Ich freue mich natürlich, heute hier im Parlament die Gelegenheit zu haben, über das Handwerk zu sprechen. Der Kollege Hans-Peter Kurtz hat ja die vielen Punkte, die in der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsministerium, Bildungsministerium und der Landesregierung, der Handwerkskammer und dem saarländischen Handwerk von Bedeutung sind, angesprochen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich noch einmal in meiner Rolle als Handwerkskammerpräsident für diese Unterstützung für das saarländische Handwerk ganz herzlich zu bedanken.
„Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan“. Sie alle kennen dieses Logo, das auch ich ständig mit mir herumtrage und das viele, die im Handwerk engagiert sind, an ihrem Jackett tragen. Lassen Sie mich in dem Zusammenhang vielleicht doch ein bisschen tiefer einsteigen und sagen, was Handwerk ist und was Handwerk bedeutet. Der Kollege Hans-Peter Kurtz hat ja schon einen Abriss gegeben, wie wir es im Antrag stehen haben, wie wir die Bedeutung des Handwerks einordnen.
Lassen Sie mich aber eines vorwegnehmen, was ich für sehr wichtig halte. Wenn wir über Industrie reden, wenn wir über große Verkaufsketten reden, dann reden wir über Unternehmen, die häufig international vernetzt sind und je nachdem, wie die Situation, die wirtschaftliche Lage, die Auftragslage, die Produktionslage ist, oder wie die Kosten sich in einem Land entwickeln, ihre Standorte verlegen und dann nicht mehr da sind. Für das Handwerk heißt es lebenslang Deutschland, heißt es lebenslang Saarland, heißt es, immer im Mittelpunkt dieser Gesellschaft zu stehen. Das Handwerk, die Wirtschaftsmacht von nebenan, ist ein Teil und ein zentraler Punkt in dieser Gesellschaft. Deshalb, glaube ich, ist es auch richtig, dass von der Politik, dass von der Öffentlichkeit der Fokus auf diesen Bereich gelegt wird.
Wir haben ja eben die Zahlen über das saarländische Handwerk schon einmal gehört. Ich sage es jetzt einmal für die Bundesrepublik: 1 Million Handwerksunternehmen, fast 6 Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, 360.000 Azubis. Das bedeutet ungefähr 544 Milliarden Euro Umsatz ohne Mehrwertsteuer. Das ist wirklich eine Wirtschaftsmacht. Das ist wirklich eine Leistung, die hier in Deutschland erbracht wird, die vor allen Dingen auch bedeutet, dass das Handwerk nicht nur für sich selbst ausbildet.
Natürlich hat jedes Unternehmen den Anspruch oder möchte, dass es die Auszubildende oder den Auszubildenden auch in der Zukunft in seinem Unterneh
men hat. Aber gerade hier im Saarland haben wir häufig die Situation, dass das Handwerk für die Industrie und für viele andere die Fachkräfte formt und damit einen wichtigen Beitrag auch zum Industriestandort Saarland liefert. Lassen Sie mich aber auch ein Stück weit auf die Probleme eingehen. Der Fachkräftemangel, der demografische Wandel, ist natürlich ein wichtiges Thema. Wenn man die Weltpresse, wenn man die europäische Presse, wenn man die deutsche Presse verfolgt, dann wird ja überall die duale Ausbildung in hohem Maße gelobt. Überall redet man darüber, dass es das Modell ist, das bedeutet, dass man nur 5,5 oder 6 Prozent Jugendarbeitslosigkeit hat und nicht wie 10 Kilometer weiter entfernt 22 und 25 Prozent Jugendarbeitslosigkeit. Deshalb ist das, glaube ich, ein ganz wichtiger Punkt.
