Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Zum Thema Mundart und Sprache. Es gibt eine Definition, die besagt, dass es eine richtige Sprache ist, wenn es Literatur in dieser Sprache gibt, in der Mundart ist das in der Regel nicht der Fall. So gibt es beispielsweise in Italien die Situation, dass als Mundarten bezeichnete Sprachen richtige Literatursprachen sind. Ich bin in dieser Woche von Frau Pitino belehrt worden. Sie kennt sich in Neapel sehr gut aus, sie kennt auch die Sprache dort. Die Sprache von Neapel ist offiziell anerkannt, sie ist sogar Weltkulturerbe. Es ist also schon eine wichtige Sache für die Identität einer Stadt oder eines Gebietes. Bei uns ist das ganz genauso. Es gibt natürlich auch

den Fall der niederländischen Sprache, bei der niemand mehr anzweifelt, dass es eine eigene Sprache ist. Es war aber einmal eine deutsche Mundart. Durch die Selbstständigkeit der Niederlande nach dem Dreißigjährigen Krieg ist sie zu einer weltweit anerkannten Sprache geworden.

Ich will sagen, dass eine Sprache eine wichtige Sache ist. Wir haben hier eine Sprache, die wir zum Teil über die Jahre geringschätzig behandelt haben, weil die Hochsprache erhebliche Abweichungen von der Mundart hat. Viele Frauen meinten früher, sie müssten ihren Kindern die Mundart verbieten. Die Kinder sollten Hochdeutsch reden, damit sie in der Schule besser in Rechtschreibung sind. Sie wussten aber nicht, dass das damit überhaupt nichts zu tun hat. Ich habe zuhause immer Mundart gesprochen und hatte in der Schule in Rechtschreibung keine Probleme.

Damit will ich es einmal bewenden lassen. Es gibt noch viel dazu zu sagen, auch in grenzüberschreitender Hinsicht. Es ist ja ein weites Thema. Wir haben gefordert, dass die Mundart in der Schule gelehrt wird. Wir haben früher in der Schule noch Mundartgedichte beispielsweise von Ernst Thrasold „Ste‘ih oopp“ oder „Schloafengoan“ gelernt, sie waren in Moselfränkisch, aber mehr zur Luxemburger Seite hin. Das haben wir schon nicht mehr so gut verstanden. Heute ist die Mundart aus der Schule verschwunden. Man sollte die Mundart als Sprache ernst nehmen, denn sie ist eine andere Sprache. Wenn zum Beispiel jemand aus Hamburg zu uns kommt, versteht er uns nicht. Wenn man die Mundart also ernst nehmen will, muss man sie in der Schule verankern. Wir haben gesagt, es sollte eine Stunde als eigenes Fach oder eine Stunde im Rahmen des Deutschunterrichts geben. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Die Mundart sollte aber ernsthaft behandelt werden. Das ist unser Antrag. Ich bitte Sie, dem zuzustimmen.

(Beifall von der AfD.)

Ich danke Ihnen. - Bevor ich die Aussprache eröffne, weise sich darauf hin, dass Minister Peter Strobel und Ministerin Monika Bachmann ab 17.00 Uhr entschuldigt sind. - Ich eröffne die Aussprache und rufe für die SPD-Landtagsfraktion Herrn Abgeordneten Sebastian Thul auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Stenografinnen, ich kündige schon mal an, dass ich diesmal auch etwas Schriftliches dabei habe, was ich Ihnen mitgebe, und dass ich anschließend den Rest meiner Rede in Hochdeutsch halte.

(Abg. Dörr (AfD) )

Herr Dörr hat fast denselben Antrag wie beim letzten Mal vorgetragen. Es gab gestern auch eine Abhandlung in der Saarbrücker Zeitung, was Ihr Antragsverhalten im saarländischen Landtag betrifft. Ich halte es da sehr mit meiner geschätzten Kollegin Parlamentarische Geschäftsführerin Petra Berg, die gesagt hat, man gewinnt den Eindruck, Sie bewältigen hier Ihre berufliche Vergangenheit immer wieder aufs Neue. Wenn ich mir anschaue, was die AfDFraktionen in anderen Landtagen so einbringen, dann bin ich ja froh, dass Sie sich hier mit geistreichen oder weniger geistreichen Anträgen zur Bildungspolitik auseinandersetzen und uns nicht jedes Plenum mit einem latent oder offen rassistischen Antrag belämmern. Insofern bin ich Ihnen fast dankbar dafür, dass Sie uns solche Anträge vorsetzen.

