Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Grat zwischen Zukunftsinvestition und der Gefahr, sich den Hals zuzuschnüren, ist schmal. Ich glaube, wir können festhalten, dass dieser Nachtragshaushalt die Weichen richtig stellt ‑, um im Bild des Segelboots von eben zu bleiben - die Segel in dieser Situation richtig setzt und uns die Luft zum Atmen lässt. Ich wünsche mir, dass wir zu jenen Ländern gehören, die am Ende gut gewirtschaftet haben und sorgsam mit den bereitgestellten Mitteln umgegangen sind. Wir kommen aus der extremen Haushaltsnotlage und müssen unbedingt verhindern, dass wir pandemiebedingt erneut in eine finanzielle Krise abrutschen. Ich bin sicher, dass die avisierten Investitionen und Maßnahmen dazu beitragen, dies zu verhindern und das Saarland sicher aus der Krise herauszuführen. Daran arbeitet diese Landesregierung. Ich bitte Sie, diese Arbeit weiterhin zu unterstützen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung in Erster und Zweiter Lesung. Vielen Dank.
Ich danke dem Herrn Minister. Finanzminister Peter Strobel hat in seiner Rede bereits darauf hingewiesen, dass sich der Ausschuss für Haushalt und Finanzen intensiv mit dem eingebrachten Nachtragshaushalt beschäftigt hat. Bevor wir den Nachtragshaushalt debattieren, möchte ich deshalb dem Vorsitzenden unseres Haushalts- und Finanzausschusses, dem Abgeordneten Jochen Flackus, die Gelegenheit geben, eine Berichterstattung über die Beratungen in den letzten Tagen im Ausschuss als Einstieg in die Aussprache vorzutragen.
Vielen Dank, Herr Präsident. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Gäste! Mit dem Nachtragshaushaltsgesetz 2020 und dem Gesetz zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes reagiert die Landesregierung auf die Corona-Pandemie. Kurzfristig sollen negative Folgen abgemildert, gleichzeitig aber auch die Chancen der Krise, insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung, genutzt werden. Der Finanzminister
hat eben ausführlich dazu Stellung genommen. Da der Nachtragshaushalt, den der Finanzminister soeben in Erster Lesung eingebracht hat, wegen seiner Wichtigkeit und Eilbedürftigkeit heute auch bereits in Zweiter und letzter Lesung verabschiedet werden soll, hatte der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtages in der letzten Woche den Entwurf der beiden Gesetze eingehend beraten. Nach Vorstellung der Eckpunkte durch den Finanzminister sind in zwei weiteren Ausschusssitzungen alle Ministerien und die Staatskanzlei hinzugezogen und nacheinander deren Einzel- beziehungsweise Wirtschaftspläne beraten worden.
Es bleibt festzustellen: Erstens. Der Ausschuss für Finanzen und Haushaltsfragen empfiehlt dem Plenum einstimmig mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme des Nachtragshaushaltsgesetzes 2020 in Zweiter und letzter Lesung. Zweitens. Er empfiehlt dem Plenum einstimmig bei Enthaltung der AfD-Fraktion die Annahme des Gesetzes zur Änderung des Haushaltsbegleitgesetzes 2019/2020 in Zweiter und letzter Lesung. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Vorsitzender. Von meiner Seite noch ein Verfahrenshinweis für die nun beginnende Aussprache: Die Begründung der Anträge, die als Punkte 4 und 5 in der Tagesordnung zu finden sind, erfolgt - so sind wir im Erweiterten Präsidium übereingekommen - im Rahmen der nun folgenden Aussprache zum Nachtragshaushalt.