Ich hatte vor jetzt zweieinhalb Wochen die Gelegenheit, mit Stephan Toscani in die Normandie zu reisen und mit den Handwerkskammern und auch der Wirtschaft dort Gespräche zu führen. Die saarländische Landesregierung hat im Rahmen ihrer Frankreichstrategie dort einen Letter of intent, also eine Absichtserklärung, unterzeichnet, auch mit den Handwerkskammern, dass wir gerade in der beruflichen Ausbildung mit unseren französischen Freunden in der Normandie eng zusammenarbeiten. Das ist für die Handwerkskammer des Saarlandes nichts Unbedeutendes, sogar etwas sehr Bedeutendes, aber etwas, was wir schon seit über 30 Jahren machen. Denn wir haben eine freundschaftliche Beziehung zu der Handwerkskammer Coutances, wir pflegen dort jährlich einen Lehrlingsaustausch und versuchen, die Berufsbilder des anderen Nachbarlandes den jungen Menschen näherzubringen, versuchen, über diesen Weg die Völkerverständigung beziehungsweise auch das Handwerk in Frankreich mit zu stärken und natürlich auf der anderen Seite dafür zu werben, dass auch junge Menschen aus Frankreich hier ins Saarland kommen, in unseren Unternehmen arbeiten und sich ausbilden lassen.
Ich glaube, auch da ist die Frankreichstrategie unserer Ministerpräsidentin und dieser Landesregierung genau der richtige Weg. Wir arbeiten als Handwerk, als Handwerkskammer des Saarlandes, auch mit den Kammern in Metz, in Nancy und in Luxemburg sehr eng zusammen, um gerade diese Effekte voranzubringen. Wir haben über den demografischen Wandel gesprochen, über die berufliche Bildung und ihre Stellung in der Gesellschaft. Wir stellen fest, dass 2003 etwa ein Drittel eines Jahrgangs eine akademische Ausbildung angegangen ist. Wir sind im Jahre 2016 so weit, dass wir fast 60 Prozent der jungen Menschen eines Jahrgangs haben, die ihr Abitur machen und dann in eine akademische Ausbildung gehen.
Meine sehr verehren Damen und Herren, ich stelle mich nicht hier vorne hin und sage, das ist schlecht. Ich glaube, dass es richtig ist, wenn junge Menschen versuchen, so viel wie möglich zu lernen und das beste schulische Ergebnis für sich herauszuholen, um damit als Grundlage in ein Leben zu starten. Ich möchte aber dennoch auf eine Problematik aufmerksam machen, die in einer Studie, eigentlich in mehreren Studien, schon belegt worden ist, einmal vom Institut der Bundesagentur, aber auch von der Bertelsmann Stiftung, die deutlich macht, dass wir in zehn Jahren etwa eine Million Menschen haben werden, die eine akademische Ausbildung haben und in ihrem studierten Fach nicht mehr in der deutschen Wirtschaft unterkommen werden. Das bedeutet einmal, dass wir dort einen Verdrängungswettbewerb bekommen. Was heute die Bürokauffrau beziehungsweise der Bürokaufmann in den Unternehmen macht, wird dann von diesen akademisch ausgebildeten jungen Menschen geleistet werden. Zum anderen haben wir das Problem, dass viele, die ein Studium begonnen haben, sich davon später natürlich eine Stelle und eine Stellung erhofft haben, die ihnen ein weitaus höheres Entgelt und eine weitaus bessere Lebensperspektive bieten würde.
Umgekehrt haben wir die Situation, dass die Jahrgänge 1950 bis 1965 dann aus dem Berufsleben ausgestiegen sind, weil sie in ihren verdienten Ruhestand eingetreten sind. Hier sind etwa 70 Prozent dieser Jahrgänge Facharbeiterinnen und Facharbeiter, die dann letztlich auf dem deutschen Markt fehlen werden. Auch das wird dann auf der anderen Seite sozusagen zu einem Defizit von etwa einer Million führen. Das heißt also, dass wir in diesem Bereich etwa eine Million junger Menschen zu wenig haben.
