Protokoll der Sitzung vom 16.10.2012

(Zurufe der Abgeordneten Schmitt (CDU) und Theis (CDU).)

Fest halte ich jedenfalls nur, dass mit dieser Entscheidung zumindest nach meiner Auffassung die Zielsetzung der GSB berührt worden ist. Dies ist der eine Sachverhalt. Der zweite besteht darin, dass in dieser Gesellschaft die Interessen des Saarlandes gesichert werden sollen. Da wird es nun wirklich konkret, meine Damen und Herren. Man muss der GSB vorhalten, dass sie überhaupt keinen Ein

spruch erhoben hat, als aus 1.000 sicheren Arbeitsplätzen prekäre Arbeitsverhältnisse geworden sind. Wir haben jetzt noch 400 sichere tarifliche Arbeitsplätze im Bereich des Betriebsrates; die anderen sind alle ausgelagert worden. Das heißt, nach meiner Auffassung hat die GSB damit gegen ihren eigenen Auftrag verstoßen, denn ohne ökonomische Not - von ihr kann hier gar keine Rede sein - eine massive Prekarisierung der Arbeitsplätze widerspruchslos hinzunehmen, kann niemals im Interesse des Saarlandes sein.

(Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN.)

Insofern ist es sehr bedauerlich, dass die GSB ihren Kernauftrag in den letzten Jahren überhaupt nicht angenommen hat und auch in der Zukunft nicht erfüllen will. Und wenn jemand behauptet, man hätte keine saarländische Mehrheit erhalten können, dann will ich darauf hinweisen, dass sich der Ertrag der Zeitung in diesem Jahr auf über 30 Millionen Euro beläuft. Mit diesem Geld hätte man den saarländischen Anteil durchaus finanzieren können - auch bei einem künftig geringeren Ertrag -, aber das war nicht gewollt, denn die Weichen waren längst gestellt. Und wie in der GSB in den vergangenen Jahren alles abgenickt wurde, was der Hauptgesellschafter vorgelegt hat - so hat es ein führendes Mitglied der Saarbrücker Zeitung gesagt -, so wird auch in Zukunft alles nur abgenickt werden. Bedauerlich ist ferner, dass die GSB auch ihren demokratischen Auftrag nicht ernst nimmt, denn die Entscheidung über den Anteilsverkauf wurde der Belegschaft nicht etwa im Vorhinein mitgeteilt. Vielmehr wurde die Belegschaft mit ihr konfrontiert. Sie wurde gewissermaßen informiert. Also mit Demokratie hat das nach unserer Auffassung überhaupt nichts zu tun. Man hätte die Belegschaft vorher einbeziehen müssen, statt sie vor vollendete Tatsachen zu stellen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den PIRATEN.)

Peinlich war es geradezu, dass ein Vertreter der GSB auf die Frage, warum der Prekarisierung der Arbeit tatenlos zugesehen worden sei, geantwortet hat, das sei operatives Geschäft, darum kümmere man sich nicht. Dann soll man sich doch gleich aus dem Aufsichtsrat zurückziehen und sich mit solchen Dingen nicht mehr beschäftigen! Das ist mehr als peinlich. Wer einer Prekarisierung der Arbeit tatenlos zusieht, dem kann man eigentlich nur wünschen, dass er selbst einmal von solchen Arbeitsbedingungen betroffen ist, damit er in die Lage versetzt wird, ihre Folgen zu beurteilen.

