Ich kenne die AfD eigentlich nur so, dass sie bei grenzüberschreitenden Maßnahmen eher passiv ist. Das ist meine Wahrnehmung. Die muss nicht richtig sein. In dem Fall geht das in die richtige Richtung. Das Thema, das aufgegriffen wurde, ist hoch spannend. Aber es ist komplexer, als es auf den ersten Blick aussieht.
heute einem Antrag mit dieser engen Bindung zustimmen. Ihr sagt: Macht ernst, legt die Planungen bis Ende 2018 vor und stellt die Finanzmittel bereit. Das wäre wünschenswert, aber das geht so nicht. Das ist unrealistisch. Deswegen am Ende noch einmal ein paar Takte zu möglichen Finanzierungsperspektiven solcher Großprojekte.
Zunächst einmal glaube ich, wir sollten die Dinge nicht so schlecht oder nur sektoral sehen. Wir müssen auf eine Gesamtkonzeption achten. Da ist auch in der Vergangenheit schon einiges passiert. Es ist nicht so, als ob da nichts wäre, im Gegenteil. Ich erwähne nur einmal stellvertretend vier Großprojekte, die man sozusagen als gegeben nimmt und nicht mehr wahrnimmt.
Da ist zum einen der Ausbau der Bundesautobahn 8 nach Luxemburg mit Pellinger Tunnel und allem Drum und Dran. Das ist eine richtige Großmaßnahme. Helma Kuhn-Theis kennt die Story von damals noch und weiß, dass das alles nicht einfach so mit einem Fingerschnippen gekommen ist. Wir haben weiter die Schnellzugverbindung nach Paris über Saarbrücken, 1 Stunde und 50 Minuten von Saarbrücken Hauptbahnhof zum Gare de l'Est. Wir müssen darum kämpfen, dass das möglichst bleibt und auch ertüchtigt wird. Wir haben die ÖPNV-Netze nach Luxemburg, die gut angenommen werden, gerade auch die Busstrecke. Man mag sich das vielleicht als eingefleischter Autofahrer nicht vorstellen, aber ich sehe die Busse da unten oft. Die fahren ja unweit vom Deutschen Gewerkschaftsbund ab. „Emile Weber“ steht drauf. Die sind in der Regel sehr gut besetzt. Das heißt, das wird angenommen. Wir haben das Gleiche natürlich auch - da mache ich schon den ersten Schlenker - im westpfälzischlothringischen Raum. Den darf man nicht so ganz vergessen, vor allen Dingen in diesen Fragen nicht die Partner aus Rheinland-Pfalz. Oftmals bezeichnen wir sie im Spaß als Konkurrenten, wir müssen aber bedenken, dass wir in diesem Spiel als Deutsche gesehen werden und nicht als Saarländer und Rheinland-Pfälzer. Als Viertes möchte ich die Ertüchtigung der Güdinger Schleuse erwähnen, eine Maßnahme, die gerade in diesem Jahr umgesetzt wurde. All dies sind keine kleinen, sondern große Beispiele.
Seit Jahren wird im Interregionalen Parlamentarierrat, in dem die Parlamente unserer fünf Teilregionen vertreten sind, um dieses Thema gekämpft. Es werden Resolutionen verfasst. Ich erinnere beispielhaft an das, was in der Kommission 3 läuft. Isolde Ries, die im Moment nicht da ist, macht dort richtig Wirbel, beispielsweise beim Thema Ausbau der Moselschleusen, die für uns wegen der Stahlindustrie eine sehr große Bedeutung haben. Ich mache einen Sprung zum ungehinderten grenzüberschreitenden Taxiverkehr. Ich erwähne den reibungslosen Notret
tungsdienst, die Grenzüberschreitung mit Rettungswagen. All dies war bislang kein Alltag. Ich weise auf die bevorstehende Flughafenkonferenz hin. Kollege Hecker hat dieses Thema ebenfalls schon angesprochen. Diese Konferenz findet am 26. Oktober dieses Jahres statt, wahrscheinlich in Luxemburg. Lieber Hans Peter Kurtz, ich darf auch an die umfassende Verkehrskonzeption des Wirtschafts- und Sozialausschusses der Großregion erinnern. Ich glaube, das war unter deiner Präsidentschaft. Dr. Matthias Schwalbach, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer in Trier, und dieses Beratungsgremium, in dem ich Mitglied bin, haben eine umfassende Konzeption für die Teilbereiche Schiene, Straße, Luft und Wasser erarbeitet. Diese wurde quasi zustimmend übernommen. Insofern könnte ich sagen, dass wir bereits eine Beschlussvorlage haben. Das wäre nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig, denn der IPR ist leider nur ein rein beratendes Gremium. Im Grunde ist also in der Großregion schon politische Einigkeit hergestellt.