Deshalb sage ich den jungen Menschen, die ihr Abitur gemacht haben und überlegen, ob sie eine akademische Ausbildung angehen, dass sie eine große Chance haben, wenn sie sich für einen der 130 Handwerksberufe entscheiden. Bei 130 Berufen ist sicherlich für alle Talente, für alle Neigungen etwas Passendes vorhanden. Dann kommen sie in einen Beruf, der eine hohe soziale Sicherheit und dazu die Gewissheit bietet, dass sie als Fachkraft, als Meisterin oder Meister, als Technikerin oder Techniker eine gute Zukunft haben und nicht in die Arbeitslosigkeit fallen. Das ist durch Studien belegt.
Hier müssen wir die jungen Menschen aufklären, müssen deutlich machen, dass das Studium alleine nicht der einzig richtige Weg ist. Derzeit ist ein Mitarbeiter der Handwerkskammer bei der HTW und bei der Universität unterwegs und redet mit den jungen Menschen, die gemerkt haben, dass sie den falschen Weg eingeschlagen haben. Im letzten Jahr ist es gelungen, 30 junge Menschen umzuorientieren und in Richtung Handwerk zu bewegen. Ich
glaube, das ist ein guter Weg, und es ist wichtig, dass wir diesen Weg gehen. Ich danke dem Bildungsministerium und auch den anderen Ministerien dafür, dass wir hier die nötige Unterstützung bekommen. Auch diejenigen, mit denen ich gesprochen habe, sind sehr zufrieden, dass sie diesen Weg eingeschlagen haben.
Das Thema Flüchtlinge ist bereits angesprochen worden. Das Handwerk ist hier sehr engagiert und versucht, in diesem Bereich seinen Beitrag zur Integration zu leisten. Ich darf Ihnen mal eine Zahl nennen. Wir haben in diesem Jahr 98 Flüchtlinge, darunter unter anderem zehn Eritreer und 35 Syrer, in ein Ausbildungsverhältnis gebracht. Daher kann man sagen, dass wir hier wirklich versuchen, einen Beitrag zur Integration dieser jungen Menschen zu leisten. Aber es ist eine schwierige Aufgabe. Es ist deshalb eine schwierige Aufgabe, weil diese Menschen hier zuerst einmal ankommen müssen, weil sie zunächst die Sprache erlernen müssen, weil sie zum Teil andere Vorstellungen von der Berufswelt in Deutschland haben, die mit den Gegebenheiten in ihrem Herkunftsland oft nicht vergleichbar sind. Dort hat das Handwerk oft einen ganz anderen Stellenwert.
Deshalb haben wir solche Projekte wie „Perspektiven für junge Flüchtlinge (PerjuF)“ und andere Maßnahmen auf den Weg gebracht. Auch da werden wir unterstützt, geben aber auch selbst Geld hinein, um diesen Flüchtlingen eine Chance für eine bessere Zukunft zu geben. Ich glaube, dass das Handwerk hier eine zentrale Rolle spielt.
Wir haben in unserem Antrag einen weiteren wichtigen Punkt angesprochen, die Energiewende. Ich behaupte: Ohne das Handwerk würde die Energiewende nicht funktionieren, sie könnte nicht umgesetzt werden. Ich denke nicht nur an unsere Beratung und unsere Hilfen für Unternehmen mit dem Ziel, dass so wenig Energie wie möglich verbraucht wird und dass die Unternehmen wirtschaftlich am Markt arbeiten können. Die größte Reserve und damit der Erfolg der Energiewende liegen in unseren Häusern, in unseren Eigenheimen. Dort haben wir bezüglich der Reduzierung des Energieverbrauchs ein riesiges Potenzial, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.
