Die Sicherheit ist ein wichtiges Thema. An welchen Kriterien machen wir die Sicherheit von Atomkraftwerken fest? Ich möchte darauf hinweisen, dass mit dem Atomausstiegsbeschluss der rot-grünen Bundesregierung erstmalig eine gesetzliche, regelmäßige Sicherheitsüberprüfung aller Atomkraftwerke mit festen Terminen vereinbart wurde. Es hat keinen Rabatt der Sicherheit gegeben. Es war erstmals eine konkrete Festlegung. Ich möchte darauf hinweisen, dass durch § 7 im neuen Gesetz die sogenannte weitere Schadensvorsorge eingeführt wurde, die nur noch freiwillig ist und von der Atomaufsicht nicht angeordnet werden kann. Meine Partei ist auf Bundesebene dabei, über eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht diese Sicherheitsstandards einzufordern.
Wenn es im Rahmen des Moratoriums in den nächsten Monaten - wobei drei Monate nicht ausreichen werden - darum gehen wird, welche Sicherheitsstandards wir festlegen, sollten wir - so meine ich - ge
meinsam dazu kommen, ein klares Regelwerk einzufordern. Dieses brauchen wir. Es wurde 2003 vom damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin angestoßen. Es wurde von Herrn Gabriel fortgeführt. Die Arbeiten wurden 2009 abgeschlossen. Wir haben also ein kerntechnisches Regelwerk, das als Basis für die Sicherheitsüberprüfung dienen sollte. Wir sollten dazu kommen, diese Sicherheitslücke zu schließen, um eine Überprüfung der Atommeiler angehen zu können.
Die Folgen, wenn wir aus der Atomenergie aussteigen, sind hier breit dargestellt worden. Wir brauchen einen Konsens auch über den Einsatz der fossilen Energieträger. Ich habe eben schon die Kraft-Wärme-Kopplung genannt, also bestmögliche Wirkungsgrade und eine hohe Wärmeauskopplung. Dies ist ein Schritt, der eine wirkliche Brücke darstellt. Der Energieträger Gas wurde schon genannt. Gaskraft bietet die Möglichkeit, die zunehmenden Mengen erneuerbarer Energien im Netz abzufedern.
Lieber Oskar Lafontaine, das ist eine Regelenergie. Wir brauchen in Zukunft keine Grundlast mehr. Wenn wir erneuerbare Energien zubauen, ist der Puffer, der die heutige Grundlast darstellt, zu minimieren. Wir brauchen eine Energieform, die die fluktuierenden Stromquellen Wind und Solar besser abfedert. Gas ist die optimale Regelenergie dafür. Unser Bekenntnis ist klar und eindeutig. Wir haben Standorte, die strom- und wärmeseitig gut angeschlossen sind. Wir sollten dies optimieren, wenn es zu Modernisierungsinvestitionen kommt. Dies ist nicht von der Entscheidung der Landesregierung abhängig, sondern von der Strommarktentwicklung, von den Preisen der Energieträger, vom Emissionshandel und vielen anderen Faktoren mehr. Wir können dann sagen, wir haben Standorte, die wir modernisieren wollen - im Sinne besserer Wirkungsgrade, aber auch im Sinne einer besseren Anpassung an eine steigende Menge von erneuerbaren Energien im Netz. Da kann eben nur der Energieträger Gaskraft die Brücke sein.
Der Konsens beim Ausbau der erneuerbaren Energien ist angesprochen worden. Ich freue mich, dass es einen parteiübergreifenden Konsens gibt. Das heißt, wir brauchen die Standorte, die Netze und Speicher. Wir brauchen auf Bundesebene ein Gesetz zur Beschleunigung der erneuerbaren Energien, das die Themen Strom, Wärme und Mobilität in den Fokus nimmt. Die Gesetze, die vorliegen, müssen überprüft und ergänzt werden. Es müssen auch die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden, um die Kosten, die jetzt entstehen, ein Stück weit abzufedern. Es ist klar - und auch das wurde in der Debatte mehrfach angesprochen -, dass wir es mit Kostensteigerungen bei den erneu
erbaren Energien zu tun haben. Sie sind in diesem Jahr erstmals in einer Größenordnung, dass sie für den Verbraucher eine echte Belastung werden.