Das ist auch das Petitum des ersten Abschnittes meiner Argumentation: Es fehlt nicht an guten Ideen und Konzepten, aber nach meiner und unserer Ansicht verbietet es sich bei der Größe, in der hier gedacht wird - wobei es ja gut ist, dass überhaupt einmal darüber nachgedacht wird -, so etwas nur bilateral zu sehen. Nur das Saarland und Luxemburg oder nur das Saarland und Grand Est/Paris, das geht nicht, sondern du musst es großregional machen, sonst hast du nicht die Bedeutung, die du brauchst. Das heißt auch, dass die Gemeinschaft als Ganzes mehr ist als die Summe ihrer Teile. Ich füge hinzu: Manchmal sollte man auch die eigenen Beschlüsse etwas ernster nehmen. Das sage ich durchaus auch an die eigene Adresse.
Zur Bahnverbindung nach Luxemburg, einem sehr spannenden Thema. Nach unserer Auffassung ist es wichtig, dass wir bei einer Verbesserung der Struktur des öffentlichen Personennahverkehrs auf Schiene und Straße Luxemburg einbeziehen. Die Verkehrswege Luft und Wasser betrifft es weniger, denn es geht ja nicht darum, wie einer - den ich jetzt nicht namentlich nennen will - einmal gesagt hat, dass man mit Schnellbooten ruckizucki über die Saar fahren könnte, wiewohl das für den Güterverkehr vielleicht interessant wäre. In den beiden genannten Bereichen Schiene und Straße kommen wir aber ohne den großregionalen Motor Luxemburg nicht weiter. Luxemburg hat eine Sonderstellung, das hat auch Kollege Hecker angesprochen. Luxemburg ist Nationalstaat und spielt damit in einer anderen Liga. Luxemburg spielt auch finanziell in einer anderen Liga. Wir könnten jetzt in der Geschichte zurückgehen bis 1955, aber es ist nun einmal, wie es ist. Deswegen muss man sehen, ob der Motor der Großregion quasi um Luxemburg herum gedreht werden kann. Wenn man zum Beispiel Richtung
Grand Est und Paris eine Verbesserung will, muss man gemeinsam und insbesondere mit Luxemburg vorgehen. Es wäre ratsam, wenn wir als Saarländer dies auch gemeinsam mit den Rheinland-Pfälzern tun würden. Damit würde es zwar nicht einfacher, aber durchschlagskräftiger.
Man spricht nicht gerne über Geld in solchen Angelegenheiten, aber vor vielen Jahren hatte ich dieses Thema einmal mit dem leider viel zu früh verstorbenen Beauftragten der Deutschen Bundesbahn, Herrn Schinner, besprochen. Damals schon sagte er zu mir: Schminken Sie sich diese Überlegung - die eigentlich naheliegend ist, weil nur 36 Kilometer fehlen - ab, das kostet mindestens 1 Milliarde Euro. Das ist nun schon eine Weile her, ich gehe davon aus, wenn man so etwas ernsthaft ins Auge fassen und berechnen würde, dass man heute über einen Betrag von 2 Milliarden Euro reden würde. Dieser Betrag ist nicht ganz aus der Luft gegriffen, nach dem, was ich in verschiedenen Gremien so höre. Die Frage wäre also, ob man nicht tatsächlich die Ertüchtigung der Niedtalstrecke in Angriff nimmt, und dabei schaue ich auch den Kollegen Günter Heinrich an. Über Thionville wäre man nämlich sehr schnell an Luxemburg dran, denn dort liegen ja auch noch Gleise.
