Und unnötig ist dieses Mittel! Denn Sie werden im nächsten Haushalt nicht die 200.000 Euro bereitstellen, mit denen man dem Verfassungsschutz einen eigenen IMSI-Catcher kaufen könnte. In der Begrün
dung zum Gesetzentwurf steht daher auch, der Verfassungsschutz möge den IMSI-Catcher der saarländischen Polizei benutzen. Aber auch diese verfügt nicht selbst über einen IMSI-Catcher, weil wir auch der Polizei noch nicht die erforderlichen 200.000 Euro zur Verfügung gestellt haben. Die saarländische Polizei nimmt im Zuge der Amtshilfe diese Gerätschaften der rheinland-pfälzischen Kollegen oder der Bundespolizei in Anspruch.
Es stellt sich die Frage, warum wir eigentlich keinen eigenen IMSI-Catcher haben. Ist es uns die viel zitierte Sicherheit nicht wert, in diese „gute“ Technologie zu investieren? Nein, es liegt einfach daran, dass den Menschen, die sich mit diesen Möglichkeiten auskennen, auch den Ermittlungsbeamten, bewusst ist, dass der IMSI-Catcher als Ermittlungsinstrument ungeeignet ist. Er stammt von der Wunschliste der Totalüberwacher, hat aber ermittlungstechnisch einen sehr geringen Wert. Es leuchtet auch unter ermittlungstechnischen Gesichtspunkten nicht ein, weshalb neben einer vollumfänglichen Telekommunikationsüberwachung, die ja schon möglich ist, zusätzlich noch der IMSI-Catcher eingesetzt werden soll, mit dem die Abfrage einer kompletten Funkzelle möglich ist. Denn das führt zu viel sogenanntem Beifang, indem man viele unbescholtene Bürger, einen ganzen Straßenzug oder einen ganzen Stadtteil, mitüberwacht. Das macht so keinen Sinn. Ein solcher Generalverdacht führt nur dazu, dass unbeteiligte Dritte, die zur falschen Zeit am falschen Ort sind, in die Überwachung geraten und zu Unrecht verdächtigt werden, weil eben alle Handys und alle Tablets und alle Funktelefone in diesem Netz erfasst werden. Verdächtige Handys können doch ohnehin abgehört werden, dafür braucht man keinen IMSICatcher.
Aber auch der Erfolg des IMSI-Catchers ist nicht belegbar. Auch das ist ein typisches Muster der Behandlung von Überwachungstechnologien in unserer Rechtsprechung. Weder aus den Registern der Strafverfolgungsbehörden noch aus den Gerichtsakten der Verfahren ist klar ersichtlich, ob ein IMSICatcher zum Einsatz gekommen ist. Der Einsatz wird nicht gesondert ausgewiesen, entsprechend erscheint er nicht in der Statistik, folglich lässt sich auch die Wirksamkeit eines solchen Mittels letztlich nicht belegen. Die Anzahl der Verurteilungen aufgrund des Einsatzes eines IMSI-Catchers findet sich ebenfalls nicht in einer Statistik. Auch insoweit lässt sich nicht belegen, ob der Einsatz etwas bringt oder nicht. Allerdings ist das wohl das übliche Vorgehen, wenn eine weitere sinnlose Überwachungsmaßnahme etabliert werden soll. Das ist das Muster einer Pseudosicherheitspolitik, die keine Sicherheit schafft, sondern lediglich Tatkraft simuliert.
Dass Ihnen die Wirkungslosigkeit dieser Maßnahmen bewusst ist, scheint in diesem Gesetzesentwurf insoweit durch, als anders als etwa in NordrheinWestfalen keine Veröffentlichungspflicht der Einsatzstatistiken vorgesehen ist. In Nordrhein-Westfalen ist gesetzlich vorgeschrieben, dass die im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen, ihre Anzahl und Angaben über den Einsatz von IMSI-Catchern, im Parladok des Parlamentes veröffentlicht werden; damit ist das für die Allgemeinheit nachvollziehbar.
Anhand dieses Beispiels IMSI-Catcher muss ich das Fazit ziehen: Wir müssen aktiv am Ausstieg aus der Totalüberwachung arbeiten und nicht immer weitere Überwachungsmaßnahmen einführen. Dieser Anforderung trägt dieser Gesetzentwurf nicht Rechnung, deshalb können wir ihm leider in dieser Form nicht zustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Hubert Ulrich.
