Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Kollege Neyses hat schon darauf hingewiesen, dass wir einen durchaus ähnlichen Antrag vorgelegt haben. So wie er angekündigt hat, dass seine Fraktion unserem Antrag zustimmen wird, werden wir natürlich dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen. Wir haben das Thema in einen umfassenden Zusammenhang gestellt - der hier bereits angesprochen wurde - und unseren Antrag deshalb „Freihandelsabkommen CETA und TTIP sowie Dienstleistungsabkommen TISA stoppen Sozial-, Umwelt-, Verbraucherschutz- und demokratische Standards bewahren“ genannt. Es geht uns in der Tat darum, die Landesregierung aufzufordern, sich im Bundesrat, gegenüber der Bundesregierung und auch auf europäischer Ebene deutlich dafür einzusetzen, dass die Verhandlungen zu TTIP und auch zu TISA gestoppt werden, dass CETA abgelehnt und insbesondere der vorläufigen Anwendung von CETA widersprochen wird - das ist wichtig.
Die Frage ist, warum? Zunächst einmal gibt es einen Zusammenhang zwischen diesen Anträgen. Es ist keineswegs so, dass TTIP vom Tisch wäre, ich bin nicht unbedingt dieser Auffassung. Erstens - Kollege Neyses hat darauf hingewiesen - bedeutet CETA im Grunde genommen TTIP durch die Hintertür, dadurch, dass 81 Prozent der kanadischen Unternehmen Niederlassungen von US-Unternehmen sind. Insofern ist es relativ einfach, dies über diesen Umweg zu machen. Zweitens ist nicht gesagt, wenn CETA verabschiedet würde, dass das nicht das Vorspiel dafür ist, um die Verhandlungen für TTIP wieder aufzunehmen und umzusetzen. Das können wir jedenfalls nicht ausschließen.
Wir haben in unserem Antrag insbesondere TISA (Trade in Services Agreement) erwähnt, weil das ein beabsichtigtes Abkommen ist, das in der Öffentlichkeit bisher nicht den Stellenwert hat, den es eigentlich haben müsste. Bei TISA geht es um eine umfassende Deregulierung und Privatisierung von Dienstleistungen, insbesondere auch öffentlicher Dienstleistungen. Mit diesem Abkommen würde ein gigantischer Markt für Dienstleistungen eröffnet und der Privatisierung Tür und Tor geöffnet werden.
Worum geht es? Auch das ist eben kurz dargestellt worden bei den Abkommen insgesamt, bei den beabsichtigten Verträgen insgesamt. In der Tat - auch das möchte ich noch einmal unterstreichen - geht es nicht um Zölle, sondern es geht um den Abbau sogenannter nicht tarifärer Handelshemmnisse. Nicht tarifäre Handelshemmnisse heißt, wir haben es mit Regeln zu tun, mit Standards, die wir uns etwa im Bereich der Ökologie aufgestellt haben, im Bereich der Umwelt oder aber auch im sozialen Bereich, was Arbeitsnormen angeht.
Die grundlegende Kritik, die ja immer gegenüber TTIP geäußert worden ist, war, dass ökologische Standards, wie wir es in Europa kennen, unterlaufen werden, dass auch die sozialen Standards unterlaufen werden, etwa mit dem Hinweis darauf, dass die USA noch nicht einmal vollständig die Grundnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, der International Labour Organization in Genf anerkennen, sondern weit darunter bleiben. Das wird übrigens durch CETA nicht viel anders. Es gibt sicherlich ein paar andere Bestimmungen, aber im Grundsatz bleibt auch CETA bei den sozialen Normen deutlich hinter dem europäischen Standard zurück. Insofern gibt es nach wie vor diese Problematik. Das ist ein zentraler Punkt.
Ein zweiter zentraler Punkt ist auch der vorhin schon angesprochene sogenannte Investorenschutz. Dieser Investorenschutz bedeutet nichts anderes als der Vorrang von Unternehmens- und Konzerninteressen gegenüber der Öffentlichkeit. Wir haben solche Fälle, ich verweise nur auf Vattenfall etwa im Zusammenhang mit dem Ausstieg aus der Atomenergie. Das heißt, immer dann, wenn sich die Unternehmen durch politische Gestaltung, die ja Ausdruck eines demokratischen Willensbildungsprozesses ist, in ihren Profitinteressen beschränkt sehen, haben sie die Möglichkeit zu klagen. Das ist etwas, was wir absolut ablehnen.
