Protokoll der Sitzung vom 28.08.2019

Dabei freue ich mich ja normalerweise über konstruktive Kritik, wenn diese der Debatte auch zuträglich ist, aber das, liebe Kolleginnen und Kollegen, war lediglich ein billiger Versuch von Parteipolitik.

(Beifall von der LINKEN. - Ministerin Bachmann: Er ist Polizeipräsident! Das nur nebenbei.)

Ja, Frau Ministerin, zur Ehrlichkeit gehört natürlich auch - das möchte ich hier gar nicht auslassen -, dass im Gegensatz dazu in der vergangenen Woche Hugo Müller, der stellvertretende Landespolizeipräsident, im Innenausschuss war und in einer, wie ich finde, absolut ehrlichen Art und Weise einmal Tacheles über die angespannte Situation bei der Polizei geredet hat. Dafür gebührt ihm Anerkennung. Auch ich denke, die Zeit des Schönredens und des Ankündigens ist vorbei. Jetzt müssen endlich Taten folgen.

(Beifall von der LINKEN. - Abg. Spaniol (DIE LIN- KE) : Ja, sag es ihm einmal!)

Dann ein paar Worte zum AfD-Antrag. Die Vorgänge in den Schwimmbädern und auch auf der Emmes sind meiner Meinung nach beispielhaft für rechte Hetze. In Saarlouis haben Bürgermeister irgendwelche Bedrohungslagen herbeischwadroniert, um ihre politische Agenda umsetzen zu können. Dabei mal

ten sie bürgerkriegsähnliche Zustände mit einem dicken Klecks an Rassismus.

Am Ende bleibt von den Vorwürfen im Innenausschuss nichts übrig. Zurückgeblieben sind ein kleinlauter Bürgermeister mit einer Sicherheitspartnerschaft und eine nicht geführte Debatte über ein unzureichendes Bäderkonzept.

(Zuruf des Abgeordneten Speicher (CDU).)

Aber wohin die rechte Hetze letztendlich führt - das haben wir auch eben wieder gehört, wie hier gehetzt wurde -, das sieht man im schlimmsten Fall beim NSU oder bei Walter Lübcke. Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen es nicht zulassen, dass völkische Nationalisten oder Rassisten so wurde das eben hier vorgetragen - die Grenze des Sagbaren auch hier im Hohen Hause immer weiter nach vorne schieben. Deshalb bin ich der Vizepräsidentin auch dankbar für ihre Äußerungen in Bezug auf die Rede des Abgeordneten Müller.

(Beifall von der LINKEN und der SPD.)

Ich denke, ein ähnlicher Fall in Bezug auf die Debatte um die Schwimmbäder ist wirklich beispielhaft für das, was hier vorgetragen wurde. Vom Düsseldorfer Rheinbad wurde berichtet, dass angeblich Hunderte nordafrikanischer Männer das Schwimmbad terrorisieren würden. Voreilig wurde das dann auch von der Bundespresse berichtet. Dankenswerterweise hat Monitor diese Berichterstattung als eine falsche Berichterstattung klassifiziert. Lediglich zwei Ermittlungsverfahren gegen Deutsche sind davon übrig geblieben. Aber es kam zu weiteren Polizeieinsätzen, weil sich nämlich recht schnell Bürgerwehren gegründet haben mit Neonazis, die dann versucht haben, für Sicherheit in diesem Schwimmbad zu sorgen.

Interessant hierbei ist die Aussage von Günter Krings, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Der ließ sich nämlich zu der Aussage hinreißen, dass straffällig gewordene geduldete Nordafrikaner sich schneller in ihrer Heimat wiederfinden, als sie das ursprünglich wollten. Diese Aussage tätigte er ohne jegliches Hintergrundwissen. Es war eine rein populistische Hetze. Das sind dieselben Leute, die für Sie auch die Einschätzungen machen, was die Abschiebungen nach Afghanistan betrifft. Das nimmt die SPD einfach so hin. Das kann ich nicht verstehen, vor allen Dingen nicht nach dem, was wir eben hier gehört haben.