In den vergangenen Jahren war es immer so, dass die Strompreissteigerungen in erster Linie durch die Steigerungen bei den fossilen Energieträgern zustande kamen. Dass die erneuerbaren Energien den Strompreis in die Höhe treiben, war bisher ein Märchen und falsch. Es ist richtig, dass er durch den Zubau der Fotovoltaik im letzten Jahr nach oben geschnellt ist. Hier brauchen wir eine Abfederung, wenn wir entsprechende Fördermittel zur Verfügung stellen, um die Bevölkerung beim Umbau der Energieversorgung und der Energielandschaft auch mitzunehmen. Wir müssen entsprechend investieren. Diese Förderungen sind rentierliche Investitionen. Das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien hat es gezeigt: Jeder Euro, der gefördert wurde, hat acht Euro Investitionen ausgelöst.
Schauen wir uns in der mittel- bis langfristigen Perspektive die Kosten an. Die Leitstudie des Bundesumweltministeriums von 2010 besagt, wie nachzulesen ist, dass sich mit einer Umsteuerung im Jahr 2050 ein Nutzen in der Energieversorgung von 650 Milliarden Euro ergibt. Die Energieumlagekosten für die erneuerbaren Energien werden also schon in 20 bis 30 Jahren in einen Nutzen in der Größenordnung von Milliarden umschlagen und einen ganz klaren Vorteil gegenüber der herkömmlichen Energieversorgung darstellen.
Der Weg, den wir beschreiten können, wurde ebenfalls angesprochen. Der Masterplan Energie gibt einen Orientierungsrahmen. Das heißt nicht, dass wir schon längst aktiv geworden sind. Wir sind am Anfang der Legislaturperiode mit dem Energie-Effizienz-Netzwerk unter der Federführung des IZES gestartet, das nun fast 15 Monate arbeitet und mit Unternehmen wie Karlsberg, V&B und Michelin zusammenarbeitet. Diese haben sich eine zehnprozentige Energieminderung vorgenommen. Das ist ein ganz wichtiger Beitrag für die energieintensiven Unternehmen, die händeringend nach Lösungen suchen, wie sie die Energieversorgung von morgen und übermorgen sicherstellen können. Sie sehen ja auch, dass die Strom- und Wärmepreissteigerungen im Bereich der fossilen Energieträger nicht mehr zu bewältigen sind. Wir müssen zusammen mit diesen Unternehmen überlegen, wie wir die nächsten Jahre überbrücken, um den Umbau zu gewährleisten und gerade diesen Unternehmen eine Zukunft zu geben. Hier ist die Energieeffizienz ein ganz wichtiger Beitrag.
Der Bereich Landesplanung wurde vom Kollegen Jochem angesprochen. Wir haben den Landesentwicklungsplan Wind im Kabinett in einer Neufassung verabschiedet. Das Ganze befindet sich im Prozess. Wir werden Mitte des Jahres dazu kommen, dass
die Kommunen selbst entscheiden können, wo Windanlagenstandorte entstehen. Wir präsentieren in der kommenden Woche die Windpotenzial-Studie, die darstellt, wo das technische Potenzial der Windkraft liegt. Wir haben ein riesiges Potenzial. Wir können in den nächsten acht bis neun Jahren unsere Windenergiemenge locker vervier- bis versechsfachen. Wenn wir davon ausgehen, dass wir durch Repowering und den Ersatz von alten durch neue Anlagen weitere Leistungssteigerungen bekommen, dann wird Windkraft auch im Saarland einen bedeutenden Stellenwert einnehmen.
