Protokoll der Sitzung vom 07.02.2018

Die Neufassung des Élysée-Vertrages ist auch als Chance für unser Bundesland, für das Saarland, zu sehen, als eine konkrete Chance. Ich glaube, wir sind uns einig, das ist ja auch in der Debatte so angeklungen, dass die Frankreichstrategie als Leitlinie der Landespolitik nun noch eine stärkere Thermik bekommt, noch mehr Chancen mit sich bringt, weil das deutsch-französische Verhältnis eine Renaissance erlebt. Diese Strategie ist eine Leitlinie, sie bedeutet aber auch konkrete Politik im Alltag. Wir sollten in unseren gemeinsamen Ambitionen nun

(Minister Toscani)

auch nicht nachlassen. Deshalb arbeiten wir daran, die Frankreichstrategie in zwei Richtungen weiterzuentwickeln.

Zum einen soll sie im Bereich der Wirtschaft ausgebaut werden. Ich freue mich sehr, dass wichtige Wirtschaftsorganisationen unseres Landes das ebenso sehen und sich verstärkt einbringen wollen. Am 22. Januar hatten wir in der Staatskanzlei eine Table ronde, zu der vor allem Wirtschaftsvertreter eingeladen waren. Sie haben Probleme, die sie sehen, ganz offen benannt, haben aber auch gesagt: Jawohl, wir wollen mitarbeiten, das ist der richtige Weg. Wir wollen gemeinsam mit der Landespolitik, gemeinsam mit Parlament und Landesregierung, diese Frankreichstrategie in Richtung Wirtschaft fortentwickeln.

Zum anderen soll die Frankreichstrategie beim Thema Partizipation der Bürger weiterentwickelt werden. Wir haben, als wir die Frankreichstrategie formuliert haben, ein Jahr vorgeschaltet, in dem es eine breite Diskussion mit Verbänden, Institutionen, Universitäten, Kammern unseres Landes, aber auch mit den Bürgerinnen und Bürgern gab. Auch die Bürgerinnen und Bürger konnten sich beteiligen. Wir haben für unsere Frankreichstrategie zum Glück einen sehr hohen Rückhalt in der Bevölkerung. In der einen Umfrage sind es mal 65 Prozent, in der anderen sind es 70 Prozent, man kann aber sagen, dass eine große Mehrheit der Saarländerinnen und Saarländer die Frankreichstrategie richtig findet und dahintersteht. Nun kommt es darauf an, den Wunsch vieler Bürgerinnen und Bürger, noch mehr und besser informiert zu werden, in die Tat umzusetzen. Wir müssen also dieses Thema zu einem Bürgerprojekt machen, mit dem wir auch künftig die Chance eröffnen, sich zu informieren, sich aber auch einzubringen. Neben der Vertiefung in wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet dieser Ansatz, die Menschen mitzunehmen und ihnen die Chance zu geben, sich zu beteiligen, eine weitere Neuausrichtung und Fortentwicklung der Frankreichstrategie, an der wir zurzeit arbeiten.

Damit kommen wir zum Thema Sprachenlernen. Hier haben wir das große Ziel, in einer Generation das erste zweisprachige Bundesland der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Wir sind in den zurückliegenden Jahren, was die Kindergärten angeht, was das Sprachenlernen in der Grundschule angeht, ein Stück vorangekommen. Man muss aber auch ganz ehrlich sagen, dass das bescheidene Fortschritte waren. Das waren keine großen Sprünge, das waren bescheidene Fortschritte. Jeder weiß, dass wir Haushaltskonsolidierungsland sind. Jeder weiß, dass wir bis zum Jahr 2020 noch einen beachtlichen Weg zurücklegen müssen. Ab dem Jahr 2020 eröffnen sich aber auch finanziell neue Spielräume. Dann wird es darauf ankommen, ob wir es