Beschlussfassung über den von der DIE LINKE-Landtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Nachtragshaushalt 2020 - Die Lasten der Krise gerecht verteilen (Drucksache 16/1364)
Beschlussfassung über den von der AfDLandtagsfraktion eingebrachten Antrag betreffend: Lehren ziehen aus der Corona-Krise die Schulen und das Schulsystem betreffend (Drucksache 16/1359)
Ich darf die Aussprache eröffnen. - Als Erster in der Aussprache hat der Vorsitzende der Landtagsfraktion DIE LINKE Oskar Lafontaine das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Es geht tatsächlich in anderer Form als in frü
heren Jahren um die Zukunft unseres Landes. Wenn wir uns über die Zukunft Gedanken machen und nach Überlegungen suchen, wie wir die Zukunft des Landes positiv gestalten können, müssen wir uns zunächst einmal Klarheit darüber verschaffen, was die Ausgangslage ist. Wenn die Ausgangslage schwierig ist, neigen Regierungen - Regierungsfraktionen manchmal auch, aber nicht so sehr - dazu, die Dinge weniger zu erwähnen, die nicht so angenehm sind. Zu einer Bestandsaufnahme gehört aber, dass auch weniger angenehme Dinge erwähnt und genannt werden, auch wenn Sie, Herr Finanzminister, sicherlich aus Zeitgründen darauf heute nicht zu sprechen kommen konnten. Ich will die wichtigen Punkte noch einmal erwähnen, damit wir Klarheit darüber haben, worum es geht, wovon wir ausgehen, sonst können wir keine Antwort für die Zukunft geben.
Zunächst einmal hatten wir kürzlich eine Meldung, die uns nachdenklich stimmen sollte, nämlich über die Bevölkerungsentwicklung an der Saar im Vergleich zu anderen Bundesländern. Da haben wir gelesen, dass die Saarbevölkerung um 0,4 Prozent gesunken ist. Das sagt zunächst vielleicht erst einmal wenig aus, aber wir haben zusätzlich gelesen, dass es der schlechteste Wert der westdeutschen Bundesländer ist. Das heißt, wir verlieren also Bevölkerung, während andere Bevölkerung gewinnen. Wir müssen uns hier die Frage stellen: Warum ist das so? - Auf jeden Fall ist das keine positive Entwicklung. Man sollte sie zumindest manchmal erwähnen, wenn man die Lage des Landes bespricht.
Dann hat die Arbeitskammer in diesem Kontext vor einiger Zeit eine weitere Mitteilung gemacht. Sie hat die Mitteilung gemacht, dass die saarländischen Löhne in den letzten Jahren, in den letzten zehn Jahren im Vergleich zum Bund deutlich zurückgefallen sind. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Saarländer 500 Euro im Monat weniger hat als der durchschnittliche Lohn- oder Einkommensbezieher im Bund. Diese zwei Zahlen muss man miteinander korrelieren, sonst weiß man überhaupt nicht, was im Land los ist. Man muss auch darüber reden, dass es keine neuere Entwicklung ist. Es war immer die Frage: Warum haben wir ein weniger gutes Lohnniveau als andere Bundesländer?
Interessanterweise hat die Arbeitskammer auch noch darauf aufmerksam gemacht, dass besonders die Bereiche hohe Löhne haben, die jetzt besonders gefährdet sind. Das ist der Stahl- und Automobilsektor. Noch mal als Erinnerung: etwa 4.600 Euro im Monat als Lohn. Wenn diese Bereiche zurückgehen, wird sich die Lohnbilanz des Saarlandes im Vergleich zu anderen Ländern weiter verschlechtern. Ein weiterer wichtiger Hinweis der Arbeitskammer ist, dass die Akademikerlöhne im Saarland knapp 7 Prozent geringer sind als auf Bundesebene. Das
sind Zahlen, die man sich in Erinnerung rufen muss, wenn man die Lage des Landes beurteilen und über Zukunftsperspektiven diskutieren will.
