Protokoll der Sitzung vom 17.01.2018

In Artikel 98a wurde das Instrument der Volksinitiative neu in die Verfassung aufgenommen. Mittels der Volksinitiative können Themen, die Gegenstände politischer Willensbildung bei uns im Landtag sind und die der Zuständigkeit des Landtags unterliegen, in den Landtag eingebracht werden. 5.000 Unterschriften sind dazu notwendig. Die Neuregelungen sind auch ein Ergebnis der Beratungen im Jahr 2013 zur Statthaftigkeit von Volksbegehren bei finanzwirksamen Gesetzen, die bis dato dem absoluten Finanzvorbehalt unterlagen. Das war damals in Artikel 99 geregelt. Das ist entfallen, das wurde geändert. Wir haben jetzt einen relativen Finanzvorbehalt. Das erforderliche Quorum für Volksbegehren wurde deutlich abgesenkt. Bis 2013 war ein Fünftel der Stimmberechtigten - das waren 20 Prozent - vorgeschrieben. Heute müssen sich mindestens 7 Prozent der Stimmberechtigten innerhalb von drei Monaten in amtlich ausgelegte Unterstützungsblätter eintragen.

Weiterhin wurde Folgendes geregelt. Wenn der Landtag dem Volksbegehren nicht innerhalb von zwei Monaten entspricht, so ist innerhalb von zwei weiteren Monaten ein Volksentscheid durchzuführen. Es wurde eben angesprochen, die 7 Prozent seien viel zu hoch. 7 Prozent im Vergleich zu 20 ist eine deutliche Absenkung. Es gibt aber Bundesländer, die noch höhere Quoren haben, zum Beispiel 10 Prozent. Selbst unser Nachbarland RheinlandPfalz geht von 300.000 Unterschriften aus; das sind circa 9,7 Prozent. In Sachsen sind es 13,2 Prozent, in Sachsen-Anhalt sind es 9 Prozent. Thüringen hat 8 Prozent. Von daher glaube ich, dass wir mit diesen 7 Prozent eine vernünftige Regelung gefunden haben, die sich im Miteinander der Bundesländer durchaus sehen lassen kann.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Der Volksentscheid - das nächste Instrument - muss durch einen konkreten und begründeten Kostendeckungsvorschlag sowie eine Stellungnahme der Landesregierung begleitet sein. Wird ein einfaches Gesetz im Volksentscheid vorgelegt, kann es durch die Zustimmung von mindestens einem Viertel der Stimmberechtigten beschlossen werden.

Seit 2013 ist es möglich, eine Änderung der Verfassung durch einen Volksentscheid herbeizuführen. Auch das wurde 2013 geändert; bis dato gab es das nicht. Dass dem natürlich gesonderte Quoren entgegenstehen, ist nachvollziehbar. Wir benötigen eine Zweidrittelmehrheit im Landtag, um die Verfassung zu ändern. Es ist festgeschrieben: Für eine Verfassungsänderung im Volksentscheid muss sich mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten an der Abstimmung beteiligen und davon mindestens zwei Drittel der Abstimmenden dem Gesetzentwurf selbst zustimmen. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist eine vernünftige Regelung, die wir vorgenommen haben.

Auch das Volksabstimmungsrecht wurde geändert. Im Gesetz zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes wurde das Verfahren der Volksinitiative eingeführt; ich habe es eben angesprochen. Es sind mindestens 5.000 persönliche und handschriftliche Unterschriften von Stimmberechtigten notwendig und die Unterschriften dürfen nicht älter als sechs Monate sein.

Wie der Antrag auszusehen hat, ist ebenfalls festgeschrieben worden. Er ist schriftlich an den Landtagspräsidenten zu richten und muss genau beschreiben, womit sich der Landtag befassen soll. Mängel können innerhalb eines Monats behoben werden. Der Antragsteller soll vor Entscheidung gehört werden. Eine Ablehnung muss begründet werden und kann vor dem Verfassungsgerichtshof angefochten werden.

