Protokoll der Sitzung vom 13.06.2018

Von der gesetzlichen Verpflichtung des Staates, Kulturgüter zu pflegen, wollen Sie erst gar nichts wis

sen, im Gegenteil. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den unglaublichen Kulturfrevel, an dem die saarländische Regierung damals maßgeblich beteiligt war, als die Königlich-Preußische Bergwerksdirektion in Saarbrücken, das bergbauliche Herz im Saarland, entkernt und Teil eines Einkaufstempels wurde und so seiner Identität beraubt wurde. Mir Ihrem Gesetzentwurf kann sich so eine Untat, die seinerzeit über die Landesgrenzen hinaus hohe Wellen schlug, jederzeit wiederholen. Insofern teilen wir auch nicht das uneingeschränkte Vertrauen des Kollegen Zehner in das zuständige Ministerium mit seinem Minister.

Das Saarland, geprägt von Kohle und Stahl und einer einzigartigen Geschichte im deutsch-französischen Grenzraum, hat ein unverwechselbares Alleinstellungsmerkmal aufzuweisen. Monumentale Industriearchitektur prägt das Landschaftsbild, und war mit ursächlich für das Entstehen einer typisch saarländischen Identität. Sie haben immer noch nicht begriffen, dass wir die moralische Verpflichtung haben, das kulturelle Erbe für künftige Generationen zu erhalten.

Ihr Gesetzentwurf ist so angelegt, dass Denkmalschutz nichts kosten darf. Wir müssen unsere Denkmäler, industrielle Vergangenheit und typisch saarländische Kultur auch in den Dienst der Zukunft stellen. Im Klartext heißt das, es geht auch um KulturTourismus. Schauen Sie sich in Essen die Zeche Zollverein an. Dort sehen Sie, wie Industriekultur zur Steigerung der Attraktion in einer Region beiträgt. Das Weltkulturerbe in Völklingen ist dafür auch ein glänzendes Beispiel. Ich kann mich noch an die Diskussion über die Schließung der Völklinger Hütte erinnern. Damals wurde der Vorschlag gemacht, das Werk zum Schrottpreis zu verkaufen. Das wäre auch geschehen, aber der Schrottpreis war damals so niedrig, dass es sich nicht gelohnt hat.

Heute, 30 Jahre später, stehen wir vor einer ähnlichen Situation. Der Pingusson-Bau in Saarbrücken, ehemals französische Botschaft im Saarland, ist ein Denkmal von hoher städtebaulicher und architekturgeschichtlicher Bedeutung. Das von CorbusierFreund George-Henri Pingusson entworfene Gebäude ist ein herausragendes Beispiel der Architektur der Fünfzigerjahre, worum uns viele Kulturstädte beneiden. Ich gehe davon aus, dass jedem hier im Hause der Wert dieses Gebäudes bewusst ist.

Gleichwohl müssen wir feststellen, dass die Landesregierung Jahre nach dem Auszug des Kultusministeriums immer noch keinen Plan für die Zukunft des Gebäudes hat. Es ist notdürftig winterfest. Das war‘s. Sogar der Kulturszene wird der regelmäßige Zugang verweigert. Die Regierung hat keine Fantasie, was aus diesem Gebäude alles zu machen wäre.

(Abg. Zehner (CDU) )

(Abg. Renner (SPD) : Sie sind nicht informiert. Weiterer Zuruf der SPD: Das ist nichts Neues.)

Der Kultusminister kann nachher alles ergänzen.

Wenn ich dann in Ihrem Gesetzentwurf Formulierungen lese wie „Umnutzung“, „überregional bedeutend“, aber auch „Abbruch-Anträge“, verbinde ich das mit dem Pingusson-Bau.

(Abg. Renner (SPD) : Das ist Quatsch.)

Deshalb sage ich Ihnen heute: Es besteht die große Gefahr, dass in 20 Jahren dieses überregional bedeutende, einzigartige Bauwerk nicht mehr stehen wird, weil das zuständige Ministerium den Abriss genehmigt hat. Die AfD wird diesem „Pingusson-BauAbriss-Ermächtigungsgesetz“, nichts anderes ist es, nicht zustimmen. - Glück auf.