Abschließend lässt sich sagen, dass seit Jahren die schweren Straftaten zurückgehen. Trotzdem geht auch das subjektive Sicherheitsgefühl zurück. Wie kann das sein? Ich würde einmal sagen, wir haben

(Abg. Lander (DIE LINKE) )

eine sehr geschwächte Struktur bei der Polizei. Wenn bei jemandem eingebrochen wird und er muss dann zwei oder drei Stunden darauf warten, bis ein Kommando kommt und letztendlich kommt nicht viel dabei herum, dann verlieren die Menschen das Vertrauen in die Institutionen. Das kann man kaum durch neue Polizeigesetze oder Staatstrojaner für den Verfassungsschutz, wie das jetzt beispielsweise der Chef des Verfassungsschutzes Albert gefordert hat, auffangen. Das kann man nur durch genügend Personal in der Struktur der Polizeibehörden auffangen. Deshalb bitte ich auch um Zustimmung für unseren Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN.)

Das Wort hat nun Ruth Meyer von der CDU-Landtagsfraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Empörungsfraktionen von links- und rechtsaußen haben mit ihren Darstellungen und Äußerungen in den Anträgen ein Weltbild aufgemacht und die Fakten so zurechtgebogen, bis sie in das Weltbild hineinpassten. Vieles kann man so nicht stehen lassen, vieles hat sich bereits selbst entlarvt. Hört man auf die einen, dann ist das Saarland dem Untergang geweiht, folgt man den anderen, dann werden hier Shows inszeniert und es gibt Aktionismus, entweder um die Sicherheitslage zu schönen oder um sie zu dramatisieren, je nachdem, wie Sie es gerade brauchen. Ich kann Ihnen versichern, nichts davon ist der Fall!

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Herr Müller, Sie haben eben Wilhelm Busch zitiert, ich darf Ihnen mit Wilhelm Busch antworten. Das gilt auch für Herrn Lander: „Ach, die Welt ist so geräumig, und der Kopf ist so beschränkt.“ - Auch daran hat uns Ihr Vortrag eben erinnert.

(Lachen und Beifall bei den Regierungsfraktio- nen.)

Richtig ist aber sicherlich auch: Wenn in einer Regierung die Fachminister mit Verve für ihr Ressort kämpfen, der Finanzminister das Geld - das Tischtuch, das verschiedentlich schon erwähnt wurde zusammenhält und der Ministerpräsident vermittelt und ausgleicht, dann funktioniert diese Regierung so, wie sie soll. Ugo Tognazzi, ich weiß nicht, ob Sie sich an diesen wunderbaren Schauspieler erinnern, hat es folgendermaßen ausgedrückt: „In einer Koali

tion bestätigt man seine Treue zum Partner durch Seitensprünge von begrenztem Radius.“ - So viel zum Zitat.

(Amüsiertes Lachen bei den Regierungsfraktio- nen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Echt? Na ja, interessante Ansicht!)

Dieser Schauspieler hat in einer Hauptrolle mitgespielt in dem Film „La Cage aux Folles“, „Ein Käfig voller Narren“.

(Zuruf von Ministerpräsident Hans. - Anhaltendes amüsiertes Sprechen.)

Ja, wir sind kulturell auf hohem Niveau unterwegs. In diesen Käfig voller Narren geriete man, wenn man der Opposition folgen würde. Wir lassen uns aber nicht zum Narren halten, schließlich haben wir Koalitionsvereinbarungen, die für uns handlungsleitend sind, sowohl in der Bildungs- als auch in der Sicherheitspolitik. Deshalb sehen Sie mich gelassen. Fakt ist nämlich, Alex Funk hat es eben erwähnt, dass für die Freiwilligen und Gebundenen Ganztagsschulen Wahlfreiheit vereinbart ist. Dabei ist im ländlichen Raum das flexiblere freiwillige System deutlich stärker nachgefragt. Das weiß ich, denn ich komme aus einer ländlichen Region. Fakt ist aber auch, dass Lehrkräfte im Unterricht wichtiger sind als in der Betreuung. Das ist so, man kann keinem Elternteil vermitteln, dass Fachkräfte, Lehrer in der freiwilligen Betreuung abgezogen werden, wenn sie im gebundenen Ganztag etwa beim Mittagessen dabei sind. Aus all diesen Gründen war eine Korrektur dringend notwendig. Es war wichtig, hier ein Signal der Entspannung zu senden, sowohl an die Schulen, als auch an die Eltern und die Träger. Deshalb danke ich insbesondere unserem Ministerpräsidenten Tobias Hans, dass er hier für eine gute Lösung gesorgt hat.

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Die Notbremse hat er gezogen!)

