Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Betrachtet man die Entwicklung von Kommunikationstechnologien im historischen Kontext, so war die weltweite Vernetzung durch den Telegrafen zu Beginn des 19. Jahrhunderts eine wichtige Triebfeder der Globalisierung. Der Zugang zu diesem frühen weltumspannenden Kommunikationsnetz stand theoretisch jedem offen, aber eben nur theoretisch. Um anno 1900 eine analoge Twitter-Nachricht mit 200 Zeichen in Form eines Telegramms von Hamburg nach New York per Morse-Code zu verschicken, musste man tief ins Portemonnaie greifen. Wer Zugang zum Telegrafennetz hatte, hatte Zugang zu Informationen und war damit klar im Vorteil.
Wie wir alle wissen, wurde das Telegrafensystem längst vom weltumspannenden World Wide Web, dem Internet, abgelöst. Die im 19. Jahrhundert begonnene Verkabelung der Welt wurde durch rasante technische Entwicklungen bis zum 21. Jahrhundert ausgebaut und ergänzt um ein Netz aus Glasfasern und orbitalen Kommunikationssatelliten. Die Verkabelung der Welt hat so zur Verwandlung der Welt beigetragen, die heute durch eine immer weiter voranschreitende Kommunikationsverdichtung ihren sichtbarsten Ausdruck in der Allgegenwärtigkeit des Smartphones findet.
Das Internet bestimmt vielleicht nicht zur Gänze unser aller Leben, es ist aber für viele Menschen zu einem alltäglichen Bestandteil geworden. Informationen und Wissen sind heute im Überfluss vorhanden. Ob Streaming-Dienste, Online-Banking, Einkaufen oder Kommunikation über soziale Netzwerke oder kostenlose Kurznachrichtendienste - jeder kann alle zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittel nutzen. Ein freier Zugang zum Netz ist - zumindest in den demokratischen Staaten - für alle Bürgerinnen und Bürger vorhanden. Auch die Kosten für einen Internetzugang sind überschaubar geworden.
Wie die PIRATEN-Landtagsfraktion in ihrem Antrag schreibt, ermöglicht „der freie Zugang und die flächendeckende Verfügbarkeit von Internet eine Teilhabe an der Informations- und Wissensgesellschaft“, das ist richtig. Und das Stichwort, auf das es meiner Meinung nach ankommt, heißt Digitale Teilhabe. Die Digitalisierung der Gesellschaft wirkt auf alle Lebensbereiche und betrifft alle. Sie bietet Chancen, ermöglicht mehr Barrierefreiheit und Transparenz in den politischen Strukturen. Sie schafft mehr Teilhabe. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben seit fast 150 Jahren für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gekämpft. Das werden wir auch in Zukunft tun - in der realen und auch in der virtuellen Welt.
Der Ausbau muss vorangetrieben werden, um unsere Dörfer und Städte und vor allem unsere mittelständischen Betriebe mit schnellem Internet zu versorgen. Wir begrüßen ausdrücklich Initiativen, deren Ziel es ist, ein kostenloses freies Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, zu unterhalten und zu erweitern. Die Idee hinter den Freifunk-Netzen ist ja, wie es der Name schon sagt, die freie und kostenlose Benutzung durch die Bürgerinnen und Bürger. Freifunk-Netze verfügen allerdings meist über geringe Bandbreiten und dienen eher einer Grundversorgung und nicht als Alternative zu leistungsfähigen Internetanschlüssen. Ein längst überfälliger Schritt war daher die Abschaffung der sogenannten StörerHaftung, die nichts anderes als eine Bremse für den Ausbau von freiem WLAN war.
Die PIRATEN-Landtagsfraktion fordert in ihrem Antrag, dass sich die Landesregierung auf Bundesebene in den zuständigen Bund-Länder-Gremien für eine umfassende steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Vereinen zur Förderung des Ausbaus von Bürgernetzen einsetzt, wenn diese auch beziehungsweise ausschließlich WLAN-Netze aufbauen und unterhalten, aber hierbei keine kommerziellen Interessen verfolgen.
