Protokoll der Sitzung vom 30.10.2019

Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Mehr Demokratie wagen - Ortsvorsteher sollen die Amtsbezeichnung Bürgermeister tragen (Drucksache 16/1039)

Zur Begründung des Antrages der AfD-Landtagsfraktion erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzenden Josef Dörr das Wort.

(Vereinzelt Sprechen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diesen Antrag

(Abg. Zimmer (SPD) )

unter die Überschrift stellen: Wertschätzung unserer vor Ort arbeitenden ehrenamtlichen Politiker. 1974 bei Inkrafttreten der Gebiets- und Verwaltungsreform - ist im Saarland ein gutes Stück Demokratie verloren gegangen. Aus 250 Gemeinden wurden 50 Gemeinden. Aus den restlichen Gemeinden, die weggefallen sind, wurden zum großen Teil Orte oder Bezirke. Man hat auch die Bezeichnung geändert. Wer in einem Ort einem Ortsrat vorstand, war nicht mehr der Bürgermeister, sondern ein Ortsvorsteher.

Ich glaube, dass man das leichtfertig so gemacht hat, denn man hätte den Leuten, die vor Ort ehrenamtlich arbeiten, politisch tätig sind und den Kopf hinhalten, durchaus ihren Titel lassen können. Das hätte keinen einzigen Pfennig gekostet. So hat man auch keinen einzigen Pfennig gespart. Wir sind dafür, dass die Ortsvorsteher den Titel Bürgermeister zurückbekommen, den sie seinerzeit hatten.

In unserem Nachbarland - wir sind nach Frankreich orientiert, siehe Frankreichstrategie und so weiter ist es ohnehin so, dass die Bürgermeister von der kleinsten Gemeinde an bis zum Bürgermeister der größten Stadt alle Bürgermeister heißen. Da macht man keine Unterschiede. Wir haben bei uns noch den Oberbürgermeister oder die Oberbürgermeisterin. In unserem Antrag steht nicht, dass wir ihnen diesen Titel abholen wollen. Sie dürfen durchaus ihren Titel behalten, wenn es auch manchmal für die französischen Nachbarn Übersetzungsschwierigkeiten bedeutet.

Es gibt die Anekdote, die berichtet, dass ein damaliger saarländischer Oberbürgermeister mit einer Delegation zur Partnerstadt kam. Man hat sich gegenseitig begrüßt und benannt. Auf der französischen Seite war es natürlich der Bürgermeister - le maire. Aber bei dem Oberbürgermeister hat man gezögert. Der Dolmetscher wusste nicht recht, wie er das übersetzen soll. Unser Oberbürgermeister ist schlagfertig gewesen und war schon einmal zu einem kleinen Späßchen aufgelegt. Er hat gesagt: „Ach, sagen Sie doch einfach grand maire.“ Das war wohl nicht so ganz richtig, aber es war immerhin eine Übersetzungsübung.

In der französischen Sprache gibt es viele Homophone. So nennt man Wörter, die gleich lauten, aber verschieden geschrieben werden. Zum Beispiel haben wir im Deutschen das Wort Leere. Es wird zum einen mit zwei e geschrieben. Dann bedeutet es etwas anderes, als wenn es mit eh geschrieben wird. Das ist also ein Homophon.

(Sprechen.)

Das französische Wort maire ist auch ein solches Homophon. Je nachdem, wie es geschrieben wird, heißt es Bürgermeister - le maire - oder es heißt das Meer - la mer. Vielleicht erinnern Sie sich an das Lied von Charles Trenet, der das Lied „la mer“ gesungen hat. Es gibt auch noch die Mutter - la mère.

(Anhaltendes Sprechen.)

Bei den Franzosen ist es so, dass die Amtsbezeichnung maire lautet, egal wie groß die Gemeinde ist. Man hat aber doch eine neue Situation. In Paris ist es eine Bürgermeisterin. Man hat gestritten, wie wir da sagen. Monsieur le maire kann man nicht sagen, Madame le maire klingt auch komisch. Ich höre im französischen Rundfunk, dass man Madame la maire sagt. Das klingt dann aber auch wieder wie Stadtmutter oder so etwas. Solche Dinge gibt es.

Um zu unserem Thema zurückzukommen: In Frankreich gibt es Gemeinden, die bedeutend kleiner sind als unsere Orte. Die haben einen Bürgermeister, also einen maire. Ich habe mir die Mühe gemacht und habe einmal, was ich sehr selten mache, im Internet versucht nachzuschauen -

(Abg. Eder-Hippler (SPD) : Das merkt man aber. Heiterkeit.)

Sie wissen noch gar nicht, was ich mache, Frau Eder-Hipplinger. Sie wissen doch gar nicht, was ich sagen will.

(Heiterkeit und Sprechen.)

Hippler? - Gut.

(Abg. Eder-Hippler (SPD) : Sie haben gesagt, Sie haben sich ausnahmsweise die Mühe gemacht, was Sie sonst nicht machen. Das merkt man an Ihren Anträgen. - Weitere Zurufe.)

Zur Abwechslung haben Sie mir jetzt auch nicht den Rücken zugekehrt. Das machen Sie ja auch öfter mal. ‑

Kolleginnen und Kollegen! Der Abgeordnete Josef Dörr hat das Wort ‑ ‑

(Anhaltende Zurufe.)

Jetzt habe ich nicht gehört, was der Präsident gesagt hat.