Wir werden morgen die Solarpotenzial-Studie präsentieren, die darstellt, dass wir ein unglaubliches Solarpotenzial haben. Wir sind ein sonnenverwöhntes Land. Wir brauchen nicht unbedingt Freiburg. Wir haben auch hier im Saarland einige Regionen und Standorte sowie alleine bei den Dachflächen ein Potenzial, das den privaten Stromverbrauch locker abdeckt und weit darüber hinausgeht. Wir werben dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger die Solarenergie für die Strom- und Wärmeerzeugung nutzen.
Wir arbeiten ebenfalls an einer BiomassepotenzialStudie. Da geht es um die stärkere Nutzung der Rest- und Abfallstoffe. Es geht um die nachwachsenden Rohstoffe in einer naturverträglichen Anwendung. Eine Geothermiepotenzial-Studie ist im Entwurf fertig. Wir wollen untersuchen, wo wir oberflächennahe und oberflächenferne Erdwärme nutzen können. Wir haben ein Förderprogramm „Klima Plus Saar“ auf den Weg gebracht, das speziell den Kommunen Fördermittel mitgibt, wenn sie sich auf den Weg machen, ein Energiekonzept zu erarbeiten, um die Wertschöpfung vor Ort zu generieren. Es ist klar, durch Wind- und Solarenergie entstehen bei den Kommunen Steuereinnahmen. Sie können sich an den Anlagen beteiligen. Das ist ein klarer Vorteil. Ich glaube, gerade als Energieland Saarland haben wir immenses Know-how, das Thema Energieversorgung auf regionaler und lokaler Ebene voranzubringen. Ich werbe für einen parteiübergreifenden Konsens, dass wir diese Konzepte umsetzen und mit Bürgerbeteiligungsverfahren weiter vorangehen.
Kollege Maas, Sie haben uns eingeladen, einen Energiegipfel durchzuführen. Der ist schon längst angekündigt. Das habe ich im November zum ersten Mal gemacht, im Januar wieder, in der Zeitung nachzulesen. Wir werden, wenn der Masterplan im Kabinett verabschiedet ist, einen breit angelegten Energiegipfel mit allen Akteuren durchführen. Das ist nur die Fortführung eines breiten Konsenses. Wir haben ja regelmäßig runde Tische „Energie“, mittlerweile mit 50 bis 60 Teilnehmern. Da sind alle Akteure im Bereich der Energie eingeladen.
gieträger noch einige Jahre zu begleiten, aber jetzt schon den Einstieg in das solare Zeitalter, in das Zeitalter erneuerbarer Energien voranzubringen. Hier sind wir auf einem guten Weg. VSE geht Kooperationen mit Erneuerbare-Energien-Projektierern ein. Wir haben Bürgermodelle, die zeigen, dass es gelingt, auch ohne Widerstand vor Ort die Windenergie auszubauen; wir haben jetzt schon fast alle Vorranggebiete für Wind belegt. Wenn wir das mit entsprechender Vehemenz vorantreiben, sind wir auf einem guten Weg. Wir können in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren ein klares Signal setzen, dass wir im Bereich der Strom- und Wärmeerzeugung, aber auch im Bereich der Elektromobilität neue Wege gehen und uns als Modellregion präsentieren.
Das möchte ich in einem letzten Satz auch gerne noch auf die Großregion übertragen. Wir führen die Gespräche, nicht nur was die Gefährdungslage in Cattenom angeht, auf vielen Ebenen. Der Ministerpräsident hat es angesprochen. Ich selber werde mir im April einen Einblick in die Lage im Kraftwerk Cattenom verschaffen. Wir sind auf allen Ebenen im Gespräch.
Wichtig ist aber auch hier, Alternativen zu etablieren. Wir haben im Rahmen einer deutsch-saarländischluxemburgischen Kabinettssitzung einen Beschluss gefasst, eine Null-Emmissions-Forschungsplattform zu errichten. Wir wollen mit den Partnern die Chancen dezentraler Energieversorgung diskutieren, mit den Luxemburgern, mit den Rheinland-Pfälzern, mit den Walloniern, aber auch gerade mit den Franzosen; das wurde auch schon dargestellt. Die Franzosen merken auch, dass die Atomkraft nicht das Ende der Fahnenstange ist, weil auch hier die Kraftwerke regelmäßig vom Netz müssen. Auch hier können Alternativen aufgebaut werden.