Sie haben eben gesagt, wenn etwas als Literatur in einem Buch gefasst ist, dann stirbt es nicht. Das würde auch zeigen, dass man es anerkennt. Ich habe das Buch mit dem Titel „So schwäddse mir im Landkreis Neunkirchen“ mitgebracht. Sie haben eben ein Buch präsentiert, von dem Sie sagten, der Landkreis war auf der Suche, ob jemand etwas in Mundart machen kann. Der Landkreis hat in meinem Buch in Mundart niedergeschrieben. Das Buch gibt es im Kelkel-Verlag für 14,80 Euro. Daraus möchte ich jetzt zitieren, denn ich habe mir gedacht, das ist ganz schön, dann kann man die Zeit ein bisschen nutzen und sich kulturell weiterbilden. Ich will einen Politiker rezitieren, der im Moment maßgeblich die Politik im Landkreis Neunkirchen bestimmt. Es ist unser Landrat Sören Meng. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident:

Mei Dehemm

Dehemm is,

wo ich lache kann,

wo ich e echt Geheischnis hann.

Dehemm is,

wo mei Herz kann fliehe,

wo man sich net brauch‘ zu verbiehe.

Dehemm is,

wo ich Wärm‘ empfinne,

un mich an liewe Leit entsinne.

Dehemm is,

wo ich gehre bin,

wo jed‘ Sekunn is e Gewinn.

Dehemm is,

wo es Herz frei lacht,

wo ma aach mol sei Wippcher macht.

Dehemm is,

Heimat, die mich traaht,

die meh Gefiel is, als ma saat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe es erwähnt, das Buch gibt es im Kelkel-Verlag für 14,80 Euro. Ich habe zehn dieser Exemplare vorab erworben. Wenn jemand Interesse daran hat - der Umweltminister hat sich schon gemeldet, auch Stefan Thielen ist dabei -, dann bitte Anfragen an mich. Der Erlös daraus geht ans Netzwerk ANKOMMEN in Saarbrücken, das sich um die Integration von Flüchtlingen in unsere Gesellschaft bemüht. Damit hat Ihr Antrag vielleicht doch etwas Positives bewirkt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Danke, Herr Abgeordneter. - Ich rufe auf für die Landtagsfraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Barbara Spaniol.

(Abg. Renner (SPD) : Barbara, jetzt wird es schwer. Du hast keine andere Wahl! - Heiterkeit.)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Herren von der AfD, mir hann genuch dodrüwer geschwäddst. Mia hann das schon es letzschte Mol uff da Tagesordnung gehatt. - Ich finde, das war auch in Ordnung. Wir haben über die Mundart, ihren Schutz und ihre Förderung in der letzten Plenarsitzung mit Niveau und Humor debattiert. Es hat sich wirklich jeder Mühe gegeben. Es war auch eine gute Runde, aber dann ist es doch mal gut! Heute haben wir es schon wieder auf der Tagesordnung. Herr Kollege Dörr, ein guter Rat: Immer dieselben Themen scheibchenweise in immer neuem Gewand, das bringt gar nichts. Damit verwässern Sie nur immer wieder Ihre Initiative. Sie werden nicht mehr ernst genommen und es tut der Debatte im Hohen Haus überhaupt nicht gut, wenn andauernd immer wieder das Gleiche auf die Tagesordnung kommt.

(Beifall von der LINKEN und bei den Regierungs- fraktionen.)

Trotzdem noch einmal zum Dialekt: Dialekt ist spannend. Sie kennen sich aus, Sie haben auch ein Buch darüber geschrieben „So schwätze mia in Merchwella“. Was Sie eben zitiert haben, hätte ich mir in der letzten Debatte gewünscht. Aber warum müssen wir heute wieder hier stehen und darüber diskutieren? - Nun gut. Dialekt ist also spannend und übrigens auch das Erste, was die vielen Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, lernen. Ich wage zu bezweifeln, dass das im Sinne der Antragsteller ist, es ist aber so. Der Dialekt kann ein wichtiger Teil der Integration sein. Schaut man in

(Abg. Thul (SPD) )

die Schulen, auch das habe ich in der letzten Plenarsitzung schon gesagt, stellt man fest, dass in Hamburg Plattdeutsch seit Jahren Unterrichtsfach ist. In Mecklenburg-Vorpommern hat das Platt Einzug gehalten in die Kitas, um Eltern zu überzeugen, wie wichtig Mundart ist.

Noch einmal zurück zum Unterrichtsfach. Ich finde, so weit muss man nicht gehen. Auch das sagte ich schon in der letzten Sitzung. Das sagen auch Dialektexperten und Germanisten. Eine schulische Extra-Nische ist nicht nötig. Mundarttexte sollten stärker im Deutschunterricht behandelt werden, auch das habe ich neulich schon gesagt. Ein Mundarttheater wäre nicht schlecht, was natürlich schwieriger ist, weil die Jugendlichen das oft nicht wollen. Es macht die Mundart aber lebendig und bringt sie zu den Menschen. Bayern will die Mundarten an den Schulen ebenfalls weiter stärken. Wir wissen, Söder kommt jeden Tag mit neuen Vorschlägen, aber Mundart, Mundartliteratur und Dialekt stehen dort schon lange im Lehrplan. Bayern ist ja auch sehr groß und hat viele Mundarten. Für unser Land finde ich es übertrieben, hier muss man es anders machen.

