Natürlich kann man an dieser Stelle trauern und schimpfen, dass es keine Altschuldenregelung vonseiten des Bundes gegeben hat. Ich möchte das
Thema offensiv ansprechen, da es gestern in der Debatte erwähnt wurde. Ich will zwei Dinge dazu sagen. Herr Kollege Zimmer, Sie wollten uns gestern mit der Fraktion nach Berlin einladen, da kann ich Ihnen nur sagen, dass wir schon dort gewesen sind. Wir haben als Fraktion unsere Hausaufgaben gemacht. Wir haben in Berlin dafür geworben, dass es eine Altschuldenlösung gibt. Wir haben mit Vertretern der Bundestagsfraktion hart diskutiert. Ich muss Ihnen sagen, wir hören in diesen Gesprächen immer wieder das gleiche Argument. Man sagt uns: Großen Respekt, was das Saarland als Haushaltsnotlageland an dieser Stelle geleistet hat, großen Respekt, denn wir sehen die Probleme, die hier bestehen. Wir müssen uns das Ganze erst anschauen, wir wollen aber helfen. - Genauso bekommen wir aber auch gesagt: Das Saarland war aktiv, Hessen war aktiv, aber von Rheinland-Pfalz ist bisher nichts gekommen. Da hat man sich des Problems nicht angenommen. - Von daher mein Aufruf an Sie: Fahren Sie doch mal nach Mainz zur Kollegin Dreyer und werben Sie dort dafür, dass wir Rückenwind für unsere Projekte bekommen.
Viel wichtiger ist für mich jedoch Folgendes: Reden Sie mit den Kollegen im Land und sprechen Sie mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, sprechen Sie mit den Kommunalpolitikern. Sie werden hören, dass die Hilfen, die wir jetzt gemeinsam mit dem Bund auf den Weg gebracht haben, in dieser Krise am Ende doch mehr helfen, als irgendeine Altschuldenregelung es hätte tun können. Was wir mit dem Saarlandpakt auf den Weg bringen, hilft auch den Kommunen selbst, ihre Altschulden in den nächsten Jahren weiter abzubauen. Dazu haben wir die entsprechenden Maßnahmen im Doppelhaushalt vorgesehen, damit es auch in Zeiten der PandemieKrise so bleibt. Noch einmal: Wir geben unsere Bemühungen für eine Altschuldenlösung an dieser Stelle nicht auf. Wir kämpfen weiter, aber wir haben unsere Kommunen auch selbstständig auf einen Weg in eine digitale und bürgernahe Zukunft gebracht. Das war unsere Aufgabe. Diese haben wir gelöst!
Digital, leistungsstark und bürgernah - das soll auch für die gesamte Landesverwaltung gelten, nicht nur für die Kommunen vor Ort. Ich möchte beispielhaft auf unsere Finanzämter eingehen, denn sie haben in den letzten Jahren auch eine große Aufgabe vollbracht. Ich weiß, der Finanzbeamte ist nicht unbedingt der Beamte, den man als Freund und Helfer bezeichnen würde, es sei denn, man hat persönliche Kontakte in die Finanzverwaltung. Durch den Besuch in allen Finanzämtern haben wir uns in den letzten Jahren ein Bild gemacht. Wir haben als CDU-Fraktion festgestellt, dass sich die Finanzämter mehr und mehr zu modernen Dienstleistern wan
deln. Schon heute sind die saarländischen Finanzämter bundesweit spitze bei der Bearbeitung der von uns allen so sehr geliebten Steuererklärung. Genauso schnell und unbürokratisch wollen wir im Land die Reform der Grundsteuer durchsetzen, damit die Kommunen weiter diese für sie notwendige Steuer einnehmen können. Dafür schaffen wir die entsprechenden Stellen im Haushalt bei der Finanzverwaltung. Wir tun gut daran, die Finanzämter zu stärken, denn die Krise hat gezeigt, wie wichtig und wie effizient sie gearbeitet haben. Fast 20.000 zusätzliche Geschäftsvorfälle haben die Finanzämter in den letzten Monaten bearbeitet, Vorfälle, die sonst nicht vorkommen. Ich glaube, das zeigt, wie stark sie in der Krise engagiert waren.