Im Übrigen darf das Parlament, wie ich finde, gerade in der aktuellen Personalsituation von allen Ministerien erwarten, dass sie die zur Verfügung gestellten Stellen auch sehr effizient bewirtschaften. Dazu zählt etwa, dass man prüft, wo hoch bezahlte, voll ausgebildete Fachkräfte eventuell mit Verwaltungsaufgaben betraut sind, die aber genauso gut von tariflichen Assistenzkräften erledigt werden können. Genau das hat die Polizei getan. Sie hat diese organisatorischen Möglichkeiten voll ausgereizt, sie hat sich umorganisiert und neu strukturiert. Sie hat Assistenzsysteme in vertretbarem Umfang eingeführt und Aufgaben umfänglich neu verteilt. Für diese

(Abg. Lander (DIE LINKE) )

Leistung - eine Leistung der Fachabteilung, des Landespolizeipräsidiums, aber auch jedes einzelnen und jeder einzelnen betroffenen Beamten und Beamtin - gebühren der saarländischen Polizei unser Dank und unsere Anerkennung.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Die notwendige Wende in der Entwicklung der Stellen konnten wir nicht früher einleiten, denn sonst hätten wir die 260 Millionen Euro jährlich riskiert, aus denen nicht zuletzt auch zu erheblichen Teilen die Ausstattung unserer Polizei neu geregelt werden konnte, wovon also die Polizei mit Sachmitteln und mit Tarifpersonal profitiert hat. In sieben Sicherheitspaketen zusammengefasst wurden jeweils die Haushaltsmittel abgeschöpft, Wünschen und Notwendigkeiten kam man in dem Rahmen nach, wie es im Haushalt möglich war. Dazu gehören zu Recht auch Videokameras und Bodycams, auch wenn es Ihnen nicht in den Kram passt, Herr Lander.

Jetzt war es allerhöchste Eisenbahn für das Signal, dass es auch personell wieder aufwärts geht und der Personalabbau ein Ende hat. Wir stellen schnellstmöglich zusätzliche Fachkräfte bereit. Wenn es noch einer Bestätigung bedurft hätte, wie stark die Belastung unserer Vollzugsbeamten ist, so hat die Stellungnahme des Polizeiarztes, die hier verschiedentlich erwähnt wurde, sie geliefert. Wir wissen aber auch, dass dies in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes ähnlich ist. In der Polizei beginnen wir also bereits in diesem Oktober, die insgesamt 100 Beamtinnen und Beamten mehr auszubilden, die ab 2024 die Organisation der Polizei stärken werden. Ich bin auch froh, dass im Innenausschuss deutlich geworden ist, dass über diese Anpassung ab dem Stellenplan 2021 hinaus Lebenszeitverlängerungen ein Modell sind, das wir aber noch attraktiver machen müssen. Außerdem müssen wir geeignete Fachkräfte für den IT-Bereich finden.

Wir erleben zunehmend, dass sich Kriminalität ins Internet verlagert. Man spricht inzwischen von 20 Prozent Straftaten, die im Internet geplant und durchgeführt werden. Das ist ein Faktum, dem wir uns stellen müssen. Das trifft viele Bereiche, auch die Wirtschaft und den sozialen Bereich. Verbrechen werden organisiert, auch grenzüberschreitend, Extremismus und Respektlosigkeit steigen. Hierauf muss unsere Polizei reagieren können. Dabei bleibt die oberste Erwartung unserer Bevölkerung die sichtbare Präsenz von Polizeibeamtinnen und -beamten in Uniform. Herr Lander, wie man angesichts dessen auf die Idee verfallen kann, die Schwerpunkteinsätze in der Saarbrücker City zu diskreditie

ren, das verstehe, wer will. 41 Kontrolltage fanden gezielt an Orten mit gehäuften Delikten statt. Das entsprach genau dem, was die Landeshauptstadt gefordert hat. Das erwarteten die Geschäftswelt und die Bevölkerung. Das konnte unsere Polizei mit der personellen Enge leisten.

Und dann kommen Sie! Wenn man als innenpolitischer Sprecher den Landespolizeipräsidenten - das ist Norbert Rupp, es war eine Unverschämtheit, was Sie eben geäußert haben - mitsamt seiner Organisation und seinem Stellvertreter, die sich ziemlich einig sind, als Dummschwätzer bezeichnet, dann hat man es echt gepackt! Daran sieht man deutlich, wie meilenweit Sie mit Ihren Ideen von der Realität entfernt sind. Also echt, Herr Lander, Chapeau, da ziehe ich meinen Hut!

(Beifall von den Regierungsfraktionen. - Spre- chen.)

