Protokoll der Sitzung vom 24.05.2017

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Mia und Luca haben jetzt ihre Ausbildung abgeschlossen. Luca hat nach seiner Meisterprüfung als Mechatroniker ein Bachelorstudium in Systems Engineering an der Universität des Saarlandes und am Institut National Polytechnique de Lorraine in Nancy absolviert. Er hat danach, zunächst als Spin-off im Science Park der Uni, mit einem französischen Studienkollegen ein Dienstleistungsunternehmen im Bereich der Automatisierungstechnik gegründet, das vor allem in Ostfrankreich und Südwestdeutschland 3D-Druck-Anlagen implementiert, repariert und wartet. Ohne die in der Meisterausbildung angeeigneten kaufmännischen und praktischen Grundkenntnisse hätte er diesen Schritt in die Selbstständigkeit niemals gewagt.

Mia hat einen hervorragenden Abschluss in Informatik gemacht und anschließend am Helmholtz-Zentrum für IT-Sicherheit in Kooperation mit der Universität des Saarlandes promoviert. Finanziert wurde die Promotion von einem IT-Sicherheitsunternehmen, das sich im Umfeld des Helmholtz-Zentrums angesiedelt hat und zu dessen Kunden Big Player gehören. Im Anschluss an die Promotion hat sie dort auch eine feste Anstellung gefunden und betreut Kunden vor allem im lateinamerikanischen Raum. Ihre in der Schule unter anderem erworbenen Spanischkenntnisse haben sie hierfür geradezu prädestiniert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, so könnte der Weg von Mia und Luca aussehen in einer Region, das auch in Zukunft d i e erfolgreiche und moderne Industrieregion im Herzen Europas sein soll. Wir als Landesregierung bekennen uns voll und ganz zum Industriestandort Saar. Das gilt in besonderem Maße für unsere Stahlindustrie, die wir mit ganzer Kraft unterstützen und gegen überzogene Umweltauflagen ebenso schützen wollen und werden wie gegen Dumpingkonkurrenz aus anderen Weltregionen. Es ist gut zu wissen, dass der saarländische Landtag geschlossen hinter diesem Ziel steht.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Um als Industriestandort auch in Zukunft erfolgreich zu sein, werden wir für die mittels der Studie „Saarlands Wirtschaft 2030“ in enger Abstimmung mit der “Strategie für Innovation und Technologie Saarland“ identifizierten Schlüsselbranchen und Wachstumsmärkte ein kohärentes und zukunftsorientiertes Standortkonzept entwickeln. Auf dieser Grundlage werden wir verstärkt um Ansiedlungen werben, Unternehmensgründungen sowie Betriebsübernahmen durch saarländische Firmen fördern.

Unser besonderer Fokus wird jedoch auf der Gestaltung des digitalen Wandels liegen. Wenige Regionen in Deutschland verfügen über eine Forschungsexzellenz im Bereich IT wie das Saarland. Unser DFKI und die beiden Max-Planck-Institute für Informatik sowie Softwaresysteme bewegen sich ganz vorne in der Weltspitze. Mit dem CISPA, dem Helmholtz-Zentrum, werden wir zu einem Player auf der Weltkarte der IT-Sicherheit. Dass dieses Thema immer wichtiger wird, haben wir kürzlich bei dem Hackerangriff mit der Erpressersoftware „WannaCry“ gesehen.

Folglich sind wir geradezu prädestiniert, den Wandel 4.0 mitanzuführen. Das gilt insbesondere für den gesamten Komplex der E-Mobilität und des autonomen Fahrens. Hierzu werden wir alle Kompetenzen im Saarland fokussieren und optimal vernetzen. Pilotprojekte wie das Testfeld Merzig und das Digitale

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Testfeld Deutschland-Frankreich werden wir weiter aktiv fördern.

Im Dialog mit den Akteuren in Wirtschaft und Forschung werden wir insbesondere die mittelständischen Unternehmen bei der Digitalisierung unterstützen und vor allem auf diesem Feld für einen pulsierenden Technologietransfer sorgen. Die Untersuchungen und Erkenntnisse der Arbeitskammer haben ja heute belegt, dass gerade die saarländische Wirtschaft dem Thema Digitalisierung mehr als aufgeschlossen gegenübersteht. Hierzu wird auch die Netzwerkstelle „Digitalisierung in der Wirtschaft‘“ dienen.