Das ist auch bereits früher gelungen, bei dem Multilateral Agreement on Investment, in den Neunzigerjahren. Damals hatte Frankreich noch eine etwas andere Rolle gespielt, als es heute spielt. Aufgrund des Widerstands von Frankreich ist damals dieses Abkommen nicht zustande gekommen. Wir haben es heute eigentlich mit dem gleichen Sachverhalt wieder zu tun. Das gilt nicht nur für TTIP, das gilt auch für CETA. Immer wird herausgestellt, dass CETA doch eine Veränderung beinhaltet. In der Tat, es geht von dieser Regelung, wie sie bei TTIP vorgesehen ist, zu einer anderen Regelung, zum sogenannten Investment Court System über. Das bedeutet aber dennoch ein Vorrang der Konzerninteressen vor den öffentlichen Interessen. Das ist das, was wir absolut ablehnen.
Ein weiterer Punkt stellt die Art und Weise dar, wie diese Abkommen zustande kommen. Es handelt sich um Geheimverhandlungen über viele Monate mit vielen Paragrafen und vielen Experten, freier Zugang der Industrie- und der Wirtschaftsverbände. Erst durch das Agieren von Attac und anderen ist herausgekommen, um was es sich handelt. Es ist ein Stück weit ein bisschen Öffentlichkeit inzwischen hergestellt, aber nach wie vor bleiben es im Grunde genommen Geheimverhandlungen und man könnte Bände darüber schreiben, wie schwer es auch für
die Bundestagsabgeordneten war, Zugang zu den entsprechenden Dokumenten zu bekommen mit Geheimräumen und dergleichen mehr. Das spottet jeder Beschreibung. Ich sage ganz deutlich, dass wir einem solchen undemokratischen Verfahren überhaupt nicht zustimmen können.
Die Ablehnung dieser beabsichtigten Verträge ist breit. Wir haben in unserem Antrag eine ganze Reihe von prominenten Stimmen aufgeführt. Das will ich nicht wiederholen, das kann nachgelesen werden. Das sind verschiedene Nobelpreisträger wie Stiglitz und andere, die sich deutlich dagegen ausgesprochen haben.
Aber ich glaube, wir sollten auch auf die Ereignisse hierzulande und in Europa zu sprechen kommen. Am 17. September haben in der Bundesrepublik Deutschland 320.000 Menschen gegen TTIP, CETA und TISA protestiert. Das war eine der größten Demonstrationen, die wir in jüngster Zeit in der Bundesrepublik Deutschland hatten, und das zeigt sehr deutlich, wie stark die Ablehnung dieses Abkommens ist. Ich denke, wir sollten das auch aufgreifen, denn nach meinem Dafürhalten ist die Annahme derartiger Abkommen, die geheim verhandelt werden, die einen eindeutigen Vorrang der Profitinteressen vor gesellschaftlichen Bedürfnissen haben, im Grunde genommen die Kapitulation der Politik vor den Privatinteressen der Unternehmen und Konzerne. Ich glaube, das sollten wir nicht mitmachen.
Ich muss auch sagen, dass ich etwas enttäuscht bin - und hoffe, dass das etwas korrigiert werden kann -, was die SPD angeht, weil dort der Widerstand ziemlich groß war und ist. Wirtschaftsminister Gabriel hat es ja geschafft, doch Zustimmung zu erreichen. Ich fürchte, es war ein klassischer Pyrrhussieg, den er da erreicht hat. Ich glaube nicht, dass es dem entspricht, was wirklich breit gedacht wird. Ich hoffe, dass dies korrigiert werden kann.
Ich glaube deswegen, dass heute auch die Aufforderung, sich dafür einzusetzen, so nicht angenommen wird, und dass insbesondere auch der vorläufigen Anwendung widersprochen wird. Auch darauf hat der Kollege Neyses schon hingewiesen. Zurzeit haben wir es ja mit einem sogenannten gemischten Abkommen zu tun, wo Teile unter EU-Regie fallen, andere unter Länderregie. Das heißt, das soll sozusagen stückweise angenommen werden. Da sind wir dagegen, weil die Probleme viel zu groß sind und viele Fragen noch viel zu offen sind.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt erwähnen, der in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielt. Das ist das Thema von Handelsabkommen überhaupt. Wir sind sehr dafür, dass Handelsab
kommen gemacht werden, aber Handelsabkommen müssen auch den Bedürfnissen der verschiedenen Völker entsprechen. Wir haben die Situation, dass durch Freihandelsabkommen sehr häufig die Entwicklungen in anderen Ländern, insbesondere in Ländern der sogenannten Dritten Welt behindert werden. Ich verweise etwa auf das Problem der Landwirtschaft. Wenn wir solche Handelsabkommen haben, ist es häufig der Fall, dass Importe von Produkten die eigene Produktion unterbinden, sie unterminieren, sie behindern. Das ist ein Effekt, den ich nicht gut finde.
