Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Becker, bei der Diskussion um V-Leute ist es eine Frage, von welcher Seite man sich dieser Diskussion nähert. Ihr Redebeitrag war mal wieder das Hohe Lied auf die V-Leute. Ich weiß nicht, ob das in der heutigen Zeit vor dem Hintergrund der uns allen bekannten Vorgänge im Zusammenhang mit dem NSU-Skandal der richtige Zungenschlag ist.
Auf der anderen Seite muss man auch darüber diskutieren und streiten, ob man V-Leute ganz abschaffen sollte. Es ist schwierig, dabei die richtige und vernünftige Position zu finden. Der Einsatz von VLeuten ist ja nicht erst seit dem NSU-Skandal und den damit zusammenhängenden Vorkommnissen ein Problem. V-Leute wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder vom Staatsschutz problematisch eingesetzt. Auch der Kollege Lafontaine wurde einmal beobachtet. Daran erkennt man, dass es manchmal Unsinn ist, wie und wo V-Leute eingesetzt werden. Wir GRÜNE waren in unseren Anfangsjahren ebenfalls durch den Einsatz von V-Leuten betroffen, wir wurden auch beobachtet. Ich glaube nicht, dass dies in den Anfangsjahren der GRÜNEN gerechtfertigt war, weil sich unsere Partei in eine Richtung entwickelt hat - das war sehr schnell erkennbar -, die den Einsatz von V-Leuten nicht notwendig gemacht hat.
Es ist eigentlich Allgemeingut, dass eine gute Pressearbeit oft mehr und bessere Erkenntnisse zutage fördert als der Einsatz von V-Leuten. Auch das ist leider Gottes, muss man schon fast sagen - Realität in diesem Lande. Auf der anderen Seite gibt es natürlich Bereiche, zum Beispiel im Extremismus, wo es durchaus schwierig zu sein scheint, ohne den Einsatz von V-Leuten auszukommen. In diesem Spannungsbogen müssen wir die Diskussion führen. Und an dieser Stelle sind wir dann mitten in der Diskussion im saarländischen Landtag. Wenn man denn schon als Staat V-Leute einsetzt, ist ein ganz wesentlicher Punkt die Kontrolle dieser V-Leute. Da hat sich die Große Koalition im Dezember 2014 in diesem Landtag nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als es um die Änderung des entsprechenden Gesetzes ging und wir als Opposition mehr Rechte wollten. Da haben Sie ganz schnell dicht gemacht und gesagt, bis hierin und nicht weiter, um nur nicht zu tief reinzuschauen, dies mit Argumenten, die man teilen kann, aber nicht teilen muss.
halten lassen. All das, was wir in manchen Ostländern und auch auf Bundesebene im Zusammenhang mit der NSU erlebt haben, muss einen als Parlamentarier sehr nachdenklich stimmen und kann nur dazu führen, dass, wenn man in bestimmten Spezialbereichen V-Leute einsetzt, sie dann auch ganz eng und ganz streng durch die Parlamente kontrolliert werden. Das ist leider Gottes in diesen Bereichen unseres Staates nicht der Fall.
Der Vorschlag der LINKEN greift die Vorgehensweise von Thüringen auf beziehungsweise nimmt sich Thüringen zum Vorbild. Dort wird gefordert, die VLeute weitgehend abzuschaffen. Ich muss dazu sagen, in Thüringen scheint das so nicht der Realität zu entsprechen, es gibt nämlich Ausnahmen. Dort werden im Einzelfall V-Leute eingesetzt. Vor diesem Hintergrund sind wir etwas zurückhaltend bei dem Antrag der LINKEN. Wir werden ihn nicht ablehnen, aber wir werden uns enthalten, weil er uns nicht in allen Bereichen als völlig durchdacht erscheint.
Der Antrag der PIRATEN ist in unseren Augen etwas durchdachter. Er ist sehr viel detaillierter; deshalb werden wir dem Antrag folgen. Uns ist klar: Der Staat, den wir hier als Parlament repräsentieren, hat eine Schutzpflicht, der er nachkommen muss. Er muss alle vorhandenen Möglichkeiten und Quellen ausschöpfen und ausnutzen. Ich wiederhole: Dazu kann der Einsatz von V-Leuten gehören.
Ich komme zum Ende meiner Rede. Wenn man klar kontrollierte und mit klaren Regeln versehene VLeute einsetzt, dann ist das eine Grundlage, auf der man ernsthaft diskutieren kann. Baden-Württemberg führt derzeit unter grüner Ägide diese Diskussion. Auch dort scheint man den Einsatz von V-Leuten auf Extremismusund Terrorismusbekämpfung beschränken zu wollen. Das scheint ein Bereich zu sein, der nachvollziehbar ist.
