Protocol of the Session on February 11, 2015

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Es ist bereits erwähnt worden, dass 92 Prozent der Schülerinnen und Schüler, die teilgenommen haben, dieses Zertifikat erworben haben.

Dennoch muss all das Hand und Fuß haben und es muss realistisch sein, was wir umsetzen. Deswegen war es mir beim DELF Prim ein besonderes Anliegen, dass dieses Instrument im Hinblick auf die Wirksamkeit wissenschaftlich untersucht wird. Das haben wir in Auftrag gegeben. Ich danke an dieser Stelle der Universität des Saarlandes sehr herzlich dafür, dass wir wirklich gute Erkenntnisse haben. Das ist bereits mehrfach erwähnt worden und im Ausschuss umfassend dargestellt worden. Dieser Bericht bestätigt weitgehend die 2010 getroffene Grundentscheidung für den frühen Französischunterricht und die Kompetenzorientierung. Allerdings gibt diese Studie auch wertvolle Hinweise für die Weiterentwicklung. Ich möchte in aller Kürze ganz konkret auf zwei Handlungsfelder eingehen.

(Abg. Maurer (PIRATEN) )

Zunächst einmal stellt der Bericht fest, es werde von den Schulleitungen zwar generell positiv bewertet, dass diese DELF-Prim-Prüfungen stattfinden. Wir haben allerdings auch die Erkenntnis, dass der Französischunterricht nicht an jedem Standort optimal personalisiert ist. Das gehört zur Wahrheit dazu. Das liegt eben daran, dass wir die entsprechend gut qualifizierten Lehrkräfte gewinnen müssen. Das Schlechteste nämlich, was wir tun könnten, wäre, schlechten Französischunterricht zu geben. Deswegen sage ich, dass wir lieber behutsam und konsequent vorgehen und dafür sorgen, dass die Qualität stimmt und wir wirklich gut ausgebildete - am besten mit muttersprachlicher Kompetenz ausgestattete Lehrkräfte in diesem Unterricht einsetzen.

Es gibt eine zweite Sache, die wir hinterfragen und überprüfen müssen. Über alle Befragten - Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern hinweg wird zwar ein positives Gesamtbild zum DELF Prim gezeichnet, aber 75 Prozent der Lehrkräfte bezeichnen den Prüfungsteil Schreiben als schwer beziehungsweise zu schwer. Das heißt nun nicht, dass man davon Abstand nehmen muss, aber wir werden uns sicherlich in guter Zusammenarbeit mit dem französischen Unterrichtsministerium darum bemühen, diese problematischen Schreibaufgaben durch angemessenere Aufgabentypen ersetzen zu lassen oder darüber zu verhandeln, ob man das Schreiben vielleicht dadurch ersetzt, dass man mündliche Tests dazu bringt, mit denen sich die Kinder leichter tun. Das sind zwei wichtige Erkenntnisse, die wir aus dieser Studie belegt haben. Ich glaube, wir müssen uns die Zeit dafür nehmen, das hinreichend zu diskutieren.

Ich sagte bereits, über alle befragten Gruppen hinweg wird es positiv gesehen. Unter den Schülerinnen und Schülern sagten 90 Prozent, dass sie gerne fremde Sprachen lernen. Nur 7,8 Prozent der Schülerinnen und Schüler verneinen dies. Auch um die müssen wir uns kümmern und darauf achten, woran das liegt. Bei den Eltern wird es auch von einer großen Mehrheit begrüßt. Die Eltern sagen aber gleichzeitig, dass Frankreich in ihrem Alltag nur zu einem sehr geringen Anteil eine Rolle spielt. Nur ein Drittel der Eltern geben an, dass die kulturelle und gesellschaftliche Auseinandersetzung im Alltag der Fall ist, während zwei Drittel von ihnen angeben, dass dem Land Frankreich und der gesellschaftlichen Realität keine besondere Bedeutung zukommt. Es ist wichtig, das zu erkennen, um unterstützen zu können, damit wirklich die Bereitschaft da ist, das Französische zu lernen. An dieser Stelle werden wir sicherlich entsprechend arbeiten müssen. Aber auch die Eltern sagen von ihren Kindern, dass ihre Kinder zumeist sehr gerne Französisch in der Grundschule lernen.