Eine pikante Erinnerung ist die, dass wir früher im Schienenverkehr sehr stark waren. Wir hatten zum Beispiel den größten Bahnhof Europas in Apach. Heute kann man dort zwar noch gut essen, aber es gibt dort nicht mehr den größten Bahnhof. Damals hat man diesen Bahnhof für Kriegsdienstleistungen gebraucht. Da ging das, aber heute kämpfen wir darum, ob diese eine Strecke noch erhalten werden kann.
Ich komme zum Fazit: Leider gibt es nach meiner Einschätzung im Moment, was die direkte Verbindung nach Luxemburg angeht, keinerlei konkreten Hinweise dafür, dass sich die luxemburgische Nationalregierung an einem solchen Projekt beteiligen würde. Die Frage, die ich im Raum stehen lassen möchte, lautet: Wie könnte man die Luxemburger dazu bekommen, dass sie ein solches Projekt mit uns angehen? - Ich will mich nicht weiter dazu auslassen, denn dann komme ich zu sehr in den spekulativen Bereich. Es gibt zwar Ideen, aber um es konkret zu machen, reicht eine Beschlussfassung in einem Landesparlament nicht aus. Es muss sehr viel stärker konzeptionell sein.
Zur Niedtalstrecke und der Verbindung nach Frankreich. Ich habe schon einiges dazu gesagt. Es dürfte schwierig sein, so etwas ohne Luxemburg und Rheinland-Pfalz zu machen. Ich setze deshalb immer wieder auf die Karte der Großregion. Wir haben in der Großregion einen Gipfel der Großregion. Viele von euch können sich im Alltag nicht so viel damit befassen, aber Helma Kuhn-Theis, Isolde Ries und
meine Wenigkeit, aber auch andere wissen, wie die Instrumente sind. Wir wissen, wie gut sie sind, aber auch, wie schwierig es ist. Ich glaube, dass wir so etwas nur hinbekämen, wenn wir eine irgendwie geartete Bahngesellschaft der Großregion gründen würden. Mit dieser Aussage befinde ich mich weit entfernt von der Realität und weit vor den eigenen Linien. Das Thema wurde aber auch einmal mit einem Beauftragten der DB AG für unsere Region diskutiert oder besprochen. Man müsste ein ganz anderes Modell anlegen. Wenn wir als Saarland antreten unter dem Motto „Wir sind das französischste aller Bundesländer“, dann wird man uns am Quai d‘Orsay zwar mit Höflichkeit behandeln, aber mehr wird meiner Meinung nach nicht rausspringen.
Wir haben den Gipfel der Regierungschefs, Annegret Kramp-Karrenbauer war da äußerst aktiv. Ich gehe davon aus, dass Tobias Hans es so fortsetzen wird, und Helma Kuhn-Theis ist dabei, der Ministerpräsident wird sie Gott sei Dank in diesem Geschäft auch nicht los. Wir müssen diese Karte ziehen, uns vorher die entsprechenden Dinge bewusst machen und klare Konzepte vorlegen. Das Ministerium sagt mir außerdem - wie ihr gemerkt habt, habe ich noch so gut wie gar nicht über Geld gesprochen, nur beim Thema Luxemburg -, es gebe noch andere Möglichkeiten. Beispielsweise gab es im Verkehrskonzept der Großregion einen Plan über die Ertüchtigung und Erweiterung des so genannten Nitteler Tunnels, damit die Trierer Region dabei ist. Es handelt sich dabei um sehr große Projektierungen, die derzeit aber ohne Luxemburg stattfinden. Dass Luxemburg sagt, es übernimmt eine Teilfinanzierung, ist im Moment undenkbar.
