Protokoll der Sitzung vom 20.11.2019

Wir behandeln die Anträge heute alle, auch was die Wiederkehrer anbetrifft, sehr ernsthaft. Das haben wir auch in der Vergangenheit so getan. Aber das lieblose Aufzählen von Anträgen zu Sprachen grundsätzlich wirkt wenig wertschätzend und wird den einzelnen Themen nicht gerecht, auch weil die Menschen in unserem Land sicher mehr von uns erwarten, als dass wir uns im Plenum nur über Sprache unterhalten und nur darüber sprechen. Nicht zuletzt stößt es mir unangenehm auf, dass der Eindruck entsteht, hier soll jeglicher Sprachgebrauch in allen möglichen Personengruppen und Lebenslagen reguliert und vorgegeben werden. Das schreckt mich ab. Das schreckt die Menschen ab, die wir mitnehmen müssen, wenn wir Sprachförderung ernst meinen, sei es den Dialekt oder unsere Muttersprache betreffend oder auch beim Fremdsprachenerwerb.

Sprache soll nicht spalten. Sprache soll nicht ausgrenzen. Sprache soll das vorhin zitierte Band des Zusammenhalts sein. Die saarländischen Dialekte sollen die Menschen vor Ort zusammenhalten. Die deutsche Sprache soll das Band sein, das die Menschen in der ganzen Republik verbindet. So will ich unsere Sprache verstanden wissen, wenn sie denn eines Tages in das Grundgesetz aufgenommen wird. - Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen.)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Dennis Lander für die Fraktion DIE LINKE.

(Abg. Schmitt-Lang (CDU) )

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD wärmt heute einen uralten Vorschlag auf. Schon vor 13 Jahren schlug der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammer das vor. Es wurde von der Jungen Union übernommen. Später mündete es in einen CDU-Parteitagsbeschluss.

Es geht darum, Deutsch als Landessprache in die Verfassung aufzunehmen. Dabei muss man sagen, dass es bei der CDU damals darum ging, das Ganze in das Grundgesetz aufzunehmen, also eine gesamtdeutsche Regelung. Der Vorschlag hier möchte, dass wir diese Regelung in die Landesverfassung aufnehmen. Das wirkt kleinteilig und nicht stimmig. Bevor die AfD anfangen möchte, die Verfassung zu ändern, sollten Sie vielleicht lieber Ihre eigenen Anträge noch einmal lesen, um beispielsweise den Antrag „Französischkurse für Abgeordnete“ neu zu formulieren und das am besten grammatikalisch korrekt.

(Zuruf: Genau! - Beifall von der LINKEN.)

Vor allem stellt sich die Frage, ob die deutsche Sprache denn bedroht ist, und wenn ja, von wem und in welcher Form. Ist es nicht ganz selbstverständlich, dass wir Deutsch im Büro, auf dem Schulhof, auf den Straßen oder in Bussen und Bahnen sprechen? Auch hier im Landtag braucht niemand eine Neuregelung der Verfassung. Wir tauschen uns auch so auf Deutsch aus. Deutsch ist Amtssprache im Bund, in allen Bundesländern und selbstverständlich Hauptsprache im öffentlichen Leben.

Der Autor Matthias Schumacher sagte vor acht Jahren zu dieser Debatte: „Sprache ist wie Wasser. Sie bahnt sich ihren Weg.“ Vor Jahren sagte David Hugendick in der ZEIT: „Unsere Sprache ist Jahrhunderte alt, aber behandelt wird sie wie ein Kleinkind. Pausenlos sorgt sich jemand um ihr Wohlergehen und will sie einsperren, auf dass sie nicht verkomme. Sonst kommen ihre selbsternannten Kindermädchen, und ihr Weh und Ach ist laut. Man wolle sie doch nur beschützen. Sie sei Kulturgut und auf das ist man stolz. Und wenn man in Deutschland auf etwas Wichtiges stolz ist und es bewahren will, kommt es ins Grundgesetz, damit sich keiner dran vergehe.“

Dann sollen die Lehrerinnen und Lehrer ihre Schüler in der Schule für Verfassungsbruch tadeln, weil sie ihre Deutsch-Hausaufgaben nicht erledigt haben? Oder wollen wir hier den saarfränkischen Dialekt verbieten, wo sich die AfD immer als die große Beschützerin aufspielt?

Ich darf an dieser Stelle noch einmal David Hugendick zitieren. „Sprache ist kein Gegenstand, kein absoluter Wert, wie die, die sonst im Grundgesetz stehen. Sie verändert sich allein dadurch, dass man sie benutzt.“ Auch wenn Sie das überraschen wird, die deutsche Sprache hat sich im Laufe der Zeit massiv verändert und vor allen Dingen durch Einflüsse aus anderen Kulturen und Sprachräumen und das ganz ohne Verfassungsrang. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag heute ab. - Herzlichen Dank.

(Beifall von der LINKEN.)