Die Unterschriften können bei der Volksinitiative frei gesammelt werden. 5.000 Unterzeichner können also den Landtag dazu zwingen, sich letztendlich mit einer bestimmten politischen Materie zu befassen. Das ist im Vergleich zu anderen Ländern niedrigschwellig. Wir erleben es derzeit. Es gibt eine laufende Volksinitiative zum Thema Grubenwasser.

Für das Volksbegehren und für den Volksentscheid sind amtliche Unterschriftslisten festgeschrieben. Hier setzen die Anträge der Oppositionsfraktionen an. Sie möchten, dass das Erfordernis der amtlichen Sammlung im Volksbegehren aufgehoben wird und dass unter anderem eine freie Sammlung möglich sein soll, weil gesagt wird, die amtliche Sammlung ist eine Behinderung der Bevölkerung.

(Abg. Heib (CDU) )

Wir haben die Volksinitiative, da gibt es die freie Sammlung. Die Volksinitiative zielt darauf ab, dass sich der saarländische Landtag mit politischen Themen befassen soll. Das ist eine reine Befassung, die in den Landtag getragen wird und nicht wie Volksbegehren und Volksentscheid auf Gesetzgebung ausgerichtet sind. Meine Damen und Herren, das ist ein grundsätzlicher Unterschied in der Rechtsqualität des Begehrens, das mit dieser Initiative verfolgt wird.

Die amtliche Sammlung dient der Sicherheit und der Transparenz des Verfahrens. Das wird von Ihnen vollkommen negiert. Es stehen ja auch Interessen dahinter. Die Themen, die Gegenstand eines Volksbegehrens sein können, können weitreichende Folgen für unsere Gesellschaft nach sich ziehen. Ich glaube, das wissen wir alle. Es muss für die Bürger ohne Schwierigkeiten nachvollziehbar sein, dass das Verfahren für diese Initiative und dieses Begehren ordnungsgemäß abgelaufen ist und transparent vonstattenging. Das muss zu jeder Zeit für jeden Einzelnen nachvollziehbar sein und bleiben.

Die amtliche Sammlung gewährleistet und sichert eine Integrität der Sammlung. Das ist sehr wichtig. Wir als politisch arbeitende Menschen können nachvollziehen, dass es eine Auseinandersetzung eines jeden Einzelnen mit dem Anliegen des Volksbegehrens geben muss. Was nützt es, wenn ich einfach im Vorbeigehen mal schnell unterschreibe? Wollen wir das? Wir haben doch ein Gesetzgebungsverfahren, in dem wir uns mit allen Belangen auseinandersetzen. Es gibt Anhörungen, dort hören wir das Für und das Wider. Das machen wir doch nicht aus Jux und Tollerei. Das sind wir der Gesetzgebung und den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes schuldig. Das müssen wir ihnen zugestehen. Es geht nicht, dass man einfach im Vorbeigehen Gesetze durchwinkt oder nicht. Wir verzichten schon einmal auf eine Anhörung, aber dann haben wir es mit klaren Tatbeständen zu tun. Die Regel ist, es gibt eine Anhörung im parlamentarischen Verfahren, in der wir die Auseinandersetzung mit Für und Wider und mit den Folgen einer Gesetzgebung haben. Das hat seinen guten Grund in der repräsentativen Demokratie.

(Beifall von den Koalitionsfraktionen.)

Die amtliche Sammlung trägt auch dazu bei, dass man nicht im Nachhinein darüber streiten muss, ob die Unterschriften richtig gesammelt wurden oder nicht. Was nutzt es uns denn? Es kann in der Konsequenz zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen. Was nutzt es denn, wenn man im Nachhinein darüber streiten muss, ob die frei gesammelten Unterschriften rechtens waren oder nicht? Nutzt das den Interessen des Volksbegehrens, nutzt das den Interessen der Initiatoren an diesem Punkt? Muss ich mich dann eventuell jahrelang gerichtlich darüber auseinandersetzen, ob meine Unterschrif

