahren in den Städten noch attraktiver machen können. Wir brauchen gute und sichere Fahrradwege sowie Pendlerparkplätze am Stadtrand, auf denen man vom Auto auf das Fahrrad umsteigen kann. Da sind wirklich viele Investitionen nötig - in großen Städten genauso wie in mittelgroßen Städten. Hier wollen wir ansetzen und mehr Geld für die Kommunen zur Verfügung stellen. Bisher sind die Oberzentren und Mittelzentren im Regelfall die Kommunen, die am wenigsten Geld für freiwillige Maßnahmen zur Verfügung haben. Deshalb muss man ihnen in dem wichtigen Feld der Mobilität unter die Arme greifen. Genau das wollen wir. Wir wollen mehr Fahrradverkehr statt Autoverkehr in den Städten und deshalb dafür extra Geld zur Verfügung stellen. Eigentlich muss das doch jeder wollen. Aber dann muss das Geld auch fließen.
Die größeren Kommunen haben noch ein zweites großes Feld, auf dem sie eine wichtige Infrastruktur für die umliegenden Kommunen vorhalten. Ich spreche von der Soziokultur. Viele soziokulturelle Zentren befinden sich in Städten und strahlen bis in den ländlichen Bereich aus. Aber die meisten Kommunen können diese soziokulturellen Zentren nicht gut genug fördern, sodass sie nur eingeschränkt arbeiten können oder gar von der Schließung bedroht sind. Hier muss etwas getan werden. Die Soziokultur muss besser gefördert werden, damit sie sichere Grundlagen hat. Auch hier muss das Land seiner Verantwortung nachkommen und die vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kräfte unterstützen. Es ist richtig, dass wir das Schleswig-Holstein Musikfestival und auch andere Großevents unterstützen. Die soziokulturellen Zentren sind oft die Basis des kulturellen Lebens. Da darf dann auch gern etwas Geld ankommen.
Lassen Sie mich zum Schluss auf die Minderheitenpolitik eingehen: Das Land hat zusätzlich mehrere Bestimmungen zur Sprachencharta angemeldet, und nun stehen wir im Verfahren. In den anderen Bundesländern wird ebenfalls abgefragt, ob Bestimmungen nachgemeldet werden sollen, und dann wird die Bundesregierung dies wohl auf dem Ver
ordnungswege tun. Wenn wir also in ein, zwei Jahren hier wieder stehen und etwas geschehen ist, dann gilt es hoffentlich nicht nur für uns, sondern auch für andere Bundesländer, und dann hätten wir richtig etwas angestoßen.
Im Übrigen ist es auch schön, dass wir es geschafft haben, einen gemeinsamen Antrag mit Sachsen auf den Weg zu bringen, um eine Minderheitenbestimmung in das Grundgesetz aufzunehmen.
Jetzt ist auch noch Brandenburg mit im Boot. Das lässt wirklich hoffen, dass sich noch viele Bundesländer anschließen. Auf jeden Fall kann ich nur alle auffordern, sich auch bei unseren eigenen Parteikolleginnen und -kollegen aus anderen Bundesländern und aus dem Bundestag dafür einzusetzen, dass sich diese auch für eine Grundgesetzänderung starkmachen.
In diesem Feld muss man sagen, dass sich die Landesregierung wirklich große Mühe gibt, nicht nur Forderungen aufzustellen, sondern auch selbst Taten folgen zu lassen. So sind jetzt die Verhandlungen für eine Ziel- und Leistungsvereinbarung mit dem dänischen Kulturverband SSF auf der Zielgeraden. Gerade ist der Gesetzentwurf für eine Stiftung für die friesische Bevölkerungsgruppe vorgelegt worden, den wir heute noch diskutieren werden. Im Haushalt sind Projektfördermittel für die dänische Minderheit in Höhe von 25.000 € eingestellt worden, und für die Friesen sind die Projektmittel um die gleiche Summe erhöht worden. Das sind alles richtig gute Zeichen.
Wir werden auch hier noch genau hinsehen müssen, wie wir die Minderheitenpolitik weiterentwickeln können. Da sind einerseits ab und an Investitionsmittel nötig, und andererseits wird sich das Arbeitsprofil des Friesenrates aufgrund der neuen Friesenstiftung im neuen Jahr stark ändern. Das müssen wir in den Haushaltsberatungen bedenken.
Sie sehen also, der Haushaltsentwurf hat seine Stärken und seine Schwächen. Wir werden natürlich wie immer mit konkret umsetzbaren Vorschlägen versuchen, hier noch den einen oder anderen Punkt zu beeinflussen. Für uns gilt, dass wir zwar wissen, wie die Mehrheiten sind - klar wissen wir das -, aber wir werden immer den Anspruch haben, für unsere Politik zu werben und für die Menschen in unserem Land konkrete Fortschritte möglich zu machen. Mit diesem Anspruch werden wir auch in die Haushaltsberatungen gehen. - Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, schön, dass Sie da sind. Normalerweise schwindet die Zeitdisziplin erst am dritten Plenartag. Aber ich sehe, das ändert sich auch.
Begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne des Schleswig-Holsteinischen Landtags Soldatinnen und Soldaten des 3. Minensuchgeschwaders, Einsatzausbildungszentrum Minenabwehreinheiten, Kiel, Mitglieder des Kreisseniorenbeirats aus Nordfriesland und Vertreterinnen und Vertreter der Minderheiten und Volksgruppen des Landes SchleswigHolstein. - Herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!
Wir steigen dann in die zweite Runde der Haushaltsberatungen ein. Das Wort für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Ole-Christopher Plambeck.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gleich zur Sache kommen. Ich dachte natürlich, dass Herr Dr. Stegner schon hier im Plenum sitzt. So muss ich mit Beate Raudies und anderen aus der SPD vorliebnehmen. Das mache ich sehr gerne. Aber eigentlich wollte ich Herrn Stegner dabei auf die Sprünge helfen, warum wir uns überhaupt um die Neuordnung des KFA kümmern. Sie haben den KFA 2014 ohne Bedarfsanalyse geändert und einfach aufgrund Ihres - man kann sagen - politischen Kalküls Millionenbeträge aus dem ländlichen Raum in die kreisfreien Städte verschoben. Es war richtig, dass die CDU-Landtagsfraktion damals geklagt hat; denn das Gericht hat uns recht gegeben. Sie haben sich damals verfassungswidrig verhalten, und das korrigieren wir jetzt.
Wir holen das nach, was Sie versäumt haben, und machen eine ehrliche Bedarfsanalyse auf der kommunalen und der Landesebene. Daraus ergibt sich, dass den Kommunen 530 Millionen € und dem
Land 930 Millionen € fehlen. Das ist natürlich kein Ergebnis, bei dem alle sofort Hurra rufen. Aber wir werden damit vernünftig umgehen; denn anders als Sie, Herr Stegner, übernehmen wir Verantwortung. Da können Sie sich noch so sehr auf die Hinterbeine stellen und die Wahlkampfparolen Ihres Kieler Parteifreundes in die Gegend posaunen.