A b g. U l r i c h ( B 9 0 / G R Ü N E ) : Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden uns - um das vorweg zu sagen bei diesem Gesetzentwurf zunächst einmal enthalten. Wir sehen in diesem Gesetzentwurf, das will ich auch ganz offen sagen, einige positive Entwicklungen, zum Beispiel dass die parlamentarische Kontrolle mit Blick auf den Verfassungsschutz ausgeweitet werden soll, was auch dringend notwendig ist, wie ja bestimmte Skandale in der jüngsten Zeit gezeigt haben. Aber es gibt auch eine ganze Reihe von kritischen Punkten, die wir uns in der Anhörung zu Gemüte führen werden. Wir werden uns anhören, was die Fachleute dazu sagen.
Kollege Pauluhn, Ihr Redebeitrag hat einen Teil enthalten, über den ich etwas geschmunzelt habe. Sie haben gesagt: Die Demokratie hat sich als wehrhaft erwiesen. - Das stimmt. Sie haben als Hauptargument für diese Wehrhaftigkeit den Verfassungsschutz ins Feld geführt. Bei allem Respekt vor dem Verfassungsschutz, aber das sehe ich ein wenig anders. Ich glaube, dass unsere Demokratie seit 1945 so wehrhaft ist, hängt in starkem Maße an vielen engagierten Bürgerinnen und Bürgern,
das hängt in ganz starkem Maße an der Presse und es hängt in ganz starkem Maße an der Arbeit aller politischen Parteien, die es in diesem Lande gibt. Es hängt auch, wie ich glaube, nicht zuletzt und ziemlich elementar an unserer Verfassung. Ich glaube, der Verfassungsschutz rangiert da eher am unteren Ende der Nahrungskette - Stichwort NSA-Skandal,
Stichwort Umgang mit der gesamten rechten Szene. Ich rede jetzt nicht vom saarländischen Verfassungsschutz, sondern vom bundesweiten Verfassungsschutz. Da hat die Arbeit des Verfassungsschutzes in den letzten Jahren immer wieder in sehr starkem Maße zu wünschen übrig gelassen, das muss man hier an dieser Stelle ganz offen sagen. Deshalb bin ich auch der Meinung, dass Parlamente und Parlamentarier größere Möglichkeiten auch auf Landesebene erhalten müssen, diesen Verfassungsschutz klar zu kontrollieren, trotz des Rahmens, den man da vorgeben muss - Stichwort Geheimhaltung. Ich glaube, das muss die Grundlage sein, auf der wir diskutieren, wenn wir über den Verfassungsschutz reden.
Ein wichtiger Diskussionspunkt ist für uns auch im Detail das, was Kollege Hilberer gerade angesprochen hat, der IMSI-Catcher. Wir als GRÜNE haben ja gesagt, wir können uns Fälle vorstellen, bei denen der Einsatz dieses IMSI-Catchers notwendig ist, das sehen wir auch nach wie vor so. Aber, Sie wissen das ja, wir als GRÜNE haben in das Saarländische Polizeigesetz mit hineinverhandelt, dass zumindest die Zahlen genannt werden müssen, die aus diesen Maßnahmen resultieren. Das geschieht auch. Genau dasselbe - das wird einer der Punkte sein, auf die wir in der Anhörung und in der Zweiten Lesung dieses Gesetzes achten werden - muss natürlich auch im Verfassungsschutzgesetz verankert werden. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, um da ein bisschen mehr Klarheit zu kriegen, denn gerade beim IMSI-Catcher ist man eben auch ganz schnell bei den Bestandsdaten und somit bei sehr intimen Daten von vielen Menschen hier in diesem Lande. Bereits bei der Verabschiedung des Bundestelekommunikationsgesetzes hat der Bundesdatenschutzbeauftragte genau auf diese Problematik hingewiesen. Deshalb müssen wir das auch hier im Lande sehr genau im Auge behalten.
Wie gesagt, wir werden uns heute zunächst mal enthalten und werden dann im Verlauf des parlamentarischen Verfahrens unsere Meinung in die eine oder andere Richtung festigen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Klaus Meiser.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst, weil ich mit meiner Amtszeit als Innenminister auch betroffen bin, zur Anmerkung des Kollegen Lafontaine über die Fahrzeugbeschaffungen des LfV etwas sagen. Kollege Lafontaine, ich denke,
wenn so eine Äußerung gemacht wird: „Wer wusste was? Da ist nichts in Ordnung“, muss klar gesagt werden, worum es geht und dann die Schlussfolgerung gezogen werden. Ich hoffe, Sie werden sie heute ziehen.