schaffen, einen Teil dieser neuen Spielräume zu nutzen, um - hier schaue ich in Richtung des Bildungsministers - beim Thema Sprachenlernen auch die notwendigen zusätzlichen finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, das ist der Anspruch, den wir alle gemeinsam, Regierung und Parlament, an uns haben sollten, wenn wir ab dem Jahr 2020 die nächsten konkreten Schritte beim Thema Sprachenlernen und bei der Frankreichstrategie gehen wollen. Prinzipiell haben wir dann die Spielräume, es wird darauf ankommen, den politischen Willen und die politische Kraft zu haben, die Frankreichstrategie auch in Richtung Sprachenlernen zu konkretisieren. Das ist, wie ich meine, insgesamt betrachtet der richtige Weg, ein zukunftsweisender Weg, um unser Land im Konzert der Bundesländer als das deutsche Bundesland mit der höchsten Frankreich- und Europakompetenz positiv zu positionieren.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir müssen aber keineswegs bis zum Jahr 2020 warten, denn die Frankreichstrategie bedeutet ja mehr als nur Sprachen zu lernen. Sie bedeutet im besten Sinne, dass wir im Saarland Brücke zwischen Deutschland und Frankreich sein wollen, in politischer, kultureller, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Dazu gibt es spannende Projekte und Themen. Emmanuel Macron hat in seiner berühmten Rede an der Sorbonne gesagt, dass wir mehr echte europäische Universitäten brauchen. Wo, wenn nicht bei uns, gibt es die beste Chance dafür? Wir haben die Universität der Großregion, einen Verbund von sechs Hochschulen in vier Ländern mit 120.000 Studenten, bei der auch unsere Universität als wichtiger Partner beteiligt ist. Der Sitz der Universität der Großregion ist in Saarbrücken, in der Villa Europa. Diese Universität der Großregion kann ein Nukleus sein, wenn es dann echte europäische Hochschulen geben soll. Wir können sagen: Ja, hier bei uns ist es möglich, wenn man es europäisch umsetzen will. Das ist eine echte, eine konkrete Chance für unser Bundesland!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir haben seit Kurzem das deutsch-französische Testfeld für autonomes Fahren, und es gibt weitere konkrete Ideen und Projekte. Im Europäischen Jahr des Kulturerbes warten wir mit einem Projekt auf, das europaweit Furore machen kann. Dieses Projekt, das Kollege Commerçon in seinem Ministerium entwickelt hat, zeigt unsere Rolle als Brücke zwischen Deutschland und Frankreich in der Architektur, sozusagen in der Kulturpolitik, in der kulturellen Rolle, die wir einnehmen können. Das ist ein weiteres konkretes Projekt im deutsch-französischen Kontext, mit dem wir als Saarland punkten können.

(Minister Toscani)

Ich nenne einen weiteren, ganz anderen Bereich. Die Zukunft liegt auch im Feld der künstlichen Intelligenz. Wenn unsere beiden Regierungen jetzt darüber nachdenken, ein deutsch-französisches Kompetenzzentrum im Bereich der künstlichen Intelligenz zu schaffen, dann sind wir Saarländer doch die Ersten, die sagen: Wo kann das angesiedelt werden, wenn nicht bei uns an der deutsch-französischen Grenze, dort, wo es schon ein deutsches Forschungsinstitut für künstliche Intelligenz gibt? Wo, wenn nicht bei uns, kann man eine solche deutschfranzösische Forschungseinrichtung am besten aufbauen? Das sind Chancen, die ich meine, konkrete Chancen, die wir haben, die wir gemeinsam nutzen wollen zum Wohle unseres Landes.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Merci beaucoup, monsieur le ministre.

(Heiterkeit.)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/247. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? Ich stelle fest, dass der Antrag mehrheitlich angenommen worden ist. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen und die DIE LINKE-Landtagsfraktion, dagegen gestimmt hat die AfD-Landtagsfraktion.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu Punkt 6 der Tagesordnung:

Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Sachgrundlose Befristungen und Dauerbefristungen innerhalb der Landesverwaltung beenden (Drucksache 16/242)

Zur Begründung des Antrages erteile ich Herrn Abgeordneten Jochen Flackus das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Thema befristete Beschäftigungen und vor allem auch sachgrundlos befristete Beschäftigungen sind wir ja quasi heute auf der Höhe der Zeit, denn der Koalitionsvertrag - die SPD hatte das ja zu einem wichtigen Punkt in den Koalitionsverhandlungen in Berlin gemacht - sieht wohl eine Regelung vor, die den aktuellen Status verbessert. Es soll wohl eine Stufenregelung sein, wenn ich das in der Kürze der Zeit richtig gelesen habe. Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn es an dieser Stelle eine Entlastung gibt.