ten, die ich dort gesammelt habe, rechtens gesammelt wurden? Ich glaube nicht, meine Damen und Herren, dass das im Interesse der Initiatoren ist. Hier geht es für die Initiatoren, genauso wie für alle anderen, darum, dass ein Volksbegehen Rechtssicherheit beinhaltet und auch Schnelligkeit gewährleistet ist. Genau diese Argumente führe ich auch an, wenn Sie ansprechen, dass wir aufgrund der Digitalisierung oder der sozialen Netzwerke mit einem Daumen bei Facebook oder einem Herz bei Instagram in Zukunft die Gesetzgebung auf den Weg bringen. Ich glaube, da sind Sie Ihrer Zeit viel zu sehr voraus. Das kann in einigen Jahren vielleicht die Frage sein, wenn es dann entsprechend sichere Verfahren an der Stelle gibt. Aber derzeit sind das keine Möglichkeiten, um einem Volksbegehren Unterstützung zu geben.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die amtliche Sammlung, meine Damen und Herren, ist bei den Kommunen in guten Händen. Die Kollegin Berg hat das 2013 in der Zweiten Lesung so schön angesprochen, als es um die Notwendigkeit der amtlichen Sammlung ging. Sie hat da ausgeführt, dass die Kommunen heute Dienstleister sind. Ich denke durchaus, dass sich Kommunen als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger verstehen. Ich glaube auch, es ist unseren Kommunen zuzumuten, letztendlich verschiedene Standorte, quasi Anlaufstellen für die interessierten Bürger einzurichten und auch bei den Öffnungszeiten Korrekturen vorzunehmen oder mehrere Möglichkeiten zu bieten. Das kommt auch der Barrierefreiheit bei der einen oder anderen Kommune entgegen. Ich bin überzeugt davon, dass das im Einklang mit unserer Verfassung steht bezüglich der Frage, wie wir mit Volksbegehren und Volksentscheid umgehen. Da können Kommunen entsprechend handeln. Das ändert nichts daran, dass es letztendlich beim Erfordernis der amtlichen Sammlung bleibt.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mit der Verfassungsreform der Großen Koalition in der vergangenen Legislaturperiode ist es uns gemeinsam - CDU und SPD - gelungen, unsere bewährte repräsentative Demokratie um plebiszitäre Elemente zu erweitern und dadurch unsere repräsentative Demokratie zu stärken. Wir haben weitere Möglichkeiten der politischen Partizipation für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land geschaffen und somit den Dialog zwischen Politik und Zivilgesellschaft gestärkt. Dies ist ganz im Sinne der demokratischen Kultur bei uns hier im Land, wie wir sie erleben. Wir haben starke Beteiligungen unserer Bürgerinnen und Bürger an demokratischen oder auch an gesellschaftlichen Prozessen. Saarländerinnen und Saarländer sind stark engagiert in politischen Parteien, in Gewerkschaften, in Kirchen oder auch bei anderen Akteuren der Zivilgesellschaft.

(Abg. Heib (CDU) )

Das, meine Damen und Herren, ist für uns in der Politik vielleicht nicht immer bequem, aber wer will das? Ich will das nicht an der Stelle. Von daher meinen herzlichen Dank an all die Bürgerinnen und Bürger bei uns im Land, die sich einbringen und in politischen und gesellschaftlichen Prozessen engagieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Ich möchte ganz kurz anmerken: Es gibt ja die Aufstellung von „Mehr Demokratie“ zu den einzelnen Volksbegehren, die wir in der ganzen Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten hatten. Ich könnte Ihnen viele Beispiele zeigen, wo es trotz freier Sammlung, trotz Bürgereintrag - gegen den ich schon meine rechtlichen Bedenken habe - nicht dazu kam, dass ein Volksbegehren erfolgreich war. Auch in Hamburg gab es ein Volksbegehren zum Thema G9. Auch dieses Verfahren ist gescheitert, und dort gibt es die freie Sammlung. Zu sagen, dass diese Erfordernisse letztlich dazu führten, dass es nicht zu einem Gelingen eines Volksbegehrens kommt, ist zu weit gegriffen. Manchmal muss man sich vielleicht auch einmal fragen, ob es an den Themen liegt, dass das vielleicht nicht die Themen sind, die unsere Bürgerinnen und Bürger so bewegen, dass man dort ein Volksbegehren unterschreibt.