Ich bin mir sicher, dass wir mit dem Know-how, das wir gerade in den letzten Jahren in Deutschland aufgebaut haben, und den Arbeitsplätzen - es sind bundesweit bisher 370.000 entstanden - unseren Beitrag im Bereich der Wertschöpfung vor Ort leisten, ebenso einen Beitrag zur Energieversorgung, der zukunftssicher und generationenübergreifend ist und uns eine gute und klare Perspektive eröffnet. Hierfür wird dieses Jahr, in den nächsten Wochen, der Rahmen gelegt. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die humanitäre wie auch atomare Katastrophe in Japan geht in diesen Tagen an niemandem spurlos vorbei, auch an uns nicht, wie wir heute in den Debattenbeiträgen erfahren durften, auch nicht an den Menschen in unserem Land. Dabei blicken die Saarländerinnen und Saarländer nicht nur mit Mitgefühl auf das 9.000 Kilometer entfernte Japan, sie blicken vor allem auch mit Sorge nach Frankreich auf das nur 12 Kilometer von der Grenze entfernte Cattenom.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Bürgerinnen und Bürger nehmen die Bedrohung durch das Atomkraftwerk Cattenom nicht nur als eine abstrakte, sondern auch als eine ganz reale Bedrohung, direkt vor ihrer Haustür, wahr. Heiko Maas hat eben auf die Zwischenfälle hingewiesen, 60 Zwischenfälle in den beiden letzten Jahren, nicht nur Zwischenfälle, die man mit leichter Hand abtun kann, unter anderem erhöhte Radioaktivität im Kühlkreiskreislauf, Ableitung von leicht radioaktivem Wasser in die Mosel und und und. Das alles zeigt: Das Kernkraftwerk Cattenom ist ein Sicherheitsrisiko und muss daher vorzeitig abgeschaltet werden. Das ist mir auch als Abgeordneter der Region ein Anliegen. Ich bin froh, wenn heute von dieser Debatte aus ein Signal in den Landkreis Merzig-Wadern geht, aber auch in das gesamte Land.
Am Beispiel Cattenom wird deutlich, dass das Bemühen um einen Atomausstieg nicht nur an nationalen Grenzen haltmachen darf, sondern eine europäische Debatte werden muss. Hier muss sich die saarländische Landesregierung, hier muss sich der saarländische Landtag der besonderen Rolle und Funktion bewusst sein, die wir als Saarland in Europa, aber auch in der Großregion innehaben. Ich meine, dass die Zeit der Beschwichtigungen und Abwiegelungen endlich vorbei sein muss. Wir brauchen eine politische Debatte, die die Informationspolitik und die Sicherheitsvorkehrungen sehr wohl mit einbezieht, die aber nicht auf dieser Stufe stehenbleibt, sondern klar festhält, dass wir ein Abschalten dieses Pannenreaktors haben wollen. Genau das müssen wir in dieser Deutlichkeit gegenüber unseren französischen Freundinnen und Freunden zum Ausdruck bringen.
Man kann diese Politik gegenüber den europäischen Nachbarn selbstverständlich nur dann glaubwürdig vertreten, wenn man mit gutem Beispiel vorangeht. Wenn Deutschland es als Industrienation tatsächlich schaffen würde, im Bereich des Atomausstieges insbesondere was die Geschwindigkeit angeht - ein Beispiel zu geben, wie etwa mit dem Erneuerbare
Energien-Gesetz, dann wäre das ein Gewinn für uns alle, in diesem Land, aber auch in Europa und auf der Welt.