(Beifall von der AfD-Fraktion.)

Das Wort hat der Minister für Bildung und Kultur Ulrich Commerçon.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Denkmäler sind von Menschhand geschaffene Zeugnisse unserer Geschichte. Sie vergegenwärtigen uns, wie Menschen vor unserer Zeit gelebt haben, was sie bewegt hat, in welchen Zusammenhängen sie gedacht und gearbeitet haben. Dabei werden nicht alle Denkmäler zu allen Zeiten von allen unbedingt als schön empfunden. Denkmäler können stören. Dass sie stören, kann sogar besonderer Ausdruck ihres eigentlichen Denkmalcharakters sein. Das Störende an Denkmälern ermöglicht es uns gelegentlich, uns zu vergegenwärtigen, woher unsere Gesellschaft kommt und warum sie so ist, wie sie ist.

Wie eine Gesellschaft mit ihren Denkmälern umgeht, ist nicht nur eine Frage des Geschichtsbewusstseins, sondern dient auch der Bestimmung unseres heutigen eigenen Standorts. Die heutige Gesellschaft besser zu verstehen und daraus Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln, auch das kann Ergebnis der Betrachtung von Denkmälern sein.

Vor diesem Hintergrund - das will ich vorwegschicken - ist heute sicherlich ein guter Tag für die Zukunft unseres Landes, denn das heute in Zweiter Lesung zu verabschiedende Gesetz verbessert den Denkmalschutz im Lande. Wobei ich hinzufügen will: Nicht das Gesetz allein, nicht ein Gesetz selbst ist in der Lage, ein Denkmal zu schützen. Denkmäler werden am besten dadurch geschützt, dass öffentliche Debatten über Denkmäler stattfinden, dass Transparenz und Partizipation gestärkt wird. Genau das war mir in den letzten Jahren als Denkmalschutzminister dieses Landes immer ein Anliegen und es ist auch

Kernbestandteil dieses Gesetzentwurfes. Die Diskussion über Denkmäler wird sich in diesem Land noch mal verstärken. Es wird mehr Transparenz geben, und das ist die wesentliche Garantie dafür, Denkmäler erhalten zu können. Allein deswegen lohnt es sich schon, heute diesem Gesetz zuzustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD.)

Was die französische Botschaft betrifft, so hätte es der Vorrede nicht bedurft. Das Pingusson-Gebäude - manche sagen liebevoll: der Pinguin-Bau - war bis 2014 der Sitz des Kultusministeriums und er wird es auch in Zukunft wieder sein. Ich kann bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass heute die MailAdressen für Teile der Kulturabteilung wieder freigeschaltet worden sind, die in dieser Woche wieder in den Pingusson-Bau eingezogen sind. Dies ist eben für uns ein wichtiger Veranstaltungsort und das Kultusministerium hat in den letzten Jahren insbesondere unter meiner Führung alles getan, um die öffentliche Debatte zu diesem Gebäude wieder zu beleben.

Wir brauchen uns doch alle nichts vorzumachen: Wer in diesem Haus hat vor 2012 überhaupt gewusst, dass dieses Gebäude von George-Henri Pingusson errichtet wurde und was die historischen Hintergründe sind? Das habe ich doch genau in den zwei Jahren vor dem Auszug des Kultusministeriums immens befördert, auch durch den, wie ich finde, genialen Coup im Jahr 2013, den Empfang des französischen Generalkonsuls zum 14. Juli dort durchführen zu lassen. Dies ist doch ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die öffentliche Debatte über Denkmäler - manche wollten den Bau schon abreißen lassen - die eigentliche Garantie für Denkmäler ist. Dazu wird dieses Gesetz beitragen. Deshalb haben wir dort Führungen durchgeführt, deswegen finden dort Kulturveranstaltungen statt, deswegen haben wir dort Symposien und Fachtagungen durchgeführt und Veröffentlichungen zu diesem Gebäude publiziert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Novelle des Saarländischen Denkmalschutzgesetzes korrigiert auch einige Regelungen, die die Novelle von 2004 vorgenommen hatte. Damals wurde das Staatliche Konservatoramt als Landesdenkmalamt in das damals zuständige Umweltministerium eingegliedert. Die Unteren Denkmalschutzbehörden auf kommunaler Ebene wurden abgeschafft. Dieses Gesetz korrigiert das. Ich gebe gerne zu: Wünschenswert ist manchmal mehr. Ich halte es aber in der Regel so, dass man nicht nur darüber redet - und das ist für mich auch der entscheidende Punkt für politisches Handeln -, was noch alles möglich gewesen wäre. Da ist sicher vieles vorstellbar, ich hätte mir auch einiges vorstellen können. Man wird aber nicht alles Wünschenswerte immer durchsetzen können, auch