Gleichwohl bleiben wir dabei, deshalb auch heute unser Antrag: Befristete Beschäftigungsverhältnisse und vor allem sachgrundlos befristete Beschäftigungsverhältnisse sind ein großer Teil der „prekären“ Arbeitsmarktpolitik, die wir seit Jahren in Deutschland beobachten. Dazu gehören die EinEuro-Jobs, dazu gehören Minijobs, aber dazu gehören auch befristete Beschäftigungsverhältnisse. Die sind ein Riesenproblem, deshalb lehnen wir die ab!

(Beifall von der LINKEN.)

Und wenn wir uns die Statistiken ankucken - deshalb sind wir ja auch heute im Landtag mit diesem Thema beschäftigt -, dann ist der öffentliche Dienst bei diesen befristeten Beschäftigungsverhältnissen ein Problem. Der öffentliche Dienst ist mittlerweile überproportional beteiligt. Man muss fairerweise dazusagen, dass das mit den Universitäten zu tun hat, die natürlich viele befristete Beschäftigungsverhältnisse haben, aber es hat, dazu werden wir später noch kommen, auch etwas damit zu tun, dass in den öffentlichen Verwaltungen von diesem Instrument reger Gebrauch gemacht wird. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, glaube ich, dass auch wir eine Verantwortung haben, nicht nur die Landesregierung. Deshalb sollten wir uns hier heute positionieren.

Es gibt auch eine rege öffentliche Diskussion, es hat sie auch in den Medien gegeben. Wir haben ja eine Anfrage zu diesem Thema gestellt, die wesentlichen Punkte daraus werde ich gleich noch mal vorstellen. Also es gibt diese Diskussion, und aus gutem Grund. Ich will aus unserer Sicht drei wichtige Gründe nennen, warum wir auch hier im Landtag diese Diskussion führen wollen. Erstens: Befristung ist leider nicht die Ausnahme, sondern wird immer mehr zum Regelfall. Es gibt eine Untersuchung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die mittlerweile eine Quote von 7,4 Prozent quer über alle Branchen ermittelt hat. Also 7,4 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse sind auf Zeit abgeschlossen. Da wird auch das Problem des öffentlichen Dienstes deutlich: Im Bereich Erziehung und Unterricht, Herr Bildungsminister, sind es 16 Prozent. 16 Prozent der dortigen Beschäftigungsverhältnisse sind befristet. Wenn man dagegen das verarbeitende Gewerbe sieht - die Industrie wird ja wegen der Arbeitsmarktpolitik auch oft gescholten -, liegt diese Quote bei 4,2 Prozent, also wesentlich niedriger. Das Dramatische an diesen Zahlen ist: 50 Prozent dieser befristeten Beschäftigungsverhältnisse sind sachgrundlos befristet. Das ist aus unserer Sicht nicht akzeptabel.

Der zweite Grund, warum wir das Thema heute hier auf die Tagesordnung gesetzt haben, ist, dass vor allem junge Menschen und Berufsanfänger davon betroffen sind. Auch hierzu eine Zahl aus der erwähnten Studie: 20 Prozent der 15- bis 24-Jährigen

(Minister Toscani)

haben befristete Verträge. Insgesamt sind das mittlerweile in Deutschland 3 Millionen Arbeitsverträge. Ich hoffe, da sind wir uns einig, das geht gar nicht. Gerade Berufsanfänger und junge Menschen brauchen eine Perspektive. Deswegen ist es der schlechteste Weg, Ihnen befristete Arbeitsverträge zu geben.

(Beifall von der LINKEN.)

Damit bin ich beim dritten Punkt, Herr Wegner. Das ist einfach so, das muss man sich an dieser Stelle auch mal anhören. Diese Befristung gerade bei jungen Menschen stört ja deren Lebensplanung. Ich brauche es hier im Saarland nicht zu sagen, viele junge Menschen wollen eine Familie gründen, ein Haus bauen und alles was dazugehört. Da ist das Einkommen das eine; wenn ich einen befristeten Arbeitsvertrag habe, werde ich wohl kaum ein Darlehen bekommen. Aber es betrifft auch den beruflichen Aufstieg. Wir wissen aus den Studien, dass viele befristete Arbeitsverhältnisse vom beruflichen Aufstieg ausgeschlossen sind. Ich kucke in Richtung der Gewerkschaftsriege im Landtag: Diese Menschen sind leider häufig auch von Fort- und Weiterbildung in den Betrieben ausgeschlossen, weil sie eben nur befristete Arbeitsverhältnisse haben und man sagt, diese Investition lohnt sich für das Unternehmen nicht.