Ich möchte zum Antrag der GRÜNEN kommen. Das Wesentliche ist gesagt worden. Herr Kollege Kessler, hier geht es nicht um Planstellen. Hier geht es schlicht und ergreifend darum - das ist der Kern, an den wir uns heranmachen -, ob es überhaupt gelingt, die entsprechend befähigten französischsprachigen beziehungsweise zweisprachigen Lehrkräfte in ausreichender Zahl zu rekrutieren. Wir sind ganz guter Dinge, dass wir das nach vorne bringen können. Ich habe mich zuletzt im November 2014, also vor kurzer Zeit, mit dem Recteur sehr intensiv und lange, über einen ganzen Vormittag einschließlich des Mittagessens - das gehörte auch dazu - zusammengesetzt. Wir haben genau diese Dinge ausgelotet. Angesichts der neuen Einstellungspolitik des französischen Staates haben wir sicherlich gute Möglichkeiten, künftig eher gut ausgebildete Muttersprachlerinnen und Muttersprachler zu gewinnen. Aber wir haben sie noch nicht, und solange wir sie nicht haben, können wir sie auch nicht einsetzen.

Ein zweiter Punkt, bei dem wir reagieren - und ich bin froh, dass er offenkundig auch von der Opposition geteilt wird -, ist die neue Ausbildung der Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer an unserer Universität. Wir konzentrieren sie auf eine reine Primarstufenlehrerausbildung und verankern den Schwerpunkt Französisch. Ich glaube, das ist im Hinblick auf das, was wir alle als Ziel haben, ein ganz wichtiger Markstein. Deswegen bin ich sehr froh darüber. Dann werden wir es schaffen können, weitere Grundschulen mit gut ausgebildeten Französischlehrkräften und mit gutem Französischunterricht bereits ab der 1. Klasse auszustatten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will ein zweites Lob an meinen Amtsvorgänger aussprechen. Das Saarland ist in der Tat das erste Bundesland, in dem alle Schülerinnen und Schüler - - Herr Kollege Ulrich schaut schon ganz grimmig zurück; das gefällt ihm gar nicht, zweimal Lob für Klaus Kessler von mir. Das sollte ihm zu denken geben. Sie habe ich noch nie gelobt, Herr Kollege Ulrich. Ich hatte bisher aber auch noch keinen Anlass gefunden.

(Verbreitet Heiterkeit. - Zuruf des Abgeordneten Ulrich (B 90/GRÜNE).)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind in der Tat das erste Bundesland, das an den Gemeinschaftsschulen allen Schülerinnen und Schülern ab der 5. Klasse und an den Gymnasien ab der 6. Klasse zwei Fremdsprachen zugutekommen lässt. Ich glaube, das ist in der Tat ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Das hebt uns von allen anderen Bundesländern ab. Ich glaube, an dieser Stelle sind wir auf dem richtigen Weg.

Abschließend will ich einen dritten Punkt ansprechen, der bisher keine Rolle gespielt hat, den wir

(Minister Commerçon)