(Abg. Dörr (AfD) )

nicht in einer Koalition. Das hat nicht nur - aber natürlich auch - etwas mit Haushaltsbedingungen zu tun. Unsere Richtschnur für politisches Handeln muss doch sein, ob das uns als politische Entscheidung vorliegt, die Situation verbessert oder nicht. Dieser Gesetzentwurf verbessert die Situation für unsere Denkmäler. Deswegen ist es gut, wenn Sie dem heutigen Gesetzentwurf alle zustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es sind einige Dinge noch nicht angesprochen worden, aber eines möchte ich doch wiederholen, das Thema Vier-Augen-Prinzip. Ich nenne es einmal - nach dem gängigen Slang - die Wiedereinführung des Ministerentscheids. Auch das ist eine Kernverbesserung. Wie war das denn vor 2004 mit den Denkmälern? Wie war das denn, wenn ein Denkmal gefährdet wurde? Wenn der Minister es nicht mitbekommen hat, weil er sich nicht selbst dafür interessiert hat und den Dingen nicht nachgegangen ist, ist das alles klammheimlich, still und leise passiert. Die Denkmäler waren stetig gefährdet. Es gab überhaupt niemanden, dem man die politische Verantwortung dafür zuschieben konnte.

Mit diesem Gesetzentwurf wird abschließend dafür gesorgt, dass, wenn es Streitfälle gibt, wieder auf der Basis eines Vier-Augen-Prinzips darüber gesprochen werden kann. Das gab es ja nicht mehr, alles war letztlich im stillen Kämmerlein zu verorten. Wenn es jetzt auf der Grundlage dieses Vier-AugenPrinzips unterschiedliche Auffassungen gibt, wenn der Landesdenkmalrat seine Stimme erhoben hat und die wird er jetzt frühzeitig erheben können -, wird es eine abschließende Entscheidung geben müssen. Jeder, der sich im Denkmalschutz ein bisschen auskennt, weiß, dass nicht jedes Denkmal erhalten werden kann. Das ist in keinem Land dieser Welt der Fall. Wichtig ist aber, dass am Schluss der Debatte eine klare politische Verantwortung vorhanden ist, dass klar gesagt werden kann, wer diese Entscheidung getroffen hat und aus welchen Gründen sie getroffen wurde. Das hat eben auch sehr viel mit Öffentlichkeit und Transparenz zu tun. Vor allem wegen dieses Kerns ist das eine erhebliche Verbesserung. All das wird dazu beitragen, dass der Denkmalschutz in diesem Land in den nächsten Jahren weiter gestärkt wird.

Frau Kollegin Schramm, Sie haben auch viel Positives gesagt. Aber dass unter meiner Amtsführung der Denkmalschutz im Dornröschenschlaf gelegen habe, das werden Sie so nicht aufrechterhalten können. Da gab es wirklich schläfrigere Märchenzeiten in diesem Land, was das Thema Denkmalschutz angeht, als ausgerechnet in den letzten sechs Jahren. Das will ich doch für mich in Anspruch nehmen.