Zu ergänzen ist dann auch noch, dass wir einen Niedriglohnsektor im Saarland haben, der stärker ist als in Westdeutschland. Im Saarland beträgt er 19,8 Prozent, also fast 20 Prozent, in Westdeutschland 18,6 Prozent. Es ist nicht sehr relevant, aber ich will es nur in Erinnerung rufen: Das war früher Strategie der CDU. Sie werden es vergessen haben, aber ich vergesse so etwas natürlich nicht. Als die CDU in der Opposition war, was sie der Meinung, dass ein starker Niedriglohnsektor die Grundlage für Neuinvestitionen wäre. - Das heißt also, wenn diese Logik richtig wäre, müssten wir hier eine besonders starke Investitionsfähigkeit haben. Das Papier habe ich irgendwo noch abgeheftet, falls es irgendjemanden interessiert.
Dann hat die Wirtschaftsministerin in einem Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung darauf hingewiesen, dass die kurzfristigen Perspektiven der wirtschaftlichen Entwicklung im Saarland schlechter sind als im Bundesdurchschnitt. Sie sprach von einem geschätzten Rückgang - ich weiß, die Zahlen sind unsicher - von 15 Prozent, wenn es im Bundesdurchschnitt etwa 8 Prozent wären. Sie begründet dies richtigerweise mit unserer Exportlastigkeit. Das Thema haben wir häufig diskutiert.
Es sind also Zahlen, die ich erwähne, weil wir häufig den Fehler machen - ich sage jetzt einmal „wir“-, dass wir immer nur die guten Dinge erwähnen, aber die weniger guten Dinge nicht. Wenn man aber plant, muss man auch die weniger guten Dinge erwähnen. Deshalb habe ich das stellvertretend für den Finanzminister jetzt einmal getan.
Dazu kommt dann noch unsere Finanzlage. Da hat der Bundesinnenminister - - Ich sage schon „der Bundesinnenminister“. Ich wollte keine Beförderung aussprechen.
Der saarländische Innenminister hat vor einiger Zeit in seiner Offenheit gesagt: Wir haben 17,6 Milliarden Euro Schulden, wir sind einsame Spitze - das stand auf Seite 1 der Saarbrücker Zeitung. „Einsame Spitze“ - darum geht es. Es gibt viele Zahlen, die Sie immer wieder erwähnen. Diese Zahlen sind aber nur bedingt verwertbar, weil man sie nicht einordnen kann. Zahlen, die man einordnen kann, sagen etwas aus, geben ein Argument für die zukünftige Planung. Wenn Sie sagen: „Wir haben X Millionen im Investitionshaushalt“, sagt das im Grunde genommen gar nichts für die Entwicklung des Landes im Vergleich zu anderen Regionen. Es kann niemand einordnen.
Deshalb ist eine Zahl - ich zitiere wiederum den saarländischen Innenminister - von enormer Relevanz: Die Landesmittel für Investitionen, die wir zur Verfügung haben - das stand auch auf Seite 1 der Saarbrücker Zeitung -, sind 230 Euro pro Einwohner im Saarland, 434 Euro in Ostdeutschland und 501 Euro in Westdeutschland. - Das ist eine ungeheure Zahl. Wer über die Zukunft des Landes spricht und diese Pro-Kopf-Investitionshilfen nicht nennt, hat die wichtigste Schlüsselgröße überhaupt nicht genannt.
Stellen Sie sich vor, wir wären ein Unternehmen. Dann würde Ihnen das unmittelbar einleuchten. Wie sieht unser Laden aus? Wo steht er eigentlich? Und dann sagt die Finanzabteilung: „Wir investieren halb so viel wie unsere Konkurrenz.“ Was würden wir denn dann sagen? - Das wird gar nicht richtig diskutiert. Es wird gar nicht zur Kenntnis genommen, obwohl wir immer wieder darauf hinweisen. Deshalb habe ich jetzt ein paar Zahlen genannt. Ich bitte auch die saarländische Öffentlichkeit, Wert darauf zu legen, dass Zahlen, die genannt werden, immer in Relation zu den anderen Bundesländern oder anderen Bezugsgrößen gesetzt werden, sonst hat es überhaupt keine Bedeutung. Deshalb haben wir eine andere Ausgangslage als die, die manchmal vorgetragen wird, wenn man gerne etwas Gutes erzählt, was gut rüberkommen soll. Nein! Es sind die entscheidenden Zahlen, die ich hier genannt habe.