aber nicht vernachlässigen dürfen und der bei Schuldiskussionen viel zu oft hinten runterfällt. Wir haben die Grundschulen, die vorschulischen Einrichtungen und die weiterführenden allgemeinbildenden Schulen erwähnt. Aber wir müssen auch im beruflichen Bereich darauf achten, dass Fremdsprachenkompetenz und insbesondere Französischkompetenz zukünftig eine größere Rolle spielt. Auch da haben wir jetzt schon große Erfolge und Fortschritte zu verzeichnen. Wir haben einzelne Klassen mit 30 Prozent des Fachunterrichts in Französisch im beruflichen Bereich eingerichtet. Wir verstärken die Kooperationen im Lehrkräfteaustausch mit dem Departement Moselle und der Nachbarregion gerade an beruflichen Schulen. Wir versuchen, zusätzliche Partnerschaften zwischen saarländischen und französischen Schulen auf den Weg zu bringen, weil es gerade im Übergang ins Berufsleben sicherlich ein ganz großer Vorteil für die jungen Menschen sein kann, wenn sie auch die Kompetenz in der Sprache unserer Nachbarn haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, wir sind insgesamt auf einem guten Weg. Ich rate auch hier dazu, keine Luftschlösser zu bauen. Die Dinge, die wir anpacken müssen, wollen wir gut machen. In diesem Sinne sage ich abschließend: Je vous remercie de votre attention.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Vielen Dank. - Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst über den Antrag der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion, Drucksache 15/1245. Wer für die Annahme des Antrages Drucksache 15/1245 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1245 mit Stimmenmehrheit abgelehnt wurde. Zugestimmt haben die Oppositionsfraktionen, dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 15/1256. Wer für die Annahme der Drucksache 15/1256 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 15/1256 einstimmig angenommen wurde. Zugestimmt haben alle Fraktionen dieses Hauses, die Fraktion der GRÜNEN ausgenommen, die hat sich enthalten.

Wir kommen zu Punkt 12 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag

betreffend: Gemeinnutz vor Eigennutz - Saarland als Modellregion für Gemeinwohl-Ökonomie (Drucksache 15/1248)

Zur Begründung des Antrags erteile ich Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Heinz Bierbaum das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben hier einen Antrag mit dem Titel „Gemeinnutz vor Eigennutz Saarland als Modellregion für Gemeinwohl-Ökonomie“ eingebracht. Unmittelbarer Anlass für die Einbringung dieses Antrages sind die Ereignisse um die Firma Whitesell. Wir haben uns hier im Landtag schon mehrfach damit befasst. Wir haben hier einmütig - alle Parteien - das sehr brutale und menschenverachtende Vorgehen von Herrn Whitesell gegenüber der Belegschaft der verschiedenen Standorte verurteilt. Das betrifft nicht nur die ehemalige Schraubenfabrik Karcher in Beckingen, sondern auch die anderen Standorte. Wir haben alle gemeinsam appelliert, dass eine andere Unternehmenspolitik praktiziert werden soll, die auch den Bedürfnissen der dort Beschäftigten entspricht. Ich möchte an den Artikel 43 der saarländischen Verfassung erinnern, wonach die Wirtschaft die Aufgabe hat, dem Wohl des Volkes und der Befriedigung seines Bedarfes zu dienen. Ich kann auch auf die Sozialpflichtigkeit des Eigentums hinweisen, wie wir sie im Grundgesetz festgeschrieben haben.

Das ist der Hintergrund, weshalb wir hier einen solchen Antrag einbringen. Wir sind der Auffassung, dass Unternehmen eben auch eine Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft, gegenüber der Gesellschaft haben. Die Leistung eines Unternehmens kann sich unserer Auffassung nach nicht nur daran messen, welche Renditen solche Unternehmen erzielen und welche Wachstumschancen und Umsatzziffern sie haben. Es muss auch Kriterien Rechnung getragen werden, die die Menschen und die gesellschaftliche Entwicklung betreffen, wie Menschen dort behandelt werden und was auch für die jeweilige Region an wirtschaftlicher Leistung erbracht wird. Das ist das, was wir unter Gemeinwohl verstehen.

Wir wissen sehr wohl, dass es unterschiedliche Konzeptionen bezüglich der Gemeinwohl-Ökonomie gibt. Es gibt ein Konzept von Felber, aber auch von anderen. Wir wollen nicht unbedingt ein spezifisches Konzept unterstellen, sondern wir wollen, dass generell diese Orientierung auf das Gemeinwohl auch für uns in der Politik Maßstab sein muss, insbesondere bei der Förderung von Unternehmen.