Gleichzeitig wird die „Offensive Mittelstand 4.0“ im Wirtschaftsministerium das Kompetenzzentrum „Power4Production“ am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik, ZeMA, weiterentwickeln sowie eine Digitalisierungsakademie für kleine und mittlere Unternehmen gründen.

Flankiert wird all das von einem forcierten Breitbandausbau. Bis 2018 - und wir haben gerade dieser Tage die Vereinbarung unterschrieben - werden die Deutsche Telekom, Innexio und VSE-Net insgesamt 50 Millionen Euro investieren, um die unterversorgten Gebiete mit Glasfasernetzen auszustatten und so flächendeckend eine Internet-Geschwindigkeit von mindestens 50 Megabit pro Sekunde sicherzustellen. Das reicht uns aber nicht aus. Unser mittelfristiges Ziel ist der möglichst flächendeckende Zugang zu Gigabit-Netzen, die Download- und UploadGeschwindigkeiten von 1.000 Megabits pro Sekunde bereitstellen. In einem ersten Schritt werden wir hierbei zunächst die besonderen Bedarfe von Unternehmen berücksichtigen und das Breitbandförderprogramm des Bundes für Gewerbegebiete mit Landesmitteln aufstocken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gleichmäßige wirtschaftliche Entwicklung in unserem Land, die Frage der Gleichwertigkeit von Lebensverhältnissen in dem Ballungsraum und dem ländlichen Raum hängt nicht nur von den klassischen Verkehrs- und Gewerbestrukturansiedlungen ab, sondern hängt insbesondere auch ab von der zukünftigen Breitband- und Glasfaserversorgung. Deswegen ist dies eine echte Zukunftsinvestition nicht nur für den Ballungsraum, sondern auch und gerade für den ländlichen Raum in unserem Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Dass dazu alle Anstrengungen für die klassischen Rahmenbedingungen wie ausreichend Gewerbeansiedlungsflächen, attraktive und verlässliche Verkehrsverbindungen und ein gekonntes Standortmarketing kommen müssen, versteht sich von selbst. Das gehört zu den Daueraufgaben einer Landesregierung.

Eine solche, gut aufgestellte Wirtschaft - und das liegt uns genauso am Herzen, meine sehr geehrten Damen und Herren - wird und muss gute Arbeitsplätze bieten, vor alle durch eine erfolgreiche Partnerschaft und gesetzgeberisches Handeln dort, wo es notwendig ist. So haben wir im Saarland den Mindestlohn eingeführt, dessen Weiterentwicklung wir im Sinne einer Verbesserung des Status quo auf Bundesebene mittragen werden. So werden wir das Tariftreuegesetz dahingehend vorschreiben, dass die Höhe des vergabespezifischen Mindestlohns an den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz gekoppelt und bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Einhaltung eines repräsentativen Tarifvertrages zur Bedingung gemacht wird. Und wir werden uns im Sinne der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern für gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit einsetzen, und zwar nicht nur, indem wir an die Unternehmen, die freie Wirtschaft appellieren, sondern indem wir mit gutem Beispiel vorangehen, indem wir im öffentlichen Dienst und in den Unternehmen mit mehrheitlicher Landesbeteiligung den Entgelt-Check verpflichtend einführen werden. Auch das ist ein Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit in unserem Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Wir sehen uns aber auch in der Verpflichtung für die, die keinen Anteil am Erwerbsprozess haben. Zuvorderst sehen wir hier die Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind. Deren Zahl wollen wir durch das erfolgreiche Landesprogramm „Arbeit für das Saarland“ als Ergänzung zu den gesetzlichen Fördermöglichkeiten weiter reduzieren. Mit der Neuaufstellung von ASaar wollen wir die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung degressiv fördern und die Beschäftigten mit ihren Familien durch Job-Coaching und individuelle Beratung bestmöglich unterstützen. Gleichzeitig beabsichtigen wir, mit dem saarländischen Beschäftigungspakt das Saarland zu einer Modellregion für den Passiv-Aktiv-Transfer zu machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird Zeit, dass wir in Deutschland bei der Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit aus der Situation herauskommen, die Menschen nur von einem Programm, das zeitlich begrenzt ist, zum anderen zu beschäftigen. Wir wollen, dass die Menschen eine dauerhafte Perspektive haben. Wir brauchen für diese Gruppe eine andere Gestaltung des Arbeitsmarktes. Und wo könnte man das besser ins Werk setzen und ausprobieren als bei uns hier im Saarland? Darüber werden wir mit der Bundesregierung und mit dem Bundesarbeitsministerium zu sprechen haben. Und ich kann Ihnen versichern, dass wir diese Gespräche führen werden.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

