Für die Landesregierung hat der Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote, das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für mich als zuständigem Innenminister stehen die Ziele einer Glücksspielregulierung im Fokus der Betrachtung. Diese sind seit Jahrzehnten nahezu unverändert. Das ist die vor uns liegende Aufgabe: Das Glücksspiel soll ordnungsgemäß,
fair, verantwortlich und transparent durchgeführt, die Spieler sollen vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden. Es geht um die Lenkung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen, die Eindämmung des ungesetzlichen Glücksspielmarktes sowie die Beschränkung des legalen entgeltlichen Spielkonsums auf einen angemessenen Umfang. Dies sind die weiteren Ziele.
Dies dient auch der Vorbeugung gegen Suchtrisiken. Es gilt auch, die Integrität des sportlichen Wettbewerbs bei der Veranstaltung und dem Vertrieb von Sportwetten zu schützen. Und nicht zu vergessen: Unsere Gesellschaft will mit einer wirksamen Glücksspielregulierung den Jugend- und Spielerschutz gewährleisten.
Diese Ziele stehen bei uns allen außer Frage. Deshalb muss sich die Wirksamkeit jeder Form der Glücksspielregulierung daran messen lassen, ob sie geeignet ist, diese Ziele zu erreichen.
Zur Beantwortung dieser Frage für den geltenden Glücksspielstaatsvertrag beschränke ich mich auf den Bereich Online-Casino und Online-Poker. Der Jahresreport 2015 der Glücksspielaufsichtsbehörden - einsehbar auf der Internetseite der Gemeinsamen Geschäftsstelle der Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport - belegt unter dem geltenden Staatsvertrag ein enormes Wachstum des Schwarzmarktes. Der Bruttospielertrag als Differenz von Ein- und Auszahlungen an die Spielerinnen und Spieler ist allein von 2014 auf 2015 um 430 Millionen € auf 1,165 Milliarden € gestiegen. Das ist ein Zuwachs von 58 % innerhalb eines Jahres - 58 % Zuwachs! Experten erwarten bis zum Eintritt der Marktsättigung ein weiteres Wachstum um jährlich dreistellige Millionenbeträge.
Auf diesem riesigen und weiter wachsenden Schwarzmarkt spielen sich natürlich menschliche Schicksale ab. Der Glücksspielregulierung fehlt jedoch jede Kenntnis darüber, ob diese illegalen Glücksspiele wenigstens ordnungsgemäß und transparent durchgeführt werden.
Formale Verbote aller Anbieter führen in diesem Markt nicht zur gewünschten Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete oder gar überwachte Angebote. Bei diesen Glücksspielen in Milliardenhöhe können staatlicherseits keine suchtvorbeugenden und spieler- und jugendschützenden Maßnahmen durchgesetzt werden.
All das zeigt: Wer an den Zielen der Glücksspielregulierung festhalten will, der muss neue Wege finden, sie zu erreichen.
Meine Damen und Herren, wir dürfen nicht länger versuchen, das Internetglücksspiel mit analogen Instrumenten aus dem vergangenen Jahrtausend in den Griff zu bekommen.
Mit dem schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetz wurde eine effektive, datenbankbasierte Glücksspielregulierung umgesetzt, auch für den Bereich Online-Casino. Das beweist: Ziele der Glücksspielregulierung können auch in diesem Jahrtausend erreicht werden. Daran - so sehe ich den Auftrag - wollen wir anknüpfen. Gemeinsam mit anderen Ländern wollen wir eine dauerhaft tragfähige und vor allen Dingen - das wurde wiederholt gesagt - europarechtskonforme Lösung für den gesamten Glücksspielbereich herbeiführen und dabei Sportwetten und Online-Glücksspiele regulatorisch gleichbehandeln.
Meine Damen und Herren, wir stehen vor der Herausforderung, dass der derzeit geltende Glücksspielstaatsvertrag noch bis zum 30. Juni 2021 gilt. Veränderungen können nur gemeinsam von allen Ländern umgesetzt werden. Eine Kündigungsklausel gibt es nicht.
