Es ist absurd und es verwundert mich immer wieder, wenn ich sehe, wie einfach es ist, sich eine Flasche Schnaps zu kaufen, und wie akzeptiert es ist, die auszutrinken, und welches Bohei darum gemacht wird, wenn sich jemand ein bisschen Cannabis besorgt und einen Joint raucht. Aber das ist jetzt nicht der zentrale Punkt, über den ich hier sprechen möchte.
Worum es uns wirklich geht - das ist auch der Grund, warum wir immer wieder mit diesem Thema hier anlaufen; heute mit einem klaren landesgesetzlichen Rahmen -, das ist, Menschen zu schützen. Das ist schlicht und ergreifend der Punkt. Die Frage, um die wir streiten sollten und heute streiten werden, ist die, wie wir die Menschen in diesem Land am besten schützen. Da gibt es verschiedene Dinge, vor denen wir die Menschen schützen müssen.
Unser Antrag ist natürlich ein bisschen Notwehr, weil wir glauben, dass die Bundesrepublik an der Stelle versagt, das heißt, es versagt der Bund, der viel mehr gesetzgeberische Kompetenz bei dem ganzen Thema hat. Er geht eben nicht in die richtige Richtung, sondern er geht immer noch auf diesem alten Weg, der zu immer mehr Toten führt. Natürlich müssen wir die Menschen vor schädlichem Konsum schützen. Deshalb sagen wir, alle Präventionsangebote, die wir im Saarland haben - da sind richtig gute dabei, da sind aber auch weniger gute dabei -, müs
sen auf den Prüfstand. Wir müssen kucken, was die Angebote wirklich bringen und wie wir sie verbessern können, um sie noch besser zu machen.
Wenn ich mir die Entwicklung anschaue, dann haben wir dieses Jahr bereits mehr Drogentote als in jedem Jahr der letzten zehn Jahre. Das heißt, insgesamt, in den letzten zehn Jahren kommen wir auf 154 Saarländerinnen und Saarländer, die aufgrund von Drogenkonsum gestorben sind. Das ist eindeutig viel zu viel.
Deshalb haben wir gefragt, was wir im Saarland tun können, ohne jetzt sagen zu müssen, es brauche eine Bundesratsinitiative beziehungsweise die Landesregierung möge sich doch beim Bundesgesetzgeber für bestimmte Dinge einsetzen.
Was können wir denn auf Landesebene tun? - Da sind einmal die Präventionsangebote. Ich habe es schon genannt. Der andere Punkt sind niederschwellige Drug-Checking-Angebote. DrugChecking heißt, Süchtige können sich ihren Stoff überprüfen lassen. Man muss es in diesen klaren Worten sagen. Warum sterben Menschen an Rauschgift? Es gibt ja nicht nur den Fall von Selbstmord durch Rauschgift - auch das gibt es -, sondern was wir sehr oft sehen, ist entweder verunreinigter Stoff oder zu reiner Stoff. Das heißt, die Leute wissen nicht, in welcher Dosis sie den Stoff zu sich nehmen und sterben infolgedessen.
Dem soll ein sogenanntes Drug-Checking entgegenwirken, das heißt, dass die Menschen straffrei und ohne, dass man ihnen ihr Mittel wegnimmt, dieses überprüfen lassen können, von staatlichen Stellen kontrolliert und sicher, um einfach ein bisschen mehr Sicherheit in diesem schweren Schicksal zu schaffen, das diese Menschen haben. Ich glaube, es ist nicht zu viel verlangt, diese Angebote niederschwellig zu machen.
Ich habe in diesem Rahmen schon oft davon gesprochen, dass sich der Staat unglaubwürdig macht mit der Politik, die er gegenüber Cannabis betreibt. Auch hier sehen wir uns in der Pflicht, die Menschen zu schützen. An dieser Stelle möchten wir sie vor staatlicher Willkür schützen, wenn sie Cannabis konsumieren. Da ist einmal der Punkt Eigenbedarf. Wir müssen den Markt regulieren. Ich habe das hier schon oft gesagt. Es kann nicht sein, dass wir dem Schwarzmarkt das alles überlassen. Wir müssen den Markt regulieren und sollten nicht den Konsumenten kriminalisieren. Deshalb an der Stelle noch einmal unsere klare Forderung: Eigenbedarf nicht verfolgen. Dabei sollten wir uns an dem liberalsten Modell aller Bundesländer orientieren. Das ist nicht zu viel verlangt, meine Damen und Herren.