Ich erteile nun der Abgeordneten Elke Eder-Hippler das Wort für die SPD-Landtagsfraktion.

(Sprechen.)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in die heutige Debatte einsteigen, indem ich Bastian Sick zitiere. Der eine oder andere wird ihn kennen. Er ist der Autor der Buchreihe „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod.“ Das ist ein Lieblingsthema der Saarländer und Saarländerinnen. Dieser Bastian Sick hat bei Spiegel online am 03.12.2008 unter der Überschrift „Deutch ins Grundgesätz!“ eine Kolumne geschrieben, aus der ich zitieren möchte. „Die deutsche Sprache ist zweifellos unser wertvollstes Kulturgut und verdient es, geschützt zu werden. Doch dann stellt sich zwangsläufig die Frage: Wie ist die deutsche Sprache überhaupt definiert? Wer sagt und schreibt vor, was Deutsch ist und was nicht? Würde ein Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz zur Folge haben, dass die Verwendung englischer Begriffe wie Feedback, Meeting, Catering und Laptop künftig strafbar wird? Wie sage ich dann zu meinem Toaster? Bekommen Schüler demnächst Strafpunkte, wenn sie etwas cool finden?“

Er fährt fort: „Deutsch steckt doch schon im Grundgesetz - wie überhaupt in allen Gesetzen, die in unserem Land gelten. Das ist allerdings nicht immer offenkundig. Denn Gesetze werden von Juristen formuliert, und die haben bekanntlich ihre eigene Sprache; Amtsdeutsch wird sie genannt. Darin gibt es Wörter wie Lastschrifteneinzugsverfahren, Körperschaftsteuerrückstellung, Nahrungsergänzungsmittelverordnung oder Kostenzusageübernahmeerklärung und nicht zu vergessen die schwunghaft diskutierte Personenvereinzelungsanlage (behördendeut- sche Umschreibung für Drehkreuz) und das raumübergreifende Großgrün (amtliche Definition von

Baum). Muss man so etwas auch noch durch das Grundgesetz schützen?“

(Sprechen.)

Wenden wir diesen Text nun auf Ihr Ansinnen, Deutsch als Landes- und Amtssprache in die saarländische Verfassung aufzunehmen, an, so stellt sich die Frage, welches Deutsch denn durch die Verfassung geschützt werden sollte. Es kann ja eigentlich nur das Hochdeutsche sein. Was soll dann mit den vielen verschiedenen saarländischen Dialekten passieren? Sollen diese dann nicht mehr geschützt, geschrieben und gesprochen oder gar verboten werden?

§ 23 des Saarländischen Verwaltungsverfahrensgesetzes wurde schon erwähnt. Da steht nämlich drin: Deutsch ist Amtssprache im Saarland. Das ist in den anderen Bundesländern und auch beim Bund so geregelt, und zwar durchgängig in § 23. Das heißt also, es ist längst Gesetzeslage. Sie wollen also Wasser in die Saar tragen, meine Herren!

Sie sind auch nicht die erste AfD-Fraktion, die die deutsche Sprache in der Landesverfassung oder im Grundgesetz verankern will. Die folgenden Parlamente haben sich auf Antrag der jeweiligen AfD‑Fraktion mit diesem Thema beschäftigt: Thüringen am 21.04.2016, Sachsen am 16.12.2016, Baden-Württemberg am 01.02.2017, Brandenburg am 02.03.2017 und erneut am 28.06.2017. Wahrscheinlich hat man dort abgekupfert, Anträge immer wieder zu bringen. Der Deutsche Bundestag hat sich zuletzt am 02.03.2018 damit beschäftigt und Sachsen-Anhalt am 26.09.2019.

Die Gesetzentwürfe dort waren zugegebenermaßen zumeist umfangreicher als Ihre gerade mal aus drei Sätzen bestehende Vorlage. Immerhin enthält Ihre Gesetzesvorlage dieses Mal sogar eine zweizeilige Begründung! Ich darf sie zitieren: „Die Festschreibung der Deutschen Sprache als Landes- und Amtssprache in der Verfassung dient der Wertschätzung unserer Sprache und ist ein Aufruf zur Integration.“

Zum Vergleich jetzt die Begründung der Initiative „Deutsch ins Grundgesetz“. Betreiber dieser Kampagne „Deutsch ins Grundgesetz“ sind die Sprachpflegerzeitung „Deutsche Sprachwelt“ und der die Zeitung herausgebende Verein für Sprachpflege. Als Begründung schreiben die, eine solche Gesetzesänderung wäre wichtig für die Wertschätzung unserer Sprache, als Aufruf zur Integration sowie eine Achtung der Sprache erwirkend. Ups, schon wieder einmal abgekupfert! Aber nur zwei der drei Begründungen wurde bei copy and paste erwischt! Das müssen Sie vielleicht noch ein bisschen üben!

(Zuruf.)