Zum Thema G9-jetzt!, das die Elterninitiative verfolgt hat: Die Große Koalition hat doch schon längst erkannt, dass das ein Thema ist. Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass es eine Expertenkommission gibt, die sich mit diesem Thema auseinandersetzt. Diese Expertenkommission ist berufen, von daher kann sich die saarländische Bevölkerung sicher sein - und dessen ist sie sich, denke ich, auch sicher -, dass die Große Koalition, dass die Landesregierung sich mit diesem Thema intensiv befassen wird und dass es dazu keines Volksbegehrens bedurfte.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Lassen Sie mich abschließend zusammenfassen: Ich bin davon überzeugt, dass dieses Engagement der Bürgerinnen und Bürger, das ich eben angesprochen habe, gerade durch die Akzeptanz unserer repräsentativen Demokratie, wie wir sie leben, gewachsen ist. Wir stimmen heute weder dem Gesetzesantrag der DIE LINKE-Landtagsfraktion noch dem Sachantrag der AfD zu. Unsere Verfassung, meine Damen und Herren, ist so, wie sie sich aktuell darstellt, meines Erachtens eine gute Grundlage, um die repräsentative Demokratie und plebiszitäre Entscheidungsformen in Übereinstimmung zu bringen. Vielen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die SPD-Landtagsfraktion Frau Abgeordnete Elke Eder-Hippler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das heutige Thema Volksbegehren ist im Artikel 99 der saarländischen Verfassung geregelt. Da steht zum Beispiel eindeutig: Ziel eines Volksbegehrens ist es, Gesetze zu erlassen, zu ändern oder aufzuheben. Grundlage hierfür muss ein ausgearbeiteter und mit Gründen versehender Gesetzentwurf sein. Das Volksbegehren ist einzuleiten, wenn 5.000 Stimmberechtigte es beantragen, und zwar in freier Unterschriftensammlung. Es ist dann zustande gekommen, wenn es durch Eintragung in amtlich ausgelegten Unterstützungsblättern von mindestens sieben Prozent der Stimmberechtigten innerhalb von drei Monaten unterstützt wird. Entspricht der Landtag binnen zwei Monaten dem Volksbegehren nicht, so ist innerhalb von weiteren zwei Monaten ein Volksentscheid herbeizuführen. Das Gesetz ist durch Volksentscheid beschlossen, wenn ihm die Mehrheit derjenigen, die eine gültige Stimme abgegeben haben, jedoch mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten, zustimmt.

Jetzt haben wir den Antrag der Fraktion DIE LINKE, der da lapidar lautet: „Artikel 99 wird wie folgt geändert: In Absatz 2 Satz 3 werden die Wörter ,durch Eintragung in amtlich ausgelegten Unterstützungsblättern‘ gestrichen.“ Begründet hat das die Fraktion wie folgt: „Mit der vorliegenden Änderung werden die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um - ähnlich wie in den meisten anderen Bundesländern bereits geschehen - auch im Saarland die Möglichkeit der freien Sammlung von Unterstützungsunterschriften für ein Volksbegehren einzuführen.“ Wenn wir uns anschauen, wie es in der Republik ausschaut, stellen wir fest, tatsächlich, 12 von 16 Bundesländern haben inzwischen eine freie Unterschriftensammlung oder die freie Unterschriftensammlung und die Amtseintragung. Was allerdings nicht im Antrag der Fraktion DIE LINKE steht: Diese Länder haben fast durchgängig ein höheres Quorum als wir. Diejenigen, die sowohl die freie Unterschriftensammlung als auch die Amtseintragung anbieten, unterscheiden dabei oftmals noch beim Quorum. Das liegt in der Regel beim freien Unterschriftensammeln um einiges höher als bei der Amtseintragung. Wollen Sie das wirklich? Oder ist es nicht besser, beim derzeitigen Verfahren und den derzeitigen Quoren zu bleiben? Es geht ja beim Volksbegehren letztlich darum, dass am Ende ein Gesetz stehen soll. Das haben wir ja schon mehrfach erwähnt. Darum sollte schon sichergestellt sein, dass niemand so nebenbei beim Einkaufen eine Unterschrift leistet,

(Abg. Heib (CDU) )

ohne hinterher zu wissen, was genau er da unterschrieben hat.

