Wir haben in der Demokratie in Deutschland eine gewaltige Schieflage, weil die Ebenen ineinandergreifen. Das Subsidiaritätsprinzip wird nicht so durchgeführt, wie es sein sollte. Der Bund beschließt Dinge, die die Gemeinden bezahlen müssen. Das Land beschließt Dinge, die die Gemeinden bezahlen müssen. Auch die Landkreise sind in dieser Hinsicht Täter, sie stellen fest, was sie brauchen, zum Beispiel eine neue Schule, ein neues Schwimmbecken, machen es und schicken die Rechnung an die Gemeinden. Das ist nicht in Ordnung.
Es gibt auch immer mehr Gemeinden, die sich darüber beklagen, ich meine, ich hätte gehört, dass Überherrn gegen diese Umlage, die sie bezahlen müssen, klagt. Warum geben wir unseren Städten und Gemeinden nicht das Recht, aus diesem Zwangsverband auszuscheiden, zum Beispiel der Stadt Saarbrücken? Das gibt es in ganz Deutschland nicht, dass eine Stadt mit fast 200.000 Einwohnern kreisabhängig ist, also nicht kreisfrei ist. Die Stadt Saarbrücken kann im Schulbereich nur über ihre Grundschulen verfügen, sie kann nicht einmal über Gymnasien oder Förderschulen verfügen. Sie ist abhängig vom Regionalverband Saarbrücken. Das heißt, Leute aus Großrosseln oder Kleinblittersdorf bestimmen, was in Saarbrücken in den Schulen passiert. Das ist ein ungesunder Zustand. Wir beantragen zum wiederholten Male, einen Schritt in diese Richtung zu gehen. Heute beantragen wir, den Städten und Gemeinden die Freiheit zu geben, aus den Landkreisen auszuscheiden. - Danke schön!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Aussprache. - Da ebenfalls keine Wortmeldungen vorliegen, schließe ich dieselbe.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag Drucksache 16/1196. Wer für die Annahme der Drucksache 16/1196 ist, den bitte ich, eine Hand zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Ich stelle fest, dass der Antrag Drucksache 16/1196 mit Stimmenmehrheit abgelehnt ist. Zugestimmt haben die Abgeordneten der AfD-Landtagsfraktion, dagegen gestimmt haben die Abgeordneten der CDU-Landtagsfraktion, der SPD-Landtagsfraktion, der DIE LINKE-Landtagsfraktion sowie die fraktionslose Abgeordnete.
Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Wettbewerbsfähigkeit einer CO2-neutralen Stahlindustrie im Saarland bewerten und Konsequenzen zum Erhalt der Stahlarbeitsplätze ziehen (Drucksache 16/1192)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen! Zwei Gründe haben mich veranlasst, das Thema Zukunft der Stahlindustrie im Saarland heute wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Da ist zum einen der Marsch der Stahlarbeiter nach Brüssel, der am Montag mit der Übergabe der Forderungen an den Kommissar und Vizepräsidenten Timmermans geendet hat. Zum anderen hatten wir mit dem Wirtschaftsausschuss in den letzten beiden Wochen zwei hochinteressante Veranstaltungen zum Thema Energieversorgung, die uns die Folgen der Energiewende für unsere Industrie sehr drastisch vor Augen geführt haben.
Ich möchte Sie angesichts der vorgerückten Stunde nicht mit allerlei Zahlen langweilen, auch wenn es ganz ohne vielleicht nicht gehen wird. Ich möchte vielmehr auf die Konsequenzen der jetzigen Politik von Energiewende, New Deal, ETS und so weiter hinweisen. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Konsequenz der Dekarbonisierung der Stahlindustrie wird die Vernichtung tausender Arbeitsplätze und der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Stahlindustrie sein. Die Verantwortung dafür liegt bei der Politik der EU und der Bundesregierung. Bereits heute kämpft die Stahlindustrie ums Überleben. In Zeiten konjunkturellen Abschwungs drohen die aktuellen Zertifikatspreise den Unternehmen die Luft zum Atmen zu nehmen. Ich möchte das mit zwei Gedankengängen erläutern.