Wenn Sie mit führenden Ökonomen sprechen, so sagen sie Ihnen, dass die Kurzarbeit wichtig war, genauso wie die Hilfen von Bund und Land. Ein weiteres wichtiges Argument waren die Steuerstundungen, die wir ermöglicht haben. Diese haben die Finanzämter vorbildlich umgesetzt. Dafür meinen recht herzlichen Dank, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte an dieser Stelle ganz deutlich sagen: Ich verwahre mich gegen jede primitive Beamtenschelte. Das sind für mich Methoden aus der politischen Mottenkiste. Egal, ob das jetzt von Leserbriefen, aus vermeintlichen Insiderquellen oder von der Opposition kommt, das sollten wir uns nicht zu eigen machen. Herr Dörr, Sie haben es gestern aufgegriffen und gesagt, dass alles mit dem bestehenden Personal funktionieren soll und sie genug Zeit hätten. Das ist für mich ein ganz klares Zeichen, aus welcher Mottenkiste Sie sich mit Argumenten bedienen.
Was für die Finanzämter gilt, gilt am Ende für alle Stellen in der Landesverwaltung. Niemand hier wird ernsthaft infrage stellen, dass die neuen Lehrerstellen, die wir schaffen, helfen und notwendig sind. Das gleiche Maß sollten wir als Politik auch bei anderen Stellen in der Landesverwaltung, die neu geschaffen werden, ansetzen. Das verlange ich von uns und von der Öffentlichkeit.
Wir haben das Jahrzehnt der Investitionen ausgerufen. 1 Milliarde werden wir in den nächsten beiden Jahren investieren. Hinzu kommen noch die Mittel, die über das Sondervermögen Zukunftsinitiative in unsere Hochschulen oder unser Universitätsklinikum investiert werden. Genauso klar ist auch, dass diese Investitionen das dazu erforderliche Personal, Planung, Steuerung und Kontrolle brauchen. Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir gerade in den Bereichen in unserem Land, wo investiert wird, mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern planen, steuern und kontrollieren.
Ein Beispiel ist die Bauverwaltung, bei der wir schon seit Jahren diese Themen angehen. Ein anderes Beispiel ist die Staatskanzlei, wo die Digitalisierung von uns begleitet werden muss. Wir verfolgen keine Planwirtschaft, wie Sie es gesagt haben. Wir arbeiten keine bestimmten Sachen ab. Wir müssen schauen, dass wir am Puls der Zeit bleiben und dass wir im Bereich Digitalisierung und Forschung immer auf dem neuesten Stand sind. Dafür sind diese Stellen genau am richtigen Platz und helfen, die Aufgaben, die wir haben, zu erfüllen. Wenn ich diese Stellen betrachte, zeigt sich für mich insgesamt, dass wir genau dort Personal einstellen, wo es wirklich gebraucht wird. Wo ein objektiver Bedarf besteht, da handelt diese Große Koalition, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Sie haben es selbst gesagt, Herr Kollege Flackus. Dieser Doppelhaushalt steht für Zukunftsinvestitionen und eine solche wichtige Zukunftsinvestition ist die Digitalisierung aller Lebensbereiche wie bei der digitalen Verwaltung, bei der Unterstützung für unsere Unternehmen, aber auch beim Aufbau digitaler Infrastruktur in unseren Schulen. Gleichzeitig gehören Investitionen in unsere Forschungslandschaft, die bis heute einen Spitzenplatz im Bundesvergleich einnimmt, an die oberste Stelle. Die Investitionen, die Sie angesprochen haben, zum Thema Medizintechnik und Gesundheitsforschung läuft schon seit vielen Jahren. Auf dem Thema NanoBioMed liegt ein großer Fokus an unserer Universität. So einfach, wie Sie das darstellen, wird es nur auf einen Bereich reduziert. Ich denke, wir müssen Themen vernetzt sehen. Das tun wir seit Jahren und sind in Deutschland an vorderster Front mit dabei. Das gilt nicht nur für diese modernen Bereiche, sondern auch für die Industrie. Hier müssen wir auch unterstützen, damit sie sich neu aufstellen kann. Für uns sind Investitionen in die Industrie nicht die Ablösung unseres industriellen Erbes, sondern sie sind ein Neuaufbruch in eine Weiterentwicklung unserer industriellen Kultur. Daran müssen wir arbeiten. Das sollten wir genauso verfolgen.
Natürlich kann man sich hier etwas vormachen und die Augen vor den aktuellen Entwicklungen verschließen. Das haben wir gestern noch einmal bei den Äußerungen der AfD-Fraktion zum Thema Strukturwandel gemerkt. Ich denke, jeder, der nicht die Augen verschließt, sondern mit offenen Augen durch die Welt geht, wird feststellen, dass jenseits der aktuellen Bekämpfung dieser Pandemie die Themen Digitalisierung und die Bekämpfung des menschengemachten Klimawandels die wirklichen Prioritäten dieses Jahrhunderts sind.