Um die Armutsgefährdung dieser und anderer Personengruppen zu mildern, werden wir zudem auf der Basis unserer Sozialberichterstattung unter Beteiligung der Mitglieder des Beirats zur Erstellung der Sozialstudie einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut entwickeln. Wir werden diesen Aktionsplan auch mit einem Fonds unterlegen, aus dem entsprechende Maßnahmen finanziert werden können. Darin werden wir mit einer ressortübergreifenden Strategie bestehende Maßnahmen untersuchen. Wir werden schauen, wo neue Handlungsbedarfe entstanden sind, und wir werden konkrete Verantwortlichkeiten, einen Zeitplan und Zielvereinbarungen festlegen, denn wir wollen, dass die Armutsbekämpfung zu realen und nachweisbaren Ergebnissen in diesem Land führt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um auf Mia und Luca zurückzukommen: Sie wollen nicht nur in einem Land mit guter Wirtschaftsperspektive leben. Für sie wie für uns ist das Saarland mehr als nur ein Wirtschaftsstandort. Für sie wie für uns ist das Saarland emotionale Heimat, in der sie sich wohlfühlen und ihrerseits Familien gründen wollen. Einen ganz wesentlichen Anteil daran haben unsere Städte und Gemeinden und unsere Landkreise. Deshalb müssen wir unsere Kommunen auf Dauer wieder handlungsfähig machen. Neben der konsequenten Umsetzung des Kommunalpaktes zwischen der Landesregierung und den Kommunen sehen wir uns in der Pflicht, den Kommunen durch geeignete weitere Maßnahmen Hilfestellung zu leisten. So werden wir die Städte und Gemeinden an der Entlastung des Saarlandes infolge der neuen Bund-Länder-Finanzausgleichsregelungen fair und angemessen beteiligen. Die Projekte im Zusammenhang mit der Investitionsoffensive Saar werden wir auch den kommunalen Infrastrukturen zugutekommen lassen. Gleiches gilt für die Bundesfinanzhilfen zur Verbesserung der Bildungsinfrastruktur, die wir eins zu eins an die Kommunen weitergeben werden - dies, um nur einige wichtige Maßnahmen zu nennen.

Im Gegenzug - und das sage ich auch ganz deutlich - erwarten wir von den Städten und Gemeinden den verstärkten Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit. In diesem Zusammenhang wird das Innenministerium binnen eines Jahres unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände einen Katalog möglicher Kooperationsfelder erarbeiten und Vorgaben zur Zusammenarbeit machen. Dabei wird die Kommunalaufsicht ermächtigt, anhand der Erhebung von Kennzahlen die Effizienz des Verwaltungshandelns einzelner Kommunen offenzulegen, mit anderen zu vergleichen und gegebenenfalls steuernd einzugreifen. An unserem Wunsch nach kommunalen Zusammenschlüssen auf freiwilliger Basis und nach entsprechenden Bürgerentscheiden halten wir ebenso fest wie an unserem Angebot, hierfür die notwendige finanzielle Unterstützung zu gewähren.