Erstens. Das ETS-System, also der Zertifikate-Handel, wie er derzeit besteht, belastet alle Stahlhersteller innerhalb der EU gleichmäßig. Zumindest gilt das für den Bereich der Roheisenherstellung. Innerhalb gewisser Grenzen ist es hier den Unternehmern möglich, Maßnahmen zu treffen, um einerseits den CO2-Ausstoß und damit die Kosten zu reduzieren und andererseits über die Qualität ihrer Produkte ihre Wettbewerbsfähigkeit zu halten. Steigende Zertifikatspreise, wie sie gemäß den Regeln für die kommende Handelsperiode ab dem Jahr 2021 festgeschrieben sind, machen den Spielraum für Investitionen sowohl bezüglich der CO2-Vermeidung als auch den Qualitätsvorsprung betreffend jedoch zunehmend zunichte. Damit sinkt perspektivisch die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer auf dem Weltmarkt. Kommissar Timmermans hat nun erläutert, dass die Kommission derzeit Aufschläge in Form einer Umweltabgabe, einer sogenannten Carbon-Border-Tax, für Importe in die EU prüft. Dadurch soll verhindert werden, dass Stahl, der ohne Belastungen aus dem Kauf von CO2-Zertifikaten produziert wurde, zu günstigen Preisen in die EU gelangt.
Was wäre die Folge? - Zunächst einmal würden sich die Preise für Stahl und Stahlprodukte vom Weltmarktpreis entkoppeln. Jetzt stellen wir uns einmal vor, wir hätten im Saarland einen international aufgestellten Weltmarktführer im Bereich der Automobilzulieferer, der für seine Produkte erhebliche Mengen an Stahlerzeugnissen benötigt. Wir stellen uns weiter vor, dass dieses Unternehmen hochmoderne Werke zum Beispiel in China und den USA betreibt, an den Standorten der großen Märkte eben. Die benötigten Stahlerzeugnisse sind an diesen Standorten jedoch deutlich billiger als innerhalb der EU. Die zwangsläufige Folge wird sein, dass immer mehr Produktion aus der EU ausgelagert wird. Die Einführung einer Carbon-Border-Tax wird also einer weiteren Deindustrialisierung Vorschub leisten. Im Übrigen frage ich Sie, meine Damen und Herren, worin sich diese Maßnahme von den Zöllen unterscheidet, die die USA unter Donald Trump seit zwei Jahren auf verschiedene Produkte erheben und die damals für heftige Empörung bei Ihnen gesorgt haben.
Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die perspektivische Umstellung der Stahlindustrie auf eine weitgehend CO2-neutrale Produktion. Als Königsweg dazu wird allgemein die Umstellung der Roheisenproduktion auf eine Wasserstoffreduktion anstelle des heutigen Hochofenprozesses angesehen. Auch Herr Kommissar Timmermans hat ja am Montag gesagt, dass die EU im Rahmen des Green Deal die Errichtung einer Wasserstoffwirtschaft massiv fördern will. Belastet der Zertifikate-Handel die
Produzenten in allen EU-Ländern gleichmäßig, so wird diese Transformation hin zum Wasserstoff jedoch zumindest der Produktion von Roheisen in Deutschland den Todesstoß versetzen. Momentan überbieten sich alle Akteure und insbesondere auch die aus der Politik in ihren Forderungen nach Investitionsbeihilfen für die Anlagen einer Wasserstofflinie. Angesprochen sind hier Bund und EU. Beide zeigen sich auch offen für diese Forderung.
Nun gehen wir für den Moment einmal davon aus, dass diese Milliardeninvestitionen beihilferechtlich unproblematisch sind und die Anlagen gebaut werden. Illusorisch ist aus meiner Sicht die Vorstellung, dass die Anlagen in dem Zeitrahmen gebaut werden können, den die nächste Revision der Hochöfen der ROGESA vorgibt. Diese Investitionen werden unter den Bedingungen zum Ende der nächsten ETSHandelsperiode und aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr zu stemmen sein. Selbst wenn wir diese Sollbruchstelle für die Roheisenproduktion außer Acht lassen und davon ausgehen, dass die Anlagen mit großzügigen Investitionen seitens der EU und des Bundes irgendwann laufen, bleibt noch die Frage der Energieversorgung. Die Frage, ob eine weitgehend CO2-neutrale Stahlindustrie im Saarland zu wettbewerbsfähigen Preisen mit ausreichend grünem Strom versorgt werden kann, ist - Stand heute - ganz klar zu verneinen.