Ich habe neulich einen meiner akademischen Lehrer gesprochen. Wolfgang Schürer ist Vorsitzender der Stiftung der Treffen der Nobelpreisträger in Lindau. Er hat mir ein wichtiges Argument genannt, das wir betrachten müssen: Wenn der Moment gekommen ist, dass die USA erkennen, dass der Klimawandel nicht eine Bedrohung ist, sondern eine technologische Herausforderung und Chance, werden wir sehen, wie sich die gesamte wirtschaftliche und wissenschaftliche Macht darauf konzentriert, dieses Thema zu bekämpfen. - Dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, tun wir gut daran, in Europa, in Deutschland und vor allen Dingen auch im Saarland bestens aufgestellt zu sein, um hier mit erneuerbaren Energien voranzuschreiten und ganz vorne an der Spitze der Bewegung zu stehen.
Was ist die Konsequenz, wenn wir es nicht tun? Wir werden das Gleiche erleben wie bei der Digitalisierung, wo wichtige Innovationen in Deutschland erschaffen worden sind - ich nenne das Beispiel MP3 -, und am Ende müssen wir feststellen, dass die globalen Player aus den USA uns alles diktieren und wir keine Marktmacht haben. Wir haben das hier schon öfter diskutiert. Es wäre deswegen wirklich verheerend, wenn wir nicht technologieoffen wären.
Ich akzeptiere es - das sage ich hier ganz klar -, dass es bei uns seit einigen Jahren den gesellschaftlichen Konsens gibt, sich aus der Nukleartechnik zurückzuziehen. Das akzeptiere ich, aber gerade in der Automobilindustrie sollten wir dem Verbrenner weiterhin eine Chance geben. Durch erneuerbare Energien erzeugte E-Fuels kann der Diesel der ökonomischste und ökologischste Antrieb sein, den man sich überhaupt vorstellen kann. Im Übrigen hat das Markus Söder vor einigen Tagen genauso gesagt. Er hat kein Verbot des Verbrenners gefordert, er hat ein Verbot eines Verbrenners mit fossilen Brennstoffen gefordert. Wenn man hier aber diffamieren will, lässt man solche Details gerne unter den Tisch fallen. Wir sollten Technologieoffenheit gewährleisten, um unser Saarland in eine digitale und klimaneutrale Zukunft zu führen. Das sollten wir in allen Facetten tun.
Ganz wichtige Facetten sind dabei für uns unsere Polizei, unsere Sicherheitsbehörden und nicht zuletzt unsere Justiz. Auch hier geht es für uns darum, unsere Sicherheitsbehörden fit für das digitale Zeitalter zu machen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe manchmal den Eindruck, dass der Strukturwandel beim kriminellen Gewerbe bestens gelungen ist. Wenn sich Kriminelle immer mehr in die Tiefen des Internets zurückziehen, müssen wir sie genau dort verfolgen und aufspüren.
Nicht nur die Digitalisierung stellt unsere Polizei vor eine große Herausforderung, wir reagieren mit die
sem Doppelhaushalt auch auf die anderen Herausforderungen: weitere dreistellige Einstellungszahlen bei der Polizei, um auch künftig unser Land in der gesamten Fläche mit Sicherheit zu versorgen, mehr Mittel für den Staatsschutz, um Gewalt und Hetze von den politischen Rändern weiter effektiv bekämpfen zu können, zehn weitere Stellen für den Verfassungsschutz, um den Feinden unseres Rechtsstaats klare Grenzen entgegenzusetzen, und mehr Stellen in der saarländischen Justiz. Wir setzen damit den Weg der letzten Jahre erfolgreich fort. Ich freue mich sehr, dass sich der Justizminister an dieser Stelle gegen den Finanzminister durchgesetzt hat.
Mit all diesen Maßnahmen passen wir die Polizei, den Verfassungsschutz und unsere übrigen Sicherheitsbehörden an den Bedarf unserer Gesellschaft an. Auch hier gilt noch einmal: Wir schaffen Stellen für ein sicheres Saarland mit Politik für alle Beschäftigten in unserem Land und für unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir schaffen dort Stellen, wo sie notwendig sind.