Dort sind die Handwerksbetriebe unterwegs mit neuen Heizungsanlagen, mit der richtigen Dämmung und den entsprechenden technischen Standards. Ich erinnere an die Smart Houses, wo die Energie im Haus optimiert wird und zu einem gesunden Lebenswandel beiträgt, was sich auch positiv auf unser Zusammenleben insgesamt auswirkt. Mit seinen Fotovoltaikanlagen und anderen innovativen Produkten ist das Handwerk ein wesentlicher Teil der Energiewende. Wenn man sieht, dass das Saarland Spitzenreiter ist hinsichtlich der Unternehmen mit
Wenn wir über die Digitalisierung reden, reden wir natürlich auch über die Ausbildung, über andere Wege der Ausbildung. Wir haben ein Projekt zusammen mit der Universität Kaiserslautern, die Kompetenzinitiative zum Lernen in der Arbeitswelt. Dort wird an Verbindungen über Cloud-Lösungen, Smartphones und Tablets der überbetrieblichen Bildungszentren mit den jeweiligen Unternehmen gearbeitet, sodass alle immer auf dem gleichen Stand sind. Man ist somit auch ständig informiert, in welcher Phase sich die Auszubildenden befinden. Wir gehen davon aus, dass wir dieses vernetzte Lernen, das derzeit in den Bereichen Heizung, Klima, Sanitär vorgehalten wird, auch auf andere Berufe ausweiten können und dass es uns gelingt, das Lernen über die Digitalisierung interessanter und besser zu gestalten.
Das Saarland hat sich bei der Vernetzung, bei den Verbindungen via Internet, erfreulicherweise nach vorne entwickelt. Jedes Unternehmen ist bei der Nutzung der Digitalisierung letztlich nur so gut, wie es seine Verbindungen zulassen. Wir haben in der letzten Woche lesen können, dass das Saarland unter den Bundesländern in puncto Vernetzung jetzt auf Platz 3 steht. Wenn man sich die Vernetzung anschaut und wenn man weiß, dass wir über die Förderung auch des Bundes im Jahr 2018 bei 50 Mbit/s sind, glaube ich sagen zu können, dass wir gut gerüstet sind, dass die Unternehmen ihren Vorsprung ausbauen beziehungsweise dort, wo sie noch nicht gut genug sind, bei der Vernetzung aufholen und so die Möglichkeiten nutzen, die sie brauchen, um in Zukunft am Markt die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Wenn es um Digitalisierung geht, wird immer auch darüber geredet, dass man sehr schnell Arbeitsplätze verlieren kann und dass durch die Automatisierung vieles anders werden wird und dass das auch im Handwerk so sein wird. Das sehen wir jetzt schon in vielen Berufen. Aber gerade durch unsere Aufklärungsarbeit, das Dabeisein und das Handling durch das Handwerk werden wir die Zukunft für das Handwerk auch in diesem Bereich sichern. Ich bin mir ganz sicher, dass das gelingen wird.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Handwerk hat mit Sicherheit eine gute Zukunft. Es kommt auf die Rahmenbedingungen an. Ich habe mich eben schon dafür bedankt, dass die Landesregierung alles tut, um diese Rahmenbedingungen so optimal wie möglich zu gestalten. Ich darf mich auch bei der Bundesregierung bedanken, die es geschafft hat, die Erbschaftssteuer doch noch auf den Weg zu bringen. Ich glaube, dass es nach allen Diskussio
nen, die es teilweise auch hier im Land gab - ob über eine Flatrate oder andere Dinge -, letztendlich mit diesem Abschluss genau der richtige Weg ist. Alles andere hätte sehr viel Geld und Arbeitsplätze gekostet. Von daher bin ich froh, dass es gelungen ist.
Wir haben über die Handwerksordnung zurzeit eine hohe Akzeptanz. Mittlerweile weiß man auch in Brüssel, wie wichtig die Handwerksordnung und die Meisterqualifikation ist. Sie wird zurzeit nicht infrage gestellt. Ich glaube, dass wir mit unserer Landesregierung über das Mittelstandsförderungsgesetz und die Maßnahmen, die wir jetzt in der Infrastruktur ergreifen, den Weg für eine gute Zukunft des Handwerks bereitet haben.