Der zweite Punkt, den wir in unserem Antrag ansprechen, bezieht sich darauf, dass die GSB die gewerkschaftlichen Forderungen nach Aufnahme einer Klausel zum Schutz vor einer weiteren Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse sowie nach einem besseren Redaktionsstatut nicht durchgesetzt hat. Es ist

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

interessant, wie sich die Arbeitnehmerverbände geäußert haben. Der Verdi-Vorsitzende Staudt hat zu Beginn der Verhandlungen die Sorge geäußert, dass die Übertragung des Verlages an die Rheinische Post zu Problemen führen könnte. Er hat auf Tarifflucht hingewiesen. In Bezug auf die Anzeigenabteilung, die Verlagsproduktion, das Druckhaus und die Redaktion hat er auf Auslagerungen hingewiesen. Besorgt hat er sich über die konservativwirtschaftsliberale Ausrichtung des neuen Mehrheitseigentümers geäußert. Mittlerweile sieht er zwar dem Ganzen optimistisch entgegen, erhebt jedoch wiederum Kernforderungen, die überhaupt nicht erfüllt sind: Festschreibung des jetzigen Stellenplans, unbefristetes Outsourcingverbot, Rückkehr zum Flächentarif, Vetorecht des Redaktionsbeirates bei Bestellung und Abberufung des Chefredakteurs. Die Frage ist doch, warum es der Stiftung nicht gelungen ist, bei den Vertragsverhandlungen wenigstens eine dieser Forderungen durchzusetzen. Es ist wirklich ein Abnick-Verein ohne jeden politischen Gestaltungswillen. Das möchte ich in aller Klarheit hier sagen.

(Beifall von der LINKEN.)

Der dritte Punkt, den wir in unserem Beschlussantrag ansprechen, ist, dass die Parteistiftungen von CDU, SPD und FDP über jährliche Ausschüttungen Nutznießer der zu erwartenden fortschreitenden Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse wären. Das wollen wir sagen. Das könnte bei dem einen oder anderen doch die Frage aufwerfen: Wollen wir wirklich Nutznießer einer fortschreitenden Prekarisierung sein? Das wirft auch die Frage auf, ob die Bekenntnisse gegen prekarisierte Arbeitsverhältnisse ernst zu nehmen sind. Wenn man dort, wo man mittelbar Einfluss hat, nichts gegen die Prekarisierung tut, dann ist das doch ein Sachverhalt, der die Bekenntnisse, gegen prekarisierte Arbeitsverhältnisse zu kämpfen, zumindest fragwürdig erscheinen lässt. Die Zahlen stehen fest. Wir hatten 1.000 sichere Arbeitsplätze. Jetzt sind es noch 400. Alles andere ist in tarifvertrags- und betriebsratsfreie Zonen ausgelagert worden.

Ich komme nun zum letzten Punkt, der Ihnen natürlich unangenehm ist und von dem ich hoffe, dass das Verfassungsgericht ihn annimmt: Mit dem Beschluss des Landtages vom 05. November 1969 wurden Anteile des Landes an der Saarbrücker Zeitung und somit Landesvermögen unentgeltlich an eine gemeinnützige Institution, die heutige GSB, somit an die parteinahen Stiftungen von CDU, SPD und FDP übertragen und damit eine in Deutschland einmalige, auf Dauer angelegte unzulässige Parteienfinanzierung geschaffen, deren Ausmaß durch die Tatsache deutlich wird, dass die Holtzbrinck-Anteile nunmehr zu einem Kaufpreis in der Größenordnung von 200 Millionen Euro veräußert und zuvor Rückla

gen in Höhe von 80 Millionen unter anteilsmäßiger Beteiligung der Parteistiftungen aufgelöst worden sind. Was sind das für Summen, über die wir reden und die einfach mir nichts, dir nichts aus Landesvermögen den Parteistiftungen zugeschanzt worden sind, ohne dass irgendeiner glaubt, man müsse daran Anstoß nehmen? Hier sind Verfassungsgrundsätze grob verletzt worden.

(Beifall von der LINKEN.)

So, wie ich Sie einschätzen muss, wäre es mit Ihnen machbar, Landesvermögen zu veräußern und einen Teil des Vermögens kostenlos den Parteien zu überlassen mit der Aussicht, dass eine lebenslängliche Finanzierung entsteht, egal ob die Parteien dem Parlament angehören oder nicht.

(Zurufe von den Regierungsfraktionen.)