Es geht aber auch in die Richtung Eigenanbau, denn eigentlich müssten wir den Leuten dankbar sein, die zuhause den Stoff selbst anbauen, statt irgendwelchen Schwarzhändlern ihr Geld hinterher zu schmeißen, die das Zeugs vor Schulen verkaufen, damit über die Grenze gehen, es aus irgendwelchen Hast-du-noch-nicht-gesehen-Quellen beschaffen, es vielleicht strecken oder so. Wir müssen ja dankbar sein für jeden, der das Zeug selbst anbaut, wenn er es konsumieren will. Deshalb sagen wir, lieber Selbstanbau als Schwarzmarkt. Auch der Selbstanbau muss straffrei sein, meine Damen und Herren.
Was mich zu einem weiteren Punkt staatlicher Willkür bringt, den wir sehen, ist die Frage des Führerscheinentzugs. Wenn man wohlwollend ist, könnte man ja denken, wer unter dem Einfluss von Drogen Auto fährt, bekommt natürlich den Führerschein entzogen, wie wir das beim Alkohol auch kennen. Aber das ist ja gar nicht der Fall, sondern der Fall ist, wer irgendwann einmal Drogen konsumiert hat und bei dem sie sich noch nachweisen lassen, der bekommt den Führerschein entzogen. Das ist eben keine Prävention für den Straßenverkehr, sondern das ist eine Strafe durch die Hintertür. Das ist eine weitere Stigmatisierung von Menschen, die diese Droge konsumieren. Auch das muss in diesem Land enden.
Ich mache keinen Hehl daraus. Ich finde, es ist eine unerträgliche Situation, wie man in unserem Land den Konsum mancher Drogen akzeptiert, gar feiert, es gibt da sogar solche Oktoberfeste, wo man sich gemeinsam berauscht, und das ist alles schön und gut, aber den Konsum anderer Drogen stellt man als persönliches Versagen dar. Man stigmatisiert die Menschen, die diese Drogen konsumieren. Man reißt es völlig aus dem wissenschaftlichen Zusammenhang, man beachtet gar nicht, welche schädliche Wirkung das Rauschmittel hat, sondern man kommt mit irgendeiner alten Ideologie daher und sagt, das ist eine schlimme Droge, die Sie da nehmen und deshalb haben Sie persönlich versagt, Sie sind für unsere Leistungsgesellschaft nicht mehr geeignet, hören Sie auf damit. - Das kann ja wohl nicht sein. Ich finde, das ist eine unerträgliche Situation.
Wir haben heute mit unserem Antrag ein paar klare Wege aufgezeigt, wie wir innerhalb unseres landesgesetzlichen Rahmens die Situation verbessern können. Ich bin einmal sehr gespannt, wie Sie sich wieder herauswinden, warum Sie das nicht tun können. Es gibt keinen Grund. Ich bitte Sie eindringlich, diesem Antrag zuzustimmen.
zustimmen. Da ist auf der einen Seite die Evaluation der Präventionsprogramme, wie das auch in unserem Antrag steht, auf der anderen Seite geht es auch wieder um das liberalere Kiffen. Dagegen kann man nichts haben. Von daher gesehen stimmen Sie ruhig zu. Es ist vielleicht nicht ganz so ausgearbeitet, was diesen speziellen Landesrahmen angeht, aber im Großen und Ganzen ist es korrekt. Dem kann man auf jeden Fall zustimmen. - Vielen Dank.
(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Ul- rich (B 90/GRÜNE) : Schafft doch einmal den Schnaps aus den Regalen. Das ist eine harte Droge.)
