Protokoll der Sitzung vom 30.11.2011

Wir laufen nicht Gefahr, dass junge und gut ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer das Saarland verlassen und wir die vorhandenen Stellen nicht besetzen können. Wir werden die abgesenkte Eingangsbesoldung zum 01. Februar bei den Berufsschullehrern zurücknehmen, und ich denke, das ist auch gut so.

Auch im Bereich der Weiterbildung haben die Koalitionäre Abänderungsanträge vorgelegt und den vorgesehenen Ansatz von 16,7 Millionen deutlich erhöht. Lebenslanges Lernen, von den frühen Jahren in der Kita über Schule, Universität, berufliche Ausbildung bis zur Fort- und Weiterbildung, hat für uns einen sehr hohen Stellenwert, und ich sage noch einmal ausdrücklich, auch auf Ihre Kritik zum Bildungsfinanzbericht hin: Bildung ist für uns eine Querschnittsaufgabe.

Im Bildungshaushalt in Einzelplan 06 für das Jahr 2012 wird dies in vielen Fassetten deutlich. Er zeigt, welchen besonderen Stellenwert der Bereich Bildung in der Jamaika-Koalition besitzt, auch mit unserem Minister Klaus Kessler, und er macht deutlich: Wir investieren in die Bildung, wir investieren in die Zukunft unseres Landes. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu diesem Einzelplan und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Barbara Spaniol für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Meiser! Er ist, glaube ich, bei der Bildungsdebatte nicht da, aber das macht nichts.

(Abg. Schmitt (CDU) : Herr Lafontaine war gestern auch den halben Tag weg!)

Ja, wunderbares Stichwort: Ihr Generalsekretär hat nichts anderes zu tun, als lächerlich in Facebook zu posten, wenn Herr Lafontaine nur mal auf die Toilette geht! Das ist ja wohl ein Witz!

(Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU). Sprechen.)

Ja, danke, das reicht. Wir haben es festgehalten.

(Lachen bei der LINKEN und weitere Zurufe.)

Kommen wir wieder zu gestern und zu der Generalaussprache.

(Abg. Rink (CDU) )

(Anhaltende Unruhe.)

Ich liebe solche Auftakte. Jetzt sind wir wieder brav und kommen zur Generalaussprache. Herr Meiser hat gestern gesagt, wir hätten es gemeinsam geschafft, die Gemeinschaftsschule auf den Weg zu bringen. Das ist in der Tat so, wir sind weiter als noch vor einem Jahr, als wir heftig um einen Schulfrieden gerungen haben. Ein erster Schritt ist wenigstens gemacht, ein erster Schritt in Richtung längeres gemeinsames Lernen, die Weichen sind gestellt, die Gemeinschaftsschule wird zum neuen Schuljahr eingeführt. Jetzt muss aber der zweite richtige Schritt kommen, nämlich die angemessene Ausgestaltung dieser neuen Schule, damit sie auf Augenhöhe eine erfolgreiche Alternative zum Gymnasium wird und nicht nur ein Etikett bleibt. Zum Thema Gemeinschaftsschule und allem, was dazugehört, stellen wir fest, dass jede und jeder etwas dazugelernt hat. Das ist ein wichtiger Punkt in der bildungspolitischen Debatte, denn es geht uns ja immer um das sogenannte lebenslange Lernen.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das, was Frau Ministerpräsidentin - sie ist im Moment leider auch nicht da - im FOCUS vom 29.09.2008 gesagt hat; damals war sie Bildungsministerin und Vorsitzende der Kultusministerkonferenz.

(Abg. Schmitt (CDU) : Herr Bierbaum ist auch gerade nicht da! Wer ist noch nicht da? - Unruhe.)

Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen, sie war Vorsitzende der KMK und hat eindringlich vor der oft verklärten Gemeinschaftsschule gewarnt. Mit Erlaubnis des Präsidenten will ich es kurz zitieren: „Ich würde mich als KMK-Präsidentin und als CDU-Politikerin immer gegen jedwede Form von Zwangsbeglückung wehren.“

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Gemeint war damals die Ganztagsbetreuung. Zwangsbeglückung, so ein unsägliches Wort, wenn es um Bildungspolitik, um Schulpolitik und um Ganztagsbetreuung in all ihren Fassetten geht! Das ist mehr als peinlich. Beerdigen Sie bitte solche Substantive im Zusammenhang mit Bildungspolitik!

(Beifall bei den Oppositionsfraktionen.)

Kolleginnen und Kollegen, man lernt in der Tat nie aus, Frau Ministerpräsidentin, für Sie wird das auch gelten. Wir stellen fest, das ist auch gut so.

Dann kommen wir zur Verfassungsänderung, die haben wir ja als LINKE möglich gemacht - Herr Schmitt, hören Sie zu -, damit es die Gemeinschaftsschule überhaupt gibt!