Nun haben Sie, Herr Finanzminister, richtigerweise gesagt: Jetzt setzt die Landesregierung die Segel anders. - Sie setzen die Segel so, wie wir als Opposition es schon seit Langem fordern. Das erfüllt uns natürlich mit einer gewissen Genugtuung - und dabei will ich es belassen.
Bevor die Segel anders gesetzt werden, sage ich, dass Sie befristet die schwarze Null aufgeben. Sie geben befristet die Schuldenbremse auf, Sie setzen sie aus. Wir haben immer gesagt, dass wir darin keine ökonomisch sinnvolle Einrichtung sehen. Sie sind jetzt für mehr Lehrer. Wir haben das immer wieder gefordert. Ich habe selbst manchmal in der Fraktion gesagt: „Nun mal langsam, das muss ja auch bezahlt werden. Man kann nicht immer noch mehr Lehrer fordern.“ Sie machen es jetzt, vorher haben Sie es nicht gemacht. Die Frage ist, warum. Sie sagen jetzt: „Mehr Polizei.“ Auch das war jahrelang nicht möglich. Warum ist das auf einmal möglich? Sie sagen dann: „220 Millionen Euro für Krankenhäuser.“ Sie haben es erwähnt, Herr Minister. Wir haben das immer wieder gefordert, die Krankenhausgesellschaft hat es immer wieder gefordert. Jetzt ist es möglich. Sie sagen: „100 Millionen Euro für Breitbandausbau.“ In jeder Rede hat der Kollege Flackus immer wieder vorgetragen, warum dies für die ökonomische Entwicklung unseres Landes so wichtig wäre. Sie fordern mehr Bundeseinrichtungen. Da kann man Sie nur nachhaltig unterstützen, ich habe
dazu so viel gesagt. Ich will mir das heute aus Zeitgründen sparen. Ich spare es mir einfach, etwas dazu zu sagen.
Dann haben Sie - und das begrüßen wir natürlich sehr - sich dazu entschieden, einen Stabilisierungsund Beteiligungsfonds einzurichten. Wir haben viele Jahre dafür plädiert. Sie haben - und das begrüße ich außerordentlich, Frau Ministerin - die Größe genannt, die die saarländischen Sozialdemokraten seit Jahrzehnten hier früher vertreten haben: Wenn man sich beteiligt, soll man 25,1 Prozent anstreben. - Damit man also nicht einfach zusehen muss, wie irgendwelche Heuschrecken den Betrieb ausplündern oder wie irgendwelche Heuschrecken auf die Idee kommen, sich Boni auszuzahlen, wenn es dem Betrieb schlecht geht. So platt ist das. Sie haben richtigerweise auch erwähnt, dass Sie die Mitbestimmung dabei stärken wollen. Das können wir nur nachdrücklich unterstützen.
Ich muss sagen, das ist eine gute neue Setzung der Segel. Sie haben das sogar mit einer bemerkenswerten Zahl unterlegt, indem Sie darauf hingewiesen haben, dass diese Strolche - ich nenne sie so - bei Halberg Guss, die dort Unternehmer gespielt haben, etwa 100 Millionen Euro oder mehr herausgezogen haben. Ich habe die Zahl noch nirgendwo gelesen, aber sie wird sicherlich in irgendeiner Form belegt sein. In der Größenordnung kann man das auch wirklich schätzen. Man muss sich einmal vorstellen, was es heißt, aus einem Unternehmen so viel Geld herauszuziehen zulasten der Beschäftigten, die davon betroffen waren und jetzt letztendlich mit ihrer Existenz büßen. Welch eine Sauerei das ist!