Es kommt ja nicht von ungefähr. Dieser Punkt wird nicht nur auf der politischen Ebene angesprochen, sondern wir haben in der Unternehmensentwicklung selbst durchaus Konzeptionen, die stärker auf die

(Minister Commerçon)

Verpflichtung der Unternehmen gegenüber der Gesellschaft abheben. Ich verweise nur auf das Konzept der Corporate Social Responsibility, also eine verantwortliche Unternehmenspolitik, bei der die Unternehmen sich verpflichten, bestimmte Mindeststandards einzuhalten. Das gilt in der Regel für transnationale Konzerne, dort ist das am meisten verbreitet. Es ist daraufhin ausgerichtet, dass die Grundregeln der Arbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation eingehalten werden, wie beispielsweise das Verbot der Kinderarbeit oder aber auch das Recht auf Tarifverhandlungen und damit auch, sich zu Gewerkschaften zusammenzuschließen, was ja weltweit nicht immer gewährleistet ist. Es gibt entsprechende Vereinbarungen für viele Unternehmen. Das geht in eine ähnliche Richtung. Was wir hier wollen, ist, dass wir das etwas stärker fördern und dass wir gerade im Saarland diese Orientierung auf das Gemeinwohl real werden lassen.

Es gibt Beispiele von anderen Regionen - wir haben in unserem Antrag darauf verwiesen -, etwa in Österreich, in der Steiermark, wo solche Ansätze der Gemeinwohl-Ökonomie gefördert werden und wo es auch eine Bilanz der Gemeinwohl-Ökonomie gibt, wonach eben nicht nur die rein wirtschaftlichen Leistungen der Unternehmen berücksichtigt werden, sondern eine ganze Reihe von anderen Kriterien eine Rolle spielen. Es gibt dort eine Matrix, in der auch die Gesichtspunkte der Menschenwürde, der Solidarität, der ökologischen Nachhaltigkeit, der sozialen Gerechtigkeit, der demokratischen Mitbestimmung und der Transparenz in die Bewertung von Unternehmen Eingang finden. Ich möchte daran erinnern - das ist, glaube ich, den meisten gar nicht mehr bewusst -, dass es seit vielen Jahren auch in unserem Nachbarland Frankreich ein Gesetz zur Aufstellung einer sogenannten Sozialbilanz gibt, mit einem Kriterienkatalog, in dem nicht nur über die reinen wirtschaftlichen Leistungen der Unternehmen berichtet werden soll, sondern auch über das, was sie für die Umwelt und die Menschen leisten, wie viel Ausbildung sie zur Verfügung stellen und dergleichen mehr. Das ist in der letzten Zeit vielleicht ein bisschen zurückgegangen. Es ist bei einigen Unternehmen, insbesondere im Bereich der Montanmitbestimmung, guter Brauch gewesen, in einer Art Sozialreport auch darüber zu berichten, welche Leistungen das Unternehmen erbringt, auch welche negativen Entwicklungen es gibt und dergleichen mehr.

Das sind alles Ansatzpunkte, von denen ich meine, dass wir sie aufgreifen sollten. Deswegen schlagen wir vor, dass wir in der Frage der Förderung der Unternehmen und auch in der wirtschafts- und industriepolitischen Strategie des Landes gerade dieser Zielsetzung der Förderung des Gemeinwohls Rechnung tragen. Dankenswerterweise ist von der Landesregierung, von der Wirtschaftsministerin ein Ma

sterplan Industrie mit verschiedenen Punkten vorgelegt worden. Es ist auch ein breiter Diskussionsprozess angestoßen worden, dazu gibt es entsprechende Unterlagen. Unsere Anregung ist, dass auch Überlegungen, die das Gemeinwohl angehen, miteinbezogen werden. Ich halte das für mindestens genauso wichtig wie bestimmten technischen Erfordernissen, etwa im Rahmen von Industrie 4.0, Rechnung zu tragen. Auch solche Überlegungen, wie weit Wirtschaft und Unternehmen auch dem Gemeinwohl dienen sollen, sind zu berücksichtigen.