Genau das gewährleistet die Amtseintragung. Sie haben den Gesetzestext, der der Abstimmung zugrunde liegt, vorliegen und können auf dem Unterstützungsblatt Ihre Unterschrift leisten. Vielleicht war das auch für den einen oder anderen genau der Grund, warum er dieses Volksbegehren nicht unterstützt hat, weil er sich nämlich bewusst war, er unterschreibt nicht nur für die Überschrift „Zurück zum G9“, sondern er unterschreibt für einen ganz bestimmten Gesetzestext, und der hat ihm vielleicht nicht so zugesagt. Vielen war dies vielleicht nicht bewusst. Sie wollten für das G9 unterschreiben, aber dass sie da nicht nur für die Überschrift „Zurück zum G9“ unterschreiben, sondern für das Gesetz in der vorliegenden Form, wie die Initiatoren es eingebracht haben, war manchem so nicht bewusst. Und unter denjenigen, denen es bewusst war, waren welche, die sagten, „Zurück zum G9“ unterstütze ich schon, aber nicht in dieser Form. Genau deswegen haben sie die Unterschrift nicht im Rathaus geleistet.

In § 8 des Saarländischen Volksabstimmungsgesetzes steht: „Die Gemeinden sind verpflichtet, die Unterstützungsblätter für die Dauer der Unterstützungsfrist zum persönlichen und handschriftlichen Eintrag der Unterstützung bereitzuhalten.“ Und jetzt kommt es: „Die Eintragungsräume und Eintragungszeiten sind so zu bestimmen, dass jeder Eintragungsberechtigte ausreichend Gelegenheit hat, sich an dem Volksbegehren zu beteiligen.“

Es kann einem natürlich so passieren, wie mir das jemand erzählt hat, der gesagt hat: „Eigentlich wollte ich ja meine Unterschrift leisten, aber immer, wenn ich daran gedacht habe, war das Rathaus zu.“ - Da habe ich gefragt: „Ja, wann war das denn?“ - Antwort: „Abends oder am Wochenende.“ - Na ja, gut. Ich habe dann weiter gefragt: „Wieso hast du nur am Abend oder am Wochenende daran gedacht? Dann war dir das Anliegen vielleicht doch nicht so wichtig, dass du es nicht geschafft hast, innerhalb von drei Monaten einmal während der Öffnungszeiten im Rathaus zu erscheinen.“ - Da hat er gemeint: „Na ja, vielleicht war es wirklich so. Vielleicht war es mir wirklich einfach nicht wichtig genug.“

Zur Briefeintragung ist schließlich anzumerken, dass auch die nicht ohne eigenes Zutun und eigene Initiative erfolgt. Sie fällt nicht einfach so vom Himmel. Wer die Briefeintragung mit der Briefwahl vergleichen will, muss dabei beachten, dass die Briefwahl demjenigen offen steht, der an einem einzigen Tag dem Wahltag - nicht ins Wahllokal gehen kann. Beim Volksbegehren reden wir aber über einen Zeitraum von drei Monaten. Man hat ein Vierteljahr Zeit, ins Rathaus zu gehen, während es geöffnet ist. Wer das nicht schafft, dem ist es wirklich nicht wichtig genug.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Noch einmal: Beim Volksbegehren beziehungsweise dem Volksentscheid besteht eben der fundamentale Unterschied zu anderen Formen der Bürgerbeteiligung darin, dass die Initiatoren und Unterstützer eine dem Parlamentsgesetzgeber vergleichbare Funktion einnehmen. Daher ist die deutliche Unterscheidung zwischen der Volksinitiative und dem Volksbegehren notwendig und gerechtfertigt. Volksbegehren und Volksentscheid verlangen als direktdemokratische Verfahren ein ausreichendes Legitimationsniveau.

