Das Schlimme - was ja auch zu lesen war - ist: Sie können Ihre Einsparpotenziale bei Ihrer Liste der Grausamkeiten noch nicht einmal beziffern! Das kommt noch erschwerend hinzu. Sie können uns keine Rechnung aufmachen, was denn tatsächlich irgendwo eingespart wird. Kolleginnen und Kollegen, da sage ich Ihnen ganz klar: Wenn Sie es ernst meinen würden mit besseren Bildungschancen, mit Qualitätsverbesserung in der Bildung, dann würden Sie wie andere Bundesländer trotz schwieriger Haushaltslage die richtigen Prioritäten setzen, zum Beispiel im Bereich der frühkindlichen Bildung mit einer echten Gebührenfreiheit in der Kita. Das Land Berlin will ab 2011 möglichst alle Kindergartenjahre beitragsfrei stellen. In Rheinland-Pfalz ist der Kindergartenbesuch seit Kurzem sogar für alle zwei- bis sechsjährigen Kinder beitragsfrei. Das haben wir alles schon gehört, das müssen wir aber immer wieder herausstellen. Die anderen machen es eben besser, meine Damen und Herren!
Es ist doch völlig klar, die Streichung der Beitragsfreiheit wird dazu führen, dass Eltern ihre Kinder aus finanziellen Gründen von der Kita abmelden. Sie wird dazu führen, dass Kinder nur halbtags statt ganztags in die Kita gehen. Die Streichung wird natürlich diejenigen treffen, die dies am wenigsten gebrauchen können, nämlich Kinder aus armen Familien. Das heißt also, mit dem Schlagwort Zukunftschancen brauchen Sie uns in Zukunft nicht mehr zu kommen, Ihre Politik hat damit wirklich sehr wenig zu tun.
Es ist doch unbestritten, dass durch ein Gratisangebot an frühkindlicher Bildung in der Kita sehr viel mehr Kinder zusätzlich in die Kita gehen werden, vor allem diejenigen mit Migrationshintergrund, um die es uns in vielerlei Hinsicht vorrangig gehen muss. Kindergartenbesuch muss also kostenlos sein, und er muss auch ganztägig möglich sein. Dieses Ziel ist kein Luxus, sondern es ist eine sinnvolle Bildungsund sozialpolitische Investition, von der Sie sich gerade verabschiedet haben. Es ist einfach eine Frage des politischen Willens, ob man diesen Weg trotz Haushaltsnotlage wenigstens ansatzweise einschlägt oder eben nicht.
Ein nächster Punkt. Nehmen wir Sie noch einmal bei Ihrem eigenen Wort im Koalitionsvertrag, von dem Sie offenbar wirklich abgerückt sind: das sogenannte obligatorische Schulvorbereitungsjahr, das verpflichtende letzte Kindergartenjahr. Ich glaube, man macht es sich zu leicht, wenn gesagt wird, es besuchten sowieso fast alle Kinder eines Jahrgangs das letzte Kindergartenjahr und deshalb brauchten wir keine Kindergartenpflicht. Auch diese Fassetten wurden ja schon einmal diskutiert. Tatsache ist jedenfalls, dass die 5 bis 10 Prozent der Familien, die auch im letzten Jahr vor der Schule ihre Kinder nicht in den Kindergarten schicken
- 5 bis 10 Prozent oder wie auch immer -, aus schwierigen Verhältnissen mit problematischem Hintergrund kommen, Frau Kollegin.
Hier ist Aufklärung dringend geboten, und dazu gehört, Herr Kollege Schmitt, auch eine aufsuchende Sozialarbeit, um die Familien über die Möglichkeiten frühkindlicher Bildung in Kitas zu informieren. Ich möchte mich darüber nicht streiten, aber es herrscht Handlungsbedarf.
Hören Sie auf damit! Nicht umsonst wird dieses Thema auch in allen Fassetten in allen Parteien kontrovers diskutiert. Auch die aktuelle Integrationsdebatte stellt uns gerade bei diesem Thema vor neue Herausforderungen. Es werden doch überall landauf landab neue Integrationskonzepte gesucht. Sie können sich doch an dieser Stelle nicht so an einer Prozentzahl festbeißen!
Hören Sie auf, es ist doch klar! Ich nenne Ihnen gleich eine andere Zahl. Bei Migrantenkindern gibt es beim Zugang zum Kindergarten einen Unterschied von 10 Prozent im Vergleich zu den Kindern ohne Migrationshintergrund, auch im letzten Jahr. Da ist doch Handlungsbedarf! Sie können mir doch nicht irgendeine Story vom Pferd erzählen, dass jetzt alles klar wäre und wir bräuchten das nicht! Wo sind wir denn gelandet? Wir haben eine aktuelle Integrationsdebatte und wir brauchen Lösungen.