Wir schlagen auch vor, dass man sich einmal die ganzen Ansätze vornimmt und überlegt, ob das nicht erstens stärker in die Förderrichtlinien eingehen sollte und ob man zweitens nicht auch so etwas wie ein Laboratorium schaffen sollte für die Aufstellung von solchen Bilanzen, die über die üblichen Bilanzen hinausgehen, was die Leistung des Unternehmens angeht, und die Gesichtspunkte des Verhältnisses zur Ökologie, zur Gesellschaft, zu den Menschen miteinbeziehen, die auch die Frage der Nachhaltigkeit - das halte ich für sehr wichtig - in ihren verschiedenen Dimensionen abbilden und dies in die unternehmerische Zielsetzung miteinbeziehen.

Ich weiß sehr wohl, dass man Unternehmen unter den Rahmenbedingungen, die wir haben, nicht ausschließlich nach gesellschaftlichen Zielsetzungen führen kann, sondern dass das Thema der Rendite des eingesetzten Kapitals eine zentrale Rolle spielt. Ich denke aber, dass dort, wo die Politik eingreift und fördert, insbesondere diese mehr gesellschaftlichen Zielsetzungen berücksichtigt werden sollten. Insofern bitte ich, unseren Antrag so zu verstehen, dass dies auch als eine Verpflichtung der Landesregierung gesehen wird, diese Gesichtspunkte im Rahmen der wirtschaftspolitischen und industriepolitischen Strategie und bei der Beurteilung und Förderung von Unternehmen stärker miteinzubeziehen und aus dem Saarland eine Modellregion zu machen, in der eine gemeinwohlorientierte Ökonomie ihren zentralen Platz hat. - Vielen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Vielen Dank. - Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Hans-Peter Kurtz von der SPDLandtagsfraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gemeinwohl-Ökonomie, wie im Antrag der LINKEN beschrieben, hat für mich einen sehr starken Hauch von Sozialromantik. Allerdings muss ich sagen, dass Herr Bierbaum in seiner mündlichen Darstellung zum Antrag der LINKEN einiges davon relativiert hat. Ich denke, dass wir in diesem Parlament genauso wie die Landesregierung vom ökonomischen und

(Abg. Prof. Dr. Bierbaum (DIE LINKE) )

sozialen Wirtschaften in unserem Land reden müssen. Was mir nicht gefallen hat, ist, dass in diesem Zusammenhang die Skandale von Whitesell genannt wurden, so als ob das ein Auslöser dafür wäre, dass wir nun anfangen zu handeln. Ich sage ganz deutlich, Whitesell steht außerhalb von dem, was in unserem Land industrielle Kultur ist. Deshalb kann man Whitesell auch nicht unbedingt damit vergleichen, wie andere verantwortungsbewusste Unternehmer im Lande handeln. Gerade der Einsatz unseres Wirtschaftsministeriums für eine verantwortungsbewusste Unternehmenskultur und gute Arbeitsbedingungen in diesem Lande machen deutlich, dass die Wirtschaftspolitik der Landesregierung eine nachhaltige Entwicklung sowohl für die Unternehmer als auch für die Arbeitnehmer und Beschäftigten anstrebt.

Wir haben in diesem Land eine gute Mitbestimmungskultur. Es wurde schon von Herrn Bierbaum darauf hingewiesen, dass es auch hier Ansätze gibt, ganzheitliche Unternehmenspolitik zu betreiben. So wird zum Beispiel in vielen Unternehmen Compliance-Management betrieben. Das heißt, es gibt ein ganzheitliches Konzept, die Unternehmen produzieren ökologisch, es gibt bestimmte Standards und bestimmte Richtlinien, wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und Entlohnung gestellt werden. Artikel 43 der saarländischen Verfassung, wonach Gemeinwohl vor Eigennutz steht, ist das Ziel unserer Wirtschaftspolitik in diesem Lande. Ökonomische, ökologische und soziale Ziele stehen bei dieser Betrachtung gleichsam im Fokus unserer Politik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe im Rahmen der Haushaltsdebatte schon einmal gesagt, dass Gute Arbeit für uns ein Thema ist und dass Gute Arbeit bei unserer Wirtschaftspolitik im Mittelpunkt steht. Es ist doch so, dass Gute Arbeit nicht nur einfach vom Parlament formuliert werden kann, Gute Arbeit ist kein Selbstläufer. Deshalb war es notwendig, dass wir hier korrigierend eingegriffen haben. Es war wichtig und richtig, dass wir in diesem Land eine Tariftreueregelung bei öffentlicher Auftragsvergabe eingeführt haben, die inhaltlich so gestaltet ist, dass die Tariftreue nicht nur auf dem Papier steht, sondern so, dass die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in unserem Land ihren garantierten, von den Gewerkschaften erzielten Tariflohn auch bekommen.