(Zuruf des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Schmitt von der CDU, für Sie war das offenbar wirklich zu viel! Wenn man am Montag den Aktuellen Bericht geschaut hat, musste man mit Verwunderung und Erstaunen einiges feststellen. Es ging um eine andere Verfassungsänderung, die im Haus noch ansteht, nämlich um die Ermöglichung von mehr direkter Demokratie, um die Einführung von Volksentscheiden. Das ist ein Thema, das uns schon lange beschäftigt und das wir endlich umgesetzt haben wollen. Wir alle haben dazu Vorschläge gemacht, konstruktive Vorschläge, wir wollten alle an einem Strang ziehen. Aber dann sitzt Herr Schmitt vor der Landespressekonferenz, schaut mit gramgebeugter Miene in die Kamera und sagt: Nein, diese essenziellen Dinge, grundlegende demokratische Rechte, kann er eigentlich nur mit der SPD verhandeln, das würde mit der LINKEN nicht gehen.

(Lachen und Sprechen bei der LINKEN. - Unru- he. - Zurufe des Abgeordneten Schmitt (CDU).)

Herr Schmitt, das haben Sie tatsächlich gesagt. Das ist so was von peinlich! Wir sind nicht auf Sie angewiesen, aber das ist ein Thema, das quer durch alle Fraktionen diskutiert wurde. Ich dachte, wir wären schon einen Schritt weiter, dass man an einem Tisch zusammenkommt, wenn es um wichtige Themen geht. Vielleicht kriegen wird das hier auch auf die Reihe, auch wenn es Ihnen dabei ganz offensichtlich schlecht geht.

(Lachen und Sprechen bei der LINKEN.)

Okay, das war nur ein kleiner Exkurs zum Thema Verfassungsänderung. Es geht nicht nur darum, die Verfassung zu ändern, sondern auch darum, essenzielle Dinge auf den Weg zu bringen. Es muss auch im Haushalt dargestellt werden, wie es mit der Bildungspolitik künftig weitergeht.

Herr Commerçon hat das klasse gemacht, er hat alle Punkte abgearbeitet, aber ich muss trotzdem etwas dazu sagen. Frau Rink, Sie haben sich krampfhaft bemüht, einen in der Tat breit angelegten Bildungsfinanzbericht vorzulegen. Ich kenne keine breitere Querschnittsaufgabe als diesen Bildungsfinanzbericht. Sie haben das jetzt vorgelegt, auch im Vorgriff auf die Debatte heute. Das kann man einerseits nachvollziehen, aber ich denke, es ist auch etwas schief gegangen. Da taucht wirklich alles Mögliche auf, was ein Kompositum mit Bildung darstellt um es mal so zu nennen -, es wurde alles Mögliche zusammengekratzt, um die 30 Prozent darstellen zu können. Ich an Ihrer Stelle wäre in der Argumentation seriöser geblieben. Es gibt eine sehr gute Aufstellung der Arbeitskammer, in der die Bildungsausgaben von 1960 bis 2012 durchgerechnet sind, da taucht unser Land 2012 mit 21,28 Prozent am Schluss auf. Ich denke, das ist wohl realistisch, in diesem Rahmen bewegen wir uns. Wir sehen auch Ihre Bemühungen, aber man sollte es einfach las

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

sen, diese 30 Prozent krampfhaft erreichen zu wollen.

Ich greife einige Schwerpunkte direkt aus dem Haushalt heraus. Der Kollege der SPD hat schon einiges gesagt, das muss ich nicht wiederholen. Ein Schwerpunkt ist auf jeden Fall die Ausgestaltung der Gemeinschaftsschule. Die Bewahrung des Status quo an dieser Stelle wird nicht ausreichen, um langfristig ein Gelingen des pädagogischen Konzeptes für die neue Schule umsetzen zu können. Die Schulen brauchen dringend eine Aufstockung an Stellen, an Mitteln, unter anderem zur Finanzierung von zusätzlichen Lehrerwochenstunden pro Gemeinschaftsschule sowie zur Lehrerfortbildung. Auch hier müssen wir den Finger weiter in die Wunde legen und genau hinschauen, wie der Haushalt gestaltet wird.

Ein weiterer zentraler Punkt - für uns ein hauptsächliches Anliegen - ist weiterhin die Bekämpfung des Unterrichtsausfalls, und zwar an allen saarländischen Schulen! Das ist das Problem. Sie haben uns eine klare Zusage gegeben, Herr Minister, Sie stehen hier im Wort. Sie wollen die Lehrerfeuerwehr aufstocken, damit Unterrichtsausfall wirksam bekämpft werden kann. Wir nehmen Sie beim Wort und werden an dieser Stelle genau schauen, was Sie aus unserer Zusage zu dieser Verfassungsänderung gemacht haben. Wir erwarten schon einiges von Ihnen und auch eine klare Ansage, wie das hier weitergeht.

(Beifall bei der LINKEN.)

Im Haushalt haben Sie 50 zusätzliche Stellen angekündigt, Sie werden nachher mit Sicherheit das Wort dazu ergreifen. Es wäre auch notwendig, weil es eine gewisse Unruhe gibt, wie es an dieser Stelle weitergeht.