Dahinter steht aus meiner Sicht eine Unterströmung, die man nicht übersehen darf. Man schätzt das Talent und die Motivation dieser jungen Leute gering. Im Grunde genommen ist das vor dem Hintergrund der Facharbeiterlücke, die wir ja auch im öffentlichen Dienst haben, unverantwortlich. Wir diskutieren ja auch im öffentlichen Dienst, dass wir viel zu wenig junge qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben. Diese Facharbeiterlücke ist auch im öffentlichen Dienst vorhanden. Deshalb ist es falsch, so eine Arbeitsmarktpolitik auch in der öffentlichen Verwaltung zu machen.

Ich möchte aus der ZEIT zitieren, wenn ich darf. Die ZEIT hat das kürzlich untersucht. Sie hat als Fazit geschrieben: Mitarbeiter ohne Not in Zeitverträgen zappeln zu lassen, ist ein Armutszeugnis für jeden Arbeitgeber. - Das will ich nachdrücklich unterstreichen.

(Beifall von der LINKEN.)

Dann komme ich zu uns und zur Landesregierung des Saarlandes. Wir haben im Juli Zahlen bekommen aufgrund einer Anfrage, die ich zu den befristeten Beschäftigungsverhältnissen im Landesdienst gestellt hatte. Das sieht eben auch nicht so toll aus. Die Ergebnisse sind kein Ruhmesblatt für diese Landesregierung. Erstens ist seit 2008 ein ständiger Anstieg bei den befristeten Beschäftigungsverhältnissen zu konstatieren, ganz besonders auch bei den sachgrundlos befristeten. Ich nenne nur die Zahl von

2016. Insgesamt gab es 2016 505 befristete Verträge, davon waren sage und schreibe 210 sachgrundlos befristet, also 42 Prozent. Beim Bildungsministerium waren es 40 Prozent, im Umweltministerium 55 Prozent, in der Justiz 50 Prozent, und auch in der Staatskanzlei waren 50 Prozent der Verträge sachgrundlos befristet. Wie gesagt, das ist kein Ruhmesblatt. Es wird öffentlich gesagt, das sei aufgrund der Flüchtlingskrise passiert. Aber wenn die Flüchtlingskrise der Grund gewesen wäre, wäre das ja ein Sachgrund gewesen, dann hätte man keine sachgrundlose Befristung machen müssen. Das ist also ein Argument, das aus meiner Sicht völlig ins Leere geht.

(Beifall von der LINKEN.)

Eines kann ich mir nicht verkneifen. Der Fraktionsvorsitzende der SPD ist leider nicht da, er hat öffentlich gesagt: Herr Flackus macht das nur, um einen Keil in die SPD zu treiben. Mit Verlaub, ich habe mir diese Zahlen nicht ausgedacht. Ich bitte Sie, das intern mit Ihren Ministern in der SPD zu regeln. Ich habe einfach nur die Zahlen öffentlich gemacht, ich glaube, das ist meine Aufgabe als Oppositionsabgeordneter.

(Beifall bei der LINKEN.)

Was können wir jetzt machen? Die Ministerpräsidentin, die begründet heute nicht hier ist, hat in der Bild am Sonntag gesagt - ich darf daraus zitieren -: Wo gibt es so viele sachgrundlose Befristungen? Gerade im öffentlichen Dienst. Bevor wir mit dem Finger auf andere zeigen, sollten wir also selbst mit gutem Beispiel vorangehen. - Das hat die Ministerpräsidentin in der Bild am Sonntag gesagt.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich würde mir an dieser Stelle Beifall auch von der anderen Seite wünschen. - Deshalb mein freundlicher Appell an Sie: Mit der Zustimmung zu unserem heutigen Antrag, dass diese Politik beendet wird und die befristeten Beschäftigungsverhältnisse in endgültige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden, könnten Sie Ihre Glaubwürdigkeit in dieser Frage nachdrücklich unterstreichen. - Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der LINKEN.)