Deshalb begrüße ich nachdrücklich, dass das so ist. Ich komme nachher vielleicht noch einmal auf diesen Zusammenhang zurück - ich schaue auf die Uhr. Es ist eine wichtige Weichenstellung, die auch Diskussion aufgreift, die in der ganzen Welt geführt werden. Sie haben die Segel anders gesetzt. Die Richtung, in der die Segel jetzt gesetzt sind, halten wir schon lange Zeit für richtig.
Jetzt möchte ich einen Gedanken anführen, der in dem Kontext sehr wichtig ist. Wenn wir diese Ausgangslage haben, die ich nicht ausweise, um irgendjemandem großartig Vorwürfe zu machen, sondern nur um alle anzuhalten, sich darüber im Klaren zu sein, ist die Frage, was wir machen. Jetzt kommt ein ganz entscheidender Gedanke. Wenn wir dasselbe machen wie die anderen Bundesländer, kommen wir nicht weiter oder wir ziehen nicht an ihnen vorbei oder wir können unsere Position relativ nicht verbessern. Was meine ich damit? - Wenn wir sagen: „Mehr Lehrer!“, werden die anderen auch sagen: „Mehr Lehrer!“ Wenn wir sagen: „Mehr Polizei!“, nehme ich an - das hat man bundesweit diskutiert -,
dass sie auch sagen: „Mehr Polizei!“ Wir müssen uns schon etwas Besonderes einfallen lassen, damit wir im Vergleich zu anderen Ländern aufholen.
Dafür gibt es ein Beispiel, das Ihnen allen bekannt ist; ich will es hier erwähnen, um zu verdeutlichen, was ich eigentlich meine: die Stahlindustrie. Für sie haben wir uns etwas Besonderes einfallen lassen, das sich auf lange Sicht bewährt hat. Das Besondere, das wir uns haben einfallen lassen, besteht darin, dass wir die Unternehmensverfassung so gestaltet haben, dass eben nicht laufend Gelder abgeflossen sind - wie das nun bei Halberg Guss der Fall war. Sie haben es erwähnt, Frau Kollegin Rehlinger. Dieses Vorgehen hat sich nun bewährt, denn im Vergleich zu anderen Stahlherstellern in der Bundesrepublik ist zwar die Auftragslage hier leider auch nicht besser. Angesichts dessen haben mich Betriebsräte denn auch gefragt, wie lange das denn so laufen könnte. Ich habe dazu gesagt: Solange ihr dieses Eigenkapital habt; mit dieser hohen Eigenkapitalquote seid ihr in einer anderen Situation als vergleichbare Stahlhersteller.
Der Branchenführer Thyssen steht ungleich schlechter da als Saarstahl, als die saarländische Stahlindustrie. Das war das Konzept, das wir - ich sage einmal „wir“ - vor vielen Jahren hier im Auge hatten, das auch aufgegangen ist. Zumindest hat es für einige Jahre eine Atempause gegeben, wir wollen einmal sehen, wie die Dinge weiterlaufen.
Das muss aber eben nicht nur in den klassischen Bereichen so der Fall sein. Mit dem „Besonderen“ meinen wir auch Leitinvestitionen. Wir haben hier an der Saar vor vielen Jahren ein größeres Leitprojekt in Angriff genommen: die Informatik. Das viel gerühmte CISPA wäre - das sei gesagt, ohne irgendwelche Verdienste zu schmälern - ohne diese Leitinvestitionen überhaupt nicht möglich gewesen. Dabei wurde ein Schwerpunkt gesetzt, der sich nun im Nachhinein bewährt hat. Denken Sie an das Thema Künstliche Intelligenz, denken Sie an die Aktivitäten von Herrn Professor Scheer, diesen Unternehmer, der an der Saar Hervorragendes geleistet hat. Dieser Schwerpunkt hat sich bewährt, weil er eben nicht nur einfach die Konservierung der vorhandenen Industriestruktur betrieben hat, sondern versucht hat, in die Zukunft hinein einen neuen Zweig auf die Beine zu stellen. Ob so etwas aufgeht, das weiß man natürlich nie. So etwas ist immer mit Risiken behaftet. Wir haben aber damals diesen Weg beschritten, und er hat letztendlich Früchte getragen, wenngleich man an der einen oder anderen Stelle etwas differenzieren muss.