Was ist der Sachverhalt? Das Landesamt für Verfassungsschutz des Saarlandes hat Amtshilfe bei der Beschaffung von Fahrzeugen geleistet. 2003 hatte der Direktor des luxemburgischen Service de Renseignement de l´État um Unterstützung bei der Beschaffung von Einsatzfahrzeugen deutscher Hersteller gebeten. Das geschah unter Sicherheitsaspekten. Wir können uns das gerne im Verfassungsschutzausschuss im Detail mal darlegen lassen. Das geschah im Rahmen der Zusammenarbeit in der Großregion, die übrigens zwischen den Diensten auf allen Ebenen stattfindet - technisch bei Observation, und in diesem Falle auch bei der Beschaffung.
Was ist der Sachverhalt? Erstens: Zusammenarbeit zu dienstlichen Zwecken - ein rechtmäßiger Vorgang, unbestritten! Auch der Rechnungshof hat nach Prüfung nie gesagt, das sei nicht rechtmäßig. Zweitens - das ist die Schlussfolgerung daraus -: Niemandem ist ein Schaden entstanden. Drittens: Die Hersteller waren alle umfänglich informiert und einverstanden. Dieser dienstliche Vorgang - Sie werden es mir verzeihen - ohne besondere Bedeutung für die Führungsebene, sprich einen Minister oder eine Ministerin, ist natürlich auch nicht vorgetragen worden. Ich hätte mich als Innenminister nicht für die Beschaffung von Fahrzeugen interessiert. Auch das wird Ihnen der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz bestätigen können. Am Rande bemerkt: Auch Sie sind wahrscheinlich in Ihrer Zeit als Ministerpräsident nicht informiert worden, als der saarländische Dienst mit Fahrzeugen zu tun hatte und das auch ein problematisches Thema war. Vielleicht erinnern Sie sich daran. Wenn Sie sich nicht daran erinnern, ist das verständlich, denn so wichtig kann das für Sie nicht gewesen sein. Aber trotzdem sollte man den Sachverhalt mit dem damaligen Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz einmal aufarbeiten.
Die Debatte wurde dann natürlich geführt, als der Rechnungshof das zunächst einmal geprüft hat, was ihm zusteht. Der Luxemburger Dienst hat gesagt: Wenn das öffentlich wird, macht die Beschaffung keinen Sinn mehr. Sie hat dann diese Bitte um Amtshilfe zurückgezogen. Das ist der Sachverhalt. Über den ist am 15.01.2009 im Verfassungsschutzausschuss informiert worden. Was bleibt, ist ein rechtmäßiger Vorgang ohne Schaden für irgendjemanden, über den, was auch in Ordnung war, die Ministerebene nicht informiert worden ist. Wäre sie informiert worden, wäre es immer noch ein rechtmäßiger Vorgang ohne Schaden für irgendjemand ge
wesen. So weit zum Sachverhalt und der rechtlichen Würdigung in diesem Falle. Ich glaube, dass hier für Skandalisierung kein Millimeter Raum ist.
Erlauben Sie mir zum Thema Landesamt für Verfassungsschutz und Verfassungsschutz noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen. Zunächst einmal, denke ich, ist entscheidend, in welchem Geiste die Diskussion geführt wird. Ordnet man den Verfassungsschutz wie die Polizei, wie alle Gewalten in diesem Staate ein als Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung mit der Aufgabe, diese freiheitlich-demokratische Grundordnung zu bewahren, oder ordnet man den Verfassungsschutz ein als Spitzel? Das ist doch die grundlegende Frage. Für uns ist von der Grundausrichtung, auch wenn es beim LfV oder der Polizei - oder in der Partei der LINKEN oder auch der CDU - Skandale geben darf, dieser Dienst ein Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Deshalb finde ich es nicht hilfreich, wenn die Arbeit des Verfassungsschutzes unter Generalverdacht gestellt wird und wenn wider besseres Wissen - das hat insbesondere der Kollege Hilberer gemacht - der Eindruck erweckt wird, als würden hier wild Daten gesammelt, ohne jeden Schutz des Einzelnen. Das Gegenteil ist der Fall! Die Spielregeln sind ganz eng gesetzt. Sie werden vom Bundesverfassungsgericht - und das ist richtig so - permanent überprüft. Bei dem Gesetz über die Antiterrordaten-Datei hat das Bundesverfassungsgericht wichtige Aussagen gemacht.
Wir alle wollen, dass das immer auf dem Prüfstand steht, aber es muss gefragt werden, in welchem Geiste die Diskussion geführt wird. Ich will neben dem Verfassungsschutz auch die Bundeswehr erwähnen. Die einen nennen Soldaten Mörder, die anderen haben das Verständnis, dass die Bundeswehr zur Sicherung von Freiheit und Frieden unseres Vaterlandes da ist. All das muss man im Zusammenhang ansprechen: In welchem Geiste führen Sie die Diskussion?