Auch die eben aufgegriffenen Beispiele muss man immer wieder erwähnen. Die NPD scheint nach dem, was man von Leuten, die sich in dieser Szene auskennen, so liest, weiß und hört, in den letzten Jahrzehnten durch den Einsatz von V-Leuten hochgepäppelt und finanziert worden zu sein. Das alles kann natürlich nicht sein, aber das ist bundesdeutsche Realität. Da müssen wir als Parlamentarier ganz besonders aufpassen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Günter Waluga.
diesen Beiträgen und nachdem Kollege Günter Becker verschiedene Dinge aufgelistet hat, werde ich es kurz machen und auf den Punkt kommen. Wir haben das im vergangenen Jahr im Rahmen der Änderung des Gesetzes zum Verfassungsschutz intensiv beraten und uns mit dem Gesamtkomplex beschäftigt. Die Haltung der einzelnen Fraktionen ist jedem bekannt. Die Große Koalition steht zum Trennungsgebot und für den Erhalt des Landesamtes für Verfassungsschutz. Das kann ich hier so festhalten. Ich brauche das nicht näher zu erläutern.
Die LINKE fordert in ihrem Antrag mehr Kontrollrechte. Der Kollege Becker hat die Bestimmungen vorgelesen. Auch jetzt schon kann der Ausschuss vom Ministerium für Inneres und Sport alle für seine Kontrollaufgaben erforderlichen Auskünfte, Unterlagen, Akten und Dateieinsichten sowie Stellungnahmen verlangen und einzelne Bedienstete des Landesamtes für Verfassungsschutz hören; dies natürlich mit der Einschränkung, die Sie zitiert haben.
Sie sehen das wohl anders. Aber es stimmt, was ich sage. Ich hoffe, Sie nehmen das so an. - Für die Mitglieder des Ausschusses für Fragen des Verfassungsschutzes besteht bereits die Möglichkeit der Akteneinsicht. Vorhin hat schon der Kollege gesagt, dass wir einen Ausschuss eingerichtet haben. Beginnen wir einmal mit der Arbeit und schauen uns an, was möglich ist und wie die Angebote angenommen werden.
Ich brauche nicht mehr auf das NPD-Verbot einzugehen. Erste Maßnahmen sind getroffen worden. In der Führungsebene sind die Personen abgeschaltet. Ich hoffe, es sind auch Lehren aus NSU und anderen Dingen gezogen worden. Ich möchte einige Beispiele nennen, warum V-Leute aus unserer Sicht auch heute noch in den Einsatz gebracht werden und erfolgreich gearbeitet haben. Kollege Becker hat es angerissen. Bei uns wurden im vergangenen Jahr an dieser Stelle diese Dinge mehrfach genannt, aber das führt die Opposition nicht auf.
Da war zum einen die Identifizierung zweier Angehöriger der islamistischen Dschihad-Union im Jahr 2006 durch das Landesamt für Verfassungsschutz, die in einer gemeinsamen Operation von Verfassungsschutz und Polizei zur Zerschlagung der sogenannten Sauerland-Gruppe und schließlich zur Festnahme und Verurteilung des Saarländers Daniel S. geführt hat. Diese Geschichte ist überall bekannt. Ich möchte dazu noch einen Hinweis geben. Im Nachgang dazu hatten wir in einer Sitzung des Innenausschusses, die entsprechend eingestuft war, eine Informationsveranstaltung. Damals konnte sich jeder ein Bild machen und eine Meinung bilden - ich
Es gab die Identifizierung und die daraus folgende Festnahme und Verurteilung des jungen Kameruners Kevin S. im Jahr 2010. Er ist gefährlicher Dschihadist, der nachweislich Bombenanschläge auch hier im Saarland plante. Auch dies wurde vom Verfassungsschutz aufgedeckt. Es geschah nicht irgendwo; es geschah in unserer Nähe. Ich möchte einmal hören, wenn solche Dinge bei uns passieren, was dann in diesem Parlament los wäre.
Es gab auch die Verhinderung der Ausreise einer jungen saarländischen Islamistin nach Afghanistan im Jahr 2011 und deren spätere Verurteilung. - Es gibt also auch eine andere Seite der Medaille - darauf hat der Kollege Ulrich hingewiesen -, die uns die Wichtigkeit des Einsatzes von V-Leuten deutlich macht. Diese Erfolge sind nur mit den entsprechenden Mitteln zu erzielen.