Ich finde es nicht gut, auch was TTIP angeht, dass wir sozusagen aufteilen zwischen der Europäischen Union und den USA und dass viele Länder, die davon betroffen sind, eigentlich keine Rolle spielen. Deswegen müssen wir, wenn wir über Handelsabkommen reden, auch dem Gesichtspunkt der Solidarität und dem Gesichtspunkt der Entwicklungsperspektive der Länder Rechnung tragen. Nur dann macht ein globales Handelsabkommen Sinn. Dies ist ein Gesichtspunkt, den wir bisher immer vernachlässigt haben, der meines Erachtens leider auch in der öffentlichen Diskussion kaum Beachtung findet. Deswegen erwähne ich es, denn wenn wir über Handelsabkommen reden, dann müssen wir auch darüber reden, wie ein solidarisches globales Handelsabkommen aussehen kann. Das ist sicherlich nicht der Fall bei den jetzt vorgelegten Entwürfen zu TTIP oder CETA. Das ganz bestimmt nicht, da müssen wir über andere Kriterien reden. Deswegen bitte ich den saarländischen Landtag, sich dafür einzusetzen, dass derartige Abkommen abgelehnt werden, nicht zur Anwendung kommen, und dass wir uns für eine solidarische Entwicklung einsetzen, die wir in der globalen Welt brauchen.
Was die Entwicklungsmöglichkeiten angeht, so glaube ich, dass sie durch solche Abkommen eher beschnitten werden, also sich die Probleme, die wir ohnehin schon bei der Globalisierung haben, vergrößern. Deswegen noch einmal die Bitte, unseren Anträgen, sowohl dem der GRÜNEN als auch unserem Antrag, zuzustimmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat für die SPD-Fraktion der Kollege Stefan Krutten.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Deutschland, aber vor allen Dingen auch das Saarland, ist ein Industrieland und wir sind ein starker Wirtschaftsstandort. Darauf hatte heute Morgen schon unsere Wirtschaftsministerin hingewiesen. Deutsch
land ist nicht umsonst Exportweltmeister, aber Deutschland ist auch eine starke Demokratie. In einer starken Demokratie muss auch verhandelt werden. Man kann nicht alles von vornherein grundsätzlich und kategorisch ablehnen. Durch den Druck der Zivilgesellschaft, der Gewerkschaften und natürlich auch der SPD haben wir bei CETA bis dato bereits deutliche Verbesserungen erreicht. Ich werde nachher auf einige noch eingehen.
Warum Freihandelsabkommen? Hierdurch soll der Handel vereinfacht und erleichtert werden, damit zusätzliches Wachstum entsteht, aber auch Arbeitsplätze in unserer exportorientierten Wirtschaft gesichert werden. Europa sollte dabei nicht abseits stehen, wenn Standards und Regeln für den Handel der Zukunft ausgehandelt werden. Voraussetzung dafür ist für uns allerdings ganz klar, dass es tatsächlich gelingt, gute und fortschrittliche Regeln zu vereinbaren. Das ist dabei unser Maßstab. Die SPD ist die einzige Partei, die hierzu einen offenen Diskussionsprozess geführt hat, und anschließend wurden die Vor- und Nachteile dann auch abgewogen. Für uns ist klar: Deutschland ist eine Exportnation. Deswegen sollte es grundsätzlich in unserem Interesse sein, den Handel entsprechend zu fördern.
Aber der globale Handel muss auch gerecht gestaltet werden und der Vorrang der Politik gegenüber den Märkten muss hierbei durchgesetzt werden. Das ist unser politischer Anspruch. Daher sagen wir Ja zum globalen Handel, aber nur mit fortschrittlichen Regeln. Dazu haben wir klare Kriterien in unseren Beschlüssen aufgestellt. Sie sind der Maßstab, an dem wir Abkommen messen.
Die geplanten Freihandelsabkommen der EU geben vielen Menschen Anlass zu intensiven, oft auch kritischen Diskussionen - sei es im privaten Kreis, in Parteigremien oder auch bei den Gewerkschaften, Wirtschaftsverbänden, Bürgerinitiativen oder Wohlfahrtsverbänden. Das begrüßen wir ausdrücklich. Wichtig dabei ist aber auch, dass die Debatte sachlich und ausgewogen geführt wird. Denn die Materie ist viel zu komplex für einfache, plakative Bewertungen, was leider oft der Fall ist. Unser Ziel ist es daher, uns offen der kontroversen Debatte über Handelsabkommen zu stellen und diese ausgewogen und sachlich zu führen.