Dieses Problem des Unterrichtsausfalls muss für alle Schulen behoben werden. Beim Thema Unterrichtsausfall sind wir jahrelang zusammengezuckt, wenn von den beruflichen Schulen die Rede war. Wir haben jetzt gehört, es ist besser geworden. Voriges Jahr sind noch bis 1.700 Unterrichtsstunden pro Woche ausgefallen, jetzt sind es ungefähr 1.000, das sind immer noch 1.000 zu viel. Das kann nicht sein. Wir brauchen klare Pläne, klare Lösungen, um dieses Problem struktureller Lehrermangel und damit verbunden massiver Unterrichtsausfall lösen zu können. Das ist die Situation der beruflichen Schulen seit Jahren. Diese Stiefkindpolitik muss endlich ein Ende haben.

Ein weiterer Punkt ist die Qualitätsverbesserung in der Grundschule. Ich habe in den letzten beiden Debatten um Lehrerbildungsgesetz, Schülerförderungsgesetz und allem, was damit zusammenhängt, mehrmals gesagt, dass es ganz oft um Anerkennung geht. Die Grundschullehrer sagen uns immer

wieder: Wir haben die höchste Unterrichtsverpflichtung, wir haben aber die schlechteste Bezahlung, die Anforderungen steigen immer mehr, wir müssen pädagogisch immer mehr leisten. - Auch hier brauchen wir ein klares Bekenntnis, wie es in Zukunft weitergeht, um angemessene Rahmenbedingungen zur Bewältigung der neuen Aufgaben zu schaffen.

Dann ein weiterer Punkt, der mir ein bisschen zu kurz gekommen ist. Frau Rink, Sie haben gesagt, Sie haben die Absenkung der Eingangsgehälter im beruflichen Bereich, bei den jungen Berufsschullehrern jetzt zurückgenommen. Aber das kann doch wirklich nicht das einzige und das letzte Wort sein! Ich muss es noch einmal sagen: Das war ein absoluter politischer Fehler. Wir können doch nicht überall teure Imagekampagnen pflegen - wenn man in das Saarland reinfährt - und auf der anderen Seite die eigenen Leute wegschicken mit solchen Fehlentscheidungen, mit solchen Kürzungen von Gehältern für Junglehrerinnen und Junglehrer. Das ist der absolut falsche Weg. Korrigieren Sie das bitte für alle, nur dann hat der Nachwuchs an unseren Schulen eine Chance.

(Beifall bei der LINKEN.)

Ich nenne noch einen Punkt, die Schulsozialarbeit. Das ist auch ein Thema, das mir zu kurz gekommen ist. Sie muss Querschnittsaufgabe sein, und zwar eine echte, eine ernst gemeinte Querschnittsaufgabe, im Bildungsbereich. Maßnahmen wie die Kooperation von Schule, Jugendhilfe, die Sozialbetreuung an Freiwilligen Ganztagsschulen, alles das sind Titel, die Sie so bezeichnen. Aber das sollte eigentlich im Landeshaushalt gebündelt auftauchen unter einem offiziellen Haushaltstitel Schulsozialarbeit. Das ist wichtiger denn je. Dazu sollte man sich bekennen und von der Intransparenz im Haushalt Abstand nehmen.

Einen weiteren Punkt, Frau Rink, will ich nur noch kurz erwähnen. Sie haben uns kritisiert, weil wir im Antrag den Ausbau der Kinderbetreuung kritisiert haben. Wir sehen Ihre Bemühungen. Aber dem Statistischen Bundesamt hat das trotzdem nicht gereicht. Es hat das Land im Bereich der Kinderbetreuung mit dringendem Nachholbedarf abgestempelt. Es geht nur darum, dass Sie hier voranmachen. Die Nachfrage nach Krippenplätzen ist wesentlich höher als das Angebot. Dem muss Rechnung getragen werden.

Ein letztes Wort an dieser Stelle - wenn wir an die Bildungskette denken - zum Thema Hochschulpolitik. Die Hochschulen sind zwar im Wirtschaftsressort untergebracht, das gehört für mich aber alles zur Bildung. Ich finde es eigentlich sehr beschämend, dass Sie ein halbes Jahr gebraucht haben, um sich zur Medizinischen Fakultät zu bekennen. Sie haben gestern noch im Haushalt wie eine Monstranz das

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

PwC-Gutachten vor sich hergetragen. Das war schwierig für die Betroffenen vor Ort in Homburg, wir mussten zigfach -

(Zuruf aus der CDU: Das stimmt doch gar nicht.)

Natürlich. Sie haben erst in der letzten Sitzung im November gesagt, die Medizinische Fakultät ist gerettet, wir nehmen davon Abstand, sie wird nicht geschlossen. Natürlich ist da eine Summe ausgewiesen, die man kürzen kann.

(Abg. Schmitt (CDU) : Im Gutachten von Herrn Bohr steht das, früherer Staatssekretär der Regierung Lafontaine.)

Dort auch. - Es geht doch darum: Warum lässt man ein halbes Jahr verstreichen, anstatt sich gleich dazu zu bekennen, dass wir nicht auf die medizinische Ausbildung im Saarland verzichten können? Darum geht es.

(Beifall bei der LINKEN. - Weitere Zurufe aus der CDU.)