Mundart muss Eingang in den Unterricht finden, das ist völlig klar. Es ist wichtig, die Mundart in den Unterricht zu integrieren. Es spricht ja auch wenig dagegen. Aber eine Stärkung der Mundarten - damit bin ich wieder beim Antrag - sollte doch schon in ein Gesamtkonzept für den Unterricht an unseren Schulen eingebettet sein. Es hängen viele Fragen an dieser Entscheidung. Welche Lehrerinnen und Lehrer sollen unterrichten? Gibt es für alle saarländischen Mundarten wirklich ausreichend Fachkräfte? Welche Lehrinhalte sollen vermittelt werden? Wie sieht es mit der wichtigen Mundartliteratur aus? Von der - so habe ich beim letzten Mal gesagt - hat der große Ludwig Harig gesprochen als Demokratisierung der Poesie. Es gibt also ganz viele Facetten. Es ist völlig klar, das Grundanliegen, die Mundart zu schützen und auch an den Schulen stärker zu fördern, ist richtig. Aber die Fragen der Umsetzung bleiben wie so oft das Geheimnis der Antragsteller.

(Verbreitet Beifall.)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die CDU-Landtagsfraktion rufe ich auf Herrn Kollegen Stefan Thielen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wundern sich einige, dass ich wieder hier stehe bei einem kultur- oder bildungspolitischen Thema, was nicht unbedingt mein Kernmetier ist. Aber uns war es wichtig, die Kontinuität zum letzten Mal zu wahren. Wenn ich das so sagen darf, das Thema

Schulen kommt zwar in Ihrem Antrag vor, aber in Ihrem Debattenbeitrag relativ wenig. Ich habe einmal auf die Uhr geschaut. Sie haben fast 10 Minuten über allgemeine Themen zur Mundart gesprochen. Man hätte sie wunderbar beim letzten Mal bringen können. Sie haben 40 Sekunden lang erläutert, warum Sie dafür ein Schulfach wollen. Ich muss sagen, das wird diesem wichtigen Thema nicht gerecht.

(Verbreitet Beifall.)

Mich ärgert vor allem Folgendes. Wir haben uns wirklich beim letzten Mal richtig Mühe gemacht; Frau Kollegin Spaniol hat das gesagt. Wir haben Ihnen erläutert, dass wir das Thema wirklich ernst nehmen und nicht als Larifari auffassen. Wir haben uns mit der Geschichte der Mundart beschäftigt. Ich könnte es heute weiterführen. Ich könnte noch einmal 24 Minuten lang alles aufführen, aber man merkt, dass es bei Ihnen, Herr Kollege Dörr, scheinbar auf taube Ohren stößt, welche Arbeit wir uns machen und dass wir das Thema sehr wohl sehr ernst nehmen und nicht als Spaß. Wir alle wissen - das haben wir beim letzten Mal erläutert -, dass es große Werke der Literatur in Mundart gibt. Das ist für uns keine Frage in der Sache.

Es gibt nicht nur Werke, die 35 Jahre alt sind. Es wird auch sehr viel Neues in Mundart geschrieben. Das ist eine Sache, die vom Land gefördert wird. Das habe ich beim letzten Mal auch gesagt. Wenn es hier mundartliche oder heimatkundliche Werke gibt, die das verbinden, dann gibt es dafür Fördermittel aus dem Ministerium. Die kann man nutzen. Das wird auch gemacht. Das zeigt mir, dass wir im Land auf dem richtigen Weg sind.

Ich habe mich ein wenig schlau gemacht bei meinen Kollegen aus dem Bildungsbereich. Sie haben mir gesagt, es gibt sehr wohl Instrumente, damit das, was Sie vorhaben oder wünschen, jetzt schon möglich ist. Das will ich gar nicht als negativ bezeichnen, da würde ich mir selbst widersprechen. Wir haben Förderunterricht im Saarland. Es sind fünf Förderstunden in der Woche. Da könnte sehr wohl so etwas genutzt werden. Die Lehrer könnten das anbieten. Es wird im Deutschunterricht eingebunden. Es könnte natürlich auch bei der weiteren Heimatkunde genutzt werden. Es könnten Projektwochen gemacht werden. Wir haben alle Möglichkeiten. Aber ich will nicht, dass so etwas zwangsverordnet wird, auch wenn ich absolut für eine Förderung der Mundart eintrete. Ich glaube, das ist hier der falsche Weg.

Lassen Sie mich ein Thema aufgreifen, das mich beschäftigt. Ich finde es toll, dass Sie in Ihrer Vergangenheit oder immer noch solche Werke machen. Dann nutzen Sie die Zeit doch, um das weiter zu machen. Ich glaube, das bringt an dieser Stelle mehr als alles andere.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) )

Weil ich mich mehr mit dem Thema beschäftigt habe, habe ich die letzten vier Wochen genutzt und habe bei uns im Dorf einen Heimat- und Kulturverein auf den Weg gebracht. Wir haben eine Initiative im Dorf gestartet, die noch einmal eine alte Tradition aufleben lässt, wo auch die Mundart verwendet wird. Das ist das Kläbbern in der Fastenzeit. Ich freue mich schon darauf. Da wird die Mundart weiter gepflegt.