Innerhalb der nächsten drei bis vier Jahre werden wir die Bemühungen der Kommunen auf ihre Erfolge hin anhand von Kennziffern untersuchen. Sollten diese Kennziffern unbefriedigend sein, schließen wir als Ultima Ratio eine Gebietsreform nicht aus. Darüber wird zwar erst in der nächsten Legislaturperiode entschieden werden. Wir werden aber schon in dieser Legislaturperiode die rechtlichen Grundlagen schaffen, und zwar so, dass wir bei den anstehenden Wahlen und Besetzungen die Entstehung von Vertrauensschutztatbeständen ausschließen können. Es ist uns ernst mit der Umgestaltung der Städte und Gemeinden in unserem Land, denn nur sie führt dazu, dass wir auf Dauer lebensfähige Städte und Gemeinden haben, und nur lebensfähige Städte und Gemeinden sichern auf Dauer ein attraktives und lebensfähiges Bundesland.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu einem funktionierenden Staat und einem demokratischen Gemeinwesen gehört ein Maß an innerer Sicherheit und an Rechtssicherheit, welches das vertrauens- und friedvolle Zusammenleben der Menschen gewährleistet. Wir erleben es derzeit, dass der Glaube der Menschen, bestmöglich vor Kriminalität und Gewalt geschützt zu sein, durchaus erschüttert ist. Gerade der schreckliche Terroranschlag am gestrigen Tag in Manchester hat dies noch einmal bewiesen. Großbritannien gehört sicherlich zu den europäischen Staaten, die sehr strikte Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, auch aus der Erfahrung der Terroranschläge der Vergangenheit. Großbritannien hat gestern Zeugnis dafür abgelegt, dass es die absolute Sicherheit in einer offenen Gesellschaft nicht geben kann und nicht geben wird. Trotzdem ist es unsere Verpflichtung, alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit die Menschen so sicher wie möglich leben können. Wir müssen sicherstellen, dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht durch Terroristen gefährdet werden, wie dies gestern in Manchester in einer absolut bestialischen Art und Weise geschehen ist. Unser Mitgefühl gehört heute vor allen Dingen den Opfern, ihren Angehörigen und Freunden. Und unsere Verachtung gehört den feigen Mördern, die sich an Kindern und Jugendlichen vergreifen.

(Beifall.)

Unsere vermehrten Bemühungen um die innere Sicherheit - ich nenne etwa die Maßnahmen zur Stärkung der Polizei in der Fläche oder den Einsatz von speziellen Ermittlungsgruppen - haben im vergangenen Jahr bereits Früchte getragen. So konnte laut polizeilicher Kriminalstatistik die Zahl der Wohnungseinbrüche ebenso wie die Zahl der Straftaten gegen das Leben und die der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung signifikant zurückgeführt werden. Trotz dieser für das Jahr 2016 durchaus po

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

sitiven Bilanz müssen wir noch besser werden - das ist unser Ehrgeiz -, wenn wir das Vertrauen der Menschen in die Schutzfunktion des Staates nicht verlieren wollen. Aus diesem Grund werden wir die Polizei weiter personell verstärken. Die Einstellungszahl der Kommissaranwärterinnen und -anwärter werden wir so gestalten, dass unter Berücksichtigung des Abbaupfades und der absehbaren Ruhestandsversetzungen sowie sonstiger Abgänge und Ausfälle der Personalbestand ab dem Jahr 2021 stabil gehalten wird. Das System der Assistenzkräfte, also den polizeilichen Ordnungsdienst und die Ermittlungshelferinnen und -helfer, werden wir im Rahmen der Tarifbeschäftigung beibehalten und die Zeitverträge in unbefristete Beschäftigungen überführen. Dadurch können wir auch in Zukunft eine ausreichende Polizeipräsenz in der Fläche nach dem Grundsatz „in jeder Kommune ein Polizeistandort“ gewährleisten, und zwar indem wir ein intelligentes Personalmanagement innerhalb der Polizei betreiben.