Lärmen Sie ruhig. Es ist Ihnen unangenehm, ich weiß. Es geht um den Verkaufspreis von 200 Millionen Euro, den die Holtzbrinck-Gruppe erzielt hat. Die Hälfte davon haben die Parteistiftungen. Das wären 100 Millionen. Es sind 80 Millionen aufgelöst worden, ein Viertel davon ist den Parteistiftungen zugute gekommen. Es sind jährliche Gewinne von 30 Millionen, die erwirtschaftet werden. Es sind Millionenbeträge, die an die Parteistiftungen gehen. Es ist grober Missbrauch von Landesvermögen und von Verfassungsgrundsätzen. Das ist festzustellen. Das wollen wir in aller Klarheit festhalten.

(Beifall von der LINKEN.)

Es ist interessant zu erleben, dass Sie damit überhaupt keine Probleme haben. Es ist das Dreisteste, was man sich überhaupt vorstellen kann, dass ein Landesparlament Landesvermögen veräußert und sagt, wir finanzieren daraus die Parteien.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Das stimmt überhaupt nicht! - Zurufe der Abgeordneten Jost (SPD) und Theis (CDU). - Unruhe.)

Es ist noch dreister, dass Sie sich hierhin stellen und behaupten, die Parteistiftungen hätten mit den Parteien nichts zu tun.

(Abg. Theis (CDU) : Das ist unverschämt! - Anhaltende Unruhe.)

Das ist doch eine abenteuerliche Ausrede, die Sie hier anwenden. Wem Sie das erzählen wollen, interessiert gar nicht mehr. Es ist schlicht und einfach eine unzulässige Umwegfinanzierung der Parteien in gewaltiger Größenordnung.

(Beifall von der LINKEN und bei den PIRATEN. - Abg. Theis (CDU) : Das ist unglaublich! - Starke Unruhe.)

Eines an die Adresse der SPD: Dass die SPD zugestimmt hat, dass der Rheinischen Post die Saar

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

brücker Zeitung zugeschustert wurde, ist ein einmaliger Vorgang. Das möchte ich sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Jost (SPD).)

Verdi in Nordrhein-Westfalen weist daraufhin, dass dieser Verlag gewerkschaftsfeindlich ist und dass er eine streng konservativ-liberale Ausrichtung hat. Ich verstehe nicht, wie eine Parteiengruppierung noch nicht einmal in der Lage ist, ihre eigenen Interessen zu sehen. Vielleicht hat man sie aber auch tatsächlich völlig aus dem Auge verloren. Dass die CDU jubelt, kann ich ja noch verstehen. Sie wird aus dieser Verlagsgruppe heraus bei Wahlkämpfen finanziert. Deshalb kann ich es verstehen, dass aber eine konkurrierende Partei da mitmacht, ist wirklich nicht mehr nachvollziehbar, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall von der LINKEN. - Fortdauernde Unruhe bei den Regierungsfraktionen.)

Wenn ich Sie hier lärmen höre, weiß ich, dass Sie ein schlechtes Gewissen haben. Ich hätte an Ihrer Stelle auch ein schlechtes Gewissen, wenn ich im Umfang von vielen Millionen Euro mitverantwortlich für eine aus unserer Sicht verfassungswidrige Parteienfinanzierung und deren Nutznießer wäre.

(Beifall von der LINKEN. - Lachen bei den Regie- rungsfraktionen.)

Ich fasse zusammen: Sie haben den Interessen des Landes keinen Dienst erwiesen. Das wird irgendwann zurückschlagen. Es wäre richtig, die Saarbrücker Zeitung mehrheitlich im saarländischen Besitz zu halten. Es ist schamlos, sich auf diese Art und Weise durch die Arbeit der Belegschaft zu bereichern!

(Mehrere Zurufe des Abgeordneten Jost (SPD).)

Nicht Sie oder Ihre Stiftungen haben diese Werte geschaffen, sondern die Belegschaft. Der Ausweg wäre eine Aufstockung der Belegschaftsbeteiligung gewesen. Aber das geht Ihnen noch nicht einmal mehr ins Kleinhirn, Herr Jost.