Die Landesregierung soll außerdem der aktuellen Bundesratsinitiative der Länder Nordrhein-Westfalen und Thüringen vom 02. Februar 2017 zustimmen, wonach mit einer Änderung der Abgabenordnung die steuerliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit
von Freifunk erreicht werden soll. Der Gesetzentwurf der beiden Bundesländer sieht eine Ergänzung der Katalogzwecke des § 52 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung vor. Danach soll die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit auch Freifunk-Initiativen in der Rechtsform einer Körperschaft, wie zum Beispiel Vereinen, eröffnet werden, wenn diese Kommunikationsnetzwerke aufbauen und unterhalten. Aus Wettbewerbsgründen soll dabei der Förderzweck auf unentgeltliche Tätigkeiten beschränkt werden.
Der Vorschlag der PIRATEN-Fraktion erscheint in der Sache zunächst grundsätzlich unterstützenswert. Vor einer abschließenden politischen Festlegung sollte aber eine eingehende steuerrechtliche und regionalakteurspezifische Prüfung vorgenommen werden. Steuerrechtlich betrachtet hätte es durchaus Charme, die Tätigkeit von Freifunk-Initiativen in die nach § 52 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung begünstigten Katalogzwecke einer Körperschaft aufzunehmen. Hierbei stellt sich allerdings die Frage, ob die im Gesetzentwurf Nordrhein-Westfalens und Thüringens enthaltene Definition der zu begünstigenden Freifunk-Netze überhaupt rechtlich tragfähig und praktikabel ist.
Ich kürze meine Rede ab, weil schon vieles zu dem Thema von meinen Vorrednern gesagt wurde. Grundsätzlich halten wir Freifunk-Initiativen sowie auch viele andere Vereine für förderungswürdig.
Morgen wird im Finanzausschuss des Bundesrates der Entwurf eines „Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung zwecks Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Freifunk“ der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Thüringen beraten. Wir schlagen daher vor, diese Beratungen abzuwarten und den Antrag der PIRATEN-Landtagsfraktion in den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen zu überweisen. Basis für die künftige Befassung mit dem Thema Freifunk sollten somit die Beratungsergebnisse des Finanzausschusses des Bundesrates sein. Ich bitte Sie daher um Zustimmung für die Überweisung des Antrages der PIRATEN-Landtagsfraktion in den Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Digitalisierung verändert unsere Wirtschaft, unsere Bildung und die Art, wie wir arbeiten. Unser kompletter Alltag ist betroffen. Worum geht es beim Thema Freifunk frei und offen? Frei bedeutet, dass die Person, die
das WLAN benutzt, keine Gebühren zahlt. Offen bedeutet, dass es keine künstlichen Hürden gibt, um das Netz zu nutzen. Das heißt, man braucht kein Passwort und muss sich nicht registrieren.
Jeder von uns trägt mittlerweile einen Computer mit sich herum, zumindest ein Handy. Dort hat man oft keine Daten-Flatrate, sondern zum Beispiel einen Volumentarif. Wenn das aufgebraucht ist, ist man froh, wenn man irgendwo in der Stadt WLAN empfängt, um es im öffentlichen Raum nutzen zu können. Die Nachfrage nach einem solchen Angebot steigt ständig.
Kolleginnen und Kollegen, viele Menschen sind auch zuhause in der Lage, sich ein WLAN einzurichten. Auf die Fragen, wie man ein größeres Netzwerk einrichten kann und welche Hard- und Software dafür gebraucht wird, haben Freifunk-Initiativen in Deutschland eine Antwort. Das sind ehrenamtlich tätige und technikbegeisterte Menschen, die erklären können, wie solche Netzwerke funktionieren und wie man sie aufbauen kann. Dort kann jeder mithelfen, solche Netzwerke aufzubauen und somit Nachbarschaftsnetzwerke einzurichten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freifunk ist Ehrenamt, Ehrenamt ist wichtig.