Einige der Kollegen, die letzte Woche bei der VSE dabei waren, werden dort Aussagen gehört haben, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließen. Ich habe Ihnen die Zahlen alle schon genannt, 16 Terawattstunden zusätzlicher Bedarf sind durch sogenannte Erneuerbare nicht zuverlässig verfügbar und schon gar nicht zu für die Industrie tragfähigen Preisen. Und wie wir alle wissen, sind wir in Deutschland mittlerweile nicht nur bei den Verbraucherpreisen spitze, auch die Industriestrompreise sind mittlerweile die höchsten in Europa. Führt das ETS in allen EU-Staaten zu den gleichen Belastungen, so wird die Umstellung auf die Wasserstofflinie zwangsläufig zu einer Verlagerung in die Staaten, wo die Industriestrompreise am billigsten sind, führen. In der künftigen Produktion werden die Energiekosten der alles bestimmende Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie sein. Bei einem prognostizierten Mehrbedarf an elektrischer Energie von 130 Terawattstunden werden sich die Betriebskosten der deutschen Stahlindustrie um wohlwollend gerechnet 13 Milliarden Euro jährlich erhöhen.
Fazit: Sowohl die Green-Border-Tax als auch die Dekarbonisierung der Stahl- und Roheisenindustrie innerhalb der EU schwächen deren Wettbewerbsfä
higkeit. Insbesondere die in Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähigen und auf Sicht weiter steigenden Industriestrompreise verurteilen die politisch gewollte Wasserstoffreduktion in Deutschland und im Saarland von vorneherein zum Scheitern.
Ministerpräsident Tobias Hans hat zum Start des Walk of Steel gesagt, dass wir uns nicht deindustrialisieren dürfen. Das klingt zwar schön, aber eben auch wie das Pfeifen im Walde. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Die Deindustrialisierung ist in allen Schlüsselindustrien des Saarlandes im vollem Gange - und zwar nicht erst seit heute, sondern seit Jahren. Der Kollege Günter Heinrich hat zum selben Anlass ganz klar den Zusammenhang zwischen der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung und dem Niedergang der Stahlindustrie dargestellt. Wenn nun die IG Metall Carbon Border Tax und Förderprogramme zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie in ihren Forderungen aufführt, sägt sie an dem Ast, auf dem alle unsere Stahlarbeiter sitzen.
In unserem Antrag haben wir die Landesregierung aufgefordert, all diese Punkte anhand von acht Fragen zu analysieren, dann die Konsequenzen zu ziehen und die Rahmenbedingungen für eine dauerhaft wettbewerbsfähige Stahlindustrie bereitzustellen. Wie diese Konsequenzen aussehen könnten oder aus meiner Sicht - aussehen müssen, sehen Sie ebenfalls in unserem Antrag. Eine Zukunft kann die Stahlindustrie in Deutschland nur haben, wenn sie aus dem ETS-System herausgelöst wird. - In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung für unseren Antrag. Vielen Dank.
Ich eröffne die Aussprache. - Es liegen eine Reihe von Wortmeldungen vor. Wir beginnen mit dem Abgeordneten Eugen Roth für die SPD-Landtagsfraktion.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich etwas ausführen muss, weil sich Ihr Antrag, Herr Hecker, meiner Auffassung nach von manch anderen Anträgen Ihrer Fraktion wohltuend abhebt, auch wenn ich am Ende nicht zu Ihrem Ergebnis komme. Das wird Sie wahrscheinlich nicht wundern. Es ist aber zumindest etwas angesprochen, was der Erörterung wert ist.
Zunächst einmal ein herzliches Dankeschön im Nachhinein an alle Kolleginnen und Kollegen, die den „Walk of Steel“ unterstützt haben. Das war eine
Mordsanstrengung, um das Thema auch in Brüssel am Kochen zu halten. Dafür sind gute Stahlkocher, viele gute Frauen und Männer mitgegangen. Ich war von der Unterstützung des Ministerpräsidenten und von allen in diesem Hohen Hause begeistert. Vielen Dank für die klaren Worte, die dazu gesagt worden sind. Herzlichen Dank.
Zur Sache. Der Kollege Hecker wirft ein Problem auf, das tatsächlich eins ist. Wir haben das Problem der Transformation der Stahlindustrie, das Fragen aufwirft, die nicht so einfach zu beantworten sind. Zunächst einmal würde ich sagen, dass die Fragen, die Sie im Antrag aufgeworfen haben, von der Systematik her nicht passen. Stellen Sie eine parlamentarische Anfrage, dann bekommen Sie eine Antwort von der Landesregierung. Das kann man nicht in einer Diskussion machen. Das ist eine andere Form. Das soll jetzt aber nicht schulmeisterlich klingen.