Frau Spaniol, Ihr heutiger Antrag macht das nicht besser. Was Sie Konzept nennen, zeigt nur, dass Sie nichts verstanden haben. Es steht drin, Sie würden auf einen Abbau von Polizeistellen verzichten. Verzichten? - Heißt das, Sie verbieten, Leute in den Ruhestand zu schicken? Was man erreichen will, muss man doch Jahre vorher anlegen! Genau das haben Minister Bouillon und diese Koalition getan, und zwar sehr kontinuierlich. Wir haben die Anwärterzahlen seit 2012 erhöht, 100 Stellen und 120, jetzt sind es 129, im nächsten Jahr werden es 150 sein und danach 140 und 130 Stellen. Das wirkt alles in drei bis vier Jahren. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Insofern ist „verzichten“ kein Konzept. Von sprunghaftem Aktionismus ist nichts zu erkennen. Es ist ein kontinuierliches Kümmern im Rahmen dessen, was der Haushalt erlaubt. Genau das ist jetzt wieder geschehen. Dafür herzlichen Dank.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Es ist auch nicht ganz überraschend, dass die AfD ihre Messerstecher-Theorie wieder aufwärmt. Aber wie lauten die häufigsten Vornamen der Messerstecher? - Nein, nicht Mohammed oder Yussuf, sondern Michael und Daniel. Was müssen Sie enttäuscht gewesen sein, Herr Müller!

(Abg. Müller (AfD) : Sie haben falsch gelesen! Lachen und Gegenrufe.)

Ich kann nur sagen: Völlig falscher Ansatz!

(Sprechen.)

Merken Sie sich einfach: Wir wollen, dass niemand bei uns mit einem Messer rumläuft, egal welcher Nationalität. Klaus Bouillon hat die Möglichkeit eröffnet,

(Abg. Meyer (CDU) )

Waffenverbotszonen einzurichten. Das sind Lösungen, das ist konkretes Handeln, das unsere Bevölkerung schützt, nicht Ihr xenophobes Spiel mit der Angst und auch nicht Ihre perfide Baller-Baller-Argumentation.

Was soll das sein in Ihrem Antrag? - Sie schreiben von einer erheblichen Zahl von Vorfällen, ausgehend von Gruppen junger Männer, in der Regel mit Migrationshintergrund. Diffuser und einseitiger geht es ja wohl kaum! Fakt ist: Die Beteiligung von Migranten an Straftaten liegt bundesweit im Schnitt bei circa 10 Prozent, bei einzelnen Deliktsgruppen, zum Beispiel Rauschgiftkriminalität oder organisierter Kriminalität, variiert sie durchaus in Richtung 20 Prozent. Das wurde jüngst in einer Veröffentlichung des Bundeskriminalamtes zusammengefasst. Hier sind passgenaue Maßnahmen dringend erforderlich, keine Frage, aber nicht Ihr pauschales Wischiwaschi.

Ich finde es übrigens ebenso sträflich, Straftaten künstlich hochzupushen, wenn sie lediglich Einzelfälle darstellen oder Dinge darstellen, die man schon mit besserer Planung und Kommunikation hätte in den Griff bekommen können. So sehe ich die Situation in Saarlouis. So wurde uns das im Ausschuss vom stellvertretenden Polizeipräsidenten geschildert. Da war keine Rede von geordnetem Rückzug. Es wurde ausdrücklich gesagt, die Beamtinnen und Beamten sind zum Anlegen ihrer Schutzausrüstung für fünf Minuten zur Polizeiinspektion gegangen und waren stante pede wieder zurück am Ort des Geschehens, aber dort hatte sich das Geschehen schon wieder aufgelöst. Da muss man die Informationen nehmen, wie sie genannt wurden, und damit umgehen.

Das heißt, wir müssen die richtigen Ziele verfolgen, aber nicht mit den falschen Argumenten. Wer schützt uns also vor Populisten von rechts und links? Ich sage, ein kluger Faktencheck. Die Aufklärungsquote etwa ist in den letzten Jahren permanent gestiegen. In diesem Jahr konnten wir von den Verbrechen, die in der PKS vermerkt sind, anteilig mehr aufklären.

Die Resteliste, von der Hugo Müller berichtet hat, enthält die unbearbeiteten Fälle. Auch diese konnten in den letzten Jahren gegen null geschrumpft werden. Das alles sind auch nur Indizien, aber Indizien für eine funktionstüchtige Sicherheitsarchitektur. Nicht zuletzt und ganz besonders braucht es unbeirrte und beherzte Politikerinnen und Politiker, die nicht nur reden, sondern umsichtig handeln.