Durch diese Initiativen entsteht Medienkompetenz, die immer wichtiger wird. Freie Internetzugänge sind in Zeiten der Digitalisierung von hoher Bedeutung für die Bürgerinnen und Bürger. Offene Internetzugänge dienen dem Allgemeinwohl. Freifunk-Initiativen leisten einen ehrenamtlichen Beitrag beim Ausbau des flächendeckenden und kostenlosen Internets to go.
Freifunk-Initiativen sind mehr als nur Provider. Gerade bei der Einrichtung und Verbreitung ihrer Netze verbreiten sie Wissen darüber, wie solche Netzwerke funktionieren und mit welcher Technik man sie betreiben kann. Abgesehen vom sozialen Engagement und mit der Einrichtung der Netze an vielen Orten erfüllen diese Vereine einen Katalogzweck der Abgabenordnung, nämlich die Förderung der Bildung. Auch fördern sie durch ihr Engagement die Medienkompetenz. Kolleginnen und Kollegen, wir sollten dieses ehrenamtliche Engagement anerkennen und würdigen. Dazu müssen wir diese Ehrenamtler fördern.
Die rechtlichen Hürden wurden bereits ausgeräumt. Die Störerhaftung ist glücklicherweise Geschichte. Der WLAN-Ausbau wird zurzeit auf allen Ebenen vorangetrieben, ob durch Fördermittel der EU oder durch rechtliche Schritte wie die Abschaffung der Störerhaftung. St. Wendel zum Beispiel unterhält in der Innenstadt fünf drahtlose Internetzugangspunkte
vom Schlossplatz über den Fruchtmarkt bis zur Stadt- und Kreisbibliothek. Im nächsten Jahr soll zudem im Freibad schnelles und kostenloses Surfen möglich sein. Die Kosten für das Projekt beliefen sich auf rund 1.200 Euro einmalig pro angeschafftem Hotspot und 25 Euro jährlich für Unterhaltskosten je Standort. Umgesetzt wird dies durch den Einsatz eines Internetdienstleisters als technischem Partner.
In der Altstadt von Saarlouis kann ebenfalls schon kostenlos gesurft werden. Initiator sind die Saarlouiser Stadtwerke, technischer Partner ist Intersaar GmbH. In Dillingen in der Stummstraße kann gesurft werden, auch in Saarbrücken und anderen Standorten. Ich glaube, jeder Abgeordnete hier im Raum kennt einen Standort in seiner Gegend, wo es inzwischen eine Möglichkeit gibt.
Freifunk-Initiativen, die das nicht gewerblich machen, sind aber auf Spenden angewiesen. Deshalb ist das geltende Recht für sie im Moment leider ärgerlich, denn für die Spender ist es derzeit nicht attraktiv, weil die Spende nicht steuerlich abgesetzt werden kann. Zurzeit haben vereinsgemäß organisierte Anbieter von kostenlosen öffentlichen WLANNetzen das Problem, dass sie von den meisten Finanzämtern nicht als gemeinnützig anerkannt werden. Deshalb ist die derzeitige Rechtslage diesbezüglich nicht mehr zeitgemäß. Sie muss den veränderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen und entsprechend angepasst werden.
Kolleginnen und Kollegen, die PIRATEN möchten, dass die Gemeinnützigkeit von Freifunk-Vereinen anerkannt wird und in die Abgabenordnung aufgenommen wird. Das ist ein Vorhaben, das Unterstützung verdient und umgesetzt werden sollte, wie wir finden. An dieser Stelle freue ich mich, dass die Große Koalition den Antrag zumindest nicht ablehnt, sondern in den Ausschuss überweisen will.