Zur französischen Seite. Nach meinem Kenntnisstand, aber vielleicht weiß ich auch nicht alles, gibt es im Moment noch keine Vorschläge von Partnern, die sagen, sie wären bereit, dort konkret mitzufinanzieren. Lothringen, jetzt Grand Est, hat es in der französischen Republik traditionell schwer. Auch deshalb ist es nicht ganz unflott, solche Gespräche unter Einbindung von Luxemburg zu führen. Und damit bin ich bestimmt zum fünften Mal beim Gipfel der Regierungschefs der Großregion. Ich weiß auch, dass die luxemburgische Nationalregierung bereits bei Emanuel Macron war und mit ihm darüber diskutiert hat, nach dem Motto: „Wenn Sie bei uns in der Großregion...“. Die haben das Hauptproblem nicht mit uns, wir müssen nur aufpassen, dass das Geschäft nicht ohne uns gemacht wird. Die haben natürlich die ganzen Einpendler aus Lothringen, die bei ihnen jeden Morgen auf der Autobahn liegen und alles verstopfen. Luxemburg braucht die Einpendler. Man hat das Argument gebracht, wir ziehen Ihnen Lothringen hoch. Macron hat aber, wenn er die Republik Frankreich im Auge hat, nicht zu allererst Lothringen im Blick; ich will es einmal vorsichtig ausdrücken.
Langer Rede kurzer Sinn. Mit Kurzanträgen werden wichtige Anstöße gegeben. Es werden Anstöße gegeben, die in unseren Reihen sehr wohl gehört werden. Als SPD-Fraktion und Große Koalition können wir das aber nicht einfach so beschließen, weil bei den Haushaltsberatungen, die in kurzer Zeit beginnen werden, der geschätzte Finanzminister Peter Strobel Millionen im dreistelligen Bereich binden müsste, sonst würde das nicht gehen. Aber die Vorarbeiten, die ich grob zu umreißen suche, haben wir noch nicht konkret auf dem Tisch liegen. Es gibt Ideen und Anfangskonzepte, aber bisher keine Willenserklärung, beispielsweise vom Gipfel der Großregion.
Das Thema wird uns erhalten bleiben. Davon gehe ich aus. Wir wollen hier auch nichts abwehren oder abschließen, aber es muss auf der Ebene der Großregion gemacht werden. Es muss auf Augenhöhe mit allen gemacht werden. Am Schluss müssen wir natürlich sagen, woher die Kohle kommt. Ich meine jetzt nicht die deutsche Steinkohle, die war es lange, ich meine diejenige, die der Strobel für seinen Haushalt braucht. - Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Gäste! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fernsehen bildet. Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen würde. Aber wer an die alten Tatorte aus dem Saarland denkt, der wird mir wohl recht geben, dass das Bild der gelebten Frankreichstrategie zwar überzeichnet, aber dennoch lehrreich war. Das Baguette im Gepäckträger, den Rotwein immer parat, ein Gläschen Crémant zwischendurch und ein wenig Laissez-faire kamen auch nicht zu kurz. Das zeigt, wie nah wir im Saarland unseren Nachbarn in Frankreich und in Luxemburg sind.
Nirgendwo sonst finden sich so viele Produkte aus den Nachbarländern in den Regalen der Supermärkte. Nirgendwo sonst ist das Einkaufen im Nachbarland so üblich wie bei uns. Fragen Sie einmal den großen saarländischen Einzelhändler, ob im Lebensmittelsektor, im Möbelhandel oder für Textilien, wie stark wir vom privaten Konsum der Franzosen bei uns im Saarland profitieren. Laut einer Studie der Industrie- und Handelskammer gibt ein Franzose, so er zum Einkaufen ins Saarland kommt, circa 125 Euro im Monat für Einzelhandel und Gastronomie aus. Sie sehen, wir profitieren sehr von unserer Nähe zu Frankreich, von der Breite der Sortimente in den Supermärkten, von der guten Qualität der Produkte. Das alles sind Faktoren, die die Franzo
sen bei uns nach der genannten Studie schätzen. Nicht umsonst ist daher die Nachfrage nach französisch sprechenden Auszubildenden und Mitarbeitern gerade im Handel so hoch.
Doch genau hier müssen wir mehr Unterstützung leisten. Die jugendlichen Auszubildenden besitzen oft noch keinen Führerschein, sind nicht im Besitz eines Pkws und somit auf grenzüberschreitenden öffentlichen Personennahverkehr angewiesen. Ähnlich sieht es auch bei den Studenten aus. Wir sind stolz auf unsere Deutsch-Französische Hochschule. Ich glaube, wir sind das zu recht, zeigt es doch ebenfalls, wie gut die Zusammenarbeit unter den Nachbarn zumindest in manchen Bereichen bereits funktioniert.