Ich sage von dieser Stelle, dass das Handwerk einen goldenen Boden hat. Wir werden in der nächsten Woche die Wirtschaftsdaten in einer Pressekonferenz bekannt geben. Ich kann Ihnen sagen, da wird es gut aussehen. Das Handwerk wird auch in der Zukunft einen goldenen Boden haben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. - Für die PIRATEN-Fraktion hat Herr Fraktionsvorsitzender Michael Hilberer das Wort.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Grundsatz kann ich mich dem Kollegen Bierbaum anschließen.
Erlauben Sie mir, trotzdem noch einen zusätzlichen Gedanken auszuführen. Es bleibt wirklich bei einem. In dem inhaltlich sehr umfassenden Antrag der Koalition - der, wie wir gerade gehört haben, von der Handwerkskammer durchaus befürwortet wird - gibt es einen Aspekt, den ich zusätzlich in die Diskussion einwerfen möchte. Das ist die Frage der Nachwuchssorgen im Handwerk. Sie haben sich natürlich auch dazu geäußert. Ich glaube, das ist eines der drängenden Probleme, um die sich die Politik kümmern muss oder wo sie helfen kann.
Bisher fehlt die spezielle Ansprache der doch etwas schwierig zu greifenden Millenials, also der Generation, die nach der Jahrtausendwende geboren wurde. Ich glaube, da kann man eine Stärkung der Attraktivität des Handwerks herbeiführen, indem man das Augenmerk mehr auf den kreativen Beruf im Sinne der Lebensverwirklichung legt. Das ist ein Punkt, der bei vielen in dieser Generation eine große Rolle spielt. Außerdem ist die Lebensverwirk
Ich glaube, das Handwerk hat einen großen Vorteil, wenn es sich darauf konzentrieren kann, den Unterschied aufzuzeigen zwischen Beruf im Sinne einer Berufung und dem Job, den man macht, um Geld zu bekommen. Genau da kann ich nur unterstützen, dass man in der Richtung noch ein bisschen mehr macht. Das Handwerk kann ein innovatives und kreatives Umfeld bieten.
Das hat mich auf die Idee gebracht, eine bestimmte Sache hier extra aufzuführen. Wir hatten vor Kurzem einen Besuch mit dem IPR in Belgien, genauer gesagt in der Wallonie. Dort haben wir uns ein ganz interessantes Projekt angeschaut. Die Regierung hat dort sogenannte FabLabs eingerichtet. Das sind Werkstätten mit einem gewissen Standard, was drin sein muss: 3D-Drucker, CNC-Fräsmaschine und so weiter. Die stehen eben auch dem Handwerk kostenlos zur Verfügung und zwar nicht nur, um Kleinserien oder Kleinaufträge zu erledigen, also nicht in Konkurrenz zur Privatwirtschaft, die das auch anbietet. Es geht vielmehr darum, sich selbst fortzubilden, Dinge auszuprobieren und das neue Digitale zu machen sowie entsprechende Netzwerke zu bilden. Ich glaube, das ist eine Sache, die wir uns für das Saarland genauer anschauen sollten. Darauf will ich speziell hinweisen.
Ansonsten bin ich völlig d’accord mit dem Kollegen Bierbaum. Auch wir werden diesem Antrag zustimmen. - Vielen Dank.