Vor diesem Hintergrund wäre das eine Lösung. Klar ist auch, wir dürfen Kindergärten nicht verschulen. Ich habe schon immer sehr deutlich gemacht, dass darauf zu achten ist. Es gibt noch genug Fehler im G 8, diese Baustelle ist weiterhin groß, das wollen wir im frühkindlichen Bereich nicht wiederholen. Deshalb gilt es, neu über eine Kindergartenpflicht nachzudenken, damit die Startchancen aller Kinder schon früh angeglichen werden können, gerade bei den Kindern mit Migrationshintergrund. Der Bürgermeister von Neukölln hat nicht umsonst gesagt: Wir brauchen in sozialen Brennpunkten eine echte Kindergartenpflicht, nur dann haben wir auch Integrationserfolge. - So einfach kann das gehen, wenn man es politisch will.
Meine Damen und Herren, wir brauchen kurz- und mittelfristig Maßnahmen, um eine wirkliche Qualitätsverbesserung und um gleiche Bildungschancen zu erreichen. Ich nenne einige Punkte: Wir brauchen die inklusive Schule. Kleinere Klassen müssen an allen Schulen endlich umgesetzt werden, dafür brauchen wir mehr Lehrer. Wir brauchen eine Trendwende hin zur echten Ganztagsschule. Wir brauchen eine Lernmittelfreiheit, die diesen Namen auch verdient. Wir brauchen eine kostenlose frühkindliche Bildung. Trotz Haushaltsnotlage muss der Weg dorthin bereitet werden. Stattdessen legen Sie bei der Integration behinderter Kinder in Regelschulen den Rückwärtsgang ein. Sie senken die Eingangsbesoldung junger Lehrer ab und öffnen damit der Abwanderung Tür und Tor. Sie favorisieren befristete Arbeitsverträge anstatt fester Planstellen. Dann ist klar: So werden Sie das Ziel einer Qualitätsverbesserung von Bildung nie erreichen. Das wirkliche Gegenteil werden Sie damit erreichen.
Es ist zusammenfassend festzustellen, Kolleginnen und Kollegen: Sie haben mit Ihrer Koalition, mit Ihren Ankündigungen im letzten Jahr vielen Menschen sozusagen die Augen zugeschmiert. Sie haben diese Menschen getäuscht, sei es in der Bildung, sei es in der Sozialpolitik. Ich greife einige Beispiele heraus, die nicht mehr in den Köpfen der Saarländerinnen und Saarländer ankommen, weil es einfach nicht vermittelbar ist. Auf der einen Seite stehen Sie
für eine immense Steuergeldverschwendung im Gondwana-Park. Sie stehen für einen Kulturstiftungschef, der offenbar mit Ihrer Zustimmung jedes Maß verloren hat. Sie stehen für eine ungenierte Selbstbedienungsmentalität im öffentlichen Dienst unseres Landes. Auf der anderen Seite schnüren Sie ein Sparpaket mit tiefen Einschnitten in der Bildung, das uns bei den Bildungsausgaben weiter zum Schlusslicht degradiert. Damit wird die soziale Schieflage in unserem Land weiter zementiert. Herr Jacoby hat das heute Morgen als intelligentes Sparen bezeichnet. Ich sage: Das ist soziale Kälte pur! Das werden wir als LINKE so niemals mitmachen. Ich hoffe, dass der Widerstand groß sein wird und dass Sie für diese Politik Ihre Quittung bekommen werden. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es wird Zeit, in dieser Debatte zur Sachlichkeit zurückzukehren.
Die heute Morgen dargelegten Behauptungen entbehren jeglicher Realität. Die zentralen Bildungsziele dieser Landesregierung sind die Herstellung von mehr Gerechtigkeit im Bildungssystem sowie qualitative Verbesserungen des Unterrichts in den Schulen.
Wenn das niemand bestreitet, dann muss ich sagen, das ist die Aussage des Ministers in seiner Regierungserklärung am 25. August 2010 in diesem Hohen Haus.
Diese Aussage, liebe Kolleginnen und Kollegen, wurde heute Morgen ganz klar durch die Einbringung des Haushaltes untermauert. Ich zitiere aus der Haushaltsrede von heute Morgen: „Qualitätsverbesserungen in der Schule finden durch die Reinvestition der demografischen Rendite kontinuierlich statt.“ - Sie heben in dem SPD-Antrag hauptsächlich auf diese Qualitätsverbesserungen ab. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Aussagen haben für die Jamaika-Koalition weiterhin Bestand. Das, was eben in den beiden Reden zu hören war, waren falsche Aussagen. Ich habe den Eindruck, Sie haben in den Einzelplan 06 noch nicht einmal reingeschaut.