Es geht darum, dass von Ihnen gesagt wird, dass wir einen Eingriff in den Industrieproduktionskreislauf politisch verordnen sollen und dass wir - ich übersetze es mal frei - ein ergebnisfreies Moratorium machen, Stopp sagen und dann überlegen sollen, was überhaupt richtig oder falsch ist, insbesondere wegen des enormen Energiebedarfs, der bei einem CO2-freien Produktionsprozess von Stahl entstehen würde. Habe ich das so richtig verstanden? - Herr Hecker, Sie nicken zustimmend.
Dann will ich dazu Folgendes sagen: Ich glaube, dass das derzeit nicht mehr geht. Ich fange zunächst einmal mit den Wettbewerbern hier in Deutschland und im Saarland an. Ich habe eine Presseerklärung von Voestalpine vom 07. November 2019 herausgesucht. Das Unternehmen will drei der fünf Hochöfen in Österreich ersetzen. Die CO2Emissionen können dadurch bis 2030 um ein Drittel gesenkt werden. - Ich zitiere mit Erlaubnis aus der Presseerklärung: „Die zwei kleineren Hochöfen in Linz und einen der beiden in Donawitz durch Elektroöfen zu ersetzen, sei dabei nur ein Zwischenschritt, denn die langfristige Vision heißt nicht Strom, sondern Wasserstoff.“ - Dann kommt noch ein Hinweis auf eine kleine Pilotanlage von Voestalpine. Das sind die Österreicher, die dort bereits gehandelt haben.
Herr Kollege Roth, Sie haben Voestalpine angesprochen, die die Hochöfen stilllegen werden. Ist Ihnen bekannt, dass Voestalpine ein nagelneues Werk in den Vereinigten Staaten gebaut hat, wo Eisenschwamm mittels Erdgas produziert wird? Ist Ihnen außerdem bekannt, dass der Großteil der Roheisenproduktion bei Voestalpine künftig nicht mehr aus Österreich stammen wird, sondern aus den Vereinigten Staaten? - Das ist genau das Szenario, das ich Ihnen für das Saarland vorhergesagt habe.
Das ist mir bekannt, das ändert aber nichts an der Aussage, dass Voestalpine die CO2-Frage im Moment an drei Standorten in Österreich sehr ernst nimmt. Ich komme gleich noch zur Standortpolitik.
Ich will eine weitere Geschichte erwähnen, die sich in der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes am 19. November ereignet hat. Es waren einige von uns da. Die Kollegin Sarah Gillen hat zum Beispiel aktiv an der Podiumsdiskussion teilgenommen. Ich zitiere den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, Herr Hanno Dornseifer, der in seiner Pressemitteilung vom 19. November Folgendes gesagt hat: „Wenn Deutschland die drohenden EUStrafzahlungen für eine Verfehlung der CO2-Reduktionsziele in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Teilen der Industrie, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft vermeiden will, muss jetzt gehandelt werden - und zwar zügig und sachgerecht. Die Wirtschaft sieht in einem CO2-Emissionshandel für fossile Kraft- und Brennstoffe die beste Lösung.“ - Er hat also nicht gesagt, dass wir es beenden müssen, sondern dass wir es richtig machen müssen. Damals ist darüber gestritten worden, was konkret richtig oder falsch ist. Auch anwesend war Prof. Dr. Joachim Weimann von der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg, der sogar in einem guten Emissionshandel die Lösung der Probleme sah.
Ich möchte eine dritte Geschichte zitieren, die ich für maßgeblich halte, und danach komme ich dazu, was uns das sagen soll. Ich zitiere aus einem Schreiben über Informationen zum Stand des Strategieprozesses von Dillinger, SHS und Saarstahl von dieser Woche: „Das Team CO2-Strategie“ - es gibt also ein Team CO2-Strategie - „arbeitet verschiedene Pfade für unsere Transformation in eine CO2-freie Zukunft weiter aus. Gleichzeitig diskutieren wir mit der Politik
unsere Ideen und die für die Umsetzung notwendigen Rahmenbedingungen. Wir haben in Berlin und Brüssel den Handlungsbedarf konkret benannt. Jetzt müssen Taten folgen. Dabei weisen wir überall daraufhin, dass sich an der Stahlindustrie die Glaubwürdigkeit des europäischen Green Deal entscheidet. Wir werden in Deutschland und Europa entweder Modellregion oder Klimaversager.“ - Das heißt im Klartext - und das wird den Kollegen Wegner freuen -, Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt. Sie sind längst auf dem Weg, die Technologieführerschaft zu halten. Wir haben die Technologieführerschaft und wollen sie halten.