Wir haben seit Langem für ein weiteres Leitprojekt geworben, für das Leitprojekt Medizintechnik. Dass die Medizintechnik eine besondere Sparte darstellen wird, das sehen wir gerade in diesen Zeiten. Stellen Sie sich beispielsweise vor, wir hätten auch nur eine Fabrik hier im Lande gehabt, die Masken produziert
hätte. Stellen Sie sich vor, wir hätten im Lande eine Fabrik gehabt, die Beatmungsgeräte produziert hätte, wie das in Schleswig-Holstein der Fall ist. Was auch immer, man kann sich diesbezüglich ja sehr viel vorstellen. Deshalb haben wir im Hinblick darauf, dass angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung der Medizintechnik gesichert immer größere Bedeutung zukommt, gesagt: Lasst uns doch dort einen Schwerpunkt setzen! - Aber auch dazu sage ich, dass es nun nicht unbedingt dieser Schwerpunkt sein muss; wenn Sie einen besseren haben, wählen Sie einfach diesen anderen. Es muss aber eben eine Langfristperspektive sein und es muss eben begründet sein, warum man davon ausgeht, mit diesem Schwerpunkt künftig im Wettbewerb mit anderen bestehen zu können. Das meine ich mit dem „Besonderen“.
Wenn es beispielsweise gelungen wäre, an dieser Stelle mehrere Institute anzusiedeln, und wenn diese Institute zu Ausgründungen geführt hätten, dann wären wir, weil wir diese Karte gespielt hätten, im Vergleich mit anderen besser dran gewesen. So meine ich das. Wir müssen uns etwas Besonderes einfallen lassen und dürfen nicht einfach nur sagen: Wir machen mehr dieses, wir machen mehr jenes was aber eben auch alle anderen machen.
Dazu zählen letztlich auch die kulturellen Investitionen. Oft wird erzählt, und ich freue mich dann auch immer, dass das Max-Ophüls-Festival eine Veranstaltung ist, die uns bundesweit im kulturellen Kontext im Gespräch hält. So war das damals unter anderem auch gedacht. Das war keineswegs nur gedacht, um einem berühmten Sohn der Stadt Saarbrücken ein Festival zu widmen. Nein, das war auch gedacht, um kulturell ins Gespräch zu kommen, um eben auch Leute für das Saarland zu interessieren. Das geht letztlich oft auch über die Kultur. So gesehen ist beispielsweise auch - ich schaue Sie dabei an, Herr Kollege Funk - das Kongresszentrum eine wichtige Investition. Aber auch diesbezüglich muss man natürlich wieder relativieren und feststellen: Auch andere Städte haben Kongresszentren, vielleicht auch noch größere. Letztlich müssen wir immer überlegen, wie wir mit den begrenzten Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, einen Durchbruch schaffen können, der uns im Vergleich mit anderen nach vorne bringt.
Natürlich müssen wir dabei auch im Blick haben, dass bei uns, anders als zum Beispiel bei Berlin, Fehlinvestitionen über viele Jahre besonders zu Buche schlagen. Dazu nur ein Satz: Unser „Flughafen“ ist das Stadion. Wenn ich mir das Trauerspiel um den Ludwigspark vor Augen halte, kann ich darin ganz sicher keine Empfehlung für unser Land erkennen. Ich hoffe, dass dieses Trauerspiel bald beendet wird.