Danke, Herr Kollege Flackus. Ich eröffne die Aussprache. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Eugen Roth für die SPD-Landtagsfraktion.

Meine sehr verehrten Damen und Herren. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich beziehe mich zunächst auf den Vortrag des Kollegen Flackus. Wir sind der

(Abg. Flackus (DIE LINKE) )

Auffassung, dass der Antrag zwar ein richtiges Problem aufgreift, alleine schon mit Blick auf die Untersuchung und die Zahlen, die herausgekommen sind, wir werden dem Antrag jedoch nicht zustimmen können. Zum einen weil das am Ende die Achse zu sehr auf den öffentlichen Dienst verlegt. Zum anderen weil die befristeten Verhältnisse nicht einfach pauschal angegangen werden können, gerade weil das im öffentlichen Dienst mangels entsprechender Finanzdeckung nicht immer automatisch zur Überführung in ein festes Arbeitsverhältnis, sondern teilweise zur ersatzlosen Beendigung der Befristung und damit des Arbeitsverhältnisses führen könnte. Das ist eine sehr schwierige Situation, wenngleich ich nicht verhehle, dass ich für die Analyse, die gestellt wurde, sehr viel Sympathie hege.

Vielleicht ein Wort zu dem, was in Berlin passiert ist. Wir sind alle noch gespannt und wissen, dass darum gerungen worden ist, wir kennen auch die differenzierten Positionen zwischen CDU und SPD, speziell was dieses Thema betrifft. Was nicht darauf zurückzuführen ist, dass hier und dort böse Menschen sitzen, sondern damit zu tun hat, dass es einfach unterschiedliche Analysen zu dem Thema gibt. Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, möchte ich deshalb aus einer Pressemitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zitieren. Wer sie nachlesen will, die Pressemitteilung heißt „Koalitionsvereinbarung: Gewerkschaften sehen Stärken und Schwächen“ des Vorsitzenden Reiner Hoffmann: „Die sachgrundlose Befristung sei zwar nicht, wie von den Gewerkschaften gefordert, abgeschafft worden, sagte Hoffmann, ‚aber das Ergebnis ist eine wichtige strukturelle Verbesserung - und eine, die gegen den erbitterten Widerstand der Union durchgesetzt wurde‘.“ - Das ist jetzt kein Vorwurf an die Kollegen der befreundeten Fraktion, sondern ich habe das selbst erlebt. KarlJosef Laumann war vor rund einem Jahr beim Deutschen Gewerkschaftsbund im Bundesausschuss und hat dort ganz offen die Thematik gegen den kompletten Bundesausschuss des Deutschen Gewerkschaftsbundes verteidigt. Es ging um die Privatwirtschaft und die Verlagerungstendenzen in die Zeit- und Leiharbeit. Das spielt in der Privatwirtschaft natürlich eine viel größere Rolle.

Man muss das Thema Befristung sortieren. Befristung ist ein Megathema: Sachgrundlos, sachbegründete Befristung, Zeit- und Leiharbeit sind davon noch einmal getrennt zu sehen, gleichzeitig gibt es Überschneidungslinien. Langer Rede kurzer Sinn, das war jetzt nichts, was unter der Decke zu einem großen Zerwürfnis führt, sondern das ist eine Debatte, die wir führen. Ich könnte es mir einfach machen und mich an die CDA halten. Ich weiß aber, auch das wird in der Union diskutiert, genauso wie die Dinge der AfA innerhalb der SPD diskutiert werden. All das ist Normalität.

Wir müssen uns dieses Problem in der gesamten Dimension vergegenwärtigen. Gehen Sie davon aus, lieber Kollege Flackus, wir haben sogar untereinander in der Sache gestritten, mein Freund Hans Peter Kurtz und ich. Ich habe gesagt: Wir müssen an den öffentlichen Dienst ran, dort haben wir die Direktionsmacht. Er hat gesagt: Lass dir doch nicht diese Nebelkerzen auf den Tisch stellen, es geht darum, dass das in der Dimension im Wesentlichen in der Privatwirtschaft abläuft.