(Beifall von der LINKEN. - Abg. Jost (SPD) : Ein Jesuitenschüler, der so schamlos mit der Wahrheit umgeht - unglaublich! - Anhaltende Unruhe.)

Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende Stefan Pauluhn.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, auf den Boden der Sachlichkeit zurückzukommen. Der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion hat mit großem Enthusiasmus vorgetragen. Das ist man an einem solchen Tag auch

gewohnt - allerdings zu früherer Stunde, wenn es darum geht, den Haushalt zu beraten. Das ist normalerweise die Sternstunde der Opposition. Aber da war heute Morgen sozusagen noch Schonung angesagt. Kollege Lafontaine, jetzt haben Sie mit großem Enthusiasmus einen Sachverhalt vorgetragen, den ich auch nach den neuesten Erkenntnissen der letzten Tage in keiner Weise nachvollziehen kann und der an vielen Stellen einfach unwahr ist.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir rufen das Thema nun zum wiederholten Male auf.

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) : Zum zweiten Mal!)

Es ist eine „Neverending Story“, diesmal nicht in der Verfilmung des bekannten Regisseurs und FantasyFilmers Wolfgang Petersen, sondern sozusagen als letzter Teil eines Mehrteilers „Oskar’s neverending Story“ in der Inszenierung eines Altmeisters in der Rubrik Fantasy und Fiction.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Nachdem die LINKE in den letzten Monaten nicht müde wurde, beim anstehenden Verkauf der Anteile auf mutmaßlich auf die Beschäftigungsinteressen zurollende Problemlagen hinzuweisen, was Kollege Lafontaine eben nochmals bekräftigt hat, und den Ausverkauf saarländischer Interessen zu geißeln, kommt nun heute nach dem Verkauf der Anteile von der LINKEN die posthume Bewertung. Was schon nicht verhindert werden konnte, soll nun, wie im Antrag ausgeführt, missbilligt werden. Aber was soll man eigentlich missbilligen? Wo sind denn die lauten Hilferufe der Beschäftigten der Saarbrücker Zeitung? Wo sind die kritischen Personalräte, wo sind die Demonstrationen mit den Fahnen der Gerechtigkeit? Wo war eigentlich das hier so vehement immer wieder vorgetragene Problem? - Nach allem, was man heute weiß, und nach einer umfassenden Information der Beschäftigten und deren nach der Information folgendem Urteil über die Geschäftsabwicklung, halten mindestens 98 Prozent der Beschäftigten - so eine vorsichtige Schätzung - das Ergebnis für gut, auf jeden Fall für weitaus besser als alle anderen Alternativen, die zur Disposition gestanden haben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. La- fontaine (DIE LINKE) : Auch die Prekarisierung?)

Die Übertragung der Anteile von Holtzbrinck an die RBVG, Rheinisch-Bergische Verlagsgesellschaft, die die GSB ermöglicht hat, ist darum aus unserer Sicht überhaupt nicht zu missbilligen, im Gegenteil. Wenn man die Zusammenhänge Revue passieren lässt, muss man zu diesem Abschluss geradezu gratulieren.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Abg. Lafontaine (DIE LINKE) )

Das wird nicht nur von mir so gesehen, das sieht eine ganze Reihe von Menschen so, die keineswegs verdächtig sind, der GSB lediglich nach dem Mund zu reden. Das sieht der Saarländische Journalistenverband so; der Erste Vorsitzende des Saarländische Journalistenverbandes hat sich entsprechend geäußert. Das sieht die größte Gewerkschaft in diesem Bereich, Verdi, so; Sie sprachen selbst davon. Das sieht die Beteiligungsgesellschaft der Saarbrücker Zeitung so; da sind ja Teile der Beschäftigten vertreten. Und das sehen die allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so, wie letztlich in der Betriebsversammlung der SZ deutlich wurde.