(Beifall von der SPD.)

Wir haben uns darüber hinaus, um die Arbeitsbedingungen auch in anderen Bereichen unserer Wirtschaft zu verbessern, im Bundesrat für einen gesetzlichen Mindestlohn stark gemacht. Dieser Mindestlohn ist mittlerweile mit 8,50 Euro hier im Land Realität. Das sind die ersten Bedingungen, bei denen wir mit unserer Politik anfangen müssen, damit

die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für ihre Arbeit auch gerecht bezahlt werden.

(Beifall von der SPD.)

Was mich ganz besonders gefreut hat - auch darüber habe ich in der Haushaltsdebatte schon einiges gesagt -, ist, dass Wirtschaftsförderung in diesem Land nicht mit der Gießkanne erfolgt, sondern dass darauf geachtet wird, wie die ökonomischen und sozialen Bedingungen in den Unternehmen sind. Wir haben ganz klar eine Kopplung der Wirtschaftsförderung an die Bedingung, dass so wenig prekäre Beschäftigung wie möglich in den Unternehmen, die gefördert werden, vorhanden ist. Unsere Ziele sind und bleiben reguläre Beschäftigungsverhältnisse, regelmäßige Weiterbildung und ein betriebliches Gesundheitsmanagement. Es sollen aber auch familiengerechte und alternsgerechte Arbeitsbedingungen in den saarländischen Betrieben Realität werden. Dort, wo es solche Entwicklungen gibt, werden sie von der Landesregierung auch unterstützt. Denn gute Arbeitsbedingungen sind ein wichtiger Standortfaktor für die Wirtschaft und in Zukunft eine wichtige Voraussetzung für den Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie ist auch in der Debatte sehr umstritten, denn es beruht auf einem sehr kollektivistischen Menschenbild. Gemeinwohl-Bilanzen, in denen Betriebe ihre in Punkten bewerteten Beiträge zum Gemeinwohl darstellen, sind nach meiner Meinung nach ein bürokratisch aufwendiger Umweg, um eine Verhaltensänderung in dem Unternehmen zu erreichen. Ich sage, statt über den Umweg der Gemeinwohl-Bilanz Werte wie Solidarität, Umweltschutz und Gute Arbeit zu propagieren, unterstützen wir lieber direkt das gesellschaftliche Engagement vor Ort in den Betrieben. Wir haben in unserem Land schon einiges. Ich erinnere an den Umweltpakt Saar, den es schon seit 2002 gibt. Im Umweltpakt arbeiten die saarländische Wirtschaft und die Landesregierung freiwillig und partnerschaftlich zusammen. Die Partner im Umweltpakt sind die Wirtschaftskammern und Verbände wie Arbeitskammer, IHK, HWK, VSU sowie aufseiten des Landes das Wirtschaftsministerium und das Umweltministerium. Derzeit nehmen an diesem Umweltpakt immerhin 140 Unternehmen freiwillig teil.

Die Unternehmen erbringen als Teilnahmebedingung eine freiwillige Leistung zur Verbesserung der Umweltsituation, indem sie zum Beispiel ein Umweltmanagementsystem nach EMAS oder ISO 14001 einführen oder umweltgerechte Mobilität ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern. Im Gegenzug erhalten diese teilnehmenden Firmen vom Land Ermäßigungen bei Gebühren für Genehmigungen und verwaltungsrechtliche Erleichterungen. Darüber

(Abg. Kurtz (SPD) )