Ich möchte an dieser Stelle aber auch darum bitten, dass es nicht eine Erste-Klasse-Beerdigung in den Ausschuss wird, sondern dass er dort wirklich behandelt wird, anders als bei manchen Anträgen in der Vergangenheit. Ich bitte darum, das Thema wirklich zu diskutieren. Das ist eine wichtige Sache, für die wir alle stimmen sollten. - Ich bitte um Zustimmung und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich möchte noch eine kleine Schlussrunde machen und einige Dinge ergänzen. Eine Voraussetzung für Gemeinnützigkeit ist zum Beispiel die Überparteilich
keit. Die Kollegin Spaniol hat eben gesagt, dass die PIRATEN in Gisingen recht aktiv waren, um das Dorf mit WLAN zu versorgen. Um nicht die PIRATEN alleine dastehen zu lassen, mache ich den kompletten Rundumschlag: In Wadrill hat der CDUOrtsverband das Dorf umfassend ausgebaut und mit Freifunk versorgt. Kirkel mit einem SPD-Bürgermeister ist schon ganz gut dabei. Dort haben die freiwilligen Feuerwehren, die Jugendzentren, das Rathaus und diverse weitere Orte bereits WLAN. Am Freibad, das der Kollege Thul eben angesprochen hat, arbeiten wir noch. Dort war das Problem zuletzt, dass wir WLAN-Empfang genau in den Schwimmbecken hatten und nicht auf der Liegewiese. Das Umgekehrte wäre wünschenswert. Wir arbeiten daran.
Die Gemeinde Schiffweiler hat im Gemeinderat beschlossen, in dem Bereich umfassend aktiv zu werden. In Lebach läuft das Ganze über die Stadtwerke und nicht über die Gemeinde selbst. Aber auch dort gibt es entsprechende Bestrebungen, die öffentlichen Plätze zu versorgen. Es muss nicht gerade ein kompletter Ortsverband oder etwas Ähnliches sein. Zum Beispiel hat auch der MdB der LINKEN, Thomas Lutze, in seinem Wahlkreisbüro Freifunk und außerdem die GRÜNEN-Landesgeschäftsstelle. An der Stelle kann ich sagen, dass es ein überparteiliches Projekt ist. In diesem Sinne steht das der Gemeinnützigkeit nicht im Weg. - Ich muss noch eine Sache des Kollegen Neyses korrigieren.
Ja, es ist halt so. - In dem Moment, in dem man das Datenvolumen des Mobilfunkvertrags aufgebraucht hat und nach einem WLAN sucht, hat man schon das Problem. Umgekehrt wird doch ein Schuh daraus. Wenn man flächendeckend WLAN hat, wird das Datenvolumen gar nicht erst aufgebraucht. Deshalb ist es so wichtig, dass man nicht an ein oder zwei Stellen WLAN hat, wo man hinpilgern kann, wenn man kein Datenvolumen mehr hat, sondern dass man WLAN flächendeckend so hat, dass man das Datenvolumen ganz selten braucht, weil man überall WLAN hat. Genau dafür ist Freifunk da.
Es gab verschiedene Angaben mit Zugangspunkten; Kollegin Döring hat ein paar genannt. Ich fasse das etwas kürzer. Wir haben im Saarland schon jetzt über 500 Zugangspunkte. Bundesweit sind es über 41.000. Ich glaube, das spricht für sich. Es geht hier also nicht um eine Bewegung, bei der sich ein oder zwei Leute ehrenamtlich engagieren. Das ist vielmehr eine etwas größere Geschichte. Dementsprechend sollte man sich damit befassen. Das tut der Bundesrat jetzt.
Mit der beantragten Überweisung in den Ausschuss sind wir einverstanden und werden dem zustimmen. Wir werden es dort gleich auf die Tagesordnung set
Es wurde beantragt, den Antrag in den zuständigen Ausschuss für Haushalt und Finanzen zu überweisen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag mit den Stimmen aller Fraktionen angenommen wurde und in den zuständigen Ausschuss überwiesen ist. Die Abstimmung über den Beschlussantrag entfällt somit.
Beschlussfassung über den von der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Demokratie für alle, Kinderund Jugendrechte stärken
Beschlussfassung über den von der PIRATEN-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Rechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen stärken (Drucksache 15/2098)