Für den Fall, dass wir kurzfristig nicht zu der von mir skizzierten Lösung kommen, müssen wir auch eigene Wege beschreiten. - Vielen Dank.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag Drucksache 19/165 mit den Stimmen von CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, AfD und den Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der SPD-Fraktion angenommen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Kai Vogel von der SPDFraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 72 des Grundgesetzes verpflichtet den Staat zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet. Das heißt nicht unbedingt „gleichartig“, aber das heißt, dass die Bildungs- und damit Lebenschancen junger Menschen nicht davon abhängen dürfen, ob sie in einem finanzstarken oder in einem finanzschwachen Bundesland leben, ob ihre Schule von einer armen oder einer reichen Gemeinde getragen wird.
Es war - das muss ich zugeben - wohl einer der schlimmsten Fehler der Großen Koalition auf Bundesebene in der Legislaturperiode 2005 bis 2009, bei der Entflechtung der Aufgaben des Bundes, der Länder und Gemeinden das unselige Kooperationsverbot im Bildungsbereich im Grundgesetz verankert zu haben. - Ich sage das auch sehr selbstkritisch an die Adresse meiner eigenen Partei.
Was erst einmal in einer Verfassung steht, das bekommt man nicht schnell wieder heraus. Glücklicherweise sind wir da im Wissenschaftsbereich schon einen riesigen Schritt weiter. Das löst aber nicht das Problem der Schulen und der vorschulischen Bildung.
Wir haben deshalb am 12. September 2014 fraktionsübergreifend in diesem Hause einen Antrag beschlossen, wonach sich die Landesregierung auf Bundesebene weiter dafür einsetzen soll, dass das Kooperationsverbot für den gesamten Bildungsbereich aufgehoben wird. In diesem Punkt sehe ich keine sehr großen Unterschiede zwischen uns und
der Koalition auf Landesebene. Es gibt aber sehr wohl einen Unterschied bei den bundespolitischen Festlegungen.
Wenn ich in das Wahlprogramm der Jungen Union schaue, gibt es zwar ein Bekenntnis zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, auch im Bereich Bildung. Es gibt jedoch nur vage Ankündigungen, die Länder bei der digitalen Weiterbildung der Lehrer und in der beruflichen Bildung zu unterstützen.
Wir wollen einen Schritt weitergehen und es dem Bund ermöglichen, in finanzschwachen Kommunen direkt in die Bildungsinfrastruktur zu investieren. In einem zweiten Schritt wollen wir das Kooperationsverbot gänzlich aus dem Grundgesetz löschen.
Wir sehen massiven Bedarf nach finanzieller Unterstützung durch den Bund - im Wesentlichen in den folgenden Bereichen: Wir brauchen mittelfristig für alle Schülerinnen und Schüler ein für sie problemlos erreichbares Ganztagsangebot und einen Ausbau der gebundenen Ganztagsschule.
Die Küstenkoalition ist im Bereich des digitalen Lernens in der 18. Legislaturperiode ein gutes Stück vorangekommen. Es bleibt aber noch viel zu tun. Ich erwähne hier den Anschluss aller Schulen an das Glasfasernetz, die Ausstattung der Schulen mit digitalen Endgeräten und die Entwicklung entsprechender Medien und didaktischer Konzepte sowie natürlich die Ausstattung der Schulträger mit dem entsprechenden Personal.
- Herr Kubicki, wenn Sie ab nächster Woche im Bundestag sitzen können, werden wir erleben, dass durch Ihr Zutun alles im Quantensprung vorangeht.
Wir haben im Bereich der digitalen Bildung in der vergangenen Legislaturperiode das erste Mal ein vernünftiges Konzept aufgelegt.
In Ihrer Regierungszeit 2010 bis 2012 fand das überhaupt keine Erwähnung - da gab es digitale Medien aber ebenso.
Des Weiteren wollen wir einen besonderen Förderschwerpunkt bei den beruflichen Schulen legen. Wir streben an, dass die Bildung von der Kindertagesstätte bis zum Berufsabschluss, beziehungsweise bis zum ersten berufsbefähigenden Studienabschluss, kostenfrei sein muss. Auch das wird uns nur gelingen, wenn uns der Bund unterstützt.