Dass für den Sitz der Deutsch-Französischen Hochschule im Jahr 1999 Saarbrücken ausgewählt wurde, ist ebenfalls Zeugnis davon, dass uns Saarländern Besonderes zugetraut wird. Es zeigt aber auch den Anspruch, dass die Zusammenarbeit gerade bei uns vorbildlich sein muss. Das ist Ansporn für uns alle, hier noch besser zu werden, denn auch für die Studenten gilt das Gleiche wie für die Auszubildenden. Sie sind oftmals auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen.
Wenn ich ein weiteres Alleinstellungsmerkmal aus der Geschichte nennen darf, dann kann ich aufzeigen, dass wir in unserer Region außerdem die erste grenzüberschreitende Busverbindung installiert haben. So wurde bereits im Jahr 1974 eine Buslinie installiert, mit der man zwischen Saarbrücken und Forbach grenzüberschreitend den öffentlichen Personennahverkehr nutzen kann.
Leider kann man sich nicht auf alten Erfolgen ausruhen, sondern muss täglich weiter an Bewährtem arbeiten und nach weiter, besser und schneller streben, um den Anschluss nicht zu verlieren. Das gilt auch für die Frankreichstrategie des Saarlandes, an die wir als Große Koalition fest glauben und an der wir mit Tatkraft weiterarbeiten. Das gilt aber auch für den öffentlichen Personennahverkehr und die Verkehrsnetze im gesamten Saarland, die besser aufeinander abgestimmt werden müssen.
Noch nicht eingegangen bin ich auf die Arbeitnehmer. Durch die größere Mobilität sind die Möglichkeiten der Verflechtungen noch größer als bei Auszubildenden und Studenten. Wir haben einerseits die Arbeitnehmer der Industrie, die zum Beispiel aus dem Raum Lothringen nach Saarbrücken zu einem Getriebehersteller pendeln oder nach Saarlouis, um dort Fahrzeuge zu produzieren. Dann gibt es noch die Arbeitnehmer aus dem Handel. Diese müssen täglich aus dem grenznahen Raum nach Saarbrücken für die Textilbranche oder nach Ensdorf in den Möbelhandel oder aber auch zu Supermärkten entlang der Grenze fahren. Insgesamt pendeln circa
Deutlich mehr Menschen pendeln ins Nachbarland Luxemburg. Hier sind die Tendenzen stark steigend. Während es 2016 noch 173.130 Menschen waren, ist diese Zahl bereits 2017 auf 180.050 angestiegen. Für den Zeitraum von 2010 bis 2017 ist ein Anstieg der Einpendler in Luxemburg um 21,2 Prozent zu verzeichnen. Aus dem Saarland pendeln nach den aktuellen Zahlen der interregionalen Arbeitsmarktbeobachtungsstelle 8.700 Menschen nach Luxemburg. Nur in der Schweiz sind mehr Berufspendler mit ausländischem Wohnsitz beschäftigt als in der Großregion Saarland/Rheinland-Pfalz/Luxemburg/ Lothringen/Wallonie. Daran lässt sich leicht ablesen, welche wirtschaftliche Bedeutung die offenen Grenzen und die Freizügigkeit innerhalb Europas für die Wirtschaftskraft der Region haben.
Gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels ist es wichtig, dass wir als Saarland für junge Menschen attraktiv sind, die bei uns eine gute Arbeit bei akzeptablen Lebenshaltungskosten und gleichzeitig hoher Lebensqualität finden. Natürlich möchte ich nicht mit den Nachbarn in einen Wettstreit um Arbeitnehmer geraten. Im Gegenteil glaube ich, dass wir alle von der Stärke des anderen profitieren können. Während in Frankreich gerade in der Grenzregion mit fast 12 Prozent eine hohe Jugendarbeitslosigkeit herrscht, gibt es im Saarland offene Lehrstellen. Zum Tanken fahren viele aus der Grenzregion nach Luxemburg, zum Einkaufen nach Deutschland und zum Genießen nach Frankreich. Dies sind gelebte offene Grenzen, die ich keinen Tag mehr missen möchte.