Herr Kollege Commerçon, Sie haben noch einmal den Vergleich zu Rheinland-Pfalz gebracht. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sagen, dass diese vielen Lehrerstunden im Bereich der gebundenen Ganztagsschule auch in pädagogisches Fachpersonal umgewandelt werden müssen. Ansonsten können die Betreuungsstunden nämlich gar nicht geleistet werden, so wie es hier im Saarland geschieht. Sie haben natürlich auch verschwiegen, dass in dem Konzept der gebundenen Ganztagsschule, das neu vorgelegt wurde, vonseiten des Ministeriums gerade im Grundschulbereich pädagogische Fachkräfte ausgewiesen sind. Wir arbeiten nicht nur mit den Lehrerwochenstunden, die erhöht wurden, sondern wir brauchen unbedingt pädagogische Fachkräfte, insbesondere im Grundschulbereich. Wenn Sie den genauen Vergleich zu Rheinland-Pfalz ziehen, sieht das Konzept des Saarlandes unterm Strich besser aus als das, was Rheinland-Pfalz seit einigen Jahren bietet. Wir hatten diesbezüglich bereits eine Debatte im Plenum, da habe ich es Ihnen genau vorgerechnet. Sie wollen es nur nicht zur Kenntnis nehmen!
Ein weiterer Punkt. Frau Kollegin Spaniol, Sie haben die Beitragsfreiheit im letzten Kindergartenjahr angesprochen und gesagt, dass 90 Prozent der Kinder den Kindergarten besuchen und die restlichen 10 Prozent ganz wichtig sind. Damit liegen Sie schlichtweg falsch! Die Zahlen sagen seit Jahren, dass 98 bis 99 Prozent aller Kinder das letzte Kindergartenjahr besuchen. Ich glaube schon, es macht einen Unterschied, ob wir von 10 Prozent oder von 1 bis 2 Prozent sprechen. Ich bitte einfach darum, dass wir diese Debatte sachlich führen!
Sie sprechen von einem Sparpaket mit tiefen Einschnitten. Das ist alles schlichtweg falsch! Ich werde heute Morgen keine detaillierte bildungspolitische Haushaltsdebatte führen. Dies erfolgt üblicherweise in der Zweiten Lesung, die noch stattfindet - das war immer guter Brauch in diesem Hause. Erlauben Sie mir aber einige grundsätzliche Anmerkungen. Angesichts des vorgelegten Bildungshaushaltes von Kahlschlag auf Kosten unserer Kinder zu sprechen, lieber Herr Kollege Commerçon, ist wirklich abenteuerlich. Bildung hatte und hat weiterhin Priorität bei dieser Jamaika-Koalition und bei dieser Landesregierung!
Allein dadurch, dass die demografische Rendite im System bleibt, entbehrt Ihr Antrag jeglicher Realität.
Es wurden im Schuljahr 2009/2010 über 1.000 Schüler weniger eingeschult, aber es gab keine Kürzung der Bildungsausgaben. Ich frage jetzt: Wie war das eigentlich zu Zeiten der SPD-Verantwortung? Da hatten wir steigende Schülerzahlen.
Jetzt haben wir über 1.000 Schüler weniger und trotzdem keine Kürzung im Bildungshaushalt. Wer dann von einem Sparpaket und von Kahlschlag auf Kosten der Kinder spricht - das muss ich ganz deutlich sagen -, der kann keine Zahlen lesen!
Bildung ist und bleibt eine der zentralen Zukunftsaufgaben für unsere Gesellschaft. Die CDU und die Koalitionspartner stellen sich dieser Aufgabe trotz der äußerst schwierigen Haushaltssituation im Land, auch angesichts der Schuldenbremse.
Aber Ihr Antrag, der Antrag der SPD, ist geprägt von der üblichen Angstmacherei, spekulativen Behauptungen und einigen Fehlaussagen. Lassen Sie mich das kurz an vier Punkten verdeutlichen. Sie sprechen wieder von der Berechnung der Bildungsausgaben. Ich frage mich nur, welche Berechnungsgrundlage nehmen Sie denn zum Vergleich? Wir haben unterschiedliche Schulträger in den Bundesländern, Herr Kollege.
Nehmen Sie die Kosten, die die Schulträger ins Bildungssystem einbringen? Beziehen Sie die ein? Okay. Es ist nicht alles drin. Das wissen Sie so gut wie ich, Herr Kollege Commerçon. Sie führen noch den internationalen Vergleich an. Dort haben Sie Ganztagsschulsysteme mit einer sogenannten Schulspeisung. Dann frage ich mich, wie diese Kosten einbezogen werden. Die werden nämlich nicht herausgerechnet. Manche Länder beziehen sogar die Gebäude in ihre Berechnung der Bildungskosten ein.
Der nächste Punkt ist die Einbeziehung der Pensionslasten. Auch hier sage ich ganz deutlich, bei den Bildungsausgaben im Saarland sind die Pensionslasten nicht eingerechnet. Mein Fazit: Wer aus diesen Zahlen etwas über die Qualität des Bildungssystems ablesen will - nur aus diesen Zahlen -, der muss sie genau hinterfragen. Das hätte ich mir von Ihrer Seite gewünscht. Ich stelle fest, Sie haben dies nicht getan.
Wir investieren kontinuierlich in das Bildungssystem. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Sie sprechen von massiven Einschnitten im Bildungshaushalt 2011. Wo eigentlich? Konkret haben Sie das nicht gesagt. Das waren nur pauschale Behauptungen, aber nichts Konkretes. Dann sprechen Sie vom