Deshalb erinnere ich daran, was die Aufgabe des Verfassungsschutzes ist. Außer dem Kollegen Pauluhn hat es hier keiner angesprochen. Sowohl im Bundesgesetz als auch im Landesgesetz steht, dass es darum geht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu schützen, gegen organisierte Kriminalität vorzugehen, vor Terroranschlägen zu schützen, vor Rechtsextremismus zu schützen und so weiter und so fort. Das sind die Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz. Wenn man sich weiter anschaut, wie diese Aufgaben in eine Rechtsordnung eingebunden sind, die sicherstellen soll, dass die Privatsphäre des Einzelnen und die Freiheitsrechte Unverletzlichkeit der Wohnung
etc. - gewahrt werden, dann kann man nicht davon sprechen, dass massenhaft gesammelt wird ohne jede Schranke.
Ich bitte auch darum, nicht aus Skandalen, die in jedem Lebensbereich vorkommen, die Schlussfolgerung zu ziehen: Schaffen wir den Verfassungsschutz ab! Wenn die Polizei morgen einen Skandal hat, schaffen wir dann die Polizei ab? Wenn in der Schule ein Skandal vorkommt, schaffen wir dann die Schule ab? Das kann doch nicht die Logik in unserem Staatsaufbau sein. Deshalb kurz der Hinweis, welche Aufgaben der Verfassungsschutz hat und wie er diese Aufgaben erfüllt. Das sind geheime Tonaufzeichnungen, das sind nachrichtendienstliche Hilfsmittel. Man muss der Bevölkerung aber auch sagen, in welchen Grenzen das gemacht wird, dass das nicht nach dem Motto läuft „Wir hören mal alles ab“, sondern dass das nur mit richterlicher Genehmigung gemacht werden darf.
Herr Kollege Hilberer, die Gerichte haben gesagt wir haben es auch rechtlich so ausgeformt -, dass die Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs natürlich ein besonders schwerer Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen ist. Deshalb müssen im Saarland Sie und ich und Herr Lafontaine gefragt werden, wenn in diese Rechte eingegriffen wird. Davon hat auch keiner gesprochen, wenn in diese Rechte eingegriffen wird, müssen wir gefragt werden. Das Parlament wird informiert und gefragt, ob es zulässig ist, und erst dann findet eine solche Maßnahme statt. Sie können doch nicht alles unter Generalverdacht stellen und sagen, dass jeder bespitzelt wird! Sie unterminieren die Rechte des Parlaments und tun so, als wären wir in diesen Dingen nicht verantwortlich unterwegs. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil ist der Fall.
Ich komme noch zum Thema Trennungsgebot. Herr Kollege Lafontaine, ich weiß, dass die Diskussion, die Sie geführt haben, ebenfalls von Verfassungsrechtlern geführt wird, auch wenn es eine Mindermeinung ist. Ihre Schlussfolgerung ist jedoch eine völlig andere. Das, was diese Verfassungsrechtler vorschlagen, ist keine Aufhebung des Trennungsgebotes. Ich kann nur an Sie appellieren, darüber nachzudenken, was es bedeuten würde - ich komme auf den Kollegen Pauluhn zurück -, wenn Sie dieses Trennungsgebot aufheben würden, in welcher Organisationsform auch immer, ob der Verfassungsschutz einer Abteilung im Innenministerium angehören würde, ob er so organisiert wäre wie bei uns, das spielt keine Rolle.