(Zuruf von der Regierungsbank: Hättest Du bes- ser zugehört! Das war wichtig.)

(Abg. Dörr (AfD) )

Ich konnte ja nicht, sie hat mir ja dazwischengeredet. - Also, ich habe nachgeschaut und habe festgestellt, dass die Gemeinde in Frankreich, die die wenigsten Einwohner hat, genau einen Einwohner hat. Das war für mich dann auch erstaunlich. Es gibt sogar Gemeinden in Frankreich, die haben null Einwohner, die bestehen aber noch als Gemeinden, und hier in dieser Gemeinde gibt es einen einzigen Einwohner. Die Gemeinde heißt Rochefourchat und ist im Département Drôme. Der Mann heißt, das ist der Maire, Jean-Baptiste Le Moyne de Martigny und die Postadresse ist in F-26340 Rochefourchat.

(Sprechen.)

Warum sage ich das? Weil diese Gemeinde mit einem Einwohner eine total funktionierende Gemeinde ist mit Telefon, Postadresse ‑ ‑

(Zuruf von der SPD: Mit Grundschule!)

Dort können Geburtsurkunden ausgestellt werden, dort können Pässe ausgestellt werden, dort können Sterbeurkunden ausgestellt werden. Es kann alles in dieser Gemeinde mit einem Einwohner gemacht werden.

(Heiterkeit und Zurufe.)

Jetzt fragen Sie mich allerdings nicht, wie dieser Bürgermeister gewählt worden ist.

(Anhaltende Zurufe und Lachen.)

Kolleginnen und Kollegen! Bei allem Verständnis bitte ich um etwas mehr Ruhe, damit der Redner auch zu Wort kommen kann.

Ist ja schön, dass ich zu dieser Zeit noch ein bisschen zur Unterhaltung beitragen kann. Aber es ist für uns doch wirklich einmal nachdenkenswert, wie viele Leute wir meinen zu brauchen, um eine Gemeinde zu haben. In unserem Nachbarland, das ja auch zivilisiert ist, kommen Gemeinden mit einem Einwohner vor. Ich will nicht sagen, dass das die Regel ist und dass das bei uns auch so sein sollte, aber zum Beispiel 100 Einwohner kommen bei denen sehr oft vor.

Jetzt zurück zu meinem Antrag. Wenn das schon so ist, dass in unserem Nachbarland - und wir haben ja die Frankreichstrategie - wirklich alle Chefs von einem Dorf Maire genannt werden, man ihnen also diese Wertschätzung entgegenbringt, warum machen wir das dann nicht mit unseren Ortsvorstehern, die vor Ort gute Arbeit leisten, manchmal sehr viel

Arbeit leisten, ehrenamtlich tätig sind, unsere Politik auf Ortsebene verkaufen und sich dann als Ortsvorsteher bezeichnen lassen müssen. Warum nennen wir sie nicht einfach Bürgermeister? Um den Unterschied zu machen, kann man ja sagen: Bürgermeister des Ortes Wahlschied oder Bürgermeister des Ortes Göttelborn und Bürgermeister der Gemeinde Quierschied. - Herzlichen Dank!

(Beifall von der AfD.)

Ich eröffne die Aussprache und rufe auf für die CDULandtagsfraktion Frau Abgeordnete Petra Fretter.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war heute der humoristische Beitrag im Plenum. Finde ich gut. Als ich den Antrag durchgelesen habe, hat das sage und schreibe den Bruchteil einer Sekunde gedauert. Sechs Wörter ohne Erklärung sprechen für sich. Da musste ich schon schmunzeln.

Also Herr Dörr, der Französischkurs war schon einmal ganz interessant. Ich habe das selbst schon erlebt, ich bin ja viel in Frankreich unterwegs. Ich finde es schön, die Bezeichnung Madame la Maire hört sich sehr melodisch an, aber ich werde immer mit Madame le Maire angesprochen. Die Franzosen werden es schon wissen, aber egal.

Eines ist klar, wenn es um die Wertschätzung geht: Ich glaube kaum, dass einer meiner Ortsvorsteherkollegen auf irgendeine besondere Bezeichnung Wert legt, weil wir die Wertschätzung durch unsere Arbeit - ich bin selbst Ortsvorsteherin - im Ort selbst erfahren. Wir haben viele langjährige Kollegen, die das bestätigen können. Wir brauchen an dieser Stelle keine Dünkelbezeichnungen, das möchte ich betonen. Ich komme aber auch noch einmal darauf zurück.

(Beifall von den Regierungsfraktionen.)

Man kann ja mal zurückdenken, wie war das früher? Beim Herrn Amtsrat, dann die Ehefrau, die Frau Amtsrätin. Warum hat man das gemacht? Man wollte in der Gesellschaft besser dastehen.

(Minister Jost: Postobersekretärin!)

Postobersekretärin, ja. - Das wurde gemacht, weil man besser sein wollte als die anderen und in der Gesellschaft besser dastehen wollte. Das wollen und brauchen wir an der Stelle nicht.

(Abg. Dörr (AfD) )

Wie gesagt, ich musste schmunzeln, als ich den Antrag gelesen hatte. Danach hatte ich fassungslos den Kopf geschüttelt und mich wirklich gefragt, haben wir statt Halloween den 01. April? Nein, wir haben Halloween, aber es passt vielleicht doch ganz gut im Sinne von Vertreibung böser Geister oder Vertreibung solcher oder anderer unsinniger AfD-Anträge.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)