Ich zitiere hier einmal aus einer Pressemitteilung der IG Metall vom 19. September dieses Jahres: „Die IG Metall und die Betriebsräte der deutschen Automobilindustrie treten für einen freien, fairen und gerechten Handel ein. Hierzu können Handelsabkommen einen zentralen Beitrag leisten. Beim europäisch-kanadischen Handelsabkommen CETA konnten zuletzt wesentliche Verbesserungen erzielt werden. Diese wurden erst durch den massiven öffentlichen
Druck ermöglicht. Dennoch sind weitere Kritikpunkte offen. Der jetzt anstehende parlamentarische Prozess muss deshalb dazu genutzt werden, CETA in entscheidenden Punkten noch mal nachzubessern. Die IG Metall und ihre Betriebsräte in der Automobilindustrie sind sich der hohen Exportabhängigkeit der deutschen Unternehmen voll und ganz bewusst. Gerade deshalb verfolgt die IG Metall das Ziel, transparente, faire und soziale Wettbewerbsbedingungen verbindlich durchzusetzen.“
Am 30. September konnte man beim Fernsehsender n-tv hören: Audi eröffnet Q5-Werk in Mexiko. Warum? Es gibt dort einmal eine günstige geografische Lage, aber Mexiko hat auch Freihandelsabkommen mit mehr als 40 Staaten. Das heißt, wenn wir uns dem grundsätzlich und immer verschließen, werden wir irgendwann das Problem haben, dass unsere Unternehmen in solche Staaten abwandern. Audi investiert dort immerhin 1 Milliarde Euro und schafft 4.200 Arbeitsplätze.
Die Verhandlungen zwischen der EU-Kommission und der kanadischen Regierung sind zwar abgeschlossen, was aber für die politische Beratung und Beschlussfassung über das CETA-Abkommen ausdrücklich nicht gilt. Hier erfolgen noch die Beschlussfassung im Rat sowie die Ratifizierung durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente. Bis dato sind Verbesserungen erreicht worden. Es gibt die privaten Schiedsgerichte nicht mehr. Wir haben einen öffentlich-rechtlichen Investitionsgerichtshof. Wichtig ist für uns dabei, dass es keine Bevorzugung der ausländischen Investoren gegenüber den inländischen Investoren geben darf.
Was den Schutz der Arbeitsnehmerrechte angeht, werden die ILO-Kernarbeitsnormen anerkannt, zwei von acht sind zurzeit noch nicht ratifiziert. Aber laut der neuen kanadischen Regierung soll dies zügig nachgeholt werden.
Der CETA-Vertrag sieht zur Durchsetzung der im Nachhaltigkeitskapitel verankerten Arbeits-, Sozialund Umweltstandards ein dialogorientiertes Verfahren unter Einbindung der Zivilgesellschaft und der Gewerkschaften sowie der ILO vor. Wichtig für uns ist natürlich auch die Sicherung unserer hohen europäischen Verbraucherstandards, diese muss auf alle Fälle gewährleistet sein.
Es muss sich aus dem CETA-Vertrag unmissverständlich ergeben, dass bestehende und künftig entstehende Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge nicht von dem Vertrag erfasst werden. In diesem Zusammenhang begrüßen wir, dass der kanadische Premierminister Trudeau und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel sich gemeinsam dafür ausgesprochen haben, dass der CETA-Vertrag durch eine rechtsverbindliche Erklärung der Ver
tragsparteien ergänzt werden sollte, die Klarstellungen in wichtigen Bereichen des Investitionsschutzes, der Arbeitnehmerrechte, der Daseinsvorsorge und der öffentlichen Beschaffung herbeiführt. Hierdurch kann ein entscheidender Fortschritt erreicht werden.
Dank der SPD, der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft sind die Verhandlungen zurzeit auf einem guten Weg. In diesem Sinne wollen wir weiter verhandeln für gute, faire Bedingungen und hohe Standards. Da die beiden vorliegenden Anträge CETA kategorisch ablehnen, werden wir sie selbstverständlich ablehnen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Glück auf.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche, das Thema einmal sachlich anzugehen als Mitglied der einen Oppositionsfraktion, die heute keinen Antrag zu CETA gestellt hat. TTIP und CETA werden häufig in einem Satz genannt, so auch - soweit ich das rekapitulieren kann von allen meinen Vorrednern. In der Tat gibt es gewisse Gemeinsamkeiten.