Nun ja. Ihre schriftliche Begründung passt eh nicht zu dem, was Sie sagen. Insbesondere der Aufruf zur Integration ist an Scheinheiligkeit kaum zu überbieten. Sie wollen nicht integrieren; Sie wollen Menschen ausgrenzen. Das ist aus Ihrer Rede sehr deutlich geworden. Aber das lassen wir Ihnen nicht durchgehen!

(Beifall bei den Regierungsfraktionen.)

Überhaupt ist Ihr Gesetzentwurf wieder einmal eine Schmalspurversion. Sie haben doch sicher noch den Gesetzentwurf der LINKEN, den Sie im Frühjahr abgekupfert und als eigenen Gesetzentwurf eingebracht haben. Falls nicht, Sie finden ihn unter Drucksache 16/847 auf der Webseite des Landtages.

(Heiterkeit. - Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Genau, Elke.)

Dort können Sie sich anschauen, wie ein korrekter Gesetzentwurf auszusehen hat.

Überhaupt ist es mir ein Rätsel, wie Sie diesen Gesetzentwurf mit Ihren Anträgen auf „französisch Kurse für Abgeordnete“ und Gründung einer „Stiftung zu Förderung der Saarfränkischen Sprache“ in Einklang bringen wollen. Einmal abgesehen von den inhaltlichen Widersprüchen, schreibt man Französischkurse zusammen und groß und nicht wie Sie in Ihrem Antrag in zwei Worten und französisch dabei klein, aber vielleicht meinen Sie ja auch etwas anderes.

(Beifall und Heiterkeit. - Abg. Spaniol (DIE LIN- KE) : Du klaust mir die ganzen Argumente, Elke.)

Ja, tut mir leid. Das ist noch mehr Leuten aufgefallen. Die deutsche Grammatik erfordert eben auch bei der Gründung einer „Stiftung zu Förderung der Saarfränkischen Sprache“ hinter dem zu ein „r“, also z u r Förderung. Die deutsche Sprache ist manchmal wirklich schwer.

(Abg. Spaniol (DIE LINKE) : Genau.)

Vielleicht sollten die Herren der AfD-Fraktion zuerst einmal statt eines Französischkurses einen Deutschkurs belegen.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Wenn Sie den dann erfolgreich absolviert haben, können Sie langsam damit anfangen, hier einmal Anträge einzubringen, über die es sich zu diskutieren lohnt.

Drei Fraktionen dieses Hauses bemühen sich darum, Gesetzentwürfe und Anträge einzubringen, die unser Land und seine Menschen voranbringen. Sie,

(Abg. Eder-Hippler (SPD) )

meine Herren von der AfD, hingegen scheinen dieses Hohe Haus eher als Kasperletheater zu sehen. Ihre Dreizeiler-Anträge, die die Welt nicht braucht, die Sie aber dennoch wie kleine Kinder in der Trotzphase immer und immer wieder einbringen, sind ein Beleg dafür. Sie wollen die Arbeit dieses Hauses lächerlich machen, indem Sie den Rest des Hauses zwingen, in Endlosschleifen über Ihre wenig gehaltvollen Anträge zu diskutieren. In der Organisationslehre gibt es dafür eine sehr treffende Bezeichnung: Zeitdiebe.

(Zuruf.)

Ihnen geht es auch heute gar nicht darum, die Verfassung zu ändern. Sie wollen doch gar nicht, dass Ihr Gesetzentwurf hier eine Mehrheit findet. Sie haben sicher schon einmal gehört, dass eine Verfassungsänderung einer Zweidrittelmehrheit bedarf. Damit ist nicht eine Zweidrittelmehrheit der AfD-Abgeordneten gemeint,

(Lachen)

die bekommen Sie ja meistens noch zusammen. Nein, Sie bräuchten zwei Drittel der Stimmen aller Abgeordneten.

(Beifall bei den Regierungsfraktionen und der LINKEN.)

Dass Sie die für einen aus drei Sätzen bestehenden Gesetzentwurf bekommen, das erwarten Sie doch selbst nicht ernsthaft! Montesquieu sagte: Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu machen. - Genau das machen wir heute. - Vielen Dank!

(Anhaltender Beifall von den Regierungsfraktio- nen und der LINKEN.)

Das Wort hat noch einmal der Fraktionsvorsitzende der AfD-Landtagsfraktion Josef Dörr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich war sehr gespannt, welche Argumente hier vorgetragen werden, um diesem offensichtlich guten Antrag entgegenzutreten. Ich war auch darauf gefasst, dass man wahrscheinlich unsachlich ist und sich auf die AfD konzentriert, weil der Antrag von der AfD kommt. Deshalb muss man das ja sowieso ablehnen.

(Zuruf.)

Um diese Zweidrittelmehrheit werbe ich dann noch. Die werde ich wahrscheinlich heute nicht erreichen, aber vielleicht kommen wir schon im nächsten Parlament den zwei Dritteln etwas näher oder wenigstens einer Mehrheit hier im Parlament etwas näher. Dann werden diese Themen auch nicht lächerlich gemacht.