Meine Damen und Herren, es wird Sie nicht verwundern, dass die SPD-Fraktion dem Antrag der Fraktion DIE LINKE nicht zustimmen wird. Mit dem Antrag der AfD - gestehe ich ehrlich - habe ich wenig anfangen können. Er beschränkt sich unter der Überschrift „Bürgerbeteiligung stärken“ darauf, die Regierung aufzufordern - ich darf zitieren -, „das hier erkennbar gewordene Anliegen der Bürger aufzunehmen und Schritte zur Wiedereinführung des G9 auch im Saarland zu unternehmen“. Wollten Sie jetzt eigentlich einen Antrag zur Bürgerbeteiligung stellen und haben dabei unterwegs Ihr Anliegen vergessen oder wollten Sie hier eine bildungspolitische Diskussion anstoßen? - Es geht doch nichts über klare Aussagen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Das Wort hat für die Fraktion DIE LINKE Herr Fraktionsvorsitzender Oskar Lafontaine.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wussten ja im Vorhinein, dass Sie diesen Anträgen nicht zustimmen würden. Ich dachte, Sie wären vielleicht bereit, sie in den Ausschuss zu überweisen und darüber zu debattieren, aber wie auch immer. Da ich nicht so viele Zuarbeiter habe wie Sie, höre ich hier aufmerksam zu und kann auf Ihre Argumente eingehen. Das will ich gerne tun. Zwei Argumente sind hier -

(Zuruf des Abgeordneten Hans (CDU).)

Das war eine ironische Bemerkung, falls Sie es nicht verstanden haben. Drehen Sie es mal Ihren Wortmeldezettel um und kucken, was hinten drauf steht, dann verstehen Sie vielleicht, was ich sagen wollte. Nun will ich auf zwei Argumente eingehen, die Sie hier vorgetragen haben. Es ist ja klar: Es geht hier nicht um die Frage, Volksentscheid, Volksbegehren, ja oder nein, sondern um das Verfahren. Sie haben dazu Stellung genommen. Die Argumente, die Sie vorgetragen haben, sind auch teilweise richtig, sind nicht zu widerlegen.

(Abg. Eder-Hippler (SPD) )

Nur haben Sie eben hier - ich beginne mit Ihnen, Frau Kollegin Heib - zwei Dinge gesagt, die zumindest einmal aufgerufen werden müssen. Einmal haben Sie gesagt, es geht um Sicherheit und Transparenz. Selbstverständlich geht es darum. Keiner hat hier dafür geworben, ein Verfahren konstituieren zu wollen, in dem jeder mal pfuschen oder was weiß ich machen kann. Natürlich muss eine klare Entscheidung da sein, die muss transparent sein, da sind wir einig. Das Argument können wir abhaken.

Aber es war nun doch bezeichnend, dass Sie gesagt haben, es gehe hier um Gesetzesverfahren, da muss doch die ordentliche Sachkenntnis her. - Frau Kollegin Heib, wenn Sie mir gerade Ihr Ohr leihen würden, sonst hat es keinen Sinn, dass wir auf die Argumente eingehen.

(Zuruf der Abgeordneten Heib (CDU).)

Da sind Sie doch aufs Glatteis gegangen, denn wenn Sie hier wirklich unterstellen wollen, in den Parlamenten würden die Entscheidungen stets so getroffen, dass alle Beteiligten eine fundamentale Sachkenntnis haben über das, worüber sie gerade abstimmen, dann sind Sie bis jetzt in anderen Parlamenten gewesen, als ich es war. Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Als die Europäischen Verträge im Bundestag abgestimmt wurden, da war es geradezu peinlich, wie in wesentlichen Entscheidungen, die in vielen Fragen wirklich die Bevölkerung betreffen, die Abgeordneten schlicht und einfach nicht wussten, worum es überhaupt ging. Das ist ja im Fernsehen dokumentiert worden. Bitte schminken Sie sich diese Hybris gegenüber Leuten ab wie etwa den Initiatoren von G9, die in manchen Fragen besser Bescheid wissen als einige, die hier sitzen.

(Beifall von der LINKEN.)