Analog zur Personalentwicklung bei der Polizei werden wir auch im Justizdienst den geplanten Stellenabbaupfad einer kritischen Überprüfung unterziehen und dort, wo es sich als erforderlich erweist, hiervon abweichen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das sind Zukunftsinvestitionen für die Menschen in unserem Land.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Verbessern werden wir auch die Ausstattung der Polizei im Bereich der Schutzausstattung, der Mobilität und der Informationstechnik. Gleichzeitig werden wir eine Reihe von rechtlichen Änderungen vornehmen, die den verstärkten Einsatz der elektronischen Fußfessel, der Bodycams, der Videoüberwachung und der automatischen Kennzeichenerfassung ermöglichen. Wir sind uns bewusst, dass diese Maßnahmen immer mit den zentralen Persönlichkeits- und Freiheitsrechten abgewogen werden müssen. Und nichts würden wir uns mehr wünschen als einen Zustand, in dem alle diese Maßnahmen überflüssig sind, allein die Terroranschläge bei uns und in unseren Nachbarländern ebenso wie die gestiegene Gewaltneigung im Bereich der politischen Straftaten zwingen uns zu einem anderen Handeln. Der Staat hat nun einmal die Aufgabe - und dies gehört zu seinen primären Obliegenheiten -, die öffentliche Ordnung aufrechtzuhalten, den öffentlichen Frieden zu garantieren und die Menschen vor Gewalt und Straftaten zu schützen. Dieser vornehmen Aufgabe werden wir uns mit aller Kraft widmen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Mit „Heimat“ verbinden die Menschen bei uns, verbinden Mia und Luca aber auch den Wunsch nach einer intakten Natur, die sie für ihre Kinder bewahren und weitergeben können. Sie verbinden mit

„Heimat“ den Wunsch nach Strukturen, die ihnen in jeder Lebensphase die bestmögliche Versorgung bieten.

Dafür werden wir im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie im Landtag eine „Enquetekommission Nachhaltigkeit“ einrichten, und ich freue mich schon jetzt auf die aktive Teilnahme aus den Reihen der Landtagskolleginnen und -kollegen. Wir wollen diese Enquetekommission einrichten, um die Herausforderungen für die saarländische Umweltpolitik im Wandel der Zeit zu definieren und daraus entsprechende Handlungsziele abzuleiten.

Nach dem Motto „Steter Tropfen höhlt den Stein" werden wir uns weiterhin und mit nicht nachlassender Kraft für die Abschaltung des Kernkraftwerks Cattenom einsetzen. Die Tatsache, dass der neu gewählte französische Staatspräsident einen erklärten Kritiker der Atomenergie zum Umweltminister gemacht hat, ermöglicht hierbei vielleicht neue Verhandlungsspielräume.

Ungeachtet dessen brauchen wir aber auf jeden Fall eine erfolgreiche Energiewende. Diese gelingt nur, wenn wir sparsamer mit Energie umgehen, Energie effizienter einsetzen und umwandeln und - ja, auch das! - erneuerbare Energien immer stärker nutzen. Auf diesen Dreiklang aus Energiesparen, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien setzt diese Landesregierung.

Bisher haben wir uns dabei sehr stark auf den Strombereich konzentriert. Doch die Musik spielt hier ebenso im Bereich Wärme wie auch im Bereich Mobilität. Diese drei Sektoren müssen wir intelligent miteinander koppeln. Als starker Informatikstandort haben wir die besten Voraussetzungen, um hierbei ganz vorne mitzuspielen. Es ist ein gutes Signal für unser Land, dass die VSE als großer saarländischer Energieversorger in Ensdorf ein Vorhaben realisieren wird, bei dem es gerade um diese Sektorenkopplung geht und bei dem diese Sektorenkopplung modellhaft umgesetzt werden soll.

Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende sind jedoch, meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht nur Bits und Bytes, Voraussetzung ist vielmehr vor allem auch eine breite Grundakzeptanz in der Bevölkerung. Dafür möchten wir, dafür müssen wir noch stärker werben als bisher. Deshalb werden wir beim Ausbau der Erneuerbaren Energien frühzeitig - frühzeitiger als bisher - in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Städten und Gemeinden und den Verbänden treten und mehr Transparenz schaffen. Gerade bei Windparks gilt es, die davon betroffenen Bürgerinnen und Bürger über das gesetzlich vorgeschriebene Verfahren hinaus von vornherein in die Planungen einzubinden. Wir wollen außerdem, dass die Bürgerinnen und Bürger an der Rendite der Energiewende beteiligt werden. Deshalb

(Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer)

unterstützen wir Bürgerenergiegenossenschaften ebenso wie Mieterstrommodelle.