Ein Punkt, der hier gerne angeführt wird, sind die intransparenten Verhandlungen. Wir PIRATEN sind gegen intransparente Verhandlungen. Aber wie der Antrag der GRÜNEN schon gleich im ersten Satz feststellt, sind diese Verhandlungen abgeschlossen. Man kann im Nachhinein immer noch intransparente Verhandlungen schlecht finden, das tue ich auch. Man kann fordern, dass in Zukunft bei vergleichbaren Verträgen die Verhandlungen eben nicht intransparent, sondern öffentlich und insbesondere für die Abgeordneten von Bund, Ländern und auch vom Europäischen Parlament zugänglich sind. Das tue ich. Und man kann fordern, dass die Bürgerinnen und Bürger bei solchen Entscheidungen besser eingebunden werden, auch das tue ich. Aber das ändert alles nichts an der Tatsache, dass diese Verhandlungen jetzt abgeschlossen sind.
Was von vielen unterschlagen wurde, ist, dass das Ergebnis auf den Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht ist, Sie können das im Internet nachlesen. Das erfordert etwas Arbeit, das sind mehr als 2.000 Seiten. Ich behaupte nicht, dass man das so ohne Weiteres zwischen Sitzungsbeginn und dem Aufrufen des entsprechenden Tagesordnungspunktes schnell mal durchlesen kann. Aber zu behaupten, die Sache sei völlig intransparent und man komme immer noch nicht an diese Informationen heran, ist sachlich falsch.
Ein zweiter Punkt, der kritisch zu sehen ist neben der Intransparenz, ist das Thema Schiedsgerichte, das hatten wir vor allem bei TTIP. Dort ist für CETA aber Folgendes ganz nüchtern und sachlich festzustellen. Erstens: Zuständig für die Klagen sind öffentlich legitimierte Investitionsgerichte, und die Richter werden von den Streitparteien bestimmt. Zweitens: Die Verfahren sind öffentlich. Drittens: CETA enthält eine abschließende Liste mit Sachverhalten, die eine Schadenersatzpflicht auslösen können. An der Stelle pauschal zu sagen, dass die öffentliche Hand hier in die Hinterhand gerät im Vergleich zur privaten Wirtschaft, weil die private Wirtschaft eine diffuse Möglichkeit hat, gegen alles Mögliche zu klagen, ist einfach falsch. Es gibt eine abschließende Liste, und die ist beiden Seiten bekannt. Da sage ich als jemand, der das Thema durchaus auch kritisch sieht: Das klingt für mich gar nicht so schlecht.
Ein dritter Aspekt, den man unbedingt im Auge behalten muss bei TTIP und CETA, ist eine mögliche Aushöhlung des in Deutschland sehr guten Verbraucherschutzes und des ebenfalls noch halbwegs brauchbaren Datenschutzes. Der Datenschutz wird leider unabhängig von CETA auf dem Altar der Pseudosicherheit geopfert, gefühlte Sicherheit statt persönlicher Freiheitsrechte. Das passiert leider unabhängig davon, ob man CETA jetzt beschließt oder nicht. Kanada ist einer der Five-Eyes-Staaten. CETA wäre eine Möglichkeit gewesen, an der Stelle auch so etwas mit unterzubringen und dadurch für die Bürgerinnen und Bürger einen besseren Datenschutz zu gewährleisten. Das wurde versäumt. Aber das ist kein Argument, das Ding erst einmal abzulehnen. Man hätte es besser machen können, aber das macht es zunächst einmal nicht schlecht. Es ist einfach schade, dass es nicht gemacht wurde.
Für den Verbraucherschutz muss man allerdings CETA und TTIP tatsächlich genauer ansehen, denn da gibt es Probleme, die es ohne diese Vereinbarung nicht gäbe. Das Problem ist in beiden Fällen eine Angleichung von Standards. Grundsätzlich ist eine solche Angleichung zunächst einmal nichts Schlechtes. Ich fände es wirklich gut, wenn auch die kanadischen Bürgerinnen und Bürger von unseren Verbraucherschutzstandards profitieren würden. Aber leider bedeutet eine solche Angleichung eben nicht immer eine Hebung auf den höheren Standard. Man muss vielmehr befürchten, dass wir beim Verbraucherschutz entsprechend etwas zurückstecken müssen.