Doch natürlich haben diese Verflechtungen innerhalb der Großregion auch Kehrseiten. Gerade vor der aktuellen Diskussion um Fahrverbote für dieselbetriebene Fahrzeuge leuchtet jedem ein, dass im individuellen Berufspendeln nicht die Zukunft liegen kann. Hier sind neue Konzepte gefragt, die Verkehre bündeln, bei denen die Pkw nicht mehr nur noch mit einem Fahrer besetzt sind, sondern in denen Fahrgemeinschaften die Regel sind.
Dazu haben wir in Merzig ein Testfeld der Zukunft. Auch dieses ist Zeugnis unseres internationalen Denkens und Handelns. Automatisierte Fahrzeuge werden in Zukunft nicht mehr wegzudenken sein. Daher bin ich froh, dass wir hier im Saarland auch in dieser Hinsicht wieder weitergehen und die Technik nicht nur auf deutschen Straßen mit deutschen Verkehrsschildern und deutscher Autofahrermentalität testen, sondern auch hier Grenzen überschreiten und dabei dem Rest der Republik einen Schritt voraus sind.
Doch leider - und bei jeder Autofahrt von St. Wendel nach Saarbrücken bedauere ich das außerordentlich - wird es noch Jahre dauern, bis das automatisierte Fahrzeug den aktuellen Individualverkehr ersetzen kann. So lange können wir nicht warten. Wir brauchen früher Konzepte, die die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs sichern. Ich finde, es ist Zeit, innovativ zu handeln und die Grenzen so zu überschreiten, dass der öffentliche Personennahverkehr auch für denjenigen, der ein Auto besitzt und eigentlich gerne Auto fährt, so attraktiv wird, dass er sein Auto auf dem Weg zur Arbeit getrost in der Garage stehen lässt, auch wenn er nach Saarbrücken, Saarlouis oder Luxemburg pendelt.
Ich möchte keinesfalls den deutschen Automobilmarkt oder den saarländischen Automobilzulieferer schwächen - auf diesen Punkt kommen wir im späteren Verlauf der Tagesordnung noch zu sprechen -, aber die Masse an Individualverkehr, die Fahrzeuge oft nur mit dem Fahrer besetzt, obwohl zu ähnlichen Zeiten in ähnliche Richtungen gefahren wird, ist dauerhaft schlecht für die Allgemeinheit. Da ist einerseits die Umweltbelastung durch die Abgase, den Lärm und den Ressourcenverbrauch. Statt Fahrverbote zu verhängen, wäre eine Bündelung des Verkehrs deutlich effektiver. Zum anderen ist die psychische Belastung des Autofahrens - egal, ob man gerne fährt oder nicht - nicht von der Hand zu weisen. Autofahren verursacht Stress, kostet Energie und vor allem Lebenszeit.
Ein gut organisierter öffentlicher Personennahverkehr hingegen ermöglicht nicht nur soziale Kontakte, sondern auch entspanntes Arbeiten schon während der Fahrt. Wenn alle Mails gelesen sind, noch bevor das Büro erreicht wurde, ist es ein deutlich entspannteres Ankommen. Die Technik ermöglicht es uns heute doch, immer und überall zu arbeiten. Leider nutzen dies auch immer mehr Menschen oftmals ohne Sinn und Verstand. Schauen Sie einmal in entgegenkommende Fahrzeuge, wie viele während der Fahrt ihr Mobiltelefon nutzen. Würden alle diese Menschen, die es sich offensichtlich nicht leisten können, konzentriert nur Auto zu fahren, dies in Bus oder Zug tun, wäre ich deutlich entspannter. Dies trägt mit dazu bei, dass die Unfallgefahr im Individualverkehr deutlich höher ausfällt als im öffentlichen Personennahverkehr.