Das Land hat in den vergangenen Jahren Flächen im Staatswald bereitgestellt, dazu bekennen wir uns. Wir haben das getan, um die Windkraft auszubauen und so auch unser Ziel zu erreichen, bis 2020 jede fünfte im Land verbrauchte Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Dies hat teilweise zu heftigen Protesten geführt, insbesondere dort, wo Windräder in Laubwäldern errichtet wurden. Hier werden wir nachsteuern und das Landeswaldgesetz ändern, um einen vernünftigen Ausgleich zwischen der Schutzwürdigkeit von historisch gewachsenen alten Waldstandorten und den Zielen der Energiewende hinzubekommen. Über die vertraglich bereits gebundenen Flächen hinaus hat der SaarForst Landesbetrieb seit Beginn dieses Jahres keine neuen Flächen mehr verpachtet und wird auch keine weiteren Flächen zur Verfügung stellen. Ich glaube, dies ist eine angemessene Reaktion vor dem Hintergrund der Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land, um einerseits Akzeptanz und andererseits trotzdem Dynamik in der Energiewende zu erreichen.

(Beifall von den Regierungsfraktionen und bei der LINKEN.)

Wir werden uns bei der Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik streng am Leitbild einer nachhaltigen Landwirtschaft orientieren und daher bis zum Jahr 2022 einen Anteil von 25 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in ökologischer und nachhaltiger Bewirtschaftung anstreben. Dies geschieht auch mit dem Ziel, dass sich die Menschen mit Produkten aus unserer Region versorgen können. Denn das ist doch das Beste, was wir zur Vermeidung des Klimawandels und zur weltweiten Nachhaltigkeit beitragen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Sicherung des Trinkwassers, der Böden und der Nahrungskette vor schädlichen Einflüssen, zum Beispiel vor PCB und anderen Schadstoffen, wird auch in Zukunft oberste Priorität haben und durch die Fortsetzung der bisherigen guten Arbeit der zuständigen Landesbehörden sichergestellt werden. Bei den Genehmigungsverfahren im Bereich des Nachbergbaus wird es auch weiterhin keine Genehmigungen ohne einen sicher gewährleisteten Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, vor allem des Trinkwassers, geben. So dürfen Veränderungen bei der Grubenwasserhaltung der RAG AG nur genehmigt werden, wenn Gefahren für Mensch und Umwelt und insbesondere für das Schutzgut „Wasser" ausgeschlossen werden können. Das ist die Haltung, die wir in den vergangenen fünf Jahren eingenommen haben, und das wird auch die Haltung sein, die wir im jetzt laufenden Geneh

migungsverfahren einnehmen werden. Das sind wir den Saarländerinnen und Saarländern schuldig.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Wir wollen eine Gesellschaft, in der Gesundheitsbewusstsein und Respekt vor der Umwelt und unseren natürlichen Ressourcen großgeschrieben werden. Wir wollen die Menschen dabei mitnehmen und sie überzeugen, sie aber nicht bevormunden. Wir werden überprüfen, ob die vorhandenen ordnungsrechtlichen Bestimmungen und unsere Appelle zur Eindämmung unserer Wegwerfkultur ausreichen. Wir erwägen eine Bundesratsinitiative, um die verpflichtende Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums einzuschränken. Meine sehr geehrten Damen und Herren, angesichts der gerade aktuell wieder zu sehenden Bilder von Hungersnöten und verhungernden Kindern etwa auf dem afrikanischen Kontinent ist es an Zynismus nicht zu überbieten, dass wir hierzulande, auch wir hier im Saarland, tagtäglich Massen an Lebensmitteln wegwerfen oder vernichten, bloß weil ein Mindesthaltbarkeitsdatum, über dessen Sinn man sich ohnehin streiten kann, erreicht worden ist oder sein Erreichen knapp bevorsteht. Ich glaube, an dieser Stelle kann jeder Einzelne von uns einen ganz praktischen Beitrag zu einer insgesamt gerechteren Welt leisten. Diesen Beitrag wollen wir im Saarland durch entsprechende Rahmenbedingungen fördern.