Die bisherige Politik der schwarz-gelben Bundesregierung war jedoch - das muss heute leider auch gesagt werden -, zumindest was die Geschwindigkeit angeht, entgegengesetzt ausgerichtet. Es ist gerade mal ein halbes Jahr her, da hatten wir in diesem Hause eine heftige Debatte zu den von der Bundesregierung gerade erst beschlossenen Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke. Ich habe Verständnis dafür, dass man möglicherweise an das, was man vor dem Ereignis in Japan gesagt hat, nicht mehr erinnert werden möchte. Ich werde auch darauf verzichten, es heute mit entsprechender Polemik vorzutragen. Trotzdem muss man sicherlich mit der gebotenen Sachlichkeit auf die Fakten hinweisen dürfen, die vor dem Ereignis in Japan stattgefunden haben.
Ich will insbesondere auch darauf hinweisen, dass ich damals schon erklärt habe, dass ich es für unverantwortlich halte, einen solchen Beschluss auf den Weg zu bringen, und zwar damals schon mit dem Hinweis auf die mit den Technologien verbundenen Risiken. Damals, meine sehr verehrten Damen und Herren, wurde mir allerdings noch seitens der CDU vorgehalten, ich würde ein Horrorszenario aufzeigen. Jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist dieses Horrorszenario von gestern traurige Realität von heute. Das sollte uns ausreichend Warnung und Mahnung für die Zukunft sein.
Bei allen übereinstimmenden und erfreulichen Erklärungen zum Ausstieg aus der Atomenergie muss man dennoch die konkrete Vorgehensweise der Bundesregierung kritisch begleiten. Heiko Maas hat eben schon auf die Zielsetzung des Ethikrates hingewiesen, nämlich einen gesellschaftlichen Kompromiss zu formulieren. Auch hier noch einmal der Hinweis: Diesen gesellschaftlichen Kompromiss gibt es bereits. Wenn die Bundesregierung der Auffassung ist, dass er erst hergestellt werden muss, dann hat sie offensichtlich eine wesentliche gesellschaftliche Entwicklung in diesem Land verpasst. Die Bevölkerung, die Gewerkschaften, Kirchen - alle sind bereits auf diesem Kurs. Das sollte auch die Bundesregierung zur Kenntnis nehmen. Es war lediglich so, dass die Bundesregierung, dass Schwarz-Gelb den gesellschaftlichen Kompromiss mit dem Beschluss zur Verlängerung der Laufzeiten verlassen hat und deshalb jetzt eine Schleife drehen muss.
Gleiches gilt für das dreimonatige Moratorium. Es ist nicht nur problematisch in juristischer Hinsicht, sondern auch argumentativ, wenn die Kanzlerin in ein und derselben Rede sagt, dass die Atomkraftwerke im Land sicher sind, gleichzeitig aber darauf hinweist, dass sie eben doch nicht so sicher sind, so
dass man den Betrieb jetzt für drei Monate stilllegen muss. Das sind möglicherweise alles Hinweise darauf, dass es sich nicht um eine 180-Grad-Wende handelt, sondern um eine 360-Grad-Wende. Die sauberste Lösung wäre natürlich ein neues Atomgesetz. Daran wird sicher auch kein Weg vorbeiführen. Das Problem aus schwarz-gelber Sicht ist natürlich, dass das nur unter Beteiligung der Länder stattfinden kann.
Dort scheint die Kanzlerin doch erheblich Sorge zu haben, dass Rot und Grün über die Länder versuchen, die Energiepolitik mitzugestalten. Das mag eine Sorge der Kanzlerin sein, die berechtigt ist, eine Sorge der Bürgerinnen und Bürger muss es nicht sein, denn dort war man bereits auf dem richtigen Weg.