Danke, Herr Fraktionsvorsitzender. - Für die Fraktion B 90/GRÜNE hat Herr Fraktionsvorsitzender Hubert Ulrich das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag, den die Große Koalition heute einbringt, ist ein Antrag, der den meisten hier im Hause aus der Seele sprechen dürfte. Er stützt das duale System. Das ist ein Ausbildungssystem, um das wir weltweit beneidet werden. Dieses Ausbildungssystem gibt es, soweit ich weiß, nur in Deutschland, Österreich und im Baskenland. Hier muss man dazusagen, soweit mir bekannt ist, ist die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien insgesamt sehr hoch mit einer Ausnahme: dem Baskenland. Der Hintergrund ist das deutsche duale Ausbildungssystem, das dort eingesetzt wird. Das macht klar, wie effizient und gut dieses Ausbildungssystem ist, das wir hier haben. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe es selbst durchlaufen, deshalb bin ich einer der glühenden Verfechter dieses Systems.
Wir haben aber ein Problem. Das ist das Übergangssystem. Das Übergangssystem ist bei uns in Deutschland nämlich nach wie vor zu ineffizient, denn rund 30 Prozent der Ausbildungswilligen landen in diesem Übergangssystem. Das klappt nicht immer sehr gut. Die Abbrecherquote ist viel zu hoch. Sie liegt bei uns im Saarland bei 27,3 Prozent. Das sind 3 Prozent mehr als im Bund. Das muss man auch sagen. Also auch da haben wir im Saarland leider etwas Nachholbedarf. Deshalb treten wir für überbetriebliche Ausbildungsstätten ein, speziell für diese Gruppe, nicht grundsätzlich. Wir haben das hier im Plenum vor einiger Zeit schon einmal eingebracht. Das Ausbildungssystem in den Betrieben ist der große Vorteil, den wir haben - nicht, dass da eine Verwechslung entsteht. Wir wollen aber überbetriebliche Ausbildungsstätten für diese Problemgruppen. Ich glaube, das ist dringend notwendig.
Ich selbst habe eine solche überbetriebliche Ausbildungsstätte im Alter von 14 Jahren erlebt. Ich kam aus der Schule und wusste damals mit 14 nicht, was ich machen sollte. Oder mit 13, ich weiß es schon gar nicht mehr. Zu meiner Zeit gab es die sogenannte Gewerbeschule. Das war ein klassisches Berufsgrundschuljahr, aber relativ hochwertig aufgebaut.
Wir gingen da rein. Wir haben ein halbes Jahr Metallausbildung und ein halbes Jahr Elektroausbildung gemacht. Es war ein bisschen Mathematik dabei, Sprachen und so weiter, mehr als das, was klassische Hauptschüler hatten. Es war mehr als das, was man in der Schule gelernt hat. Es hat einem eine Orientierungshilfe gegeben. Als ich dieses Jahr hinter mir hatte, wusste ich etwas mit den Berufsbildern anzufangen. Ich wusste dann, was ich lernen will. Ich wollte zuerst Elektriker werden. Ich hatte das gelernt - ging nicht. Ich wurde dann Werkzeugmacher. Aber ich habe ein Bild gehabt.
Vor allem hat diese Form der Zwischenschule - nennen wir es einmal so - bei mir dazu geführt, dass ich eine Nase für Weiterbildung gekriegt habe. Das habe ich später auch gemacht. Ich habe auf dem zweiten Bildungsweg mein Fachabitur gemacht. Ich will damit sagen, diese Zwischenstufen sind effizient. Da kann man wirklich Jugendliche heranführen, die zunächst nicht so richtig wissen, in welche Richtung sie wollen. Man muss einfach daran arbeiten.
Es gibt einen zweiten Punkt, den ich ansprechen will, gerade in Zusammenhang mit dem Handwerk. Das ist das Thema Digitalisierung. Das ist natürlich für das Handwerk ein sehr wichtiges Thema. Es könnte noch eine ganze Menge Effizienz und Wertschöpfungspotenziale auch und gerade im Handwerk, aber auch bei den KMUs gehoben werden. Dabei ist natürlich das Zauberwort der Breitbandausbau. Der Breitbandausbau ist die Basis, um die Potenziale, die in der Digitalisierung stecken, heben und nutzen zu können.