Sie sagen zu Recht, dass dies in der Zeitschiene mehr als ambitioniert ist. Würde man die Stahlindustrie nicht bei den Plänen unterstützen, die sie mit unserer Mitbestimmung und unseren Kolleginnen und Kollegen entworfen haben, würden wir in kurzer Zeit gegen die Wand fahren. Sie fordern ein Moratorium. Sie fordern, dass man innehalten und alles politisch verordnen soll, während die Welt sich weiterdreht. Das wäre der sichere Tod der Stahlindustrie im Saarland, in Deutschland und in Europa.
Aber es kann auch Gewinn aus dieser Entwicklung gezogen werden. Ich weise darauf hin, dass die Entwicklung bei der Offshore-Windenergiegewinnung uns, der saarländischen Wirtschaft, ganz unmittelbar in die Karten spielt. Was viele nicht wissen: An der Wesermündung in Nordenham haben wir ein ganzes Werk errichtet, es heißt Steelwind Nordenham. Wenn die Offshore-Windnutzung ausgebaut wird, und danach sieht es derzeit aus, wird uns das nutzen. Bei allen technischen Problemen - ich weiß, da kennen Sie sich besser aus als ich, Herr Hecker - ist das doch ein Ansatz, mit dem wir letztlich eine Winwin-Situation erzeugen können. In Nordenham merkt man gerade, dass sich die Auftragsbücher zwar langsam, aber sicher zu füllen beginnen. Wir sagen: Das geschieht zu langsam, wir hätten es gerne schneller. Das ist aber nun einmal kein Wunschkonzert. Diese Investition scheint sich aber zu rechnen, das sage ich hier mit aller Vorsicht.
Wir müssen aber auch überlegen, ob wir über die Methangasproduktion als Zwischenschritt vorankommen können. Wir haben ja das Kraftwerk Fenne besucht, wo man das versucht. Das wird mittlerweile auch gefördert. Wir müssen prüfen, ob wir diese Entwicklung noch etwas unterfüttern können, damit wir die Zeit, bis die Wasserstofflösungen zur Verfügung stehen - das wird voraussichtlich länger dauern, das wird nicht kurzfristig in wenigen Jahren zu
machen sein -, überbrücken können. Wir können ja die Gase im Prozess umwandeln, rückgewinnen, was in höchstem Maße umweltfreundlich ist.
Für diese Lösungen sind unsere Leute bereits heute ständig unterwegs, beim Bund und in Brüssel, weil wir dafür Hilfen brauchen. Denn die Dimensionen dieses Technologiefortschritts weisen ja auch weit über das Saarland hinaus. Bekommen das unsere Mädels und Jungs in Dillingen, in Neunkirchen und in Völklingen hin, haben wir damit weltweit den Benchmark für die Stahlindustrie gesetzt. Ich will deshalb nicht verzagen, vielmehr sollten wir sie unterstützen. Wir sollten eben nicht sagen, macht mal langsam. Die marschieren jetzt nach Brüssel, die marschieren auch in der Forschung voran. Ich bitte Sie alle um Unterstützung für diese Anstrengungen, denn sie sind ganz sicher den Schweiß der Edlen wert. - Vielen Dank.
Ich darf als nächsten Redner den parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktion DIE LINKE, Jochen Flackus, ans Rednerpult bitten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich natürlich dem, was Kollege Roth zum Ende seines Vortrages gesagt hat, voll anschließen. Das ist genau der Ansatz, den auch ich sehe. Ich möchte mich heute thematisch beschränken, denn wir haben uns hier ja schon mehrmals über das Thema Stahl, über die dortigen Arbeitsplätze, die Zukunft dieser Arbeitsplätze und darüber, was CO2-feindlich und was CO2-freundlich ist, unterhalten.
Ich habe auch, noch mehr als der Kollege Roth, so meine Probleme mit dieser Form des Antrags. Denn er enthält Fragen, die dann auch gleich mit dem nächsten Satz beantwortet werden. Ich finde darin keinen Ansatzpunkt für den Diskurs.