Meine Damen und Herren, unser Doppelhaushalt ist keine Politik aus der Mottenkiste und unsere Argumente stammen nicht aus dem letzten Regal. Nein! Alle Maßnahmen und Projekte, die sich im Doppelhaushalt finden lassen - ich habe hier nur einige vorgestellt -, folgen einem klaren Zweck. Wir wollen ein starkes Saarland, ein handlungsfähiges Saarland, ein Saarland, das den Strukturwandel begleiten kann, mutig und mit klugen Ideen. Das ist unsere Vision. Dazu haben wir eine Strategie und dieser Doppelhaushalt ist der nächste Schritt auf dem Weg, um diese Strategie zu erreichen. Auch das wird wieder ein Kraftakt werden. Machen wir uns nichts vor.
Natürlich kann man auch jetzt schon wieder sagen: Das werden wir nicht schaffen, das ist alles zu wenig und am Ende wird das sowieso alles schwierig werden. - All denen kann ich genau wie in der Vergangenheit sagen: Sie werden sich hier wieder irren. Das werden Sie am Ende feststellen. - Ich möchte es auch ganz klar positiv formulieren, wie es meine Art ist, wie es unsere Art ist. So, wie diese Koalition in den vergangenen Jahren den Weg der Konsolidierung gegangen ist - mit Augenmaß und klaren Zielen -, werden wir mit Augenmaß und klaren Zielen in den kommenden Jahren den Weg des Strukturwandels in unserem Land begleitend gestalten. Dafür steht der hier vorliegende Doppelhaushalt, den wir in den kommenden Wochen gerne mit Ihnen in den Ausschüssen beraten werden. Darauf freue ich mich genau wie Sie, Herr Kollege Flackus. Wem das am Ende immer noch nicht genug Optimismus und positive Grundstimmung ist, dem kann ich an dieser Stelle den Schauspieler Karl Farkas ans Herz legen. Er hat gesagt: Der Optimist ist ein Mensch, der Kreuzworträtsel sofort mit dem Kugelschreiber
ausfüllt. - Lassen Sie uns diesem Rat mit dem Zukunftspakt Saar und unserem Doppelhaushalt für die Jahre 2021 und 2022 folgen. Wir werden optimistisch in die Zukunft blicken. Auf gut Saarländisch kann ich nur sagen: „Holle ma de Dauerschreiwer raus unn schreiwe die Zukunft des Saarlandes weiter fort.“ - Vielen Dank.
Nachdem die größte Mehrheitsfraktion gesprochen hat, ist nun die Opposition wieder am Zug. Ich erteile dem Fraktionsvorsitzenden der AfD-Landtagsfraktion Josef Dörr das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Saarländerinnen und Saarländer! Der Finanzminister hat uns einen Doppelhaushalt vorgelegt. Das ist nicht normal, es ist eine Ausnahme. Es ist schon das zweite Mal, dass der Finanzminister einen Doppelhaushalt vorlegt. Warum macht man so was? Normalerweise ist es schon schwierig genug, für ein Jahr vorherzusehen, wie die Ausgaben sind, die nicht ständig vorkommen oder laufend sind. Deswegen ist es gelegentlich notwendig, in einem geringen Umfang einen Nachtragshaushalt vorzulegen und zu verabschieden. Bei einem Doppelhaushalt ist das Risiko, dass es nicht so kommt, wie man es sich vorstellt, viel größer. Derzeit leben wir mit Strukturwandel und Corona-Problematik und deshalb ist es überhaupt nicht zu verstehen, weshalb ein Doppelhaushalt vorgelegt wird.
Das kann natürlich besondere Gründe haben. Das verstehe ich auch. Es ist für die Verwaltung ein Kraftakt, einen Haushalt vorzulegen. Es fängt meistens im Januar schon an und dann wird das ganze Jahr um verschiedene Stellen gekämpft. Das erspart man sich natürlich für ein Jahr mit einem Doppelhaushalt. Ich bin im vierten Jahr im Landtag und das ist der zweite Haushalt, der vorgelegt wird.
Es gibt natürlich noch einen anderen Grund, den Herr Flackus schon angedeutet hat. Ich behaupte einfach mal, dass es so ist. Nächstes Jahr im Herbst sind wir ein halbes Jahr vor der Wahl. Wenn man dann keinen Haushalt zu beschließen hat, bei dem auch unangenehme Wahrheiten auf den Tisch müssen, ist das besser. Man macht jetzt diesen Haushalt für zwei Jahre, dann kann man die Wohltaten, die wir jetzt hier beschließen - auf Pump wohlgemerkt -, kurz vor der Wahl verteilen und der Katzenjammer kommt dann im Herbst des Jahres, nachdem die Wahl schon vorbei ist. Ich denke, solche Dinge spielen schon eine Rolle. Das ist mir nicht neu und ich unterstelle es einfach mal.