Die Alternativen zum Atomstrom hat Heiko Maas angekündigt und deshalb darf ich dann auch zum Schluss kommen, Herr Präsident. 25 Jahre nach Tschernobyl haben wir mit der Katastrophe in Fukushima eine weitere Mahnung zu verantwortungsvollem Handeln in Sachen Atomenergie erhalten. Dies darf für unsere Politik nicht ohne Konsequenzen bleiben. Wir müssen alles tun, damit sich eine derartige Katastrophe nicht wiederholt. Die Energiewende muss konsequent vorangetrieben werden. Das atomare Zeitalter muss zu Ende gehen, und zwar jetzt. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erfreulich an der heutigen Debatte ist, dass sie weitgehend sachlich verlaufen ist. Ich glaube, das ist der Tatsache geschuldet, dass die Kernenergie ihre Blütezeit unter allen Bundesregierungen und der sie tragenden Parteien erlebt hat. Und, Frau Kollegin Rehlinger, dazu gehörte auch die SPD. Die Kernenergie hat ihre Blütezeit erlebt, weil wir von einem geringen Restrisiko ausgegangen sind. Der Begriff Restrisiko
hat mit Fukushima eine völlig neue Dimension erfahren. Deshalb ist es heute nicht despektierlich, eine Position, die der Gewährleistung von Energiesicherheit und von günstigen Energiepreisen geschuldet war, erneut zu überdenken.
Ich darf daran erinnern, dass wir in der Europäischen Union 144 Kernkraftwerke haben, die zum Teil länger als 30 Jahre am Netz sind. Diese haben einen durchweg hohen Sicherheitsstandard, der auch bei den Reaktoren älterer Bauart immer an neue Erkenntnisse angepasst worden ist. Diese Sicherheitsstandards unterliegen bis heute den strengen Kontrollen nach den nuklearrechtlichen Vorschriften. Trotz all dieser Kontrollen, die Beispiele sind eben genannt worden, hat es eine erhebliche Anzahl von meldepflichtigen Vorgängen, insbesondere in Cattenom, gegeben. Wir haben die Ereignisse von Tschernobyl, eine Nuklearkatastrophe, die schlichtweg zu verhindern war. Sie hatte ihre Ursache in einem totalitären System und einem leichtfertigen und fahrlässigen Handeln des Bedienungspersonals. Wir haben nun eine weitere Katastrophe in Fukushima, die ihre Ursache in den Naturgewalten hat. Bei allem Respekt vor dem japanischen Volk und bei allem Respekt vor dem Leid, das die Menschen dort erfahren, aber aus meiner Sicht lässt es sich unter der Rubrik Restrisiko nicht einordnen, ein Kernkraftwerk auf streng erdbebengefährdetem Gebiet zu errichten und von einer Schadensskala von 8 plus auszugehen. Auch dieses Faktum muss einer Bewertung zugänglich gemacht werden.
Trotz dieser Katastrophe gilt es, einen kühlen Kopf zu behalten und wohlüberlegt zu handeln. Deshalb darf ich in Erinnerung rufen, dass es in der Bundesrepublik keine Kernkraftwerke gibt, die auf einem streng erdbebengefährdeten Gebiet stehen. Ein Tsunami ist in der Bundesrepublik so gut wie ausgeschlossen. Gleichwohl sind Risiken wie Terroranschläge oder Flugzeugabsturz geschildert worden, die durchaus möglich sind. Ich räume ein, das Risiko einer solchen Katastrophe - wenn auch vielleicht nur ein einziges Mal in einem Jahrhundert - besteht. Eine solche Katastrophe in einem dicht besiedelten Raum Europas würde ein unvorstellbares Maß an menschlichem Leid mit sich bringen. Meine Damen und Herren, mit Fukushima hat die nukleare Katastrophe ein unvorstellbar grausames Gesicht bekommen. Das Dogma einer beherrschbaren Atomenergietechnik ist widerlegt. Wenn und solange Kernkraft unbeherrschbare Risiken birgt, ist der Ausstieg aus der Kernenergie richtig und er ist auch notwendig.
Aber ebenso richtig ist es, dass wir nicht allein auf dieser Welt sind. Andere Industrie- und Schwellenländer werden diesen Weg mit Sicherheit nicht mitgehen wollen. Deshalb gilt auch hier: Wir haben in vielen technischen Bereichen weltweit eine Füh