Zur Begründung des Antrags der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Michael Neyses das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hilberer hat die steigende Zahl der Drogentoten im laufenden Jahr erwähnt. Es sind im Saarland mittlerweile 22 Menschen an den Folgen von Drogenkonsum gestorben. Das sind bereits drei mehr als im gesamten letzten Jahr. Auch deutschlandweit steigt die Zahl der Drogentoten. Das ist das Ergebnis eines florierenden Schwarzmarktes.
Das muss ein Weckruf sein, die Präventionsmaßnahmen im Bereich der Drogenhilfe weiter auszubauen. Angebote zur individuellen Prävention und Hilfe müssen niederschwellig angelegt sein. Sie müssen die suchtbedingten, gesundheitlichen und sozialen Risiken reduzieren. Ziel der Drogenpolitik sollte es sein, den Willen zu einem Leben ohne Suchtmittel zu stärken.
Die bisherige Drogenpolitik verfehlt die Ziele, das Angebot an Drogen zu reduzieren und die Nachfrage zu verringern. Seit Jahren ist die Anzahl der Cannabis-Konsumenten gleichbleibend hoch. 2,3 Millionen Erwachsene konsumieren regelmäßig Cannabis, etwa jeder Zehnte der 12- bis 17-jährigen Schülerinnen und Schüler hat bereits Cannabis konsumiert. Sie werden derzeit kriminalisiert und sind dadurch nur sehr schwer erreichbar für Präventionsund Suchthilfeprogramme.
Seit 2011 fordert die Global Commission on Drug Policy eine Umkehr der Drogenpolitik. Ihr gehören viele ehemalige Staatschefs wie zum Beispiel Kofi Annan an. In Deutschland fordern auch 122 renommierte Strafrechtsprofessoren eine Evaluation des Betäubungsmittelrechts. Die Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin hat sich ebenfalls angeschlossen. Wir GRÜNE fordern ebenfalls eine Kehrtwende. Wir
Ich möchte auch auf die Gefahren des Schwarzmarktes eingehen. Nur ein regulierter Markt erreicht tatsächlich einen Jugendschutz. Der Jugendschutz existiert doch zurzeit gar nicht. Überall können Jugendliche Cannabis bekommen, denn kein Dealer fragt nach dem Personalausweis. Wir GRÜNE fordern, den Schwarzmarkt auszutrocknen. Das ist möglich, wenn Cannabis in lizensierten Geschäften nur an Erwachsene abgegeben wird. Dann können wir den Cannabis-Verkauf auch von der Szene trennen, die viel gefährlicheres Zeug anbietet, das belastet ist mit Giftstoffen wie Blei und das eine extrem hohe Wirkstoffkonzentration haben kann.
Ein Umdenken bei Cannabis hat nichts mit Verharmlosung zu tun, wir verharmlosen Cannabis nicht. Im Gegenteil, wir möchten endlich einen effektiven Jugendschutz. Prävention, Aufklärung und Suchthilfe sind tausend Mal wirksamer als jedes Verbot und müssen daher ausgebaut werden.
Herr Hilberer hat den Vergleich mit Alkohol bereits gebracht. Unsere Gesellschaft toleriert Alkohol, aber sie kriminalisiert Cannabis. Es gibt aber keinen Grund, Cannabis anders zu behandeln als Alkohol. Auch Alkohol ist ein gefährliches Suchtmittel. Damit schützen wir unsere Jugend wirkungsvoll: Erwachsene können ausschließlich in streng regulierten Fachgeschäften kaufen mit dafür gezielt ausgebildetem Personal. Wir möchten unsere Jugendlichen schützen, die bisher ungeschützt sind.
Wir wollen eine rationale Drogenpolitik. Dabei setzen wir auf Prävention, auf Hilfe, auf risikominimierende Maßnahmen für Abhängige, auf Entkriminalisierung von Konsumenten. Drogenpolitik muss vermeiden, dass Abhängigkeiten und gesundheitliche Schäden entstehen. Drogenpolitik muss den Schutz von Kindern und Jugendlichen leisten und muss Schwerstabhängigen helfen. Die Kriminalisierung von Drogenkonsumentinnen und -konsumenten führt in die Sackgasse. Wer abhängig ist, braucht Hilfe und keine Strafverfolgung. Daher müssen Therapieund Hilfsangebote verbessert werden. Nur ein abgestimmtes Hilfe- und Beratungssystem kombiniert mit präventiven Programmen kann helfen, Abhängigkeiten langfristig erfolgreich zu verhindern.