Rechtsextreme Kameradschaften und gewaltbereite Gruppierungen geben sich zu erkennen, ob auf der Straße, bei Demonstrationen, im Internet und so weiter. Es gibt aber Zusammenschlüsse und Personen, die nicht zu erkennen sind. Sie arbeiten im Verborgenen, arbeiten nicht in der Öffentlichkeit, haben keine T-Shirts an, heben keine Banner hoch, sind nicht laut, aber sie sind da! Ohne menschliche Quellen im Umfeld sind diese nicht zu erkennen. Ohne Informationen aus diesen Bereichen sind diese nicht zu erkennen.
Noch kurz zum Antrag der PIRATEN. Ich sehe in ihrem Antrag den vermischten Einsatz von V-Personen im Bereich der Polizei und des Verfassungsschutzes. Die Zielrichtungen sind unterschiedlich. Die Polizei setzt V-Personen zur Aufklärung und zur Verhinderung von Straftaten ein. Der Verfassungsschutz tut es für seine gesetzliche Aufgabe, extremistische Organisationen zu beobachten, um jederzeit über deren Planungen und Möglichkeiten Aussagen treffen zu können. Bei der Polizei sind es kurzfristige, beim Verfassungsschutz langfristige Beobachtungen. Der geforderte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beim VP-Einsatz gilt bereits heute. Der steuernde Einfluss auf extremistische Organisationen oder ihre Gründung durch V-Personen sind gesetzlich untersagt.
Ich betrachte die komplette Abschaltung von V-Leuten mit wenigen Ausnahmen kritisch. Oft ist der erforderliche Zugang zu extremistischen Gruppierungen nur mithilfe solcher V-Leute zu erreichen. Darauf werden wir nicht verzichten können. Gewaltbereiter Extremismus kann nur wirkungsvoll bekämpft werden, wenn er beobachtet und erkannt wird. Die vorliegenden Anträge können so unsere Zustimmung nicht finden. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer für die Fraktion der PIRATEN.
Danke, Herr Abgeordneter. - Das Wort hat nun Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer für die Fraktion der PIRATEN.
Vielen Dank! Ich möchte unsere Zeit noch kurz nutzen, um auf den einen oder anderen Aspekt aus der Debatte einzugehen. Ich beginne einmal mit dem Kollegen Becker und seinem Beitrag von vorhin, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob Sie sich auch mit unserem Antrag im Detail auseinandergesetzt haben. Sie sind stark auf die Position der LINKEN eingegangen. Sie sind zum Beispiel immer wieder auf den Punkt „Abschaffung des Verfassungsschutzes“ eingegangen. Dieses Thema besprechen wir heute gar nicht. Es geht uns ja rein um das V-LeuteWesen.
Wir fordern hier keine Abschaffung des Verfassungsschutzes, wir fordern nicht einmal die Abschaffung des V-Leute-Wesens, sondern eine stringentere Kontrolle und vor allem auch einen stringenten Nachweis der Verhältnismäßigkeit, etwas, das wir in der aktuellen Praxis definitiv vermissen.
Sie haben gesagt, Sie möchten einen Verfassungsschutz, der alle rechtlich zulässigen Mittel nutzt - das ist ja durchaus ehrenwert -, allerdings möchte ich auch daran erinnern, dass wir als Landtag natürlich diejenigen sind, die diese rechtlichen Mittel beschreiben. Darauf zielt auch der Teil unseres Antrages, in dem wir sagen, dass das V-Leute-Wesen eine gesetzliche und keine untergesetzliche Regelung braucht.
Noch kurz zum Kollegen Waluga. Es gibt mal wieder das übliche Problem, wenn es um Empirik geht. Sie haben jetzt anekdotisch über drei Fälle berichtet, bei denen vielleicht ein V-Leute-Einsatz sinnvoll war. Aber auch hier lässt sich schwer beurteilen, welchen Anteil die V-Leute an den Ermittlungserfolgen haben. Sollten wir Sie mit unserer nicht ganz trennscharfen Unterteilung der Aufgaben von Polizei und Verfassungsschutz im V-Leute-Wesen verwirrt haben, so tut mir das leid. Das war nicht unsere Absicht.