Ich will der Vollständigkeit halber noch ein paar Dinge ansprechen, weil sie zu dem Gesetz dazugehören, weil auch einige Bereinigungen vorgenommen werden. Das Anzeige- und Genehmigungsfreistellungsverfahren, das 2004 eingeführt wurde, wird wieder abgeschafft. Es hat sich schlicht nicht bewährt. Das hätte man auch damals wissen können. Wir haben erstmalig das UNESCO-Welterbe aufgenommen. Struktur und Aufbau des Gesetzes wurden verbessert, sodass dieses Gesetz, gerade wenn man es neben das alte Gesetz legt, doch deutlich besser lesbar ist. Natürlich sind Gesetze immer schwierig.

Ein ganz wesentlicher Punkt betrifft das Thema Verbesserung der Dienstleistung. Es wird nun geregelt, dass die Denkmalliste neben der Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes auch künftig in geeigneter Weise elektronisch bereitzustellen ist. So wird vor allem gewährleistet, dass künftig Eigentümerinnen und Eigentümer eines Denkmals, aber auch Interessierte unkompliziert auf diese Liste zugreifen können, denn die allermeisten Bürgerinnen und Bürger in diesem Land pflegen nicht regelmäßig am Frühstückstisch das Amtsblatt des Saarlandes zu lesen. Mit dieser Änderung im Gesetz werden wir in jedem Fall auch für mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit sorgen.

All dass, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird dazu beitragen, dass den Denkmälern in unserem Land noch mehr Öffentlichkeit zuteil werden wird, dass ihnen noch mehr Beachtung geschenkt wird, dass noch mehr Debatte stattfinden wird. Aus diesem Grunde bitte ich Sie um Zustimmung in Zweiter und letzter Lesung. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

Weitere Wortmeldungen sind nicht eingegangen. Ich schließe die Aussprache.

Der Ausschuss für Bildung Kultur und Medien hat mit der Drucksache 16/433 - neu - einen Abänderungsantrag zum Gesetzentwurf eingebracht. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Abänderungsantrag Drucksache 16/433 - neu. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme -

(Zuruf der Abgeordneten Schramm (DIE LINKE).)

Das war der Abänderungsantrag. Sollen wir die Abstimmung wiederholen?

(Weiterer Zuruf von der LINKEN.)

Also noch einmal: Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Jetzt ist ein klares Bild vorhanden. Mit Stimmenmehrheit ist der Abänderungsantrag 16/433 - neu - angenommen worden. Zugestimmt haben die CDU- und die SPD-Landtags

(Minister Commerçon)

fraktionen und die Fraktion DIE LINKE, dagegen gestimmt hat die AfD-Fraktion.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 16/286. Wer für die Annahme des Gesetzentwurfes 16/286 ist in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben.

(Sprechen bei der LINKEN. - Zuruf von der SPD: Was ist mit eurem Abänderungsantrag? - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Ja, von uns fehlt noch ein Abänderungsantrag!)

Der ist bei mir nicht in den Akten. Der Abänderungsantrag der LINKEN, von dem hier gesprochen wird, ist bei mir nicht in den Unterlagen.

(Sprechen.)

Habt ihr den nach der Ausschusssitzung erneut vorgelegt?

(Zuruf der Abgeordneten Spaniol (DIE LINKE).)

Dann ist er automatisch mit der Abstimmung im Ausschuss weg und müsste im Plenum erneut eingebracht werden. Deshalb liegt er hier auch nicht vor.

(Abg. Pauluhn (SPD) : Das müsstet ihr aber eigentlich wissen.)

Gut, damit hat sich das erledigt. Dann wiederhole ich auch diese Abstimmung.

(Abg. Renner (SPD) : Dann könnt ihr bei uns auch zustimmen. - Vereinzelt Heiterkeit.)

Wir stimmen über den Gesetzentwurf Drucksache 16/286 in Zweiter und letzter Lesung unter Berücksichtigung des angenommenen Abänderungsantrages ab. Ich bitte, eine Hand zu erheben, wer dafür ist.

(Abg. Thul (SPD) : Kommt, gebt euch einen Ruck! - Heiterkeit.)