Portugal hat bereits im Jahr 2001 eine Entkriminalisierung des Drogenbesitzes beschlossen. Dort sank im Anschluss die Anzahl der Cannabis konsumierenden Jugendlichen. Portugal hat es vorgemacht, wir können es nachmachen - vielleicht nicht ganz genau in der gleichen Form, aber wir können in diese Richtung wirken.
Unsere Forderungen: Wir möchten, dass die Suchtpräventionspolitik auf den Prüfstand gestellt wird. Das Suchthilfesystem sollte durch eine Ausweitung der Aufklärungs- und Präventionsarbeit dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Wir möchten eine Bundesratsinitiative zur Reform des Betäubungsmittelrechts. Zielrichtung sollte sein die Änderung im Umgang mit Cannabis, eine kontrollierte Abgabe, die sich orientiert an medizinischen, sozialen, gesundheitlichen Aspekten und an der Lebenswirklichkeit. Die Belange des Jugendschutzes sind hierbei unbedingt zu wahren.
Der Antrag der PIRATEN enthält gute Elemente und ist auch deutlich besser als der Antrag, den sie im Januar gestellt hatten. Daher werden wir ihn diesmal auch nicht ablehnen.
Die Menge des Eigenbedarfs ist dort aber nicht näher definiert. Daher werden wir uns enthalten. Wir GRÜNE definieren auf Bundesebene einen Wert und sagen, bis zu 30 Gramm Cannabis oder drei Cannabispflanzen sind Eigenbedarf für Erwachsene. Kindern und Jugendlichen muss der Erwerb und Besitz weiterhin untersagt sein, das fordern auch die PIRATEN. Dabei muss es auch strenge Auflagen geben.
Wir werden uns bei dem Antrag der PIRATEN also enthalten und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht nur bei uns im Saarland ist die Zahl der Drogentodesfälle - in diesem Jahr bisher 22 - gestiegen. Im vierten Jahr in Folge stieg die Zahl der Drogentoten in der Bundesrepublik Deutschland auf insgesamt 1.226 Personen. Auch europa- und weltweit haben wir es mit dem Phänomen steigender Zahlen des Konsums und von Drogentoten zu tun. Mehr als 210.000 Menschen sind 2015 durch Drogenkonsum gestorben, eine sehr traurige Bilanz.
Daher will ich gleich zu Beginn meiner Rede darauf hinweisen, dass Ihr Antrag, meine Damen und Herren der PIRATEN-Landtagsfraktion, in die völlig falsche Richtung geht und von uns abgelehnt wird. Mit dieser Oktoberfestmentalität gehen wir nicht den richtigen Weg.
Meine Damen und Herren, uns ist bewusst, dass staatliche Verbote und eine intensive Aufklärungsarbeit nicht allein vom Drogenkonsum abhalten. Unsere wichtigsten Säulen sind Prävention, Prävention und noch mal Prävention, nicht zu vergessen die Therapie.
Deshalb möchte ich einige Zahlen und Fakten nennen. Das Saarland gibt derzeit 1,45 Millionen Euro für die Suchtkrankenhilfe im Rahmen der freiwilligen Leistungen aus. Ich will im Folgenden unsere Projekte noch mal anführen. Wir haben eine flächendeckende Versorgung mit Präventionsfachstellen in Vernetzung mit den örtlichen Gesundheitsämtern. Im Arbeitsbereich Drogenerkennung werden die Drogenerkennung und Drogentestverfahren auf der Basis von Daten, die beim polizeilichen Einschreiten gewonnen werden, untersucht. Dies geschieht im Bereich der Drogentestverfahren durch Planung, Entwicklung und Auswertung von Feldversuchen unter Beteiligung der jeweiligen Hersteller. In Kooperation mit dem Institut für Rechtsmedizin an der Universität des Saarlandes und dem Institut für Rechtsmedizin Zürich wird die Drogenerkennung gemeinsam mit dem LPH auf wissenschaftlicher Basis seit 2009 erforscht.