Wie es ist, ist es. Wir haben einen Doppelhaushalt. In diesem Doppelhaushalt wird die Corona-Geschichte gebraucht oder missbraucht - je nachdem, wie man es sieht -, um die Schuldenbremse zu umgehen. Wir waren damals auch dafür, dass man sich eine Öffnung lässt und es nicht so strikt gehandhabt wird. Jetzt haben wir den Fall, dass es notwendig ist, dass wir etwas tun. Das tun wir dann auch. Es kann aber auch leicht geschehen, dass so etwas missbraucht wird.
In gewöhnlichen Zeiten sind wir für sparsame Haushaltsführung, für die Tilgung alter Schulden und gegen die Neuaufnahme von Schulden. In den letzten Jahren hat die Regierung diesen Weg mit einigem Erfolg eingeschlagen. Der Teilerfolg wurde allerdings sehr teuer erkauft, nämlich auf Kosten der gänzlichen Vernachlässigung unserer Infrastruktur. Das sind auch Schulden. Wir haben nur in dem Teilbereich Geldschulden Erfolg gehabt, aber in dem Bereich Schulden insgesamt sind wir immer Schuldner geblieben. Die Infrastruktur ist vernachlässigt worden. Es wurde kaum in Straßen und Brücken, in Krankenhäuser und Schulen, in den ÖPNV investiert. Das sind jetzt Schulden, die wir haben. Es nützt also jemandem, der im letzten Jahr im Krankenhaus gelegen hat, nichts, dass wir nächstes Jahr das Krankenhaus modernisieren. Hätten wir es vorher gemacht, wäre ihm vielleicht in einer Situation geholfen worden, in der ihm nicht geholfen werden konnte.
Wir brauchen dringend eine spürbare Hilfe, weil wir in einer Zwickmühle sind. Ich finde, es immer toll, dass Herr Commerçon alles so heiter findet. Ich weiß nicht, ob er noch nicht erkannt hat, dass das Saarland in einer schwierigen Lage ist und es hier einer gewissen Ernsthaftigkeit und eines Anstandes bedarf. Man muss ein wenig Anstand bewahren. Bei dem, was Sie hier loslassen, sitze ich auch ganz ruhig da und höre es mir an. Bitte seien Sie einfach ein bisschen ernst.
Wir haben eine schwierige Situation, die darin besteht, dass wir ein Land im Strukturwandel sind. Deshalb fällt es uns schwer abzuwägen, was wir tun müssen. Müssen wir Geld sparen? Müssen wir die Infrastruktur ein bisschen vernachlässigen? Müssen wir Schulden machen, aber unsere Infrastruktur auf dem Laufenden halten? - Es wird dann immer die Mitte sein. In der Vergangenheit haben wir Schulden abgebaut. Das kann man positiv oder negativ sehen. Sieht man es positiv, darf man die versäumte Infra
struktur nicht vergessen. Ich brauche es nicht weiter ausführen. Das Problem haben wir. Aus diesem Problem kommen wir ohne Hilfe des Bundes nicht heraus. Wir brauchen dringend eine spürbare Hilfe vom Bund, um nicht zu einem verspäteten MorgenthauPlan-Land zu werden.
Wir fordern schon seit Jahren eine Sofortzahlung vom Bund in Höhe von mindestens 5 Milliarden Euro für das Land und 3 Milliarden für unsere überschuldeten Städte und Gemeinden. Wir singen immer das Hohelied, wofür die Städte und Gemeinden alles gut sind und weshalb man sie unbedingt braucht. Wir wohnen dort, das brauchen wir. Ihnen muss also geholfen werden. Der Bund ist zu dieser Leistung verpflichtet, denn nur so können gleichwertige Lebensverhältnisse in unserem Saarland hergestellt werden. Zum Vergleich: Der Saarländer ist mit circa 16.000 Euro pro Person der größte Schuldner in ganz Deutschland. Da ist sogar Rheinland-Pfalz noch bedeutend besser dran. Dort ist die Verschuldung halb so hoch und in Bayern nur ein Zehntel. Als ich in Bayern war, habe ich mir sagen lassen, dass es Gemeinden gibt - die Zinsen sind jetzt gesunken -, die mit dem Ertrag ihrer Zinsen ihre Verwaltung bezahlen konnten.