Nimmt man die Studie des Statistischen Bundesamtes von 2010, so ist nach dem Flugzeug die Eisenbahn das sicherste Verkehrsmittel, gefolgt von Straßenbahn und Omnibus. Während in den genannten öffentlichen Verkehrsmitteln maximal 0,17 Menschen pro Milliarde Personenkilometer getötet wurden, sind es beim Pkw 2,93 getötete Menschen. Sie sehen, mehr öffentlicher Personennahverkehr kommt uns allen zugute, erhöht die Sicherheit, ver
bessert die Umwelt und trägt zu mehr Lebensqualität und mehr Zeit für die wesentlichen Dinge im Leben bei.
Im Jahr 2017 nutzten laut einer Studie der Universität Luxemburg jedoch nur 10 Prozent den öffentlichen Personennahverkehr beim Pendeln. Ich glaube, Sie geben mir vor den aufgezeigten Problemfeldern recht, das ist eindeutig viel zu wenig. Doch woran liegt das beziehungsweise was müssen wir ändern? Wo können und müssen wir besser werden? Schauen wir und doch einmal die aktuellen Möglichkeiten an, die wir im Saarland haben, um über die Grenze zu pendeln. Der Kollege Roth hat ja schon einige davon genannt, das prominenteste Beispiel ist sicherlich der TGV, der innerhalb von nur einer Stunde und fünfzig Minuten von Saarbrücken nach Paris fährt. So schnell ist man aus keiner anderen deutschen Stadt im Zentrum Frankreichs.
Doch wie gesagt, die Verflechtungslinien sind vielfältig. Auch mit dem Bus gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Grenze zu überqueren. So fährt ein Bus von Merzig aus stündlich nach Luxemburg, von Saarbrücken aus ist man in nur einer Stunde und fünfzehn Minuten am Hauptbahnhof in Luxemburg angekommen.
Auch das Portal Regio.Mobil ist ein guter Anfang, um mehr Pendler weg vom Individualverkehr und hin zum öffentlichen Personennahverkehr zu bringen. Leider sind hier einige Angebote noch nicht aufgeführt, sodass die angezeigten Verbindungen deutlich komplizierter sind und länger dauern, als dies in der Realität der Fall sein dürfte. Buche ich direkt über die Bahn, bin ich von St. Wendel aus in nur 49 Minuten in Forbach mit dem öffentlichen Personennahverkehr. Laut dem Portal Regio.Mobil brauche ich dafür über drei Stunden. Hier muss in meinen Augen nachgearbeitet werden, damit auch die Vermarktung wieder forciert werden kann. Eine einfache Suche nach der besten und schnellsten Verbindung wäre ein erster Schritt zu mehr Nutzerfreundlichkeit des öffentlichen Personennahverkehrs. Und das ist doch vom Grundsatz her genau das, was wir brauchen.
Dazu müssen auch die Verbindungen noch besser aufeinander abgestimmt werden. Bei uns im Saarland ist eben der Deutschlandtakt nicht die alleinige Lösung, auf manchen Abschnitten ist die Taktung nach Frankreich oder Luxemburg viel wichtiger. Niemand fährt mit Bus oder Zug, wenn er gerade bei schlechter Witterung lange Aufenthaltszeiten am Bahnhof hat. Dass ein grenzüberschreitendes Tarifsystem ebenfalls von Bedeutung ist, leuchtet sicher ein. Ich denke aber, dass eine Jahreskarte von Merzig nach Luxemburg zu dem aktuellen Bezugspreis von 70,83 Euro sicher kein Hinderungsgrund ist, den öffentlichen Personennahverkehr zu nutzen. Hier sind sicherlich der Zeitfaktor und die Flexibilität ein größeres Hindernis für die Pendler.
Flexibler Personennahverkehr wird durch Technik und automatisiertes Fahren in Zukunft möglich sein. Schon jetzt läuft in Hannover ein Testbetrieb von einer Tochterfirma eines großen deutschen Autokonzerns, bei dem App-gesteuert Kleinbusse Fahrgäste abholen und nach Möglichkeit noch weitere Fahrgäste zusteigen lassen, um die Ziele der Nutzer optimal anzusteuern und so Verkehre zu bündeln. Diese Konzepte, von denen es ähnliche Modelle auch in anderen Städten gibt, sind in meinen Augen unabdingbar für die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Personennahverkehrs, gerade im ländlichen Raum. Dafür müssen wir den Weg bereiten.