Man muss sehen, was Inhalt des Trennungsgebotes ist. Dazu darf ich eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom April 2013 zitieren, in der es um das Antiterrordateigesetz geht: „Die Rechtsordnung unterscheidet damit zwischen einer grundsätzlich offen arbeitenden Polizei“ - Klammer auf: die
verpflichtet ist, bei allem, was ihr zur Kenntnis kommt, nach dem Legalitätsprinzip tätig zu werden, zu ermitteln und zu handeln - „die auf eine operative Aufgabenwahrnehmung hin ausgerichtet und durch detaillierte Rechtsgrundlagen angeleitet ist, und den grundsätzlich verdeckt arbeitenden Nachrichtendiensten, die auf die Beobachtung und Aufklärung im Vorfeld zur politischen Information und Beratung beschränkt sind und sich deswegen auf weniger ausdifferenzierte Rechtsgrundlagen stützen können.“
Was heißt das? Wenn der Verfassungsschutz beispielsweise Erkenntnisse gewinnt - wie in der Sauerland-Affäre, Gott sei Dank -, die die Menschen in unserem Land vor Terrorakten bewahren, dann haben diese Erkenntnisse, die in dem Zusammenhang viele kleine Straftaten drumherum feststellen, keine Relevanz, der Verfassungsschutz darf sich auf das andere konzentrieren. Wenn die Polizei dies machen würde, hätte sie erstens nicht die Mittel, zweitens überhaupt nicht das Personal, das genau dafür ausgebildet ist, und sie müsste alle gewonnenen Erkenntnisse verwerten. Deshalb bin ich ein entschiedener Vertreter des Trennungsgebotes. Es soll wirklich keinen falschen Zungenschlag in die Debatte bringen, aber ich denke, der Hinweis auf die Historie muss erlaubt sein, übrigens auch auf die Historie im Saarland nach dem Zweiten Weltkrieg, als die saarländische Polizei nicht exakt eine Trennung zwischen Militär, Polizei und Verfassungsschutz hatte, mit allen negativen Folgen, sowie der Hinweis auf Gestapo und auf Stasi, wo genau diese Trennung nicht erfolgt ist, wo Bespitzelung und Nachrichtendienst wirklich Teil der Polizeiarbeit waren. Das will in diesem Land nie mehr jemand haben.
Noch eine abschließende Bemerkung, damit wir uns nicht missverstehen: Wir sind beieinander, wenn wir sagen, Missbrauch muss vorgebeugt werden. Wir sind beieinander, wenn wir von engen rechtsstaatlichen Grenzen sprechen. Wir sind hoffentlich auch beieinander, wenn wir sagen, unser Verfassungsschutz ist Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dient der Aufgabe, unsere Bürgerinnen und Bürger zu schützen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine.
A b g. L a f o n t a i n e ( D I E L I N K E ) : Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in dieser Debatte sicherlich nicht genug Zeit, das Problem, über das wir grundsätzlich diskutieren, ausreichend zu beleuchten, daher kann ich mich auf nur wenige Bemerkungen beschränken. Sie, Herr Pauluhn, haben beispielsweise das Stich
wort Gestapo angeführt, es wurde später aufgegriffen. Schauen Sie sich die Geschichte der Geheimdienste der Bundesrepublik Deutschland 20 Jahre lang nach dem Krieg an, und schauen Sie sich die Forschung an, welches Personal dort 20 Jahre lang nach dem Krieg tätig war. Ich will damit nur sagen, es gab immer Veranlassung, sorgfältig zu kontrollieren, sodass ein Kernpunkt die Parlamentskontrolle ist.
Herr Kollege Meiser, ich will Ihnen nur so viel sagen: Ich bin nicht der Auffassung, dass dieses Parlament ausreichend Möglichkeiten hat, den Verfassungsschutz zu kontrollieren. Ich will das jetzt nicht darlegen, oder ich sage es ganz persönlich: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich mit den Möglichkeiten, die ich als Parlamentarier habe, ausreichend sagen kann, ob alles mit rechten Dingen zugeht oder nicht.
Man sieht es an der Kleinigkeit mit dieser Wagenbeschaffung, die Sie hier wieder angesprochen haben. Ich habe das nicht skandalisiert, ich habe die Frage gestellt, ob jemand Bescheid wusste und wer es genehmigt hatte. Nun haben Sie gesagt, es sei alles rechtmäßig vorgegangen. Dann wäre das, was in der Presse steht, alles falsch. Erstens steht, dass gegen die Haushaltsordnung verstoßen worden ist. Nach Ihren Ausführungen wäre das rechtmäßig.
Sie haben etwas anderes damit gemeint, gut. - Ich will damit nur sagen, die Haushaltsordnung ist auch Recht. Wir müssen schon eine gewisse Sorgfalt anwenden, ansonsten erklärt jeder, was er für Recht hält und was er nicht für Recht hält. Zweitens steht in der Presse, dass die Verträge mit den Herstellern nicht beachtet worden seien. Sie sagen jetzt, sie seien beachtet worden, sie seien informiert gewesen. Es steht also Aussage gegen Aussage. Das Dritte ist, dass die Kfz-Steuer aus dem Landeshaushalt bezahlt worden ist, das hätte der Rechnungshof festgestellt. Das wäre zumindest ein ungewöhnlicher Vorgang. So ist es in der Zeitung berichtet worden, es steht aber Aussage gegen Aussage. Insofern bitte ich um Verständnis, dass wir uns bei diesem Sachverhalt nicht Ihrem Urteil anschließen können, es sei alles rechtmäßig gewesen.