heit zu gewährleisten, indem wir eine bessere Kontrolle und vor allem auch eine nachprüfbare Kontrolle einführen sowie eine Nachprüfbarkeit des KostenNutzen-Verhältnisses für unsere Demokratie, wenn es einen V-Leute-Einsatz gibt. Deshalb bitte ich nach wie vor um Zustimmung. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender. - Das Wort hat nun für die Fraktion DIE LINKE Herr Fraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es ganz kurz machen. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, in welchem Zusammenhang diese Anträge von uns vorgelegt werden. Wir haben bundesweit, ja weltweit eine Debatte - ich muss das immer wieder sagen - über die Geheimdienste. Die Welt hat sich entscheidend verändert im Vergleich zu Jahrzehnten vorher. Beispielsweise ist das NSA-Problem ein Problem für mich, vielleicht auch für viele von Ihnen hier. Wir haben derzeit überhaupt keine Möglichkeit, daran etwas zu ändern. Die NSA ist ja von uns aus nicht in irgendeiner Form zu kontrollieren. Aber es muss doch für jeden hier ein unangenehmer Zustand sein, dass praktisch alle Daten des Privatlebens, die irgendwie vernetzt sind, mit technologischen Geräten erfasst werden und praktisch beliebig auswertbar sind.
Das ist eine völlig neue Situation. Als Orwell damals seinen berühmten Roman geschrieben hat, in dem der Große Bruder jeden überwacht, hat er gewissermaßen als Autor vorausgeahnt, in welche Situation wir uns hineinentwickeln. Es gibt viele, die sagen, dass sie nichts zu verbergen haben. Die Schriftstellerin Juli Zeh hat dazu etwas angemerkt: Wer das sagt, unterwirft sich völlig diesem Veränderungsprozess und damit dem Abbau der demokratischen Ordnung. - Nun kann man dafür hier niemanden verantwortlich machen. Wir haben im Land, nicht hier im Saarland, aber in der Bundesrepublik Deutschland, das Problem der NSU. Da kann niemand sagen, dass der Verfassungsschutz hervorragend gearbeitet hat. Diese Tatsache müsste doch dazu führen, dass man sich fragt, ob da etwas falsch gelaufen ist und ob man irgendetwas verändern möchte.
Bei der NSU war es nun einmal so, dass die V-Leute das große Problem waren. Es wurde von Frau Huonker - und ich glaube, auch von Herrn Hilberer bereits darauf hingewiesen, dass in dem Film, den die ARD gezeigt hat, nachgewiesen worden ist, dass gewissermaßen über die V-Leute der Aufbau einer neonazistischen Partei finanziert worden ist. Das sind doch eigentlich Zustände, bei denen jeder sa
Um solche Fragen geht es doch. Wir sagen nicht, dass wir hier an der Saar das mit der bisherigen Praxis schuld waren, sondern wir sagen, dass wir unseren Anteil dazu beitragen können, dass solche Dinge in Zukunft vielleicht verhindert werden können. Dazu bedarf es einer Besonderheit, nämlich, wie wir meinen, des Abschaltens einer ganzen Reihe von V-Leuten, wie das in anderen Ländern zumindest diskutiert wird. Ein Teil der hier Versammelten müsste ja zumindest wissen, dass das Entsenden von V-Leuten in konkurrierende politische Parteien ein undemokratischer Unfug ist, den man wirklich abstellen sollte. Es wurde ausdrücklich gesagt, dass wir sehr wohl einsehen - das hat Frau Huonker wiederum gesagt -, dass insbesondere bei der Terrorismusbekämpfung eine solche Maßnahme durchaus ihren Sinn hat. Das muss man aber nicht immer wieder hier vortragen. Aber wir wollen den nachgewiesenen Missbrauch abstellen! Deshalb müssen wir einiges an dem verändern, was in letzter Zeit geschehen ist.
Wenn dann gesagt wird, es gibt ja Kontrollrechte, dann möchte ich nur sagen, die Kontrollrechte sind immer noch sehr unzureichend. Denn bei den Kontrollrechten muss man sicherstellen, dass mit dem Paragrafen, der hier immer wieder bemüht wird - es sei denn, es stehen gravierende geheimdienstliche Gründe entgegen -, nicht alles Mögliche gedeckt wird, was man eben kontrollieren will. Ich will es mal so formulieren, dass es jeder verstehen kann: Kontrolle ist erst möglich, wenn jeder Abgeordnete - und wenn man endlich erkennen würde, dass die Abgeordneten ein höheres Mandat haben als Mitarbeiter des Verfassungsschutzamtes, wäre das schon ein großer Fortschritt -, der ja vereidigt ist auf die Verfassung, das Recht hätte, ohne Anmeldung zu kontrollieren, was da eigentlich passiert. Solange das nicht der Fall ist, wird unter dem Stichwort Geheimhaltung alles Denkbare möglich sein, und deswegen fordern wir eine offene Diskussion darüber, wie wir diese Missstände, auch hier der Saar, präventiv beseitigen können.